Charaktere durch Sprache gestalten

Hallo zusammen!

Ich hoffe, ihr könnt mir irgendwie weiterhelfen! Ich möchte verschiedene Charaktere in meinem Buch mit jeweils ihrer eigenen Redeweise aufbauen. Mir fällt es aber schwer, sie wirklich zu differenzieren, weil ich nicht so genau weiß, wie ich das erreichen kann.

Habt ihr Idee und Informationen, wie ich das hinbekommen kann? Zum Beispiel über Rhythmus? Oder Vokale? Oder bestimmte Satzstellungen?

Bin für jede Eingebung dankbar!

Gruß,

Danielle

Hallo, Danielle

kennst du Karl May?

Der ordnete manchen Personen feste Redewendungen zu, durch die man sofort wusste, dass nun diese Person sprach.
Dadurch kam sogar manchmal Komik zu Stande.

Beispiele:

Sam Hawkins beendete jede Äußerung mit den Worten: " …, wenn ich mich nicht irre, hihihihihihi."

Hobble-Frank hat die Angewohnheit, in alle seine Äußerungen irgend ein Fragment klassischer Bildung einzufügen, allerdings meist fehlerhaft: „Wie schon damals Karl der Große nach der Schlacht auf dem Lechfeld sagte: Veni, vici, vidibum!“

Genau hierher passt auch der permanente falsche Gebrauch von Fremdwörtern, wie bei der Frau Pollak:
Diese fragt nach dem Preis eines Diadems. Als sie ihn hört, äußert sie bedauernd: „Schade, mein Mann hat mir zwar plein pissoir gegeben, aber das geht über mein Bidet.“

Gunstick-Uncle spricht fast nie, doch wenn er spricht nur in Reimen:
„Da oben schwebt ein Hühnergeier,
Von unten sieht man seine - Schwanzfedern.“

Der Jagdgehilfe Florian dahier fügte in jeden Satz wenigstens ein, manchmal auch zwei „dahier“ ein, ob es passte oder nicht dahier.

Wortspielereien wie die von Schulz und Schultz wirken auch immer wieder: Ganz Belgien ist besetzt. Man könnte sogar sagen, Banz Gelbien ist besetzt.

Bei Janosch findest du den Vogel Kleiber, der stets das letzte Wort seiner Sätze wiederholt, wiederholt.

Mein Ethik-Professor konnte nicht oft genug in seine Vorlesungen einflechten: " Schon der alte Thomas saaachte … "; mein Griechischleher dagegen begann gern mit den Worten "Schon die alten Griechen wussten/sagten/glaubten … "

In der Feuerzeangenbowle findest du einige Lehrertypen, die durch dialektale oder phonetische Merkmale gekennzeichnet werden: „Watt sind ihr für fiese Möpp!“ „Jädär nor ainen wänigen Schlock!“

Man kann eine Person mit extrem höher Fistelstimme sprechen lassen, aber das muss dann bei den Verben des Sagens hinzugesagt werden: Er zwistscherte, flötete, fistelte, quiekte, …

Mich karikieren Schüler, indem sie sich in einem imaginären Bart kraulen und und mit bedächtig-tiefer Stimme anheben: "Jaaaahhhh schonnnn, aaaaber … "

Aber Vorsicht beim Gebrauch solcher Marotten! Das kann nerven, und Komik an ungewollter Stelle kann ganze Kapitel verhunzen.

Gruß Fritz

Hallo Danielle,

ich habe ein paar Vorschläge:

Der Schüchterne könnte lispeln. Das kann man auch schriftlich darstellen.
Ein rollendes R kann man auch ausschreiben…
Eine hektische Figur könnte jeden Satz mit „…, nicht wahr?!“ beenden.

Ansonsten lese ich gerade Pratchett (Disc World-Romane) im Original. DER hat manchmal crazy Ideen!

Hoffe geholfen zu haben.

So long

MainBrain

Hallo, Danielle,

siehe auch „Der So-Mann“, der und so, weißt Du und so, immer ein „so“ dazwischen fügte. Oder so.
Oder äh, „Der Äh-Mann“, der, äh, immer, äh, ein äh, da-äh-zwischen-äh-schob.
(Beide hat Stefan Raab ausgekramt.)

Aber ich persönlich finde, Du solltest es nicht übertreiben (kommt natürlich ganz aufs Buch an; für welche Gruppe Du schreibst) - ich habe gerade Harry Potter auf englisch gelesen und mußte feststellen: Hagrid hat einen ausgesprochenen nervigen Dialekt.
Im Deutschen ist dieser nicht so ausgeprägt und das fand ich besser.

Ich würde vorschlagen, Du schreibst die Dialoge normal, überlegst Dir am Schluß, welche Eigenarten die Charaktere bekommen sollen und überarbeitest die Dialoge dann demenstsprechend (leicht).
(Fritz hat ja auch sehr schöne Beispiele gebracht)

Viel Erfolg
Gerald

Danke! Vor allem Fritz!
Vielen Dank! Das hilft mir schon ein wenig weiter. Einen Stern für Fritz!

Gruß,

Danielle

Hallo Gerald,

ich haeng mich nur an dein Posting dran, weil
ich Hagrid verteidigen muss. :wink: Sein Sprechweise kann
man wenigstens von den andern unterscheiden.
Gerade Harry Potter finde ich naemlich ist ein gutes
Beispiel, wie man es nicht machen soll.
Mein Lackmustest ist ein simpler (aber zeitaufwendiger).
Bei uns wird regelmaessig laut gelesen. Ich bin ziemlich
stolz auf meine unterschiedlichen Stimmen (zu irgendwas muss
vier Jahre Schauspielausbildung ja gut sein). Es gibt Buecher,
da brauch ich ueberhaupt nicht mit den Augen ‚vorzulesen‘,
um zu sehen, wer gerade redet. Bei Harry Potter ist das
nicht der Fall: wenn ich ein Stueck direkter Rede aus
dem Kontext reisse (und nehmen wir mal an, dass der Inhalt
nicht eindeutig ist), dann weiss ich bei den HP-Buechern
definitiv nicht, wer das gesagt hat. (Damit mich niemand
falsch versteht, ich bin ein HP-Fan, aber Dialoge sind nicht
die Staerke von Frau Rowling – sie ist nicht mal besonders
gut mit ihren ‚sagte, antwortete, fragte‘, da gibt es kaum
Abwechslung). Wunderbar sind da im Vergleich z.B. die Buecher
von Brian Jacques (die Redwall-Serie), auch Cornelia Funke
schreibt klasse Gesprochenes.
So sehr mir Fritz’ Vorschlaege gefallen, ich finde die Karl-
May-Methode plump, vor allem, wenn sie bei mehr als einem
Charakter angewandt wird. Sie kann, das schreibt Fritz ja
selbst, schnell nerven.

Ich würde vorschlagen, Du schreibst die Dialoge normal,
überlegst Dir am Schluß, welche Eigenarten die Charaktere
bekommen sollen und überarbeitest die Dialoge dann
demenstsprechend (leicht).

Nein. Das gibt naemlich SEHR gekuenstelte Passagen.
Wenn ich eine Geschichte schreibe, dann hoere ich
in meinem Kopf die Stimmen der Charaktere. Und ein kalt-
bluetiger Boesewicht klingt anders als die muetterliche Frau
Habensatter von nebenan. Probleme gibt es meist, wenn die
Charaktere selbst sich nicht sehr voneinander unterscheiden.
Ist ein Charakter gut geformt, spricht er fast automatisch
anders als die anderen. Auch hier hilft lautes Lesen:
finde ich eine gute Stimme, die zu dem Charakter passt, dann
passen auch die Worte.

Gruesse, Elke

2 Like

Hallo Danielle,

vor allem solltest Du Dir Deine Charaktere lebendig vorstellen. Du musst von Ihnen träumen, sie mit Menschen verwechseln können, die es in Deinem Leben geben könnte. Dann kannst Du Dir die Standardsätze sparen. Die charakterisieren nämlich gar nicht. Das ist Oberfläche. Wichtig ist, wie die Figuren sind. Sind sie schlagfertig, können sie nur schwer Entscheidungen treffen, sind sie witzig, pessimistisch, hypochondrisch, altruistisch, tiefschürfend etc.? Dann kommt es darauf an, was sie sagen und wie sie es ausdrücken. Aber nicht, dass sie den gleichen Satz auch nur dreimal im Buch wiederholen.

Liebe Grüße,

Susanne

Hallo Susanne!

Meine Charaktere sind für mich schon sehr real geworden. Es kann auch sein, dass sie sich bereits unterschiedlich ausdrücken, aber mir fehlt glaube ich der nötige Abstand, um dies zu beurteilen. Daher wollt eich für mich verstandesgemäß ein paar Regeln aufstellen, die es mir erleichtern, Dinge durch eine Person zu sagen.

Meine Hauptfigur ist ein hasserfüllter, pessimistischer und arroganter Mann, der auch sehr negativ berichtet und andere manipuliert. Ich untermauere das bei ihm intuitiv mit vielen Verneinungen, Fremdwörtern und einer sehr unflexiblen und verallgemeinernden Sprechweise.

Da dies alles von mir nie richtig gelernt oder beurteilt wurde, bin ich halt oft verunsichert, ob ich es nicht vielleicht irgendwie besser anstellen kann. Und vor allem, wie das wirkliche Autoren hinbekommen.

Daher hier meine Frage, die mir schon ein wenig weitergeholfen hat!

Lieben Gruß,

Danielle