Ohne Mühe nichts
Hallo Schrat,
Zustimmung.
Zustimmung?!?!
wir haben bei den Empfehlungen vielleicht voreilig diesen Satz von dir nicht in seiner ganzen „Tiefe“ wahrgenommen:
Worum es in dem Buch genau geht, ist eigentlich egal. Hauptsache es hat etwas mit Yoga zu tun.
Und hatten dir unterstellt, daß dir bei deinem angegebenen Interesse für die Hintergründe des „spirituellen Pfades“ bewußt ist, daß du damit in einen Kulturkreis Einsicht gewinnen willst, der nicht identisch ist mit dem, in dem du dich befindest.
Und dazu gehören nicht nur andere (1.) Fachbegriffe, sondern auch ein ganz anderer (2.) sprachlicher Umgang mit (3.) Inhalten, die ihrerseits ebenfalls in deinem Kulturkreis nicht angenähert vorkommen.
Es hat sich bei uns der eklatante Irrtum breit gemacht, daß ein paar Gelenkigkeits- und Atemübungen, die man halt so mal in einem VHS-Kurs mitmachen kann, auch nur angenähert etwas mit Hatha-Yoga zu tun haben, geschweige denn mit den anderen, viel tiefergreifenden yogischen Traditionen.
Wie das schon losgeht mit der Darstellung der Geburt von Patanjali…
Könnt ihr da einfach so innerlich ruhig bleiben und denken
„Aha! Ach so! ja klar, so wird das dann wohl gewesen sein!“??
Und wenn man dann schon darin einsteigen will, dann sollte es doch nicht ernsthaft ein Problem sein, eine Legende(!) (z.B. über den unbekannten Autor Patanjali des Yoga-Sutra) als Legende zu verstehen, erst recht, wenn sie in der überlieferten Form lediglich zitiert wird. Abgesehen davon, daß inzwischen sicher ist, daß der Autor des Yoga-Sutra nicht identisch ist mit dem ca. 600 Jahre älteren Grammatiker gleichen Namens.
Und wenn du meinst, bei deinen „Studien“ am Yoga-Sutra des Patanjali vorbeizukommen, in dem eine ganze Menge (für den Lernenden unumgängliche) Begriffe vorkommen, die nicht angenähert sinnvoll in europäische Sprachen übersetzbar sind, dann brauchst du wirklich erst gar nicht anzufangten. Aber dann auch nicht glauben, daß du etwas tust, was landläufig mit „Yoga machen“ als Volkssport banalisiert wird.
Wenn du hier propagierst, du habest den Eindruck von „esoterischem Geschwurbel“ und von „Gehirnwäsche“, was hast du denn dann wohl in dem 1 Jahr, von du sprichst, gelernt? Hast du auch „Gehirnwäsche“ erfahren, wenn du gelernt hast, deine „Wahrnehmung aus den Extremitäten zurückzuziehen“, oder „den Atem in den Unterleib zu lenken und dann über den Rücken wieder hoch zum Schädel“? Und wenn du diese Ausdrücke, die für deine Ohren ganz sicher anatomischer Quark gewesen sein müßten, nicht gehört haben solltest, und damit Einblick darin hattest, daß die yogische Anatomie eine ganz andere ist als die der abendländischen Medizin, dann hast du umgekehrt in diesem Jahr tatsächlich „esoterisches Geschwurbel“ betrieben, das aber mit Hatha-Yoga nicht die Bohne zu tun hat.
Vielleicht hilft dir ja auch dieses Interview mit Iyengar ein wenig aufs Fahrrad. Den Eliade hatte ich dir auch empfohlen, weil er einen Überblick über die ideologischen Hintergründe des ganzen asiatischen Raumes verschafft, in die die verschiedenen Yoga-Traditionen und -Philosophien eingetttet sind. Auch jenseits der buddhistischen Adaption, aus der der Patanjali kommt.
Soll das ein vernunftbegabter Mensch einfach so hinnehmen?
Übrigens, was deinen eigener Kulturkreis betrifft und du meinst, man käme beim Studium von Denktraditionen an Fach begriffen und neu zu lernenden Fach sprachen drumherum: Wenn du ein paar übersetzte Seiten von z.B. Aristoteles, Descartes, Kant usw. liest, werden dir ebenfalls die Augen überlaufen. Und dennoch sind diese Inhalte komplett in deine Alltagssprache eingegangen, ohne daß du es merkst. Und das wirst du kaum „esoterisches Geschwurbel“ nennen können.
Und wenn du nun in eine ganz andere Kultur hineinschauen willst, dann mußt du dir halt auch ein ungewohnte Sprache zugestehen, und ein paar Lernprozesse. Das hat hat, nur weil es zunächst sehr fremd erscheint, nichts mit Esoterik zu tun. Mit „Esoterik“ im ursprünglichen Sinn des Begriffs allerdings sehr wohl: Für einen speziell geschulten „inneren Kreis“ vorgesehenes Fachwissen. Yoga ist nicht wirklich für „jedermann“. Bücher mit dem Titel „Yoga für jedermann“ (104000 Einträge bei Google) sind Volksverdummung.
Wenn du auf diesem Level bleiben willst, dann laß die Suche nach den Hintergründen und kauf dir ein Yoga-Video von Jane Fonda. Dann hast du wenigstens was fürs Auge.
Sine labore nihil.
Gruß
Metapher