Bundesland?

Hallo,
es dürfte nicht nur bei der Beantwortung von Fragen in diesem Brett von Vorteil sein, wenn die Schulgesetzte bundesweit einheitlich wären.
Diese Kuddelmuddel von teilweisen erheblichen Abweichungen zwischen den Bundesländern hat so viele Nachteile, dass irgendein Vorteil kaum gerechtfertigt ist.

Warum bringt man sie nicht alle auf einen Nenner?

Viele Grüße

Hallo,

Warum bringt man sie nicht alle auf einen Nenner?

Weil es in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche politische Entscheidungen gibt. Die Schöpfer unseres Grundgesetzes haben aufgrund der leidvollen Erfahrungen aus der Zeit von 1933 bis 1945 die Individualität der Bundesländer möglich gemacht haben.

Gruß
Otto

Hallo,
der Ursprungsgrund ist ja nun lang her und heute nicht mehr relevant. Die meisten anderen Gesetze variieren auch nicht von Bundesland zu Bundesland, warum also das Schulgesetz?
Und vor allem: warum zweifelt kaum einer an dieser Flickenteppichpolitik?

Viele Grüße

Hallo,

der Ursprungsgrund ist ja nun lang her und heute nicht mehr
relevant. Die meisten anderen Gesetze variieren auch nicht von
Bundesland zu Bundesland, warum also das Schulgesetz?

Weil Schule und Kultur eines der wenigen Gebiete sind, in denen die Länder das alleinige Sagen haben und sie sich deshalb dieses Terrain nicht abnehmen lassen wollen.

Und vor allem: warum zweifelt kaum einer an dieser
Flickenteppichpolitik?

Man zweifelt nur nicht laut.
Aber ich wundere mich auch, dass Schule/Bildung im Moment sehr intensive diskutiert wird unter Politikern, in den Medien und in der Bevölkerung, aber nirgends der Ruf nach einem einheitlichen System laut wird.

Gruß
Elke

Hallo,

Aber ich wundere mich auch, dass Schule/Bildung im Moment sehr
intensive diskutiert wird unter Politikern, in den Medien und
in der Bevölkerung, aber nirgends der Ruf nach einem
einheitlichen System laut wird.

… und ich wundere mich, dass es Menschen gibt, die in Vereinheitlichungen (nicht nur von Schule) das Allheilmittel für alle Schwächen und Fehler sehen.

Es glaubt doch niemand ernsthaft, dass ein einheitliches Schulsystem ein einheitlich gutes wäre. Im Zweifelsfall einigt man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner und das ist dann eben „Bremen“ und nicht „Bayern“.

Es lebe die Vielfalt! Konkurrenz hält wach.

Gruß

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Hallo,

… und ich wundere mich, dass es Menschen gibt, die in
Vereinheitlichungen (nicht nur von Schule) das Allheilmittel
für alle Schwächen und Fehler sehen.

Wo habe ich das behauptet?

Es glaubt doch niemand ernsthaft, dass ein einheitliches
Schulsystem ein einheitlich gutes wäre. Im Zweifelsfall
einigt man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner und das
ist dann eben „Bremen“ und nicht „Bayern“.

Es lebe die Vielfalt! Konkurrenz hält wach.

Das ist absurd: die meisten Menschen haben keine Wahl, sondern müssen dort zur Schule gehen, wo sie wohnen.
Bist du schon mal umgezogen?
Weißt du, wie schwierig es ist, als Schüler von einem BL ins andere zu ziehen?
Ich lebe in einem Dreiländereck mit Möglichkeiten sogar in einem viertem BL in die Schule zugehen, bin also über 3 verschiedene BL in Sachen Schule relativ gut informiert (ich arbeite im Sekretariat einer Schule).
Es gibt Schultourismus, der wenig mit dem „besten Angebot“ zu tun hat, sondern entweder damit „irgendwas geeignetes“ zu finden oder um Noten (vermeintlich) zu verbessern. In manchen BL gibt es Gesamtschulen, in andern nicht. In einigen sind die Gesamtschulen (auch) integrativ, in anderen gibt es nur kooperative. In manchen gibt es nur noch ein zweigliedriges Schulsystem, in anderen nachwievor ein dreigliedriges. Von den verschiedenen Fachwahlmöglichkeiten, die einen Umzug nahezu unmöglich machen, gar nicht zu reden. Oder Sprachwahlmöglichkeiten (im südwestlichen Baden-W. gibt es Französisch ab der 5. - wie wechselt man da in ein Gymnasium in Hessen, wo es das nicht gibt?

Im Übrigen, als Beispiel für gelungene Zentralisierung sei auch Großbritannien genannt. Das Schulsystem war Ende der 80er in einem desolaten Zustand. Anfang der 90er Jahre kam dann das vereinheitliche „New Curriculum for England and Wales“, was den Unterricht von Schule zu Schule sehr vereinheitlicht hat. Nach meinen Erfahrungen ein voller Erfolg.

Heutzutage, wo auch der Arbeitsmarkt Mobilität von Arbeitnehmern fordert, und generell die Gesellschaft viel weniger standortgebunden ist als früher, ist ein so aufgeteiltes Bildungsangebot wie in Deutschland anachronistisch.

Gruß
Elke

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Hallo,

Es lebe die Vielfalt! Konkurrenz hält wach.

Das ist absurd: die meisten Menschen haben keine Wahl, sondern
müssen dort zur Schule gehen, wo sie wohnen.

Ich hatte nicht an die Wahl der Schule durch Schüler oder Eltern im Sinn, sondern an die Wahl des Schulsystems durch die Länder. Bayern oder Baden-Württemberg sind nun einmal ein Ansporn für die anderen Länder (hoffe ich), in ihren eigenen Anstrengungen nicht nachzulassen.

Es gibt Schultourismus, der wenig mit dem „besten Angebot“ zu
tun hat, sondern entweder damit „irgendwas geeignetes“ zu
finden oder um Noten (vermeintlich) zu verbessern.

Mit einem einheitlichen Schulsystem würde man gerade diesen Menschen diese Möglichkeiten nehmen. Das kann man wollen – oder auch nicht. Ich hatte ein paar ehemalige Mitschüler, die heute vermutlich kein Abitur hätten, wenn sie diese Möglichkeit nicht hätten nutzen können.

Oder Sprachwahlmöglichkeiten (im südwestlichen Baden-W. gibt es
Französisch ab der 5. - wie wechselt man da in ein Gymnasium
in Hessen, wo es das nicht gibt?

Im einheitlichen System dürften also die alemannischen Kinder nicht die Sprache lernen, die fünf Kilometer weiter gesprochen wird. Ich finde es sinnvoll, in Schleswig-Holstein Dänisch, in Brandenburg Polnisch und in Sachsen Tschechisch an der Schule zu lernen.

Heutzutage, wo auch der Arbeitsmarkt Mobilität von
Arbeitnehmern fordert, und generell die Gesellschaft viel
weniger standortgebunden ist als früher, ist ein so
aufgeteiltes Bildungsangebot wie in Deutschland
anachronistisch.

Zu diesem Thema würden mich einmal Zahlen interessieren, wie viele Menschen davon wirklich betroffen sind – gibt es so etwas wie eine „Mobilitäts-Statistik“?

Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich bin kein militanter Verfechter des Schul-Föderalismus, ich glaube nur nicht, dass durch eine bundesweit einheitliche Schulpolitik in den einzelnen Schulen irgend etwas besser würde.

À propos Mobilität: Ein Schulwechsel wird wohl nie reibungslos ablaufen; ich bin der Überzeugung, wenn ein Schüler in der gleichen Stadt von einer Schule auf eine andere wechselt, hat er ähnliche Probleme wie beim Wechsel in ein anderes Bundesland (wenn auch vielleicht in etwas abgemildeter Schärfe).

Gruß

Hallo,

Es lebe die Vielfalt! Konkurrenz hält wach.

Das ist absurd: die meisten Menschen haben keine Wahl, sondern
müssen dort zur Schule gehen, wo sie wohnen.

Ich hatte nicht an die Wahl der Schule durch Schüler oder
Eltern im Sinn, sondern an die Wahl des Schulsystems durch die
Länder. Bayern oder Baden-Württemberg sind nun einmal ein
Ansporn für die anderen Länder (hoffe ich), in ihren eigenen
Anstrengungen nicht nachzulassen.

Ähm, ich hoffe, ich verstehe dich falsch. Bayern und BaWü als die Vorbilder, nach denen sich alle richten sollen / strecken müssen?

In anderen Bundesländern wird ebenfalls in der Schule gelernt und gearbeitet. Das Abitur aller Bundesländer wird bundesweit anerkannt. Und ich habe noch nie davon gehört, dass z.B. norddeutsche Schüler an bayerischen Universitäten eine deutlich höhere Durchfallquote hätten. (Wäre es so, würde dies sicher laut und vernehmlich propagiert werden…)

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Vereinheitlichung
Guten Tag.

Vereinheitlichung ist in der BRD grundsätzlich wahlweise Sozialismus oder Faschismus.

Das „einheitliche sozialistische Bildungssystem“ wurde 1990-1995 mit vielen Milliarden des Westens beseitigt und die wiedererrichteten Länder ins bildungspolitische Mittelalter zurückgebombt - die Richtung nach links ist demzufolge verstellt.

Und nach rechts geht es ebenfalls nicht, weil zentralistische Ideen ausgerechnet unter der faschistischen Diktatur des Hitler-Regimes eingeführt wurden. Zentralismus ist deswegen in der BRD ein rechtskonservativ-bürgerlicher Kampfbegriff (wie z.B. Einheitsschule, Unrechtsstaat usw.) und wird immer zur Diskreditierung einer Schulreform eingesetzt.

Hierbei zeigt sich auch auf eine bezeichnende Art und Weise, daß der konservativ-bürgerliche Block eigentlich nicht sonderlich demokratisch gesinnt ist. Denn: Menschen, die wirklich demokratische Überzeugungen teilen, brauchen zentralistische Konzepte überhaupt nicht fürchten oder populistisch bekämpfen, weil sich Demokraten nämlich darüber im klaren sind, daß die demokratische Kontrolle den diktatorischen Machtmißbrauch verhindert.
In einem demokratischen System wird es kein stalinistischen Entgleisungen geben können wie unter Margot Honecker in der DDR. Dort wurde im Ministerium für Volksbildung sicherlich viel Progressives und Nachahmenswertes erreicht, doch gab es immer wieder grobe, teilweise menschenrechtsverletztende Maßnahmen, wenn die zentralistischen Strukturen durch die SED-Politik bzw. die Parteilinie verformt wurden.

In Frankreich beispielsweise ist Zentalismus Teil der Kultur und der Gesellschaft, weil die zentralistischen Ideen eng mit der freiheitlich-republikanischen Tradition des Landes verbunden sind und die starke Zentralisierung unter keiner völkermordenden, faschistischen Diktatur geschah und die Republik gegenüber sozialistischem Gedankengut keine hysterischen Tollwutanfälle zeigt.

Vor allem die rechtskonservativ-bürgerlich regierten südlichen Fürstentümer Länder der BRD stehen unter einer starken Ideologisierung in bezug auf Schulreformen; die Bayern z.B. lehnten nach dem Kriegsende die mit der re-education angeordnete Schulreform radikal ab. Dort wurden teilweise gröbste sozialdarwinistisch-nationalsozialistische Phrasen gedroschen, um die Zerschlagung des Gymnasiums und die Etablierung eines horizontal integrierten Schulsystems zu unterbinden.

Schon wenn höchstens die einfachen territorialen Forderungen der Besatzungsmächte im Grundgesetz Beachtung gefunden hätten, müßten wir uns nicht mit sechszehn verschiedenen Schulsystemen sondern nur mit vieren herumschlagen.

Interessant ist ebenfalls, daß die Nazis das differenzierteste gegliederte Schulsystem betrieben. Die Nazis führten keine großen Schulreformen durch, sondern die konservative Schulpolitik der Weimarer Republik wurde eher weitergeführt; aus dem fünfgliedrigen Schulsystem wurde ein noch weiter gegliedertes System aufgebaut. Auch hier ist die ideologische Kontinuität Ständegesellschaft - 19. Jahrhundert - Kaiserreich - Weimarer Republik - Hitlerdeutschland - BRD erstaunlich.

Von föderalistischer Zersplitterung schwafeln auch nur die Konservativen; die loben den Föderalismus über den Klee und scheuen selbst eine dreiste demokratische Etikettierung nicht: Vielfalt, kreativer Wettstreit, gemeinsames Ringen.
Eigentlich ist ein starker Förderalismus im deutschen Staate einfach eine überkommene, ungesunde Struktur, bestenfalls eine völlig überschätzte Tradition. Betrachtet man sich die deutsche Geschichte seit 919 (Heinrich von Sachsen) diente die territoriale, föderale und konföderale Zersplitterung als funktionaler Machtapparat des Adels und des besitzenden Bürgertums - Kreise, die selbstverändlich die entscheidenden Einflußmöglichkeiten niemals aus der Hand gaben. Der geniehafte Verfassungstanz Bismacks war hier der absolute Höhepunkt.

Schulisch würden wir wegen der Kleinstaaterei der Süddeutschen noch heute auf dem Bärenfell schlafen, wenn das große und bestimmende Preußen im 18. und 19. Jahrhundert nicht über seine herausgehobene Stellung verfügt hätte und wenn die Sachsen nicht des öfteren bei den Reformen Preußens mitgezogen hätten…

Du könntest demzufolge die Flickenteppichpolitik höchstens beseitigen, wenn sämtliche Bundesländer eine linke Regierung bekommen, die Kultusministerkonfererenz abgeschafft oder vollständig reformiert und die unumschränkte Bildungshoheit der Länder im Grundgesetz beseitigt werden würde.

Bleibt nur ein Land CDU-regiert, besteht keinerlei Chance, die rückwärtsgewandte Bildungspolitik dauerhaft zu überwinden.

reinerlein

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Hallo emein,

À propos Mobilität: Ein Schulwechsel wird wohl nie reibungslos
ablaufen; ich bin der Überzeugung, wenn ein Schüler in der
gleichen Stadt von einer Schule auf eine andere wechselt, hat
er ähnliche Probleme wie beim Wechsel in ein anderes
Bundesland (wenn auch vielleicht in etwas abgemildeter
Schärfe).

nö, ganz sicher nicht, wenn er oder sie in der Fächerkombination bleibt.

Dabei gibt (oder gab) es ja auch den ganz normalen „LK-Tourismus“, wenn eine gewünschte LK-Kombination nicht am eigenen Gymnasium angeboten wurde.
(Ich schreibe in der Vergangenheit, weil meine Tochter schon vor 12 Jahren Abitur gemacht hat und davor nach der 10. die Schule innerhalb Münchens gewechselt hat). Ein Wechsel in einen Ort an eine Schule, an der nicht humanistisches Gymnasium (LK Griechisch und Mathe, um es genau zu sagen) angeboten wurde, wäre sicher problematischer verlaufen.

Grüße,

Karin

Hallo,

Ich hatte nicht an die Wahl der Schule durch Schüler oder
Eltern im Sinn, sondern an die Wahl des Schulsystems durch die
Länder.

Aber Schultourismus von Eltern/Schülern ist eine Konsequenz des derzeitigen Systems.

Bayern oder Baden-Württemberg sind nun einmal ein
Ansporn für die anderen Länder (hoffe ich), in ihren eigenen
Anstrengungen nicht nachzulassen.

Da darf ich den gleichen Skeptizismus wie Gargas anbringen.

Mit einem einheitlichen Schulsystem würde man gerade diesen
Menschen diese Möglichkeiten nehmen.

Umgekehrt: sie bräuchten es nicht.

Das kann man wollen –
oder auch nicht. Ich hatte ein paar ehemalige Mitschüler, die
heute vermutlich kein Abitur hätten, wenn sie diese
Möglichkeit nicht hätten nutzen können.

Hier widersprichst du dir aber ganz gewaltig selbst.

Oder Sprachwahlmöglichkeiten (im südwestlichen Baden-W. gibt es
Französisch ab der 5. - wie wechselt man da in ein Gymnasium
in Hessen, wo es das nicht gibt?

Im einheitlichen System dürften also die alemannischen Kinder
nicht die Sprache lernen, die fünf Kilometer weiter gesprochen
wird.

Es geht nicht um „dürfen“, sondern um „müssen“.

Ich finde es sinnvoll, in Schleswig-Holstein Dänisch, in
Brandenburg Polnisch und in Sachsen Tschechisch an der Schule
zu lernen.

Wunderbar, wenn dadurch ein Schulwechsel/Ortswechsel verstellt wird.
Beschäftige dich mal mit den Gründen des Schüleraufstandes in Soweto/Südafrika 1976. Der hat sich daran entzündet, weil Schülern die gemeinsame Sprache und die Sprache, die Verbindung zur Welt bedeutete, genommen gerworden.

Zu diesem Thema würden mich einmal Zahlen interessieren, wie
viele Menschen davon wirklich betroffen sind – gibt es so
etwas wie eine „Mobilitäts-Statistik“?

Ich kenne keine, gibt es aber sicher. Ich weiß allerdings, dass in meinem Jahrgang viele Kinder von 6-18 im gleichen Ort zur Schule gingen - mit Ausnahme diejenigen aus unserem „Akademikerviertel“, wo die Zugereisten wohnten, die für BASF und Lufthansa arbeiteten und deshalb schon damals vergleichsweise mobil waren. Die Beobachtung der Gesellschaft lässt mich vermuten, das Mobilität zumindest ansteigt. Und meine persönliche Beobachtung an unserer Schule (vor allem im Sekundarzweig) sagt mir, dass wir im Jahr ca. 10-20 Schüler haben, die aus anderen BL zuziehen. Hochgerechnet auf 8 oder 9 Schuljahre sind das eine ganze Menge.

À propos Mobilität: Ein Schulwechsel wird wohl nie reibungslos
ablaufen;

Gerade deshalb sollte man ihn nicht durch sinnlosen Föderalismus er schweren.

ich bin der Überzeugung, wenn ein Schüler in der
gleichen Stadt von einer Schule auf eine andere wechselt, hat
er ähnliche Probleme wie beim Wechsel in ein anderes
Bundesland (wenn auch vielleicht in etwas abgemildeter
Schärfe).

Mein Argument war nicht, dass Probleme entstehen. Mein Argument war, dass es oft fast unmöglich ist.

Gruß
Elke

Hallo,
ich habe jetzt wirklich etwas dazugelernt - ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass dieser Unsinn auf den Nationalsozialismus zurück zu führen ist.

Viele Grüße

Nachtrag
Hallöle.

ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass dieser Unsinn auf den
Nationalsozialismus zurück zu führen ist.

Ist er nicht. Ich wollte nur klarstelen, daß Nazideutschland keineswegs eine Einheitsschule wie später die DDR errichtete, sondern das Gegenteil war der Fall. Im Dritten Reich wurde das gegliederte Schulsystem der Weimarer Republik weiterbetrieben und soweit aufgegliedert wie noch nie zuvor. Die nationalsozialistische Umgestaltung der inneren Verwaltung (Gleichschaltung, Gaue) und die faschistische Ideologie beeinflußten selbstverständlich auch den Schulbesuch.

Nach dem Krieg restaurierten die drei Besatzungszonen der Westmächte das gegliederte Schulsystem wie es in der Weimarer Republik ausgesehen hatte, auch mit der Bildungs- und Kulturhoheit der Länder.

Eigentlich alle Forderungen der Siegermächte wurden ignoriert, vor allem im erzkonservativen Süden.

Nur in der Sowjetischen Besatzungszone wurde eine Schulreform durchgeführt, wie es die Antihitlerkoalition ursprünglich für Gesamtdeutschland beschlossen hatte und wie es SPD und KPD seit dem Ende des Kaiserreiches gefordert hatten.
Die Sowjets ließen sich nicht beirren und erzwangen die Reform, auch gegen reaktionäre Haltungen, die den gleichen gequirlten Unfug vorbrachten, der uns noch heute pro institutioneller Trennung und Frühauslese aus der Union um die Ohren gehauen wird.
Die Sowjets ließen die Deutschen dabei weitestgehend in Ruhe werkeln und zogen sich auf den reinen Befehl, der die Reform iniitierte, und die grundlegenden Rahmenbedingungen zurück. Diese antifaschistisch-demokratische Schulreform beseitigte das gegliederte Schulsystem und etablierte eine in ihrer Konzeption unbekannte Schulform, die mit Einheitsschule bezeichnet wurde. Die meisten Mängel des gegliederten Schulssystems entfielen; u.a. konnte die Kulturhoheit der Länder/ der Schulföderalismus entkräftet werden.

Der Unsinn der Flickenteppichpolitik geht demnach nicht auf die Nazis zurück, sondern die Verbrechen der faschistischen Diktatur konnten von den konservativ-bürgerlichen Kräften zur Restauration i h r e s gegliederten Schulsystems und zur Restauration i h r e r begehrten Kleinstaaterei genutzt werden.

Lustig ist hierbei auch, daß sich ausgerechnet die konservativen Kräfte auf Wilhelm von Humboldt berufen. Humboldt wollte kein gegliedertes Schulsystem, sondern ein humanistisches Gymnasium für alle, das in Form einer Gesamt- und Simultanschule organisiert werden sollte - Humboldt, ein sozialistischer Schulreformer. :wink:

Er würde sich im Grabe umdrehen, wenn er sehen könnte wie seine Schulvorstellung in ein de facto unbewegliches, leistungsschwaches und gesellschaftlich ungerechtes gegliedertes Schulsystem verdreht wurde. Und ausgerechnet die verantwortlichen konservativen Kräfte erdreisten sich in den Debatten, wie immer ohne rot zu werden, Humboldt heranzuziehen.

Gute Nacht

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Hallo Otto,

ich stelle mich gerade zu doof an, im Grundgesetz die Passage zu finden, in der die Bildung in die Hände der Länder gelegt wird. Ich finde nur was zu Hochschulen, nicht jedoch zu allgemeinbildenden Schulen.
Wenn es also nicht im Grundgesetz festgelegt sein sollte, warum berufen sich dann alle darauf?
Und wenn es doch im GG steht, dann frage ich mich, warum denn die Alliierten (die ja die Formulierung des Grundgesetzes zumindest beeinflussten) gerade die Bildung als Ländersache festgeschrieben haben. Dass z.B. die Bodenverteilung Sache der Länder ist, kann ich verstehen, weil man dadurch deutschlandweite Enteignungen oder Umverteilungen im Sinne des Sozialismus vermeidet. Bei z.B. der Abfallwirtschaft als Ländersache sehe ich als Grund, dass der Bund sich nicht mit derlei „Kleinigkeiten“ abgeben muss, dass also eine zentral geregelte Abfallwirtschaft der zügigen Entsorgung und Rohstoffrückgewinnung entgegenstehen könnte.
Aber wo läge das Problem (das als Begründung für die Länderhoheit herhalten muss), wenn die Bildung zentral geregelt wäre?

Liebe Grüße
Immo

Hallo!

Ne, die haben keine höhere Durchfallquote, die Ortsansässigen dürfen sich dafür aber in Einführungskursen ein Semester lang langweilen. Stilmittel mussten wir lernen, wie man ein Buch interpretiert und wer Shakespeare ist. Jeder bayerische Grundkursabiturient, der Englisch gemacht hat, weiß das. Aber die Hamburger hams eben nicht gewusst. Die NRWler auch nicht.

LG, Sarah

Hallo!

Das Schulsystem hier ist nicht gänzlich leistungsschwach. Bayern hat heutzutage noch mehr als 30% Hauptschüler und hat trotzdem bei allen PISA-Studien sehr gut abgeschnitten.
Außerdem hast du dir bei deinem Hinweis auf Frankreich oben schön verkniffen, dass deren zentralisierte Einheitsschule unter aller Sau ist, den Kindern nix beibringt und außerdem seit Jahren immer wieder das Niveau senkt, damit auch ja jeder mitkommt. Da werden in der Oberstufe in Mathematik Bruchrechnen und lineare Gleichungen unterrichtet (außer in der spezialisierten Naturwissenschaftsoberstufe). Bruchrechnen haben wir in der 6. Klasse gemacht und lineare Gleichungen in der 7. oder 8…
In Bezug auf England (weil eklastic das oben gesagt hat): Ja, die haben schön reformiert, haben einheitliche Standards, das ändert aber immer noch nix dran, dass englische Siebtklässler auf dem Niveau eines bayerischen (andere deutsche Grundschulsysteme kenn ich nicht) Dritt- oder Viertklässlers rechnen, in Chemie und Biologie Sachen machen, die hier in der 4. Klasse in HSU drankommen. Die GCSEs (mittlere Abschlüsse) liegen leicht über Hauptschulniveau, soweit ich welche gesehen habe, in Sprachen sind sie ziemlich genau auf Qualiniveau.

LG, Sarah

Hallo,

das wird ja noch eine richtig spannende Diskussion!

Ich verzichte jetzt auf’s Zitieren, sonst wird das Posting zu groß – nur ein paar Punkte, um Ordnung in meine/deine/unsere Gedanken zu bringen:

Wir müssen unterscheiden zwischen „Schultourismus“ (ein freiwilliger Wechsel auf eine Schule eines benachbarten Bundeslandes) und erzwungenem Schulwechsel wegen (z. B. beruflich bedingtem) Umziehen der Familie.
Im föderalen System kann ein Schüler, der z. B. in Aschaffenburg (Bayern) leistungsmäßig gefährdet ist, nach Hanau (Hessen) wechseln und hat dort bessere Chancen, sein Abi zu schaffen – zumindest war das zu meiner Zeit so (ich bin mir nicht sicher, ob die Unterschiede in den Leistungsanforderungen gerade dieser beiden Länder noch so groß sind wie damals).
Insofern sehe ich auch nicht, wo ich mir da selbst widersprochen hätte.

Zum Thema „wer hat die schwerste/beste Schule im Land?“ gibt’s weiter unten einen passenden Beitrag von SarahS.

Regional unterschiedliche Fremdsprachenangebote sind im heutigen Schulsystem Realität (Beispiel Baden) – inwieweit so etwas in einem zentralistischen System noch möglich wäre, werden wir wohl offen lassen müssen. Den Zusammenhang mit Soweto verstehe ich nicht ganz, schließlich lernen wir alle noch Deutsch (und Englisch).

Einen Widerspruch in deinem Posting habe ich noch entdeckt: Einerseits beschreibst du die zunehmende Mobilität am Beispiel eurer Schule (interessant, auch wenn keine Statistik, die wir beide leider nicht kennen), andererseits sagst du weiter unten, ein Länderwechsel sei heute „unmöglich“ – dabei passiert’s doch in zunehmendem Maße.

Gruß

Hallo,

Wir müssen unterscheiden zwischen „Schultourismus“ (ein
freiwilliger Wechsel auf eine Schule eines benachbarten
Bundeslandes) und erzwungenem Schulwechsel wegen (z. B.
beruflich bedingtem) Umziehen der Familie.
[…]
Insofern sehe ich auch nicht, wo ich mir da selbst
widersprochen hätte.

Du gibst selbst zu, dass der Unterschied existiert, aber wenn er genutzt werden kann (von einigen wenigen, die das Glück haben im Grenzbereich und auf der richtigen Seite einger Grenze zu leben), dann heißt das zwangsläufig auch: er ist da und diejenigen, die gezwungen umziehen müssen, haben viele Nachteile daraus.

Regional unterschiedliche Fremdsprachenangebote sind im
heutigen Schulsystem Realität (Beispiel Baden) – inwieweit so
etwas in einem zentralistischen System noch möglich wäre,
werden wir wohl offen lassen müssen.

Im Bezug auf Baden habe ich eben nicht von Fremdsprachen angebot sondern Zwang gesprochen.

Den Zusammenhang mit
Soweto verstehe ich nicht ganz, schließlich lernen wir alle
noch Deutsch (und Englisch).

Ich wollte darauf hinweisen, dass der Zwang zu einer Fremdsprache, durchaus explosive Wirkung haben kann. Den Kindern im Grenzgebiet Baden/Frankreich wird Englisch verwehrt - was man durchaus als Benachteiligung im globalen Leben sehen kann.

Einen Widerspruch in deinem Posting habe ich noch entdeckt:
Einerseits beschreibst du die zunehmende Mobilität am Beispiel
eurer Schule (interessant, auch wenn keine Statistik, die wir
beide leider nicht kennen), andererseits sagst du weiter
unten, ein Länderwechsel sei heute „unmöglich“ – dabei
passiert’s doch in zunehmendem Maße.

Nicht unmöglich, aber der Ortswechsel wird dadurch sehr erschwert. Auch kenne ich etlich Beispiele, wo die jüngeren Kinder mit den Eltern umgezogen sind und die älteren (ab 10. Klasse etwa) im alten Wohnort zurückgeblieben sind, weil ein Schulwechsel in ein anderes Bundesland zuviele Nachteile mit sich gebracht hätte.

Gruß
Elke

Hallo!

Bundesländerwechsel passieren, ja - aber sie sind mit großen Strapazen und manchen Unmöglichkeiten verbunden. Ich meine, ich hab innerhalb eines Bundeslandes die Schule gewechselt und dabei trotzdem ein Jahr verloren. Jetzt habe ich eine 15jährige Nachhilfeschülerin, 9. Klasse Realschule, gewechselt von BaWü nach Bayern. Grammatikalisch ist sie in Englisch auf dem selben Stand wie ihre Mitschüler, sie kommt aber mit den Prüfungsformen nicht zurecht (Anweisungen sind in BaWü genauer, Texte kürzer, keine unangesagten Prüfungen in BaWü). Das Kind hat immer 2er in Englisch geschafft und steht jetzt auf 5. Spitzengeschichte ein Jahr vor der Abschlussprüfung…

LG, Sarah

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Hallo,

Ich meine, ich hab innerhalb eines Bundeslandes die Schule
gewechselt und dabei trotzdem ein Jahr verloren.

Meine Rede, es liegt nicht nur am Land.

Anweisungen sind in BaWü genauer, Texte kürzer, keine
unangesagten Prüfungen in BaWü

Ich denke, es müsste heißen: Beim früheren Lehrer war es anders als beim neuen.
Selbst innerhalb einer Schule verwendet der eine Lehrer kürzere Texte als der andere, lässt mehr unangekündigte Hausaufgabenüberprüfungen schreiben etc.

Unterschiede im Unterricht liegen zu 90 % am Lehrer und nicht am Bundesland.

Nochmal: Grundsätzlich kann es mir egal sein, ob unser Schulsystem föderal oder zentralistisch strukturiert ist (mein Lehrplan ist eh ein bundeseinheitlicher), aber ich bin sicher, dass eine Zentralisierung unseres Bildungssystems die Erwartungen all derer aufs bitterlichste enttäuschen würde, die jetzt so vehement dafür eintreten.

Gruß