Hallo Roland,
grundsätzlich sollte geprüft werden, ob das Produkt überhaupt ein CE-Zeichen tragen darf. Nur sinnvoll selbständig zu betreibende Geräte sollen nämlich so gekennzeichnet werden, also z. B. keine einzelnen Bauelemente. Auch bei einer kompletten Stromversorgungseinheit kann das sehr fraglich sein. Die wird vielleicht grundsätzlich in einen Schaltschrank eingebaut und der ist wiederum Bestandteil einer größeren Anlage. Der Hintergrund dafür ist, daß z. B. die Anwendung der Funkstörrichtlinien für eine einzelne Baugruppe nicht sinnvoll ist. Die kann möglicherweise wild vor sich hinstören, aber im gut geschirmten Gehäuse interessiert das niemanden. Letztlich muß der Hersteller des Gesamtprodukts entscheiden, was er als sinnvoll selbständig betreibbare Maschine/Anlage ansieht. Das muß er dann auch deutlich in die Dokumentation /Betriebsanleitung schreiben, wie sein Produkt zu betreiben ist, damit es nicht zur Störquelle wird oder Gefahren davon ausgehen.
Der Schaltschrankbauer ist mit oder ohne CE-Zeichen ohne wenn und aber dafür verantwortlich, was er ausliefert. Er kann sich gegenüber seinem Kunden nicht darauf zurückziehen, daß sein Zulieferer Murks gebaut hat. Vor dem Gesetz ist der Schaltschrankbauer nämlich in erster Linie Kaufmann und für den gilt das Handelsgesetzbuch. Da steht irgendwo sinngemäß drin, daß er seine eingekaufte Ware mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu prüfen hat. Wenn er das nicht macht oder nicht kann oder es sind versteckte Mängel vorhanden, die er nicht entdecken konnte, ist er gegenüber seinem Kunden trotzdem dran. Er muß dann prüfen, ob er sich wegen versteckter Mängel bei seinem Vorlieferanten schadlos hält. Das alles ist vom Gesetzgeber so gewollt. Es soll gerade vermieden werden, daß der Endkunde lange nach dem Verantwortlichen für Pfusch suchen muß. Auf dem Typenschild steht der Hersteller und der ist verantwortlich -Punkt. An wen sich dann wiederum der Hersteller hält, ist sein ganz privates Bier.
Aber: Ganz egal, ob ein Hersteller nach ISO 9000 zertifiziert ist oder nicht, muß man heute davon ausgehen, daß er sich um die vom Vorlieferanten gelieferte Produktqualität intensiv kümmert.
Der Schaltschrankbauer als Alleinunterhalter oder Kleinbetrieb mit wenigen Angestellten ist dabei manchmal in einer schwierigen Lage. Er kann keinen großen Verwaltungsaufwand treiben, seine Wareneingangskontrolle beschränkt sich beim Auspacken aufs Nachzählen und trotzdem steht er mit dem letzten Hemd für alles gerade. CE-Zeichen hin oder her ist es für ihn unverzichtbar, daß er wenigstens eine ordentliche Warenausgangskontrolle macht und diese auch dokumentiert. Nicht irgendein Schmierzettel, sondern ein richtiges Prüfprotokoll mit eindeutiger Kennzeichnung des geprüften Produkts (Seriennummer) und der Auflistung aller durchgeführten Prüfschritte, zuletzt Prüfdatum und Unterschrift. Mindestens die sicherheitsrelevanten Prüfungen, im Schaltschrankbau wären das z.B. eine Schutzleiterprüfung, eine Erdableitstromprüfung und eine Isolationsprüfung, sollten dabei nicht nur abgehakt, sondern auch tatsächlich gemacht worden sein. Wenn es dann irgendwo im Betrieb ein Papier gibt, auf dem die einzelnen Prüfschritte als Arbeitsanweisung genau beschrieben sind, kann im Zweifelsfall schon nicht mehr so sehr viel passieren. Zumindest kann dem Mann nicht mehr Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.
Gruß
Wolfgang