Schwerer Hefeteig
Servus,
Backofenthermostate sind extrem ungenau in Messung und Anzeige, vor allem bei relativ niedrigen Temperaturen. Halbwegs genaue Backofenthermometer sind für nicht so sehr viel Geld zu bekommen und taugen auch sonst, z.B. zum Braten bei niedrigen Temperaturen oder zum Brotbacken, wo sehr hohe Temperaturen genau angezeigt werden sollten.
Die 50° C beim Backofenthermostat können fast alles von 30° C bis 60° C bedeuten. Zum Gehen von Hefeteig, der viele anderen Zutaten (die teilweise die Kleberstruktur negativ verändern, teilweise einfach von der Hefe nicht geliebt werden) sind 30° C, vielleicht ein bissel drüber, aber nicht viel, eine gute Temperatur. Das ist ungefähr das, was Deine Mutter hatte, wenn sie den Teig zum Gehen außen auf den Kachelofen stellte.
Weil Haushaltsbacköfen normalerweise keine 30° C bringen, sondern unter 50° (laut Thermostat) nur die Auftaufunktion haben, die der Hefe die Ohrwaschel wegbläst, kann man sich mit dem Backofen eigentlich bloß helfen, indem man ihn höher aufheizt (mit irgendwas drin, was die Wärme speichert), und dann bei Erreichen der 30° C beim Abkühlen mit dem Teig in vorgewärmter Schüssel beschickt.
Kann die Schüssel auch nur neben die Heizung stellen, passt nicht ob drauf.
Stuhl neben Heizung ist eine gute Alternative, wenn man die Schüssel vorher im Backofen gut handwarm vorwärmt - sonst wärmt eine Heizung auf Sparflamme grade mal die Schüssel, aber nicht den Teig.
Und bei den restlichen Zutaten kann ich wirklich nur hoffen,
dass sie guter Qualität sind. Gibts bei Hefe so etwas wie eine
Qualitätskontrolle, die man machen kann?
Da bin ich überfragt. Ich selber habe die verschiedenen Quellen in der Nachbarschaft der Reihe nach beim Brotbacken ausprobiert - es scheint tatsächlich auch bei einem so banalen Produkt Unterschiede zwischen den von den verschiedenen Herstellern verwendeten Hefestämmen zu geben. Viel Zeit wird für den Stollen nicht mehr sein, aber es ist ja Zwiebelkuchen- und Zwetschgenkuchensaison: Beide brauchen auch einen stabilen Teig, weil sie beim Backen einen Haufen Schlunz machen: Das wäre doch eine vergnügliche Versuchsreihe. - Ich bin bei der Hefe von Edeka gelandet, aber ich kann dafür keine objektiven Maßstäbe geben. Zum Thema „Trockenhefe“ kann ich gar nichts sagen.
Welches Mehl sollte man eigentlich am besten für einen
anständigen Hefeteig nehmen? Das normale 405 oder etwas
anderes? Was sagen diese Zahlen überhaupt aus?
Die Zahlen bezeichnen den „Ausmahlungsgrad“, d.h. wie stark das Mehl beim Mahlen auf den Stärkekörper des Korns reduziert worden ist. Gemessen wird das im Rohaschegehalt, d.h. was vom Mehl übrig bleibt, wenn es unter definierten Bedingungen verbrannt wird.
Die Werte, die für die Backfähigkeit des Mehls entscheidend sind, hängen nur ziemlich vage mit dem Ausmahlungsgrad zusammen: Das berühmte „00“-Mehl, das in Italien, Spanien und Frankreich viel verwendet wird, ist sehr hoch ausgemahlen, kann aber trotzdem sehr gut backfähig sein, weil der Hartweizen aus dem Süden eine bessere Kleberstruktur hat als der hiesige Weichweizen. Ein 00er Mehl aus deutschem oder französischem Weichweizen gäbe einen ziemlich unerfreulichen Baatsch.
Mehle mit guten Eigenschaften für schwierige Hefeteige sind eher mit Ausmahlungsgrad 550 als 405 zu finden. Ausmahlung 1050 ist sicher zu dunkel für Stollenteig. 550er Mehl gibt es u.a. von Diamant.
Wie auch immer: Falls Du eine der letzten handwerklichen oder mittelständischen Mühlen in der Nähe hast, kannst Du dort nach Mehl mit einem Proteingehalt von mindestens 11,5 % - 13%, einem Klebergehalt von mindestens 28 - 30% und einer Fallzahl von mindestens 240 Sekunden fragen. Meister Müller weiß dann schon, worum es geht, und die letzten kleineren Mühlen sind auf solche „Spezialitäten“ angewiesen, weil sie über den Preis nicht mit Aurora und Konsorten mithalten können.
Die „Fallzahl“ ist ein Maß, das die Struktur des Teiges beschreiben soll: Mehl, das einen Teig macht, der nicht bloß aufgeht, sondern seine Struktur dann beim Backen auch halten kann, hat eine hohe Fallzahl. Die wird gemessen, indem man einen Messkörper mit definierten Eigenschaften in einen Teig mit definierten Eigenschaften einsinken lässt. Daher die seltsame Maßeinheit „Sekunden“ - das ist die Zeit, die der Messkörper in der definierten Anordung braucht, bis er ganz in den Teig eingesunken ist.
Schöne Grüße
Dä Blumepeder