Buddhistische Mönche und die Enthaltsamkeit

Hallo zusammen,

Buddha predigte den mittleren Weg auch für die Sexualität. Demnach sollte man Sexualität leben aber sich nicht von ihr abhängig machen. Die Mönche hingegen mussten enthaltsam leben. Warum?

Gruß und Dank

Hallo,

Buddha predigte den mittleren Weg auch für die Sexualität.
Demnach sollte man Sexualität leben aber sich nicht von ihr
abhängig machen. Die Mönche hingegen mussten enthaltsam leben.
Warum?

weil die Religionen, wo alle sexuell enthaltsam leben, meistens schnell wieder von der Bildfläche verschwinden.

Gruß
T.

Hi

Die Mönche hingegen mussten enthaltsam leben.

Warum?

weil die Religionen, wo alle sexuell enthaltsam leben,
meistens schnell wieder von der Bildfläche verschwinden.

Ist zwar keine Antwort auf die Frage, aber trotzdem richtig. :wink:
Gruß,
B.

Hallo Alex,

Die Mönche hingegen mussten enthaltsam leben.

das müssen sie noch immer. In allen buddhistischen Ordensregeln (Vinayas),sowohl den historischen wie auch den drei noch in Gebrauch befindlichen (Theravada-, Sarvastivada- und Dharmaguptaka-Vinaya), ist Vollzug des Geschlechtsverkehrs ein sog. Pārājikā-Verstoß. D.h. ein Verstoß, der unmittelbar zum Ausschluss aus der Ordensgemeinschaft führt. Willkürlich herbeigeführter Samenerguss, körperlicher Kontakt mit Angehörigen des anderen Geschlechts, der Versuch der Verführung (hier werden zwei Grade unterschieden) und Kuppelei sind Regelverstöße, die in der an Neu- und Vollmand stattfindenden Ordensversammlung bekannt werden müssen und wegen denen ein sog. Saṅghādisesā-Verfahren durchgeführt wird. Dabei werden Bußen und Bewährungszeiten für eine „Rehabilitation“ auferlegt.

Warum?

Die Mönche leben ausschließlich von der Freigebigkeit der Laienanhänger. Dafür wird erwartet, dass sie sämtliche Bindungen und nicht-vitalen Bedürfnisse aufgeben, um sich ausschließlich buddhistischer Übungspraxis zu widmen. Und auch, dass sie nur das für ihr Überleben absolut Notwendige erbetteln - nicht aber von den Spenden auch noch Frau und ggf. Kinder unterhalten.

Hinzu kommt, dass jede Art von Sinnengenuss (damit natürlich auch sexueller) nicht aktiv gesucht werden darf - diese Art der Begierde soll abgelegt werden. Wichtige Unterstützung dabei ist die Sati- oder Smṛti-Praxis (7. Aspekt des achtfachen Pfades). In der klassischen Formulierung des Mahásatipatthána Sutta (‚Große Lehrrede von den Grundlagen der Achtsamkeit‘):

Da wacht, ihr Mönche, der Mönch beim Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Überwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Überwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht beim Bewusstsein über das Bewusstsein, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Überwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Geistobjekten über die Geistobjekte, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Überwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns: das nennt man, ihr Mönche, rechte Achtsamkeit.

Diese geistige Haltung soll permanent eingenommen werden - keine einfache Aufgabe. Es ist sicher nachvollziehbar, dass ekstatische sinnliche Erfahrungen insbesondere sexueller Natur diese geistige Disziplin durchbrechen.

Freundliche Grüße,
Ralf

Ergänzend
Dieser Vortrag: http://zensplitter.blogspot.de/2011/10/buddha-sex-un…
gibt einige Hinweise zu den Grundlagen buddhistischer Sexualmoral.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo,

alle Kirchen (also Interpretationen von Religionen) nehmen gern ausgiebig Einfluss auf die Sexuallität ihrer Mitglieder.

Dürfte einfach ein Machtfaktor sein.

Katholische Geistliche dürfen auch nicht - obwohl Jesus Sex nie verboten hat.
Natürlich passiert da trotzdem was (auch Mönche sind nur Menschen), ergo haben die Mönche ein schlechtes Gewissen und sind dadurch ev. leichter manipulierbar.

Der Islam (der rein religiöse, also die alten Kultureinflüsse der Clanherrschaft mal weggedacht) und der Evangelismus sind in der Hinsicht freier. Haben auch beide nur geringe Hierachieen.

Gruß, Paran

Hallo,

alle Kirchen (also Interpretationen von Religionen)

originelle Definition von Kirche. Aber wohl doch eher für den Stammtisch geeignet, weniger für ein religionswissenschaftliches Forum.

nehmen gern ausgiebig Einfluss auf die Sexuallität ihrer Mitglieder.

Tatsächlich? Ist Dir klar, dass Behauptungen nach dem Muster „alle […] Interpretationen von Religionen“ sehr einfach zu falsifizieren sind - nämlich durch ein einziges Gegenbeispiel? Solche lassen sich mühelos finden; besonders augenfällig widerspricht dieser Behauptung natürlich die große Gruppe der mit Fertilitätskulten verbundenen Religionen. Aber auch bei den sog. Weltreligionen erweist sich diese Behauptung schnell als absurd, insbesondere in Bezug auf den Buddhismus, aber auch auf den Hinduismus. Zusammen etwa 1,4 Milliarden Anhänger. Allein schon deswegen, weil zentrale Instanzen, die eine bestimmte Sexualmoral vorgeben und durchsetzen könnten, fehlen. Das Judentum mit seiner sexualitätsbejahenden Grundeinstellung kann man hier ebenfalls nennen. Rein quantitativ betrachtet trifft Deine Behauptung offensichtlich auf die Mehrheit (und zwar eine sehr deutliche Mehrheit) von religiös gebundenen Menschen nicht zu - deren „Kirchen“ nehmen eben nicht „gern ausgiebig Einfluss auf die Sexualität ihrer Mitglieder“. Offensichtlich fehlt Dir schlicht und einfach der Überblick.

Auch vom Fehlen einer zentralen Autorität abgesehen ist Deine Behauptung in Bezug auf den Buddhismus falsch. „Einfluss“ wird nicht auf die Sexualität der „Mitglieder“ genommen, sondern ausschließlich auf die Sexualität von Ordensmitgliedern, die freiwillig entsprechende Gelöbnisse auf sich genommen haben - und diese (anders als in christlichen Mönchsorden) jederzeit problemlos auch wieder ‚zurückgeben‘ können, ohne dass dies mit einem sozialen Ansehensverlust verbunden ist. In Thailand ist es übrigens immer noch die Regel, dass junge Männer einen begrenzten Zeitraum in den buddhistischen Mönchsorden eintreten, um dann wieder auszutreten. Das ist normaler Teil ihres ‚coming of age‘. Der durch den Vinaya vorgeschriebene Verhaltenskodex ist seit ca. 2500 Jahren detailliert und eindeutig festgelegt - für „Manipulationen“ durch irgendwelche herbeifantasierten finsteren Mächte oder Autoritäten fehlt da der Spielraum. Wobei ohnehin zu fragen wäre, zu welchem Zweck und Ziel eine solche Manipulation dienen soll. Was buddhistische Nicht-Mönche (Upasaka) betrifft, so beschränkt sich der „Einfluss“ buddhistischer Lehren auf ihre Sexualität darauf, einen verantwortungsvollen Umgang mit ihr zu empfehlen. Was konkret heisst, niemandem durch Ausleben seiner Sexualität zu schaden. Eine Verbindung von Sexualität mit ‚Sünde‘ ist dem Buddhismus - wie den meisten Religionen - durchaus fremd. Wie auch nicht - ist doch der Begriff ‚Sünde‘ selbst dem Buddhismus fremd.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo Alex,

Buddha predigte den mittleren Weg auch für die Sexualität.
Demnach sollte man Sexualität leben aber sich nicht von ihr
abhängig machen. Die Mönche hingegen mussten enthaltsam leben.
Warum?

In allen „Religionen“ gibt es den exoterischen und den esoterischen Weg. Für Menschen, die nur einer „Religion“ folgen wollen ist der exoterische Weg gedacht, mit viel Pomp, Getöse, Show, Musik - spirituelle Gesänge, sachöne Gewänder, gute Düfte usw. usf.
Denen wird manches „leichter gemacht“ und so eben auch der „mittlere Weg“ und so auch die 10 Gebote und die Shaira der Mohamedaner usw.
Für diejenigen, die intensiver in das Spirituelle der Religionen eindringen wollen ist der Yoga Weg (Jnana-Yoga, Laya-Yoga usw.) zu empfehlen und sich mit den esoterischen Lehren der Religionen zu befassen (Meister Eckehart, Theresa von Avila, Yogananda usw.).
Und wer ganz zu einem Inneren Kreis (wie damals bei Jesus die Jünger) gehören will sollte einen „lebenden Meister“ annehmen und mit Licht und Ton meditieren.
Siehe Bücher von Kirpal SIngh.

Und das mit der Frage nah der Sexualität ist besondern heikel !
Liebe ist Leben und Sex ist der Tod, so sagen alle hohen Meister !
Die dort innewohnende Kraft soll nicht vergeudet werden, sondern in der Meditation GOTT gewidmet werden und dem Weg zurück zu IHM.
Siehe dazu evtl. im Internet unter „Kundalini“ Kraft, die „nach Oben gehen sollte“.

Gruß und Dank

LG von
Guruji
und dem Hinweis:
Jeder Weg dauert lange und ist oft nicht einfach aber zielführend.

Weil sie nur für ihren Glauben leben und sich von nix ablenken lassen sollen

Hallo Tychiades,
das Ganze besagt ja auch der Spruch: „Wir sind IN der Welt aber nicht VON der Welt“
oder was sagte JESUS: „Ich bin VON OBEN und Ihr VON UNTEN“.
Na dann weiß ja Jeder wo er sich im Körper besonders oft aufhält (hihihi).
Auch wenn von Himmel oder Hölle berichtet wird, kann sich doch dann JEDER denken wo diese Orte sich befinden - oder nicht ?
Denn was sagte auch schon JESUS: Wisset Ihr nicht: Ihr seid der Temopel (die Kirche, die Mosche, das Zelt, die Hütte Gottes …) und Gott wohnt IN EUCH"

LG von
Guruji

Judentum vs. Gays
Hi Ralf.

Das Judentum mit seiner sexualitätsbejahenden Grundeinstellung kann man hier ebenfalls nennen.

Da muss ich leider widersprechen, weil das in dieser Formulierung einfach nicht stimmt, jedenfalls, was die Einstellung des orthodoxen, also klassischen Judentums betrifft. Frag nur mal einen oder eine von den (5 oder 10 oder 15 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachenden) Schwulen/Lesben, ob sie die homosexualitätsfeindliche Position des orthodoxen Judentums für „sexualitätsbejahend“ halten… ein ´Ja´ wirst du bestimmt nicht hören.

Chan

Buddhistische Sexualität im Vajrayana
Hi Ralf.

Die Mönche hingegen mussten enthaltsam leben.

das müssen sie noch immer. In allen buddhistischen
Ordensregeln (Vinayas),sowohl den historischen wie auch den
drei noch in Gebrauch befindlichen (Theravada-, Sarvastivada-
und Dharmaguptaka-Vinaya), ist Vollzug des Geschlechtsverkehrs
ein sog. Pārājikā-Verstoß.

Da auch der tibetische Buddhismus (Vajrayana) zum „Buddhismus“ zählt, muss deine Darstellung dahingehend ergänzt werden, dass Sexualität sehr wohl zur buddhistischen Praxis gehören kann, wenngleich in einem sehr speziellen Modus (Ejakulationsverbot).

http://www.amazon.de/How-Practice-The-Meaningful-Lif…

For Buddhists, sexual intercourse can be used in the spiritual path because it causes a strong focusing on consciousness if the practitioner has firm compassion and wisdom.

(…)

Through special techniques of concentration during sex, competent practitioners can prolong very deep, subtle, and powerful states and put them to use to realize emptiness. However, if you engage in sexual intercourse within an ordinary mental context, there is no benefit.

Kritisch zum tantrischen Dogma der Vermeidung eines Samenergusses…

Gleichwohl, wie der Dalai Lama erläutert, „gibt es im tibetischen Buddhismus eine ausgeprägte sexuelle Symbolik, besonders in der Darstellung der Gottheiten mit ihren Gefährtinnen, woraus oftmals ein falscher Eindruck entsteht. Das Sexualorgan wird zwar benutzt, aber der Fluss der Energie wird völlig beherrscht. Entscheidend ist die Fähigkeit, sich vor dem Fehler des Samenergusses zu hüten. Da es sich nicht um einen gewöhnlichen Sexualakt handelt, kann man die Verbindung zur Enthaltsamkeit herstellen.“

äußert sich (nicht nur) „Emma“:

http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2010/fruehling-201…

(daraus auch obiges Zitat)

Chan

Halla Ch’an,

Die Mönche hingegen mussten enthaltsam leben.

das müssen sie noch immer. In allen buddhistischen
Ordensregeln (Vinayas),sowohl den historischen wie auch den
drei noch in Gebrauch befindlichen (Theravada-, Sarvastivada-
und Dharmaguptaka-Vinaya), ist Vollzug des Geschlechtsverkehrs
ein sog. Pārājikā-Verstoß.

Da auch der tibetische Buddhismus (Vajrayana) zum „Buddhismus“
zählt, muss deine Darstellung dahingehend ergänzt werden, dass
Sexualität sehr wohl zur buddhistischen Praxis gehören kann,
wenngleich in einem sehr speziellen Modus
(Ejakulationsverbot).

Und? Es war hier von Mönchen die Rede. Und tantrische Sexualpraktiken sind auch nach dem Sarvastivada-Vinaya (dem die Mönche tibetischer Tradition folgen) untersagt. Genau, wie ich es in der oben zitierten Passage geschrieben habe. Das soll nicht in Abrede stellen, dass es zu Übertretungen kommt - aber genau das sind sie dann auch: Übertretungen, durch die der Betreffende den Status eines Mönchs verliert. Wenn er sich weiter in eine Mönchskutte kleidet, ist er ein Heuchler und Scharlatan, nichts weiter. Er betrügt die ihn mit Spenden unterstützenden Laien, indem er vorgibt, etwas zu sein was er nicht ist.

Der Regelfall ist jedoch, dass vor der Ausübung tantrischer Sexualpraktiken (falls der Betreffende sich dazu berufen fühlen sollte) ggf. bereits abgelegte Mönchsgelübde zurückgegeben werden. Die betreffende Person ist dann kein Mönch mehr, sondern ein sog. Ngakpa (སྔགས་པ, sngags pa). Häufig sind Ngakpas verheiratet und Familienväter. In der Gelug-Sekte (der der Dalai Lama angehört) sind sie eher selten; meist gehören sie der Nyingma-Tradition an. Es gibt sogar ausgesprochene Familienlinien - aber das sind natürlich alles nicht-monastische Traditionen. Und nach denen war hier ja nicht gefragt.

Davon abgesehen - auch ohne diesen exotischen Tantra-Schnickschnack und Zirkusnummern wie Ejakulationsunterdrückung ist Sexualität für buddhistische Laien durchaus auch ein Feld der Übung. Für so etwas braucht es keine esoterischen Einweihungen.

http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2010/fruehling-201…

(daraus auch obiges Zitat)

Gratuliere. Da hast Du (bzw. ‚Emma‘) ja einen echten Experten und Kenner der Materie aufgetrieben. Colin Goldner - ein Mann, den kein Tibetologe und kein Religionswisenschaftler, der sich mit tibetischem Buddhismus auseinandersetzt, ernst nimmt. Colin Goldner schreibt über die Probleme Tibets, wie ein überzeugter Neo-Nazi über die Probleme Israels schreiben würde. Der klinisch-psychologische Blick Goldners ist eindeutig rassistisch. So wie Nazis die Juden verunglimpften und nichts, aber schon gar nichts Menschliches und Liebenswertes an ihnen ließen, geht Goldner mit den Tibetern um. Wenn ich Goldner lese, sehe ich einen verblendeten Fanatiker.

Gegen die Aussagen dieser letzten vier Sätze - in einer Kritik eines seiner Machwerke veröffentlicht - hat Colin Goldner geklagt. Seine Klage wurde letztinstanzlich vom OLG Wien 2002 abgewiesen. In der Urteilsbegründung hieß es, Goldners Thesen düften zu Recht als " vulgär vereinfachend" bezeichnet werden, " sodass ihnen mit umso schärferer Kritik begegnet werden darf". Weiterhin: " Auch die unbestrittene pauschale Bezeichnung der Tibeter als menschenverachtend, raffgierig und skrupellos durch den Antragsteller" [also Colin Goldner] " lässt die Beurteilung seiner Beschreibung der Tibeter als rassistisch und damit auch den Vergleich mit der Sicht des Nazis über die Juden zu".

Nicht nur ‚Emma‘ - auch Du solltest etwas besser auf die Qualität Deiner Quellen achten.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo,

kurze Frage: in wievielen Religionen oder religiösen Gesellschaften ist weiblicher Sex vor der Ehe ebenso gern gesehen, wie in der Ehe?

Ob da die Religion oder die Kultur Ursache ist, ist schwer zu erruieren, aber da diese beiden sich ohnehin gern und ordentlich vermischen, kann man sie in Bezug auf „Macht über Sexualität“ gemeinsam behandeln.

Gruß, Paran

Herzlichen Dank für die vielen Antworten!
Hallo,

meine Frage ist nun mehr als beantwortet!

Danke!