Buchbesprechung - Wie?

Hallo ihr alle!

Ich muss fuer die Uni heuer ein paar (sieben) Buchbesprechungen schreiben. In der Schule haben wir das aber nie richtig gemacht und deshalb weiss ich auch nicht, was ich eigentlich genau machen soll.

Ich weiss, dass eine Buchbesprechung der Versuch einer Analyse des Werks ist, aber worauf muss ich achten? Woher weiss ich was ein Motiv ist (ich weiss, das sind rote Faeden, die sich durch das Werk ziehen aber manchmal sind leicht zu ueberlesende Kleinigkeiten auch schon Motive…)? Welche Sachen sollte ich schon beim Lesen notieren? Kann mir jemand sagen, wo ich einen „Leitfaden“ dafuer finde oder mir vielleicht aus eigener Erfahrung Tipps geben?

Ich bin fuer jeden Hinweis dankbar!
Liebe Gruesse,
Elisabeth

ein paar Anregungen…?!
Hallo Elisabeth,

Hier einmal ein paar (eher ungeordnete) Anregungen:

Vielleicht ist es zunächst mal ganz wichtig, sich darüber klar zu werden, für wen die Rezension gedacht ist: Haben die Leser eigentlich auch schon alle das Werk gelesen oder muss man noch klar machen, worum es geht. Also: in einer Rezension in einer Zeitung oder so ist es ja so gedacht, dass man den Lesern ersteinmal den Inhalt des Werkes vorstellt, damit man sich überhaupt ein Bild davon machen kann. Hier ist es dann auch nicht unbedingt angebracht, ein Buch in Grund und Boden zu kritisiern, denn der Leser will ja eigentlich einen Tipp bekommen, was er als nächstes lesen sollte, und nicht unbedingt, was er als nächstes besser nicht lesen sollte… Bei einer wissenschaftlichen Dikussion über ein Buch, das (natürlich) alle schon kennen, muss das dann vielleicht eben nicht so sein.

U.U. kann es sich lohenen, ein paar Infos über den Autor einzustreuen: Was hat der vorher gemacht, welche Werke hat er bislang verfasst, gibt es irgendwelche biografischen Besonderheiten, die auf sein Werk ggf. Einfluss genommen haben könnten.

Auf folgende Punkte kann man ebenfalls eingehen:
Geht es um Romane oder Sachbücher/Essays? In welcher Tradition steht da der Autor? (Was weiß ich: der postmoderne Roman Anfang der 80 Jahre oder so) Solche Richtungen, zu denen der Autor zu zählen ist, sollte man ggf. nennen. Ist er da einer der Hauptvertreter, oder eher eine Art „Mitläufer“?

Was hat Dir ganz persönlich an dem Buch gefallen/nicht gefallen? Was hat Dich mit Deinem Vorwissen, das Du z.B.an der Uni erworben hast, an dem Buch überrascht, erfreut, erschreckt…?!

Es geht ja bei einer Rezension (meiner Ansicht nach…!) nicht unbedingt um eine vollständige Interpretation des Buches oder möglichst lückenlose Motivsuche innerhalb des Werkes, sondern um Deine Ansicht und Deine Bewertung! Würdest Du das Buch weiterempfehlen? Würdest Du eher abraten? Die Frage nach dem ‚Warum‘ Deiner Bewertung finde ich dabei immer ganz wichtig! Warum kommst Du zu Deiner Kritik, was genau hat Dir gefallen etc.

Auch ganz simple Sachen können (!!!) mal in einer Rezension genannt werden:
Preis des Buches (ist der berechtigt…?)
Abbildungen und deren Qualität
Qualität der Übersetzung (wer hat überhaupt übersetzt, ist der Übersetzer bekannt, weil er z.B.ebenfalls ein Autor ist?)
Qualität des Buches als „Ganzem“ (ist es ordentlich gebunden oder fliegen einem beim ersten Lesen schon die Seiten entgegen?)
Hält das Buch das, was in der Werbung/im Klappentext versprochen wurde?

Haben andere Leute das Buch schon einmal rezensiert? Zu welcher Ansicht kamen die? Stimmst Du mit Ihnen überein?

Es kann sich auch ganz bestimmt lohnen, mal ein paar Rezensionen zu lesen, damit man ein besseres Gefühl für diese spezielle Textsorte bekommt. Also vielleicht hast Du Lust, einmal ein paar wissenschaftliche Zeitschriften durchsehen, aber auch „normale“ Blätter vom Spiegel bis zur Zeit oder auch mal die Stadtillustrierte. Auch bei http://www.amazon.de kann man prima gucken, wie andere Leute rezensieren. Da gibt es sowohl Rezensionen von Profis, als auch Buchbesprechungen von ganz normalen Lesern.

Ich hoffe, ich konnte Dir mit deisen Anregungen etwas weiterhelfen…? Viel Spaß beim Rezensieren! Vielleicht verrätst Du noch kurz, um was für Bücher es überhaupt gehen soll…?

Schöne Grüße
Anne

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Hallo Elisabeth !
Soviel ich weiß, kommt es auch gut, wenn Du zur Untermauerung Deiner Thesen einige Zitate / Leseproben einstreust …
Liebe Grüße, Tanja

hi,
also ich habe schon ein paar buchbesprechungen veröffentlicht, allerdings nicht universitär-wissenschaftlich, sondern in der presse. das folgende gilt deshalb „nur“ aus journalistischer sicht:

das wichtigste ist der auftakt, und dafür stelle ich mir die frage: mit welcher frage will mich der autor eigentlich provozieren? oder was hat er mir anzubieten? als motiv, als neuigkeit, als these. ich schreibe den ersten absatz nur entlang dieser frage, und dann fange ich an, autor, titel, die story etc zu referieren. für meine art der zusammenfassung braucht es keine komplette angabe der handlung, sondern manchmal nur die grobe konstellation. dann stelle ich mir die frage: stimmt das eigentlich? und wenn diese frage zu einer interessanten antwort führt, schreibe ich darüber ein bisschen. wenn das buch schwache stellen oder eine schwache haltung zu einem bestimmten punkt hat, schreib ich das auch, und versuche mit etwas möglichst allgemeinem zu schliessen.

damit das nicht so theoretisch bleibt, hänge ich hier mal eine besprechung an, die kürzlich erschienen ist… nimm es nicht zu ernst, ich habe ja nur davon geschrieben, wie ich es mache…
salü
dietmar

Ronald Daus: „Strandkultur statt Stadtkultur.
Die Metropolen des Mittelmeers zu Beginn des
21. Jahrhunderts“, Babylon Metropolis Studies,
Berlin 2000, 300 Seiten, 44 Mark

Die sexuelle Emanzipation findet seit 150 Jahren am Strand statt. Das Körperbewusstsein, im 19. Jahrhundert kaum von Bedeutung, wird im 20. Jahrhundert ständig stärker. Die Badekabinen verschwinden, der Sandstrand wird offenes Terrain. Die Badekleidung von Männern wie Frauen wird knapper und erlaubt erotische Sensationen – vom freien Knie und freiem Bauch bis hin zu Tanga, Oben-ohne und Nacktbaden.
Erste Liebe am Strand von Texel oder Rimini? Kein Wunder. In der Ausnahme-Situation „Urlaub am Meer“ sind sexuelle Erst-Erfahrungen so häufig wie sonst nirgends. Seitensprünge übrigens auch. Und für die Jugendlichen aus den Metropolen am Mittelmeer sind Strand und Uferstraße immer die Orte, an denen sie elterlicher Kontrolle und rigorosen Moralvorstellungen entkommen können.
Ronald Daus hat eine Körper-Kulturgeschichte geschrieben und sie auf gleich 13 Orte am Mittelmeer angewandt. Das Spektrum der Fallstudien reicht von Barcelona über die Côte d’Azur bis nach Istanbul und Beirut oder heute so selten besuchte Orte wie Alexandria und Algier. Amüsant sind die Geschichten vom nördlichen, manchmal richtig spannend die Schilderungen vom südlichen Ufer des Mittelmeers. Zwar muss sich die Strandkultur stets Religion und Politik unterwerfen, aber sie bietet Spielräume für Freiheiten und -zügigkeiten, die im Landesinnern undenkbar sind.
Die spontane Defloration eines jungen Mädchens durch einen beliebigen Mann mag in den sechziger Jahren Saint-Tropez-typisch gewesen sein und ist durch Zitate aus Literatur und Filmen gestützt. Dennoch sind viele Interpretationen reichlich übertrieben. In einem Roman von Amos Oz entjungfert ein Leutnant der israelischen Armee eine ihm unterstellte Soldatin am Strand von Tel Aviv – für Daus gleich ein Beleg, dass Seeluft mutig macht. An der Schwarzmeerküste bei Istanbul wirken junge Mädchen aus dem Intellektuellenmilieu „unwiderstehlich verführerisch“, weil sie sich angeblich in nichts mehr von ihren Altersgenossinnen im übrigen Europa unterscheiden. „Die historischen Grenzen schienen auf diesem Spielfeld durch das bloße Ambiente gefallen zu sein“, schreibt er gar.
Fortschritt also, wo immer der Strand ist? Hier versandet der kritische Geist. Daus interessiert sich nur dafür, wie und warum eine neue Stufe der Emanzipation
beginnt, und nicht dafür, dass der Prozess nicht beliebig weiterläuft oder verallgemeinerbar ist. Im Jahr 2000 laufen eben nicht 100 Millionen Urlauberinnen auf der Suche nach erotischen Vergnügungen nackt durch die Mittelmeerbrandung, auch wenn das 1970 hundert gemacht haben. Auch Daus’ Begriffe – „Zitzen“ für die Brustwarzen der Frauen oder „Beschäler“ für sexuell aktive Männer – scheinen noch aus dieser Zeit zu stammen.
Doch Fortschrittsglaube und Entjungferungsliteratur sind out. In den achtziger Jahren haben Feminismus, Konservatismus und vor allem Aids die Wellen der Moderne gebrochen. Ohnehin kommen sich Stadtkultur und Strandkultur, das verheimlicht Daus nicht, immer näher. Die sexuelle Ausnahmestimmung ist vorbei. Das Meeresufer ist urbanisiert.

DANKE
Danke euch allen fuer eure Tipps!!

elisabeth :o)