CE Pre-Compliance Messproblem mit Spektrum-Analysator

Hallo EMV-Experten,

ich komme bei der Messung der EMV-Störabstrahlung eines Gerätes nicht mehr richtig weiter, weil der Spektrum-Analysator ein stark von der Sweep-Zeit abhängiges Messergebnis liefert. Das Problem dabei ist offensichtlich, dass das zu testende Gerät (DUT) mit einer sehr niedrigen Frequenz (10 - 20 Hz), starke Magnetpulse mit Hilfe einer Magnetspule (560 gramm Kupfer) abgibt. Konkret bildet der Spektrum-Analysator die einzelnen Störpulse genau da im Frequenzbereich des Displays an, wo sich die Signalerfassung gerade befindet. Je größer die Sweep-Zeit eingestellt wird (4 bis 20 Sekunden), desto mehr Spikes werden angezeigt. Die Span geht von 10 kHz bis 80 MHz. Die EMV-Störabstrahlung wird mit einer HZ530-E-Sonde (aktive Sonde) im Abstand von 1,6 m erfasst.

Wer fühlt sich in der Lage mir zu erklären, wie man das Störspektrum dieses DUT im Rahmen einer CE-Pre-compilance Messung korrekt erfassen und darstellen kann?
Gibt es für den Spektrum-Analysator geeignete Einstellungen, die in diesem Falle eine eindeutige und reproduzierbare Messung liefern?

Danke vielmals für Eure Hilfe und Eure Tips!

P.S.
Der Spektrum-Analysator den ich verwende ist vom Typ „R&S FPC1000“.

Was steht denn in der EMV-Vorschrift über den einzuhaltenden Mittelwert bei deinem Prüfling?

Übrigens: 80MHz werden eigentlich nicht magnetisch übertragen. Da wird wohl irgendwas in der Ansteuerung der Magnetspule dringend zu überdenken sein.

Hallo sporadisch,

danke für Deine Antwort. Der einzuhaltende Mittelwert ist bei einer Pre-compliance EMV-Messung nicht von Bedeutung, da kein kalibrierter Messaufbau existiert, mit dem quantitative Messungen durchgeführt werden können. Eine zertifizierte und kalibrierte EMV-Messkammer inklusive Mess-Equippment kostet vielleicht 50 bis 100.000 EUR. Bei der Pre-compliance Messung geht es nur darum, das ausgestrahlte Störspektrum zu überprüfen, bzw. darzustellen und deren Verursacher-Quelle zu finden. Außerdem kannn überprüft werden, ob diverse Maßnahmen zur Reduzierung der Störabstrahlung den gewünschten Effekt haben oder nicht. Doch ob die EMV-Abstrahl-Grenzwerte mit oder ohne zusätzliche Maßnahmen eingehalten werden, kann nur mit Hilfe einer EMV-Messung in einer zertifizierten und kalibrierten Messkammer erfolgen.

Was die 80 MHz betrifft: Genau das wundert mich ja auch, dass im MHz-Bereich (bis hin zu mehreren hundert MHz) Störpimpule (Spikes) vom Spektrum-Analyser dargestellt werden. Und zwar ist es so, dass der Spektrum-Analysator genau bei derjenigen Frequenz einen Spike anzeigt, bei dem die Signalerfassung gerade stattfindet.
Daher ist es auch so, dass je langsamer der Spektrum-Analysator den Frequenzbereich (10kHz bis 500 MHz) durchfährt, desto enger nebeneinander werden die Spikes am Display angezeigt.

Wo auch sonst? :smile:

Der Analyzer misst doch die Frequenzen nicht gleichzeitig, sondern nacheinander. Und stellt dann vielleicht nicht den Mittelwert, sondern den höchsten im Zeitfenster gemessenen Wert dar. Das kann auch mal in die Irre führen.

Offensichtlich habt ihr da aber ganz heftig steile Flanken in der Ansteuerung des Magneten. Ich tippe mal auf die Abschaltung. Induktivitäten lassen keine sprunghaften Änderungen des Stroms zu und reagieren heftig auf sowas. Freilaufdiode zu langsam? Oder an der falschen Stelle, zu weit weg vom Schalter? Schalter zu schnell? Schalten zu oft?

Ich habe ja keine Ahnung, was das Gerät eigentlich genau machen soll. Aber es gibt durchaus Geräte, die ein völlig falsches Ansteuerungskonzept verfolgen und deshalb tatsächlich in diesem Zustand nicht EMV-gerecht hergestellt werden können. Dann muss man das Konzept auch mal in Frage stellen. Meine Erfahrung: wenn nicht bereits im ersten Schritt der Entwicklung EMV im Hinterkopf ist, wird es schwer. Und wenn es erst beim fertigen Gerät eingebaut werden soll, ist es unmöglich.

Grüß Dich sporadisch,

gute Antwort von Dir:„wo auch sonst“ soll der Spektrum-Analysator Spikes erfassen wenn nicht an der (Frequenz-)Stelle der aktuellen Signalauswertung. Ich erkläre, was ich damit eigentlich zum Ausdruck bringen wollte, nämlich, dass ich so erstaunt darüber bin, dass der Spektrum-Analysator selbst im MHz-Bereich und weit darüber hinaus Spikes anzeigt.
Ich habe mir nämlich von einem Professor Mathematiker erklären lassen, dass nach der Fourier-Zerlegung des Zeitsignals (= der mit 20 Hz erzeugte Strompuls der das Magnetfeld erzeugt), die hundertste Oberwelle bis maximal 2 kHz reicht und eine vernachlässigbare Amplitude aufweist. D.h. rein theoretisch sollte gar nichts im MHz-Bereich des Spektrum-Analysators messbar sein. Aber wieder einmal weicht die Realität extrem von der Theorie ab.

Zu den steilen Flanken: der Stromverlauf durch die Magnetspule entspricht ziemlich exakt einer positiven Sinus-Halbwelle von 1,8 Millisekunden Dauer. Diese Halbwelle wird mit 20 Hz wiederholt. Da sind ansich keine steilen Flanken vorhanden. Die Ansteuerung der Spule ist genau so gewollt, um die therapeutische Wirkung des Magnetpulses nutzen zu können. Aber vielleicht bewirkt die Spannungsänderung an der Spule die starke E-Feld Abstrahlung, denn immerhin wird die Spule mit 1550 Volt beaufschlagt um den gewünschten Strompuls zu erzeugen.

Ich werde nun einen Test machen und die Spule in Kupferfolie einwickeln und mit der Gerätemasse verbinden. Das Magetfeld wird davon nicht berührt, vielleicht jedoch die Abstrahlung des E-Feldes.

Zum Schluß noch eine Frage an Dich sporadisch: Würdest Du mir zustimmen, dass je kürzer die Sweep-Zeit, desto schwieriger ist es für den Spektrum-Analysator, ein Störsignal bei der aktuell gescannten Frequenz zu erfassen?

Danke für Deine freundliche Hilfe,
Viele Grüße von Hilarion

Wer sagt denn, dass die hundertste Oberwelle die höchste vorhandene Oberwelle ist? Und wer sagt überhaupt, dass es sich um die Oberwelle der 20Hz-Wiederholfrequenz detr Impulsfolge handelt?

Ich gehe ganz stark davon aus, dass es sich um das Abschalten des Spulenstroms handelt, der mangels Freilaufdiode unglaubliche Spannungen und wegen seiner Steilheit unglaubliche hohe Frequenzen erzeugt.

Vorsicht: Strom und Spannung an einer Induktivität sind phasenverschoben. Genauer gesagt ist der Strom proportional zur Ableitung der Spannung, folgt also der Spannungsänderung. Zudem kann sich der Strom in einer Spule nicht sprunghaft ändern. Der Stromverlauf entspricht deshalb mitnichten, niemals, auf keinen Fall dem Spannungsverlauf.

Wird das Ansteuersignal im Nulldurchgang der Spannung ein- und ausgeschaltet? Und ist eine Freilaufdiode vorhanden?

Nein. Aber wenn innerhalb der Messzeit für die aktuelle Frequenz gar kein Impuls stattfindet, kann er logischerweise auch nicht gemessen werden. Und während der Umschaltzeit zwischen zwei Frequenzen findet gar keine Messung statt.

Btw., ein

ist der falsche Ansprechpartner. Habt ihr niemanden, der sich mit Elektronik auskennt?

Lieber sporadisch,

danke nochmals für Deine netten Bemühungen!
Hier nochmal einige Antworten zur Beseitigung von Missverständnissen:

1.) Wenn man ein periodisches Signal mittels Fourier-Transformation in seine Frequenzanteile zerlegt, erhält man theoretisch unendlich viele Oberwellen. In der Praxis jedoch, ist die Amplitude der Frequenzanteile ab einigen zehn Oberschwingungen so gering, dass sie nicht mehr ins Gewicht fallen. Ab der hundertsten Oberschwingung ist messtechnisch praktisch nichts mehr nachzuweisen. Daher macht es keinen Sinn, Oberwellen ab zehnter oder zwanzigster Ordnung für eine Störaussendung verantwortlich zu machen.

Auf das Magnetpulsgerät bezogen scheint es aber so zu sein, dass dennoch Störstrahlung abgegeben wird, die am Spektrum-Analysator angezeigt wird. Da der mit 20 Hz erzeugte Strompuls nicht die Ursache sein kann (weil durch ihn verursachte Oberschwingungen nicht mal mehr im 10 kHz-Bereich messbar sein dürften), muss es etwas anders sein das diese Störimpulse bewirkt. WAS genau das sein kann würde ich gerne wissen.

2.) Nochmals zum Spulenstrom: Der Spulenstrom hat den Kurvenverlauf einer Sinus-Halbwelle. Ich habe damit nicht geschrieben, dass Spulenstrom und Spulenspannung vom Verlauf her identisch sind. Der Verlauf der Spannung an der Spule ist natürlich entsprechend zum Strom phasenverschoben (die Spannung eilt dem Spulenstrom um fast 90° voraus).

3.) Eine Freilaufdiode ist selbstverständlich vorhanden, sonst hätte die Induktivität der Spule bereits jeden Schalttransistor zerstört.

4.) Die Spule wird nicht an sinusförmiger Netzspannung ein- und ausgeschaltet. Das Magnetpulsgerät wird an einem 12V Netzteil betrieben. Die Elektronik lädt einen Kondensator auf 1550 Volt DC auf. Diese Spannung wird mittels IGBT an die Spule geschaltet. Dabei entlädt sich der Kondensator und der Spulenstrom steigt an und die Schaltvorgänge der Entstufe sorgen schließlich dafür, dass der Spulenstrom sinus-halbwellenförmigen Verlauf hat. Die zugehörige Spannung an der Spule hat einen entsprechend um fast 90° vorauseilenden Verlauf.

Nun erkenne ich folgenden Zusammenhang:
Je kürzer die Sweep-Zeit, desto kürzer ist die Messzeit bei einer bestimmten Frequenz. Bei einem niederfrequenten und zeitlich sehr kurz andauernden Störsignal ist somit die Wahrscheinlichkeit viel geringer, dass es genau in dem Zeitfenster auftritt, in dem die Messung vorgenommen wird.
Abhilfe bringt hier eine deutlich längere Sweep-Zeit: somit steigt die Wahrscheinlichkeit stark an, dass der Störimpuls noch innerhalb der Messzeit auftritt. Würdest Du mir diese Erkenntnis bestätigen?

Dankeschön und noch einen schönen Nachmittag!

Ciao, und Grüße
Hilarion

Du verwechselst hier aber ein periodisches Signal (Wiederholung mit 20Hz) mit einem völlig nichtperiodischen (Schaltvorgang der Spule). Die 20Hz machen doch nicht den Ärger, sie wiederholen den Ärger nur 20 mal pro Sekunde!

Nö. Eine Phasenverschiebung geibt es nur bei reinem Sinusbetrieb, also zum Beispiel ungestörter, unverformter Netz-Wechselspannung.
Für den Strom in einer Spule gilt was ganz anderes:
U(t) = L x dI(t) / dt
Nun gibst du aber gar keinen Strom vor, sondern die Spannung. Also rechne mal zurück und zeichne eine Grafik des zeitlichen Verlaufs von Strom und Spannung, dann kommst du auf sehr interessante Effekte.

Dann beachte nochmal die bereits gegebenen Hinweise:

Ähm - nein. Das hat er mit Sicherheit nicht. Wohin geht denn die Energie des Kondensators? Und danach die der Spule? Hast du mal die Resonanzfrequenz des Schwingkreises ausgerechnet, den ihr euch da gebastelt habt?
Und ich hoffe, dass während des Vorgangs nicht wirklich permanent die Endstufe irgendwas schaltet. Denn dann habt ihr wirklich ein breitbandiges Störgerät gebaut.

Nie im Leben.

Mach dich bitte mit Einschaltvorgängen an Induktivitäten vertraut. Das kann kein Mathematiker, das muss ein Elektroniker sich anschauen. Der wird die Hände über dem Kopf zusammen schlagen, wenn das stimmt, was du hier berichtest.

Nein. Empfangen wird die Frequenz, die der Messempfänger grad messen will. Das ist nicht niederfrequent, das ist hochfrequent.
Der Rest passt auf den ersten Blick.

Lieber sporadisch,

herzlichen Dank nochmal für Dein wirklich großes Engagement!

Ich hatte erwähnt, dass ich die Spule mal mit Kupferfolie umwickeln und dann das Kupfer mit der Geräte-Masse verbinden würde… nun habe ich das versuchsweise gemacht und OH WUNDER - die Störspikes am Spektrum-Analysator sind verschwunden!

Übrig geblieben sind kleinere Störbereiche die aber nicht mehr von der Spule herstammen.

Ich habe nun zum ersten Mal quasi „live“ erlebt, wie geerdete Kupferfolie den Störsender abschirmt!

Mein Problem ist damit gelöst - vielen Dank nochmal für Deine Hilfe!

Wünsche noch einen schönen Abend,
Ciao, Hilarion