Christenverfolgung in Rom unter Nero

Hallo an alle,

ich habe im GEO Special „Die Macht der Päpste“ gerade den Artikel über Petrus gelesen. In diesem Artikel wird lang und breit über die Christenverfolgung unter (oder von, oder durch…)Nero, nach dem Brand Roms berichtet. (Mit allen netten Tötungsideen die man in diversen Hollywood Filmen schon gesehen hat)

Meines Wissens gab es keine wirklich systematische Christenverfolgung in Rom. Oder war das bei Nero doch so? Waren die Christen die Sündenböcke für den Brand in Rom und wurden systematisch verfolgt und getötet im Circus? Oder waren da auch Nicht-Christen dabei? Und wenn nicht, woher haben die Historiker (die aus GEO sind Historiker) diese Infos?

Ich weiss nur das die Christen sich wohl weigerten diese (ich sags mal so flapsig, ich muss es erst nachlesen) „Tempelsteuer“ zu entrichten. Daraufhin wurden die Christen nicht verfolgt, aber zur Abgabe gezwungen, ausgewiesen bzw. inhaftiert. Alles andere, so wurde mir mal erklärt, sei eine Übertreibung. Was ist nun wirklich passiert und kann mir jemand von euch für diese Zeit(en) vielleicht nen Buchtip geben?

Danke

Grüsse
Helena

Hallo Helena,

Zitat aus Krämer/Trenkler, Lexikon der populären Irrtümer, ISBN:3492224466 Buch anschauen, mit weiterführendem Literaturhinweis.

Grüße
Wolfgang

Nero
Kaiser Nero hat seine eigene Hauptstadt Rom in Brand gesetzt
Von allen römischen Kaisern hat Lucius Domitius Ahenobarbus, besser bekannt als Nero, heute die schlechteste Presse. Zusammen mit Hitler, Stalin und Pol Pot wird er gern dem Spitzenquartett humaner Monster zugerechnet - ein hemmungsloser Lüstling, Mutter-, Vater-, Frauen-, Brudermörder, Christenverfolger, Brandstifter, Sadist, ein einziger Ausbund an Scheußlichkeit und Perversion.
Nicht daß Nero an diesem Image schuldlos wäre - nach heutigen Maßstäben von Menschlichkeit und gutem Benehmen gehörte er zweifellos in einen Zoo. Aber nicht alles, was man ihm heute zuschreibt, hat er wirklich auch getan. Und verglichen mit seinen Vorgängern Caligula, Tiberius, Augustus und Cäsar war Nero eher ein harmloser Idiot.
Insbesondere ist der große Brand von Rom im Jahr 64 nach Christus, die bis dahin und wohl auch für alle Zeiten größte Katastrophe der römischen Stadtgeschichte, entgegen allen Gerüchten und Legenden vermutlich doch nicht Neros Werk gewesen. Damals lebten in Rom, der größten Stadt der Erde, über eine Million Menschen, dichtgedrängt in Holzbaracken oder Mietskasernen, so wie heute in Hongkong oder in Rio de Janeiro; Zehntausende verloren alles, was sie hatten. Fünf Tage und fünf Nächte wütete das Feuer, zehn von damals vierzehn Stadtbezirken wurden angegriffen, drei komplett vernichtet, Chaos, Durcheinander ohnegleichen. „Dazu das Wehgeschrei der verängstigten Frauen, die schwachen Greise und die kleinen Kinder, dazu die Leute, die sich selbst und anderen helfen wollten, die Kranke wegschleppten oder auf sie warteten, das Zögern der einen, die Eile der anderen“, lesen wir bei Tacitus. „Oft wurden Leute, die nach rückwärts schauten, von den Flammen von der Seite oder von vorne umzingelt. Und man floh nur bis in die nächsten Gassen, so wurden auch diese vom Feuer ergriffen. Selbst auf Straßen, von denen man glaubte, sie seien sicher, lauerte plötzlich dieselbe Gefahr. Schließlich wußte keiner mehr, wo es gefährlich, wo noch einigermaßen sicher war. Menschenmassen füllten die Straßen, andere warfen sich auf den Feldern hin. Manche hatten ihre ganze Habe verloren und nicht einmal für einen Tag zu essen.“
Eine solche Katastrophe braucht natürlich einen Schuldigen, und so begann man schon bald nach dem Brand zu tuscheln, Nero selber hätte ihn gelegt, aus architektonischem Größenwahn, um Platz für einen neuen Palast zu schaffen. „Nero behauptete, der Anblick der häßlichen alten Häuser und der engen, gewundenen Straßen beleidige sein Auge, und ließ daraufhin die Stadt in Brand stecken“ (Sueton). „Nero schickte unter der Hand einige Leute aus, die sich betrunken stellten oder so, als wollten sie irgendeinen schlechten Streich ausführen. Diese legten dann das Feuer, die einen da, die anderen dort…“ (Cassius Dio). Diese und ähnliche Gerüchte machten schnell die Runde.
Jedoch wurden diese Verdächtigungen von Kennern der Szene niemals richtig ernst genommen. Denn Nero hatte durch dieses Feuer mehr als jeder andere verloren: seinen eigenen Palast, seine geliebte Kunstsammlung und sehr viel Bargeld obendrein, denn er war als Kaiser für Obdach und Ernährung seiner Untertanen höchstpersönlich selbst verantwortlich - nach dem Brand war Nero finanziell fast völlig ruiniert. „Wir können heute davon ausgehen, daß die Brandstiftertheorie von Sueton in die Welt gesetzt wurde, einem Autor, der nicht Geschichte aufzeichnete, sondern Geschichten, und mitunter unkritisch Gerüchte und Anekdoten kolportierte, die ihm zu Ohren kamen“, schreibt der Nero-Biograph Philipp Vandenberg.
Auch die in verschiedenen Hollywood-Filmen verewigte Legende, Nero hätte sogar, das brennende Rom zu Füßen, dramatische Gesänge vorgetragen, ist höchstwahrscheinlich frei erfunden. Zwar hielt sich Nero in der Tat für einen großen Sänger und hatte vielleicht in seiner Vorliebe für Griechenland und alles Griechische im brennenden Rom das brennende Troja aus der „Ilias“ des Homer gesehen, aber singend vorgetragen hat er diese Gedanken sicher nicht, allein schon deshalb, weil fast alle später gern zitierten Vortragsstätten selbst in hellen Flammen standen (oder von dort das brennende Rom überhaupt nicht sichtbar war).
„Die ersten frühchristlichen Autoren hätten gute Gründe gehabt, die Brandstiftung durch Nero zu erwähnen, aber offensichtlich waren sie selbst nicht von Suetons Darstellung überzeugt“, schreibt Vandenberg. „Erst mit wachsendem zeitlichen Abstand kamen im vierten Jahrhundert Legenden um die Märtyrer der Urchristen auf. Und dazu brauchte man Nero als mutwilligen Brandstifter, der die Verantwortung anschließend auf die Christen abschob.“
Denn ein Schuldiger mußte gefunden werden, und dazu eignet sich am besten eine unbeliebte Minderheit - damals zufällig die Christen. Falsche Ankläger und Denunzianten waren ohne Schwierigkeiten aufzutreiben, es gab die ersten Märtyrer, und damit war Neros Nachruhm unausweichlich ruiniert; diese Verfolgungen hat ihm das siegreiche Christentum niemals mehr verziehen.
Obwohl also Nero - „für römische Verhältnisse im ersten Jahrhundert eigentlich ungewöhnlich normal“ (Vandenberg) - zur Zeit der Christenprozesse gerade Griechenland bereiste und von den Verfolgungen unter Umständen überhaupt nichts wußte, obwohl vor ihm und nach ihm andere Imperatoren weit schlimmer wüteten, weit mehr Gesetze mißachteten und weit mehr unschuldige Menschen auf dem Gewissen hatten, obwohl Nero seine Rolle als römischer Kaiser weit weniger mißbrauchte als viele andere vor ihm und nach ihm, stand er von nun an reichlich unverdient als größtes Monster der Geschichte da.

Literatur Philipp Vandenberg: Nero: Kaiser und Gott, Künstler und Narr, München 1981. Die wichtigsten Originalquellen sind die antiken Historiker Tacitus (55-116), Sueton (70-150) und Cassius Dio (150-235), die Nero vor allem als abschreckendes Beispiel herausstellen und damit neben der christlichen Kirche nicht unwesentlich zu seinem verzerrten Nachruhm beigetragen haben.

Link
http://www.bautz.de/bbkl/n/neron_c.shtml

Danke Wolfgang,

allerdings kann ich Philipp Vandenberg als Hirstoriker nicht wirklich ernstnehmen. Das ist doch DER Vandenberg der auch behauptet Nofretete hätte ein Verhältniss mit ihrem Lieblingssteinmetz gehabt, oder? DER Vandenberg der ne Rolls Royce Sammlung besitzt und auch die hist. Krimis schreibt?

Grüsse
Helena

Hallo Helena,

allerdings kann ich Philipp Vandenberg als Hirstoriker nicht
wirklich ernstnehmen. Das ist doch DER Vandenberg der auch
behauptet Nofretete hätte ein Verhältniss mit ihrem
Lieblingssteinmetz gehabt, oder? DER Vandenberg der ne Rolls
Royce Sammlung besitzt und auch die hist. Krimis schreibt?

Du hast natürlich recht; ich habe die Quelle auch nicht im einzelnen überprüft, sondern nur das Zitat weitergegeben.

Ein anderer Literaturtipp wäre wohl das Buch von M. Fini, das die Grundlage für den folgenden Link abgab:
http://www.humanist.de/geschichte/nero.html

Noch ein Linktipp:
http://www.niester.de/g_antike/roemer/kaiser/nero/ne…

W.

1 Like

ALLE Quellen zur Neronischen Verfolgung

Ich habe im GEO Special „Die Macht der Päpste“ gerade den Artikel über Petrus gelesen. In diesem Artikel wird lang und breit über die Christenverfolgung unter (oder von, oder durch…)Nero, nach dem Brand Roms berichtet. (Mit allen netten Tötungsideen die man in diversen Hollywood Filmen schon gesehen hat)
Meines Wissens gab es keine wirklich systematische Christenverfolgung in Rom. Oder war das bei Nero doch so?

Es gab eine auf DIE STADT Rom begrenzte Christenverfolgung in Rom unter Kaiser Nero i.J. 64 u.Z. EINZIGE Quelle dafür ist der römische Historiker Tacitus, der von 55 bis 120 u.Z. lebte. Der Text steht in den ca. 116/117 geschriebenen „Annalen“ Buch 15 Kap. 44. Obwohl Tacitus Zeitgenosse des Geschehens war, so war er jedenfalls nicht Augenzeuge und schreibt aus dem Abstand von rd. 50 Jahren.

Anzumerken ist:

  1. Wie groß die Christengemeinde in Rom war (wieviel Betroffene es also gab), kann man höchstens vage abschätzen:
  • Der Apostel Paulus schrieb ca. 56/57 einen längeren Brief an die Christen in Rom (Bibel, Neues Testament, Römerbrief). Die Gemeinde muß also schon eine gewisse Größe gehabt haben. Der Brief (Kap. 14) erwähnt interne Streitigkeiten darum, ob ein Christ Fleisch essen und Wein trinken darf. Auch das deutet auf eine nicht unbedeutende Anzahl von Christen hin, unter denen es zu Zwistigkeiten kommen konnte.
  • Bei dem Historiker Sueton (Leben des Kaiser Claudius, Kap. 25, geschr. ca. 119/120 u.Z.) wird erwähnt, daß der Kaiser im Jahre 49 u.Z. alle „Juden“ aus Rom auswies. In der Bibel (Apostelgeschichte Kap. 18 Vers 2) werden zwei Christen genannt (das Ehepaar Aquila und Priska), die auch von dieser Ausweisung betroffen waren.
    Es gab also schon vor 50 u.Z. Christen in Rom. 64 u.Z. mögen es einige Tausend Menschen gewesen sein.
    Der Text bei Sueton lautet:
    „Die Juden, die - von Chrestus aufgehetzt - fortwährend Unruhe stifteten, wie es [der Kaiser Claudius] aus Rom aus.“
  1. Heiß umstritten ist, ob der Apostel Petrus bei Gelegenheit dieser Verfolgung getötet wurde. Die Legende sagt, er sei auf dem Vatikanischen Hügel „mit dem Kopf nach unten“ gekreuzigt worden.
  • Die Todesart (Kreuzigung) wird aus dem Johannesevangelium Kap. 21 Verse 19 und 20 geschlossen. Das Ev. Joh. ist lange nach den Ereignissen Anfang des 2. Jh. geschrieben worden, vielleicht in Ephesos.
  • Der Apostolische Vater Clemens von Rom spricht in seinem 1. Brief Kap. 5 vom vorbildlichen Leben und Sterben des Petrus (als „Apostolische Väter“ werden jene frühen Christen bezeichnet, die die Apostel noch persönlich gekannt haben). Der Brief des Clemens ist älter als das Ev. Joh., nennt aber weder Ort noch Zeit noch Umstände des Todes von Petrus.
    Hier hat die Spekulation breiten Raum. Es KANN sein, daß Petrus in der Neronischen Verfolgung hingerichtet wurde. Sicher ist es keinesfalls.
  1. Offen bleibt auch, was eigentlich die Vorwürfe gegen die Christen waren. Um eine „Tempelsteuer“ ging es nicht. Bei Tacitus steht, die Christen seien des „odium humani generis“ (etwa: des Menschenhasses) überführt. Gemeint könnte sein, daß die Christen die Teilnahme an heidnischen Festen ablehnten; diese (mitunter ausschweifenden) Feste waren aber lichte Punkte in einer sonst öden Gegenwart. Nur ist dieser Vorwurf zu allgemein, um gerade die Verfolgung von 64 u.Z. zu erklären. Vielleicht hat Nero nach dem Brand Roms wirklich nur Sündenböcke gebraucht; so schreibt es Tacitus, aber eben 50 Jahre danach.

  2. Die Stelle Tac. Ann. 15,44 ist auch deswegen so berühmt, weil sie eine der (insgesamt drei) Erwähnungen des Jesus Christus bei einem profanen Historiker ist. Der Text lautet:
    „Um das Gerücht aus der Welt zu schaffen, schob er [Nero] Leute als Schuldige vor, die … vom Volk Chrestianer [chrestiani] genannt wurden … Der Begründer dieses Namens, Christus, war unter der Herrschaft des Kaisers Tiberius durch den Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden.“
    Mit den „Chrestianern“ finden wir den Namen „Chrestus“ wieder, der schon bei Sueton stand. Chrestus war ein verbreiteter Sklavenname und hat mit „Christus“ nichts zu tun; es gab ihn schon vor unserer Zeitrechnung.
    Die Tacitus-Stelle ist (leider) sekundär; sie wird den Angaben der Christen vor Gericht entstammen und beweist nur, was die Christen aussagten.

Das sind ALLE einigermaßen gesicherten Fakten über die Verfolgung des Jahres 64 u.Z.

  • Django -

WOW! Danke!