Hallo!
Außerdem hast du dir bei deinem Hinweis auf Frankreich oben schön verkniffen, dass deren zentralisierte Einheitsschule […] den Kindern nix beibringt
Unfug. Du solltest nicht immer alle Schlagzeilen glauben, die
die Presse hin- und herwalkt.
Das hab ich nicht aus der Presse, sondern von einer Französin, die BacL gemacht hat und von einer Freundin, die gerade ein halbes Jahr in Frankreich an einem Collège und einem Lycée gearbeitet hat.
Die Einheitsschule in Frankreich ist gut, vor allem in der
Mathematik, doch begingen die Franzosen in der Vergangenheit
Fehler.
Im BacS sind sie gut in der Mathematik, das will ich gar nicht abstreiten. Genauso wie das englische Oberstufensystem verdammt gut in der Mathematik ist. Aber die Französin, mit der ich zusammengelebt hab, hatte keine Ahnung, was eine Parabel ist, und sie hat in der Seconde (vorletztes Schuljahr) Bruchrechnen gelernt, das hat sie mir selbst bestätigt. Deswegen hat Frankreich bei TIMSS auch nur BacS-Schüler testen lassen…
Fehler, die die Westdeutschen aus erster Hand kennen
und gerne verdrängen. Die französische Einheitsschule bricht
gegenwärtig in den Gegenden ein, in denen eine völlig
verfehlte Ausländerpolitik betrieben wurde. Die Franzosen
machen den gleichen Quatsch mit den Afrikanern wie die
Westdeutschen mit den Türken. Statt die Ausländer in die
Gesellschaft zu zwingen, ghettoisiert man die Ausländer und
erzeugt Parallelgesellschaften, arme Milieus,
Perspektivlosigkeit, Kriminalität.
Ja, stimmt. Inzwischen wird es besser, z.B. dadurch, dass Ganztagsgrundschulen eingerichtet werden (z.B. auf meiner alten Grundschule, wo der Ausländeranteil momentan ca. 70% beträgt) und es gibt auch vereinzelt extra Ausländerklassen, wo Kinder mit möglichst vielen verschiedenen Muttersprachen zusammen sind, damit sie Deutsch reden müssen. Eine Freundin, die Grundschullehrerin ist, meint jedoch, dass das alles nichts bringt, weil die Kinder auch ihre Muttersprache nicht ordentlich sprechen und dadurch keine große Chance haben, Deutsch ordentlich zu lernen.
In den gutbürgerlichen
Regionen hingegen, und in Regionen ohne Ghettobildung der
Zuwanderer, operiert die französische Einheitsschule nach wie
vor auf solidem, teilweise hohem Niveau.
Also die Französin kam aus Perpignan, nicht gerade ein Ausländergebiet, und die Freundin, von der ich geredet hab, war auch in einem relativ „ausländerfreien“ Ort. Sie hat sich auch angeschaut, was ihre Schüler in anderen Fächern lernen und sagt, es ist weit unter dem Niveau von dem, was wir gelernt haben. Auf dem Lycée. Wir haben hier an der Uni einen deutsch-französischen Studiengang, und wenn ich das Deutsch von den Franzosen höre, wird mir ganz anders. Und die dürfen nur in den Studiengang, wenn sie verdammt gute Noten in Deutsch haben. Es ist nicht nur der französische Akzent, sondern die völlige Abwesenheit von Grammatikkenntnissen…
Das beweist einmal mehr: Die Einheitsschule ist die weit
überlegene Schulstruktur, denn die Einheitsschule kann für die
Ausländer- und Sprachproblematik eine Vielzahl handfester
Lösungsmöglichkeiten anbieten, während unser gegliedertes
Schulsystem verstummt und höchstens homöopathische Mittelchen
zur Linderung irgendwelcher Symptome einsetzen kann.
Aber das geht ja nur, wenn die Ausländer nicht alle in die selbe Schule gehen. Faktisch tun sie das aber. Latinos im Süden der USA, Afrikaner in Frankreich, Türken in Deutschland. Interessanterweise funktioniert die Integration da besonders gut, wo es Immigrationsbeschränkungen gibt. In Kanada muss man z.B. einen bestimmten Bildungshintergrund haben. Die Eltern erwarten von ihren Kindern also gute Schulleistungen und fördern das Erlernen der Sprache. Meine Tante, die an einer Gesamtschule (oder besser: einer hessischen Mogelpackung, die sich Gesamtschule nennt) arbeitet, hat erzählt, dass gerade den Eltern türkischer Kinder völlig egal ist, ob ihre Kinder Deutsch können, sie sollen ja eh später in der Familieneigenen Dönerbude arbeiten, da muss man nur das Einfachste verstehen.
Selbstverständlich muß auch eine Einheitsschule ordentlich
geführt werden; nicht immer werden gute Entscheidungen
getroffen. Niemand stellt sowas in Abrede. Doch Frankreich ist
- im Gegensatz zur BRD - zu Schulreformen fähig. Dein
Kommentar ist typisch deutsch: Unser Karren steckt verdammt
tief im Dreck, aber Hauptsache man ergeifert sich über die
Luxusprobleme (!) der anderen.
Ich finde nicht, dass es ein Luxusproblem ist, wenn ein Abiturient grade mal Bruchrechnen kann…
Die Franzosen brauchen nur mit dem Finger zu schnippen und
ihr gesamtes Bildungssystem bewegt sich.
Jaaaa, alles klar. Deswegen hat sich auch da in den letzten 20 Jahren nichts geändert…
Im Klartext
für die Süddeutschen: Fehlentwicklungen können in einfacher
Art und Weise im gesamten Land korrigiert werden. Ein
unglaublicher Luxus verglichen mit unserer
ständegesellschaftlichen Schule, die vielleicht ins 19.
Jahrhundert gehört, aber gewiß nicht ins 20. oder 21.
Jahrhundert.
Ja, man sollte was ändern. Bin ich auch sofort dabei. Aber momentan geht das mit den Realitäten nicht. Die Deutschen denken gerne in Schubladen, deswegen hat sich das System so lange gehalten. In Bayern soll die Hauptschule jetzt zur Mittelschule werden, d.h. es soll von vornherein die Möglichkeit geben, den mittleren Schulabschluss zu erreichen, z.B. durch die Zusammenarbeit mit Realschulen und durch Förderstunden mit der Hälfte der Klasse, ähnlich der Intensivierungsstunden im Gymnasium. Kommentar meiner Mutter: „Dann brauchen wir aber mehr Sonderschulen, weil die schlechten Hauptschüler den Stoff nicht schaffen!“ Ich: „Mama, in den Mittelschulen in Sachsen ist es aber schon lange so, dass „Hauptschüler“ und „Realschüler“ gemeinsam unterrichtet werden, und da schaffen viele den mittleren Abschluss.“ Dann hat sie den Mund aufgemacht und wollt was sagen. Konnte sie aber nicht, weil sie den Bundeslandsunterschied nicht anbringen kann, weil sie ein hessisches Abitur hat .
Bayern ist zudem überhaupt kein Maßstab. Weder die übertrieben
geisteswissenschaftliche Prägung der Lehrinhalte,
Über die hab ich mich gefreut. Aber ich glaub das liegt daran, dass nie jemand versucht hat, mir Naturwissenschaften schmackhaft zu machen oder vernünftig zu erklären.
noch die
kontraproduktive Textlastigkeit der Schulbildung, die sture
Auswendiglernerei sowie die peitschende Drohung mit der
Hauptschule können irgendwie Vorbild für ein modernes
Bildungswesen sein.
Also das sture Auswendiglernen kenn ich kaum von hier. Es gibt immer noch ein paar Lehrer, die die wortgetreue Wiedergabe von Lerninhalten abfordern, so z.B. mein Wirtschaftslehrer. Ich hatte aber immer Mathelehrer, die Transferaufgaben in Klausuren eingebaut haben. Einer hat gesagt, dass es da irgend so ne Regel gibt. Allerdings wollte der mir auch weismachen, 60 wär ne Quadratzahl, von daher, weiß ich nicht, ob man dem glauben kann . Und mit der Hauptschule gedroht wurde bei uns niemandem. Ich gehöre allerdings auch zu den Jahrgängen, wo die Übertrittsqute aufs Gymnasium noch unter 30% war.
Wenn, dann geben die Sachsen die Richtung vor. In Sachsen
müssen alle klassischen Naturwissenschaften besucht werden und
es fließen alle Kurse in den Durchschnitt des Abiturs ein.
Hab mir das grade mal angeschaut. Ich hätte da vielleicht sogar ein besseres Abitur (naja, wenn man davon absieht, dass ich in Physik wahrscheinlich unterirdische Leistungen erbracht hätte), weil mein Grundkurs Chor gezählt hätte und so. Und zwei Fremdsprachen ohne Stundenüberschuss… Hachja. Hört sich gut an. die Abiturprüfung ist so ähnlich geregelt wie in Bayern, nur dass man hier in Deutsch, Mathe und einer Fremdsprache Abi machen muss und es keine Grund- und Leistungskurse mehr gibt, die Stundenzahlen sind aber ähnlich.
Die
mehrheitlich einheitsschulisch ausgebildete, alte Lehrerschaft
sorgt des weiteren für eine relativ geringe Benachteiligung
armer Kinder.
Hm. Das ist die Frage. Es kommt total drauf an, ob die Eltern bildungsfreundlich sind. Eine Freundin, die an einer Grundschule unterrichtet, hat erzählt, dass sie stundenlang mit Eltern diskutieren, weil Kinder (Mädchen wie Jungs) zu ihnen kommen (mit Gymnasialempfehlung) und sagen, sie sollen ihnen helfen, weil die Eltern ihnen nur die Hauptschule erlauben, weil sie was ordentliches lernen sollen und keinen vergeistigten Kram.
Ich begegne in der Uni genügend bayrischen und
baden-württembergischen Studenten, um zu sehen, daß der
vielbeschworene Schwierigkeitsgrad zu den sonstigen
Bundesländern nicht oder bestenfalls temporär bis zum Ende des
- Studienjahres besteht. Schwächen weisen süddeutsche
Studenten klar im Anwendenkönnen und systematischen
Durchdringen des Stoffes auf, vermutlich der empfindliche
Tribut für die stumpfe Lernerei.
Wie gesagt, ich kenn das nicht so, und ich war auf dem sprachlichen Zweig, wo die ganzen „Matheidioten“ hocken.
dass englische Siebtklässler auf dem Niveau eines bayerischen (andere deutsche Grundschulsysteme kenn ich nicht) Dritt- oder Viertklässlers rechnen, in Chemie und Biologie Sachen machen, die hier in der 4. Klasse in HSU drankommen.
Wenn Du sonst keine Sorgen kennst. Diese Dinge brauchen Dich
doch eigentlich nicht zu interessieren, denn Bayern hat
schließlich genügend eigene Probleme und muß vor der eigenen
Türe kehren. Oder muß ich erst die Lehrpläne der POS/EOS aus
der Schublade holen, damit dieses arrogante bayrische Gehabe
endlich verstummt?!
Du musst die nicht rausholen, aber wenn du sagst, die POS war so überlegen, dann müsstest du jetzt doch erst recht entsetzt sein…
LG, Sarah