Buddhismus und die Schuldfrage/Freiheitsfrage

Was ist dann im Buddhismus der Grund warum wir hier auf erden sind und
nicht im Nirvana sind. Die Ursache warum wir hier sind ist unsere Schuld
. Nur im Christentum wird es so überzeichnet

Das ist, um es mit gebotener Deutlichkeit zu sagen, blanker Unsinn. Nicht nur in Bezug auf den Buddhismus, sondern auch in Bezug auf das Christentum. Die Antwort des Christentums auf die Frage, „warum hier sind“ lautet schlicht: weil ein Gott uns und die Welt erschaffen hat. Aus welchem Grund auch immer. „Schuld“ ist hingegen im Christentum die Antwort auf die Frage, warum unser Leben so ist, wie es ist - von Leid, Schmerz und Tod geprägt.

Diese Frage - nicht jedoch die Antwort darauf - ist dann auch der Berührungspunkt zwischen Christentum und dem Buddhismus. Der Buddhismus geht in noch deutlicherer Form von einer grundsätzlichen Leidhaftigkeit des Daseins (skrt. Duḥkha) aus - davon, was Christen „Erlösungsbedürfnis“ nennen. Bei den Fragen sowohl nach Ursache dieser „Erlösungsbedürftigkeit“ wie auch nach Lösung des Problems, wie die Erlösung zu erlangen ist, kommt der Buddhismus allerdings zu völlig anderen Antworten als das Christentum mit „Schuld“ einerseits und „Gnade“ andererseits. Das liegt vor allem daran, dass der Buddhismus den Glaubensgrundsatz einer Schöpfung durch einen göttlichen Schöpfer nicht mit dem Christentum teilt. Insofern gibt es auch keine „Schuld“ gegenüber diesem Schöpfer und damit kann eine solche Schuld auch nicht (unter bestimmten, vom Schuldner zu erbringenden Voraussetzungen) durch göttliche Gnade erlassen oder vergeben werden - was dann die Erlösung im christlichen Sinne ist.*

Zunächst einmal postuliert der Buddhismus anstelle einer „Schöpfung“ und einer universalen Eschatologie ein anfangs- und endloses Sein als Funktion eines sich permanent wandelnden Gefüges von Ursachen und Bedingungen (skrt. Pratītyasamutpāda, wörtl. „abhängiges Entstehen“). Existent ist dieses Sein ausschließlich in unserer Erfahrung - uns selbst als Subjekt der Erfahrung mit eingeschlossen. Genauer: es ist identisch damit. Davon unabhängig gibt es nach buddhistischer Auffassung kein Sein - also keine Substanz, deren Erscheinung (Akzidenzien) wir erfahren. Die Welt - Subjekt und Objekt - tritt also nicht durch eine Schöpfung „von außen“ ins Sein, sondern durch verschiedene psycho-physische Prozesse, die zusammenfassend als „Ergreifen“ (skrt. Upādāna) bezeichnet werden. Die Bezeichnung „Prozesse“ deutet schon an, dass die „Welt“ in diesem Sinn etwas dynamisches, in steter Wandlung Begriffenes ist. Der „Motor“ dieser Wandlung, die sie ständig vorantreibende Energie, ist der Wille (skrt. Cetanā), der im Buddhismus mit Karma identifiziert wird. Was verdeutlicht, dass das buddhistische Verständnis von Karma weder mit „Schicksal“ noch mit „Schuld“ etwas zu tun hat.

Diese Natur der Welt (die nach buddhistischem Verständnis immer Subjekt und Objekt umfasst) ist den wenigsten Menschen bewusst - und genau hierin sieht der Buddhismus auch den Grund der Leidhaftigkeit der Welt-Erfahrung. Nicht in einer „Schuld“, sondern in einer kognitiven Fehlhaltung (skrt. Avidyā, wörtl. „Nicht-Wissen“). Dieses Nicht-Wissen über die Natur der Welt (und des „Ich“), ihre Substanzlosigkeit (Śūnyatā, „Leere“) und die wechselseitige Bedingtheit bzw. Abhängigkeit von Subjekt und Objekt der Erfahrung (skrt. Anātman, „Nicht-Selbst“) sowie deren Dynamik (skrt. Anitya, „Unbeständigkeit“), führt zu einem eben dieser Natur nicht adäquaten Handeln. Also zur Ausrichtung des Willens nach falschen Motiven, nach dem Lust-Unlust-Prinzip (skrt. Lobha und Dveṣa, wörtl. „Begierde“ und „Hass“) und entsprechendem Karma, was wiederum dazu führt, dass die Qualität der Erfahrung leidhaft (dukhata) ist.

Entsprechend ist nach buddhistischem Verständnis der Schlüssel zur „Erlösung“ (skrt. mokṣa, besser: „Befreiung“) nicht Gnade, sondern die Korrektur der kognitiven Fehlhaltung bezüglich der eigenen Natur und der Natur der Erfahrung - also Erkenntnis. Diese Erkenntnis (die natürlich keine empirische, sondern eine existentielle Erkenntnis ist) nennt der Buddhismus bodhi, Erwachen oder Erleuchtung.


*Mir ist natürlich bewusst, dass das eine extrem verkürzte und vereinfachende Zusammenfassung ist - aber christliche Erlösungslehre ist auch nicht das Thema hier.

2 Like

Naja wenn du es von dem Standpunkt aus siehst und mit aller Kraft versuchst die Unterschiede einer Religion zu finden . Wirst du wohl fündig werden.

Den originelleren Weg finde ich hat Schopenhauer eingeschlagen. Der eine wirkliche Verbindung sieht zwischen Christentum, Buddhismus, Hinduismus, etc. oder die älteren Religionen wie Brahamismus.

Vielleicht ist Schopenhauer dieses Jahrtausend Genie an dir vorbeigezogen. Was sehr bedauerlich ist.

Aber mit der Haltung wie du hier Argumentierst , wäre dieses 500 seiten schweres Buch, für dich wohl auch blanker Unsinn.

Viele Grüße

Ich glaub nicht das es verschiedene formen von Wut gibt . Sonst hätte man schon längst versucht diese in der deutschen Sprache zu differenzieren.

Als beispiel könnte ich hier anführen.

Was ist mit der Wut eines Freundes die entsteht weil er sieht das sein bester Freund sein Leben wegschmeißt aufgrund von Drogen. Soll er die auch nur wahrnehmen und nicht handelnt eingreifen.
Ja hier haben wir sogar Wut und Liebe gekoppelt.

Ganz anders der Zorn . Der meistens seinen Grund im Hass und Neid hat.

Diese Replik zeigt nur eines - nämlich dass Du von Schopenhauer ebenso wenig kennst und verstehst wie vom Buddhismus. Tatsächlich habe ich - wie viele der älteren deutschen Buddhisten - nicht über irgendwelche Vorträge von Leuten mit zweifelhafter Kompetenz in einem dubiosen Meditationszentrum (vermutlich ‚Diamantweg‘) zum Buddhismus gefunden, sondern über Schopenhauer.

Seine Beschreibung dessen, was der Buddhismus unter Duhkha versteht, ist mE immer noch das treffendste, was man zu diesem Thema lesen kann. Empfehlenswert zur Einführung in das Thema Schopenhauer und Buddhismus ist dieser Artikel, insbesondere Abschnitt 2.3.

WW Bd.2 Kap. 17) verdient es, etwas ausführlicher zitiert zu werden als bei Payer:

Religionen können, als auf die Fassungskraft der großen Menge berechnet, nur eine mittelbare, nicht eine unmittelbare Wahrheit haben: diese von ihnen verlangen, ist, wie wenn man die im Buchdruckerrahmen aufgesetzten Lettern lesen wollte, statt ihres Abdrucks. Der Werth einer Religion wird demnach abhängen von dem größern oder geringern Gehalt an Wahrheit, den sie, unter dem Schleier der Allegorie, in sich trägt, sodann von der größern oder geringern Deutlichkeit, mit welcher derselbe durch diesen Schleier sichtbar wird, also von der Durchsichtigkeit des letztern. Fast scheint es, daß, wie die ältesten Sprachen die vollkommensten sind, so auch die ältesten Religionen. Wollte ich die Resultate meiner Philosophie zum Maaßstabe der Wahrheit nehmen, so müßte ich dem Buddhaismus den Vorzug vor den andern zugestehn. Jeden Falls muß es mich freuen, meine Lehre in so großer Uebereinstimmung mit einer Religion zu sehn, welche die Majorität auf Erden für sich hat; da sie viel mehr Bekenner zählt, als irgend eine andere.

1 Like

Ich kenn Schopenhauer durchaus gut ob ich alles Verstanden habe …wer versteht Schopenhauer schon komplett.Das du an den paar Sätzen gleich aussmachen willst , das ich Schopenahuer nicht kenne oder verstanden habe ist schon immense.Kann ja sein das die Ursache warum wir hier sind eine andere ist und der Erlösungsweg ein andere ist. Interessant find ich das Schopenhauer den Grundunterschied wo anderes macht .

Der Grundunterschied der Religionen liegt nicht darin, ob sie monotheistisch, polytheistisch oder atheistisch sind, sondern nur darin, ob sie optimistisch oder pessimistisch sind.

Zudem müsste man klären , ob in der ganzen Buddhistischen lehre , der Begriff Schuld komplett ausgemerzt ist und durch Ursache ersetzt worden ist. Wo ist dann allerdings der Unterschied.

zu den Diamantwegzentren da kann ich dir nur zustimmen ,das es sich hierbei wirklich um dubiöse Zentren handelt . Eher mit dem Versuch einer Buddhistischen Eliten Bildung …
Deswegen mach ich da ein großen Bogen mittlerweile drum.

Viele Grüße

Das ist in der Tat für Schopenhauer der wichtigste Unterschied, wobei Schopenhauer dem Christentum allenfalls eine Zwitterposition zwischen Islam und Judentum einerseits und Hinduismus sowie Buddhismus andererseits zugesteht. Wie das von mir verlinkte Script von Payer aufzeigt, gibt es allerdings außer dem Pessimismus noch zwei weitere Kriterien, die Schopenhauer hinsichtlich Kompatibilität mit seiner Weltanschauung ansetzt: Idealismus und Atheismus - wobei er ‚Atheismus‘ allerdings lediglich als Gegensatz zum jüdisch/christlich/islamischen Monotheismus versteht. Insofern ist der Hinduismus (eigentlich eher der späte Brahmanismus der Upanischaden) für Schopenhauer erstaunlicherweise atheistisch. In religionswissenschaftlicher Hinsicht ist diese schopenhauer’sche Kategorisierung natürlich wenig hilfreich, um es mal vorsichtig zu formulieren … Das liegt natürlich daran, dass man zu Schopenhauers Lebzeiten von einer vergleichenden Religionswissenschaft noch gar nicht sprechen konnte.

Das sehe ich anders - vielmehr in Richtung Simplifizierung / Vulgarisierung speziell von Vajrayana-Lehren. Was den Vorteil hat, dass man damit eine recht große Anzahl von Menschen ansprechen kann anstelle lediglich einer kleinen Elite.

mag sein… die Leute führen sich aber teilweise auf. Also ich hatte nicht das Gefühl , das der Buddhismus hier seinen zweck erfüllt , nämlich das man auch unter widrigen Umständen bzw. wenn es einem Schlecht geht den Kopf oben behält bzw aufgefangen wird. Sondern eher das man schon einiges mitbringen muss. So die Forderungen vom Lama : Man müsse zum Weltbild als Diamant weg Buddhist jederzeit kritisch Stellung nehmen können. Dann wenn sich Leute langweilig verhalten , diese durch das Verhalten in der Sanga praktisch rausgeckelt werden. Was eigentlich schon Sektencharakter hat. Dann die Einteilung in Starke und Schwache . Das der Buddhismus nichts für Schwache sei…und das Christentum den Schwachen ein Gefühl gibt teil einer größeren Sache zu sein. Naja wie auch immer vielleicht darf man den Lama auch nicht so wörtlich nehmen. .Allerdings ein paar aussagen sind echt fraglich, das höchster Genuß z.b ein Ziel des Buddhismus ist und auch letztlich ein Ziel ist schon auf erden zu bleiben…kann ich mir nicht vorstellen das das im Sinne des Buddhismus ist. …
Wie auch immer ich bin für meinen Teil auf der Suche nach einem Buddhismus der genau den Zweck verfolgt den ich oben beschrieben habe mit einer möglichst greifbaren Anleitung mit dem Fokus darauf das man das Mittel zum Zweck möglichst systematisch lernt . nämlich die Meditation.

Viele Grüße

Hallo Antel,

warum zitierst du nur die Hälfte, hast du den zweiten Teil vergessen oder nicht verstanden?

Dass die deutsche Sprache alle Feinheiten psychischer Prozesse erfasst, halte ich für ein Gerücht.

Mit Formen von Wut meine ich, dass nicht jede Wut gleichbedeutend ist, weder in Qualität oder Wirkung auf das Subjekt selbst, noch auf das gerichtete Objekt bezogen.

Da es keine präzisere semantische Definition gibt, ist vieles auch individueller Auffassung unterworfen.
So würde ich den Zorn mehr als impulsive Wut charakterisieren und ihn weniger ursächlich von der Wut abgrenzen als durch sein Erregungslevel.

Dein Beispiel hier

wäre für mich kein Grund zur Wut, eher zur Hilflosigkeit gegenüber der Macht einer Krankheit und zur Notwendigkeit ausreichend emotionale Distanz zu wahren, um helfen zu können (falls überhaupt möglich).

Wut auf politische Entwicklungen, Wut auf Dummheit oder strunzdämliche behördliche Entscheidungen, Wut auf persönlich empfundene Ungerechtigkeit oder Kränkung, oder auch mal Wut auf sich selbst wegen eines Fehlers den man gemacht hat, Wut auf unbelebte Objekte die sich gegen einen verschworen zu haben scheinen ;), oder Wut im Sinne von „Fluchen hilft sofort“, haben ja alle doch einen recht unterschiedlichen Hintergrund und oft auch einen positiven Sinn.

Wut muss nicht zwangsläufig den Blick trüben, sondern lässt sich auch als rationale Antriebskraft nutzen. Ein moralischer Maßstab sozusagen.

Nicht-Wut (als Absenz einer angemessenen Wut) hat ebenso viele Gesichter, z.B.
Gleichgültigkeit, Verdrängung, Abgestumpftheit, Nicht-Betroffenheit.

Ich halte eine gesellschaftliche/religiöse Ächtung der Wut, aus Angst vor unkontrollierbarer Wut oder auch vor Auflehnung, für schädlich.
Religiöse Haltungen von Schuld oder Buße, sind mir persönlich suspekt, ohne das hier vertiefen zu wollen, fällt mir da schwer, eine entwickelnde Kraft zu erkennen.

Grüße
Heidi

Auf den ersten Teil hab ich bereits geantwortet.

Man hat in der Psychologie bereits schon so einiges an psychischen Prozessen entdeckt. Was sehr bewundernstwert ist. Zb. Schizophrenie , Psychose, borderlin Störung etc.
Wut ist auch kein psychischer Prozess, sondern ein Affekt. Ich glaub du verkomplizierst das ganze ganz schön.
Was verstehst du den unter einem psychischen Prozess ?

Jetzt hab ich mal eine Differenzierung von Wikpedia reingesetzt

Der Wut geht im Gegensatz zum Zorn eine Kränkung voraus (etwa eine zutiefst ungerechte Behandlung), die den auf Vergeltung oder Genugtuung gerichteten Erregtheitszustand psychologisch speist. Beim Zorn hingegen speist sich die Erregtheit eher zum Beispiel aus der Versagung eines Anspruchs oder Bedürfnisses (etwa das zornige Kind, das eine Süßigkeit nicht bekommen hat; zornige Eltern, denen der Respekt verwehrt wurde; Menschen, die sich über Verhältnisse oder Planungen erzürnen). Das Ziel ist hier weniger die Vergeltung, sondern der deutliche Ausdruck von Unmut und Unzufriedenheit. Ein weiterer Erregtheitszustand ist die Empörung, die einen Verstoß z. B. gegen eine allgemeine Sittlichkeit zum Anlass für eine emotionale Reaktion hat.

Der erste Satz ist interessant das Wut und Gerechtigkeitsgefühl vielleicht zusammenhängen .

Viele Grüße

Hallo,

Ja, da hast du recht. Wobei manch eine destruktive Form von Wut (und ich bleibe dabei, dass es verschiedene Formen gibt) die langanhaltende ist, die nicht vergessen kann und ihren Affekt als Ergebnis psychischer Prozesse zeigt.

Nein, da bin ich dagegen :slight_smile: )
Da es um psychologische Betrachtungen geht, sind Differenzierungen soweit angemessen.
Aber für mich ist das Thema sowieso ausreichend diskutiert. War interessant ein paar Gedanken gehört und selbst formuliert zu haben.

Stimmt, manchmal, das schrieb ich sinngemäß ja auch schon.

Grüße
Heidi