Chi-Quadrat-Test mit zwei ordinalen Daten?

Hallo alle zusammen,

im Rahmen meiner Diplomarbeit haben ich und mein Kollege Hypothesen aus einer bekannten Studie formuliert. Das Thema ist Arbeitslosigkeit. Hierzu haben wir einen quantitativen Fragebogen (n=100 Arbeitslose) erstellt.
Dieser ist in 3. Teilen gegliedert: 1.Teil bezieht sich auf Fragen, als die Personen noch berufstätig waren,
2.Teil bezieht sich auf die gleichen Fragen, aber seitdem die Leute arbeitslos sind und der 3 Teil enthält lediglich soziodemografische Daten.

Eine Hypothese, die wir testen, lautet wie folgt: „Arbeitslosigkeit hat einen negativen Einfluss auf die körperliche Gesundheit.“ Es gibt also eine unabhängige bzw. abhängige Variable.

Hierzu haben wir zwei ordinale Daten miteinander gekreuzt. Im nächsten Schritt haben wir einen Chi-Quadrat-Test durchgeführt (war signifikant), da dieser ja für kategoriale Variablen gilt, sprich nominale und ordinale Daten. Um die Stärke des Zusammenhangs herauszufinden, haben wir dann Kendall-tau-b interpretiert, da dieser ein Assoziationsmaß für ordinale Daten ist.

Meine Frage: Wäre dieser Weg prinzipiell falsch in der Auswertung oder ist das in der Art möglich?

Hallo,

ich habe die Frage jetzt erst gesehen, weil ich Statistik-Fragen eher im Mathematik-Board vermute statt bei den Sozialwissenschaften.

Dennoch eine Antwort: Die Beschreibung des Vorgehens ist für mich nicht ganz klar. Bei Arbeitslosigkeit würde ich zunächst von einer dichotomen Variable ausgehen, z.B. mit Kodierungen 0: arbeitslos, 1: nicht arbeitslos. Ob die Variablenausprägungen ordenbar sind, ist zweifelhaft, denn wieso sollten z.B. die Berufsstatus „Pensionierung / in Rente“, „Hausfrau/-mann“, „in Ausbildung“, „Student/in“ mehr / höher als „arbeitslos“ sein? Eine Entscheidung für oder gegen das Ordinalskalenniveau müßte man begründen, evtl. durch Bezug auf eine Berufsklassifikation oder einen sozioökonomischen Index. Körperliche Gesundheit kann ordinal gemessen sein.

Hat man sich bei beiden Variablen für ein geeignetes Skalenniveau entschieden, sollte man eine statistische Auswertung durchführen, die zu den Skalenniveaus paßt und die inhaltliche Hypothese prüft. Die inhaltliche Hypothese nimmt hier eine Wirkrichtung an: Arbeitslosigkeit -> Gesundheit. Zusammenhangsmaße und der Chi-Quadrat-Test tun es nicht, sondern quantifizieren bzw. prüfen lediglich einen statistischen Zusammenhang zwischen den Variablen. Daher wäre zu überlegen, ob es ein Richtungsmaß gibt oder ob eine Regressionsanalyse o. ä. möglich wäre, so daß die inhaltliche Hypothese durch die statistische Auswertung besser geprüft wird.

Selbst wenn man aber nur den Zusammenhang auswerten möchte, passen Kendalls tau-b und der Chi-Quadrat-Test auf Unabhängigkeit nicht gut zueinander, da Kendalls tau-b Ordinalskalenniveau beider Variablen annimmt, der Chi-Quadrat-Test die Variablen aber als nominalskaliert auswertet. Also prüft der Chi-Quadrat-Test nicht genau das, was Kendalls tau-b quantifiziert. Für Kendalls tau-b gibt es einen eigenen Signifikanztest, für den Chi-Quadrat-Test zugehörige Zusammenhangsmaße. In Abhängigkeit davon, welche Skalenniveaus man für die beiden Variablen annimmt, sollte man ein passendes (Zusammenhangs)maß auswählen und den zu diesem Maß passenden Signifikanztest rechnen.

Deshalb überzeugt mich die statistische Auswertung zur inhaltlichen Hypothese nicht besonders oder besser gesagt: Sie erscheint mir nicht optimal.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Oliver Walter