CDU warnt dänische Minderheitspartei

Hi,

heute auf der Titelseite des Hamburger Abendblatts musste mein waidwundes Auge folgende Überschrift lesen:

„Schleswig-Holstein: CDU warnt dänische Minderheitspartei“

und im Artikel:

„Die CDU-Spitze warnte die von der Fünfprozentklausel befreite Partei SSW vor der Duldung einer rot-grünen Minderheitsregierung. Das würde das Verhältnis zwischen der Bevölkerungsminderheit und der Mehrheit im Norden belasten, mahnte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Norbert Röttgen. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) bekräftigte: „Der SSW besitzt Privilegien, die er nicht dazu benutzen sollte, den Wählerwillen umzukehren.“
Merkels Stellvertreter Wolfgang Schäuble soll nach unbestätigten Informationen aus Dänemark in Kopenhagen Kontakt zum rechtsliberalen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen aufnehmen und versuchen, über ihn den SSW davon abzuhalten, Rot-Grün in Kiel die Macht zu sichern.“

Es ist sicherlich nicht schön, den Wahlsieg vor Augen zu haben und im letzten Moment dennoch zu verlieren. Aber hier versucht die CDU unverhohlen, demokratische Prinzipien außer Kraft zu setzen.

Schließlich erlaubt das Wahl- und Parteiensystem in Deutschland eine Minderheitsregierung unter Tolerierung einer kleineren Partei.

Warum versucht die Parteispitze der CDU dem SSV zu drohen, um ihn so von einer Tolerierung abzuhalten? Schließlich ist die Entbindung von der Fünfprozentklausel 1955 völlig rechtmäßig erfolgt.

Wieso wird nach Wulffs Meinung der Wählerwillen umgekehrt, wenn doch mit dem SSV zusammen eine Mehrheit gegen die CDU votiert hat?

Wie kommt Wolfgang Schäuble dazu, die Regierung Dänemarks zu veranlassen, in bundesdeutsche Koalitionsverhandlungen zu intervenieren?

Das ist ja wohl ein äußerst fragwürdiges Demokratieverständnis der Christdemokraten, das sich hier entlarvt.

Grüße
Burkhard

hallo burkhard,

schliesse mich ganz und gar deiner meinung an. es ist bitter, nach einem
vermeintlichen wahlsieg einzugestehen, dass es doch nicht gereicht hat.
aber so zeichnen sich nunmal schlechte verlierer aus.

wenn herr carstensen mir vor der wahl nicht sympatisch war würde ich ihm nun auf
keinen fall mehr meine stimme geben.

warum greift er denn nicht auch die grünen an, die sich ja auch auf seiten der
spd geschlagen haben?

könnte mir sogar vorstellen, dass er die wahl anfechtet.

gruss

vic

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Wieso wird nach Wulffs Meinung der Wählerwillen umgekehrt,
wenn doch mit dem SSV zusammen eine Mehrheit gegen die CDU
votiert hat?

Eine Mehrheit wäre es, wenn es über 50% wären. Sind es aber nicht. Ohne eine große Koalition läuft das auf einen Krieg hinaus. Die CDu wird mit allen erdenklichen Mittel blockieren. Ob das im Sinne des Volkes ist?

Aber Hauptsache ist doch, man hat der CDU den Stinkefinger gezeigt, auch wenn man am Ende der totale Verlierer ist.

Die Schlacht ist gewonnen, der Krieg ist aber verloren.

Demokratie?
Hallo,

der Ausgang dieser Wahl und das Gebaren der Politiker jeder Partei beweist einmal mehr, wie es um die Demokratie in Deutschland bestellt ist. Diese personalisierte Politik kümmert sich nur noch um sich selbst, dreht sich nur noch um sich selbst und es geht im Endeffekt nur noch um Macht. Der Wille des Volkes (was ja eigentlich die Demokratie ausmacht) interessiert nicht mehr. Den Politikern geht es nicht mehr um das Wohl der Bürger, des Volkes… ihnen geht es nur noch darum, an der Macht zu sein und mit andern Politikern Schlammschlachten auszutragen.
Dabei sind die aktuellen Probleme so immanent, dass sich eigentlich Politiker aller Parteien aufraffen müssten und an einem runden Tisch nach Lösungen suchen sollten. Stattdessen zerfleischt man sich, gibt dem anderen die Schuld an der Misere.
Das Volk wird sich dies eines Tages nicht mehr bieten lassen.

Würde es in Deutschland eine Demokratie nach Schweizer Modell geben (direkte Wahl der Kandidaten), dann gäbe es beispielsweise eine Merkel, einen Schröder, einen Stoiber usw. nicht mehr. Denn hier (in der Schweiz) wird ein Politiker abgewählt, sobald er Scheisse baut.

Die deutschen Politiker können froh sein, dass es das Schweizer Modell in Deutschland nicht gibt; sie wären sonst arbeitslos.

Gruss

Matthias

Hi Steven,

Eine Mehrheit wäre es, wenn es über 50% wären.

Wenn ich die Parlamentsübersicht richtig lese, dann gibt es 69 Sitze, davon haben die Grünen 4, die SPD 29, der SSW 2. Das sind zusammen - Moment, mal eben rechnen, habs gleich, Moment, nicht sagen, genau: Das sind zusammen 35 Sitze. Wenn ich jetzt mal die Hälfte von 69 rechnen würde - Moment, habs gleich, hmmm geht nicht auf, egal jetzt, genau: 34,5 Sitze. Da es ja die Hälfte ist, sind 34,5 Sitze gleich 50%. Wenn jetzt Grüne, SPD und SSW zusammenhalten, dann sind 35 Sitze ein halber Sitz mehr als 50%. Man könnte das damit (auch nach Deinen strengen Kriterien) eine Mehrheit nennen! Eine knappe Mehrheit vielleicht, aber immer noch eine Mehrheit, die der Wähler da mit seinen Stimmen ausgedrückt hat…

Übrigens sind in anderen Zusammenhängen auch Prozentwerte unter 50% eine Mehrheit, wenn es nämlich zum Beispiel drei etwa gleich große Parteien gäbe, die sich nicht auf eine Koalition einigen könnten. Dann wäre alles was über 33,3% ist, eine Mehrheit.

Ohne eine große Koalition läuft das auf einen Krieg
hinaus. Die CDu wird mit allen erdenklichen Mittel blockieren.

Aber das tut sie ja z.B. auf Bundesebene auch schon die ganze Zeit.

Ob das im Sinne des Volkes ist?

Sicher nicht! Das sollte sich die CDU vielleicht auch mal fragen, wo sie sich doch so gerne als Volkspartei sieht.

Liebe Grüße
Burkhard

Hallo,

das mag in der Sitzverteilung dann so aussehen, jedoch ist dies das Ergebnis. Fakt ist jedoch, dass die Mehrheit der Wähler dies nicht wollen. Das war auch bei der letzten Bundestagswahl so.

Darum sollte doch in diesem fall eine große Koalition wesentlich besser sein, als diese Grabenkämpfe.

Wer sagt es, daß die „Mehrheit der Wähler dies nicht wollte“. Wenn nun mal eine Bundes- und/oder Landtagswahl so und nicht anders ausgegangen ist, dann mag es - hier - der CDU-Anhänger nicht „wollen“. Der SPD-Anhänger dagegen schon.

Was mich massiv ärgert, ist das Verhalten der Schwarzen und der FDP bzw. deren Anhänger. Bei einem solchen Demokratieverständnis fühle ich mich an die 20/30er Jahre erinnert. So nach dem Grundsatz, jetzt bedrohen wir die Spitze der Kleinstpartei mit dem Tod (siehe gestrigen Online-Spiegel), dann werden die schon einknicken und wir übernehmen dann den „Laden“.

Die Wahl Adenauers erfolgte mit (s)einer Stimme Mehrheit - auch das hat Deutschland überlebt.

Wenn das so weitergeht, frage ich mich, ob ich an die Anwendung des Art. 20 Abs. GG nachdenken soll. Oder reicht, wenn man einige besondere Schreihälse, wie anno 1618 aus dem Fenster schmeißt und eine weiche Landung im Misthaufen ermöglicht (Prager Fenstersturz). Vielleicht kommen sie dann wieder zu Verstand.

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