Hi,
was macht eine Partei so christlich, dass sie sich christ-demokratisch nennt? Worin drückt sich das konkret aus? Wer weiß was dazu?
MfG, IHF
Hi,
was macht eine Partei so christlich, dass sie sich christ-demokratisch nennt? Worin drückt sich das konkret aus? Wer weiß was dazu?
MfG, IHF
Die Frage vermischt zweierlei: „…macht eine Partei so christlich“ legt nahe, daß das C im Parteinamen eine Zuweisung von außen wäre, weil die Partei eben typisch christliche Züge trägt, Tugenden verkörpert… . Das entspricht aber nicht dem Ursprung der Namensgebung, denn der Name ist, wie Sie selber feststellen, selbstgewählt. Warum, das sollte ein Blick ins Parteiprogramm (ggf. auch eine Frage im Politikbrett) klären.
Davon abgesehen kann sich aber jeder „christlich“ nennen, ohne dafür zunächst irgendwelche Vorgaben erfüllen zu müssen. Die DDR konnte sich auch „demokratisch“ nennen. Ob die Allgemeinheit diese Selbstbezeichnung dann auch treffend findet, ist eine andere Frage.
Gruß, Martinus
Guten Tag!
Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden sich Christen beider Konfessionen zusammen, um angesichts der gemeinsamen Erfahrungen im Krieg (von Schützengraben bis KZ) an einem Strang zu ziehen. Vorher war das noch alles andere als selbstverständlich.
Gruß
Sepp
Hallo IHF,
was macht eine Partei so christlich
die Geschichte; wenn eine liberale Bewegung mit dem Argument des Christentums hinterfragt wurde, dann konnten sich die Gegner der Liberalen nicht nur konservativ, sondern religiös-konservativ (insbesondere katholisch-konservativ) nennen, was für ihre Propaganda ein markantes Etikett lieferte. Solange sie dabei Werte vertraten, die sie auch wirklich für christlich hielten, stimmte der Name.
dass sie sich christ-demokratisch nennt
Das Wort „Christ-Demokratisch“ (auch explizit Überkonfessionell) findet sich in den Parteien Mitteleuropas konstant seit 1950, dies gilt in erster Linie für Italien (Democrazia Christiana seit 1945; aufgrund der Bevölkerung meist katholisch), sodann für Deutschland (vgl. Posting von Martinus, überkonfessionell) und die Schweiz (eher katholisch geprägt). Im Wesentlichen sind zwei Strömungen bei den C-Parteien auszumachen: eine eher linke (christlich-gewerkschaftliche) und eine eher rechte (konservative). Solche arbeiteten bereits seit Mitte 19. Jahrhundert zusammen. Daher sind diese Parteien traditionsgemäss Mitteparteien mit nach Links und Rechts divergierenden Auffassungen, grosser Toleranz nach aussen, aber auch Zerreissproben nach innen.
Während sich in Deutschland längerfristig das rechte Element durchzusetzen scheint (vgl. als Exempel die Konkurrenz zwischen Helmut Kohl und Heiner Geissler), ist in Italien die Partei zwar in den 70ern als Regierungspartei eher konservativ aufgetreten, hat sich aber seit Anfang 90er (als Berlusconi fast alle „Rechten“ zu versammeln anfing) weit in den gewerkschaftlichen Bereich bewegt.
Vom religiösen Standpunkt aus ist zu konstatieren, dass „christlich“ in der Politik für gewöhnlich eine Reaktion auf angeblich „Unchristliches“ oder „mangelhaft Christliches“ ist, was auch mit der Geschichte der politischen „Reaktion“ (Gegenbewegung gegen die Französische Revolution) korreliert.
Gruss
Mike
Hallo,
auf die spezifisch deutsche Situation, in der die CDU die Tradition des spezifisch katholischem Zentrums aufnimmt und gleichzeitig die konservative Grundströmung integriert, haben die anderen ja schon hingewiesen.
Der Hinweis, dass eine C-Partei nach der reinen Lehre eher im Mitte-Links-Bereich einzuordnen wäre (wir würden sagen „sozialdemokratisch“), verweist auf die eigentliche Grundlage:
Die soziale Frage des 19.Jh. hatte zwei Antworten: die eine von Karl Marx, die andere von der katholischen Kirche in der Person Adolph Kolpings und der Enzyklika „Rerum Novarum“. Diese katholische Soziallehre mit den drei Prinzipien von Solidarität, Subsidiarität und Gemeinwohl ist die „ideologische“ Grundlage der C-Parteien.
Das mal als Einführung mit Verweis auf Wikipedia zur weiteren Vertiefung von
Andreas
Hallo,
danke für Eure Antworten!
Also nennt sich eine (wirtschafts-)politische Interessengemeinschaft „christlich“, aber darum muss sie nicht christliche Werte vertreten.
Was für eine Welt…!?
MfG, IHF
nööö, Dein „also“ und der ganze Schluss basieren nicht auf unseren Angaben. Lies noch mal!
A.
Hi,
war eine Schlussfolgerung aus dem, was nur einer schrieb.
Wenn sich eine politische Partei religiös stigmatisiert (wir sind christlich), dann muss sie auch danach entscheiden/ handeln, finde ich.
Tun sie es? Und wenn, wie drückt sich das konkret aus?
(Nach historichen Zusammenhängen fragte ich ja nicht, auch wenn diese sehr interessant sind!)
MfG, IHF
Zum Gruße,
Wenn sich eine politische Partei religiös stigmatisiert (wir
sind christlich), dann muss sie auch danach entscheiden/
handeln, finde ich.
Das tun doch nicht mal die christlichen Kirchen, warum dann eine Partei?
Gruß TL
Hallo IHF,
Tun sie es
zeitweise schon. Christliche Politik lässt im Einzelnen oft mehrere Lösungen zu, und dann stellt sich der Parteipolitik die Frage, ob man sich besser heraushält (was wohl aus christlicher Sicht naheliegend ist, weil es noch genug Probleme für Christen zu lösen gibt) oder mehr Verantwortung wahrnehmen will (Verantwortung wahrnehmen ist ja aus christlicher Sicht auch wertvoll).
Und wenn, wie drückt sich das konkret aus
Besonders in der Fähigkeit (einzelner Politiker), auch einmal von Macht zurückzustehen. Wenn sie in diesem Punkt der Versuchung erliegen, sind sie nicht christlicher als andere; wenn ihnen aber einer offen ins Gesicht sagen kann „du hast dich doch aber christlich genannt“, dann ist das schon ein gutes Etikett.
Gruss
Mike
Hallo TL,
die Kirchen tun das sehr wohl. Wer es nicht tut, sind die Menschen in den Kirchen. Hört endlich einmal auf, Kollektiven Schuld aufbürden zu wollen. Schuldig macht sich der einzelne Mensch.
Gruss
Mike
Hallo Mike,
ja, da stimme ich Dir zu, es sind immer die einzelnen, die konkreten Menschen, die handeln. Wenn aber jemand feststellt, dass eine Gemeinschaft - also auch wieder bestimmte (einflussreichere) Leute darin - nicht nach dem handelt, wofür sich diese Gemeinschaft (einmal) verband, dann ist doch eigentlich nur noch der „Ausstieg“ die logische Folge daraus?
(Man würde ja sonst Gefahr laufen, sich irgendwann der Frage stellen zu müssen, wieso man dabei blieb, obwohl man es hätte besser wissen können?)
Gruß, iceage
Hallo IHF,
dann ist doch eigentlich nur der „Ausstieg“ die logische Folge daraus?
Angenommen, meine Fussballmannschaft geht jede Woche nur noch Kartenspielen (oder wie es häufiger vorkommt: Mein Männerchor geht statt singen fast nur noch in die Kneipe).
So habe ich drei Möglichkeiten nebst Resignieren oder Austritt:
Ich kann die Initiative ergreifen und vor dem Kartenspielen (oder nach dem Kneipenbesuch) eine Runde Fussball organisieren (oder einige Lieder singen).
Ich kann bei den Mitgliedern dafür werben, dass wir dem Vereinszweck nachkommen. Das wird mir gerade deswegen möglich sein, weil der Verein eben seinen Namen hat. Falls ich gerne fussballspiele (bzw. singe), ist es besser, wenn wenigstens ein Verein in der Stadt so heisst, das gibt mir eine Perspektive und ein Argument.
Ich kann mich bei offiziellen Stellen, etwa dem Präsidenten oder dem Vorstand, dafür einsetzen; insbesondere aber kann ich an die Öffentlichkeit, und das Volk wird aus der Distanz hinter mir stehen, weil „man“ eben „weiss“, was ein Fussballverein (Chor usw.) ist. Und das gilt für eine politische Partei noch weit mehr. Beispiel: Die sogenannte „Fristenlösung“ zur Abtreibung (Straflosigkeit bis zur 12. Schwangerschaftswoche), die von der Christlichen Volkspartei der Schweiz akzeptiert wurde, ist ein Auslöser für familienpolitische Diskussionen in der Partei, selbst wenn sie die Sache reflektiert hat und dazu steht. Sie ist sich gewissermassen einer „Schuld“ im Sinne einer besonderen Verantwortung bewusst, soweit sie Familienpolitik betreibt. Ohne das „C“ in einem Parteinamen wären hier wohl weit weniger Skrupel.
Gruss
Mike
So etwas wie christ-demokratisch gibt es nicht. Der Name ist in sich ein Oxymoron.
Theoretisch richtig
Hallo Zerschmetterling,
diese Sicht hat etwas für sich, Christ sein heisst Christokrat sein, und da der Demos (das Volk) nicht Christus (der Gesalbte Gottes) schlechthin ist, ist der Demokrat auch nicht schlechthin der Christokrat. Es gälte zu definieren, was das Volk genau ist (offene Frage der Politik) und was Christus genau ist (offene Frage der Religion).
Wenn man auch rein philosophisch keinen Gegensatz oder Ausschluss daraus herleiten kann, so ist es doch nicht schlechthin dasselbe. In der Praxis hat der Begriff Christdemokrat aber schon den Sinn, dass es Demokraten geben kann, die weitgehend Christen, und Christen, die weitgehend Demokraten sind.
Gruss
Mike
Hallo,
obwohl ich Deinen Ansatz verstehe, erläutere ihn doch noch mal. Ich würde das nämlich nicht so sehen. Zwei-Schwerter-Lehre, „gebt dem Kaiser…“ und so…
Gruß,
Andreas
Zum Gruße,
die Kirchen tun das sehr wohl. Wer es nicht tut, sind die
Menschen in den Kirchen.
Ohne Menschen gibt es keine Kirchen. Demnach gilt: Kirche = Menschen.
Hört endlich einmal auf, Kollektiven
Schuld aufbürden zu wollen. Schuldig macht sich der einzelne
Mensch.
Ich habe das Wort „Schuld“ gar nicht gebraucht, sondern lediglich einen Zustand beschrieben, den offensichtlich sehr viele als durchaus beklagenswert ansehen.
Mir persönlich ist das eher latte, da ich nicht vereinsgebunden bin.
Gruß TL
Hallo TL,
fast hätte ich (ausnahmsweise) wieder mal geschwiegen, aber der sticht mir dann doch etwas in die Nase
Ohne Menschen gibt es keine Kirchen. Demnach gilt: Kirche=Menschen
Diese Logik ist mir etwas zu philosophisch für die Religion. Ohne Menschen gibt es kein Hundehaus. Demnach gilt: Hundehaus=Menschen
Gruss
Mike
Zum Gruße,
fast hätte ich (ausnahmsweise) wieder mal geschwiegen,
Im Leben nicht.
aber
der sticht mir dann doch etwas in die NaseOhne Menschen gibt es keine Kirchen. Demnach gilt: Kirche=Menschen
Diese Logik ist mir etwas zu philosophisch für die Religion.
Ohne Menschen gibt es kein Hundehaus. Demnach gilt:
Hundehaus=Menschen
Verstehe. Du hast es also nicht verstanden.
Die Kirche (natürlich nicht das Gebäude) ist ein Zusammenschluß (oder von mir aus eine Institution, ein Verein…) von gleichgesinnten Menschen, oder?
Lass diese Menschen weg, gibt’s die Kirche nicht mehr.
Ein Hundehaus, einmal errichtet, existiert auch ohne Menschen weiter. Sogar ohne Hunde.
Gruß TL
Hallo TL,
dann hast Du also genaugenommen (implizit) behauptet, die Menschen, aus welchen die Kirchen bestehen, verhalten sich nicht gemäss dem, wie sie sich
religiös stigmatisiert
haben (Originalwortlaut IHF). Du sprichst damit Christus (Der auch Mensch war) ab, dass Er Sich gemäss Seiner von Ihm definierten Gemeinschaft verhielt.
O welch seltsam zweifelhafte Erleuchtung.
Gruss
Mike