Christliche Rechtfertigung vor Christus

Hallo,
auf die Gefahr hin, dass die Frage hier schon diskutiert wurde (was vermutlich der Fall ist) - wie stellen sich die großen christlichen Kirchen zur Frage der Erlösung jener Menschen, die Christus nicht als ihren Heiland annehmen konnten, da sie entweder vor seinem Auftreten lebten oder aber nie die „Frohe Botschaft“ hören und annehmen konnten?

Bitte keine Privatmeinungen oder -theorien, so interessant die sein mögen. Ich bin, wie gesagt, an den offiziellen Standpunkten der Kirchen interessiert, möglichst mit Quellenangabe. Mittels googeln unter ‚Rechtfertigungslehre‘ o.ä. bin ich leider nicht fündig geworden - das Thema gehört doch wohl zur Rechtfertigungslehre?

Freundliche Grüße,
Ralf

Moin Ralf,

vielleicht bringt dich zumindest von katholischer Seite das II. Vatikanische Konzil weiter:

http://www.vaticarsten.de/theologie/theologiedokumen…

Dazu aus Neuner-Roos: Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung, ISBN:3791701193 Buch anschauen, Seite 217: „Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt dies ausdrücklich: Gott schenkt auch jenen seine das übernatürliche Heil ermöglichende Gnade, die ohne Schuld (noch) nicht zur ausdrücklichen Anerkennung der Existenz Gottes gekommen sind oder das Evangelium und die Kirche (noch) nicht kennen: denen also, die nach ihrem Gewissen leben.“

Gruß
Marion

Das wird wohl nie einer vestehen, aber in der evangelischen Kirche, die ja leider nicht existiert, gibt es keine einheitliche Lehrmeinung. VIele Richten sich nach den bekenntnisschriften, aber die sind ja auch je nach Landeskirche variabel…

MfG

CHris

erlöste Gottlose
Hi Ralf,

wie stellen sich die großen
christlichen Kirchen zur Frage der Erlösung jener Menschen,
die Christus nicht als ihren Heiland annehmen konnten, da sie
entweder vor seinem Auftreten lebten oder aber nie die „Frohe
Botschaft“ hören und annehmen konnten?

Darin eingeschlossen ist dann ja auch die Frage nach den Kindern, die sterben, bevor sie diese Fragen überhaupt perzipieren können.

Zu der Stellung der katholischen Dogmatik (bei der diese Fragen natürlich auch in ständiger Diskussion sind), habe ich tatsächlich hier schon einmal etwas angedeutet. Ich finde es allerdings nicht mehr, daher hier nochmal eine Zusammenfassung:

In der katholischen Theologie bzw. Dogmatik istdas Thema unbedingt geknüpft an die Vorstellung des „aus den Toten“ aufstehenden Menschen (anástasis ek tôn nekrôn). Hier ist es nach meiner Ansicht von Vorteil, diesen Ausdruck „anástasis“ aus dem Johannesevangelium nicht mit dem pathetischen, traditionellen „Auferstehung“ zu übersetzen, sondern mit „Aufstehen“. Er wird in diesem Text bedeutungsgleich mit egeiro/egeiromai („wecken“/„wachwerden“) und hairo/hairomai („erheben“/„sich aufrichten“) verwendet.

Die kath. Lehrmeinung sagt zu der gestellten Frage u.a. Folgendes:

Alle Toten werden in der krísis („Entscheidung“, in der jur. Sprache „das Gericht“) am sog. „Jüngsten Tag“ (eschatê heméra, im Joh. bedingungslos mit nýn „jetzt“ in Verbindung gebracht!) mit ihren Leibern auferstehen.

Das ist als eine Form des sog. Dogmas formuliert („sententia certa“). Zu ergänzen ist: in einer unvergänglichen Form (aphtharsia nach 1 Kor. 15,52ff). Dabei steht der Begriff „auferstandener Leib“ mit den Begriffen „verklärt“ und „umgestaltet“ in Verbindung, was (mir) aber hier zu diskutieren zu komplex ist.

Ferner:
„Die Toten werden mit demselben Leib auferstehen, den sie auf Erden getragen haben“ ist als absolut verbindlicher Glaubenssatz („de fide“) formuliert.

„Auferstehen“ (leiblich) tun also alle Toten, die Glaubenden und die Nichtglaubenden.

Überflüssig zu erwähnen: Hierbei ist natürlich weiter zu fragen, was unter „Auferstehung“, „Jüngster Tag“ und „leiblich“ zu verstehen ist. Diese Begriffe sind seit Anfang der Geschichte des Christentums Gegenstand der Diskussion bzw Auslegung gewesen, zumal darin die 4 Positionen a. der Synoptiker, b. des Johannes-Evangeliums, c. der paulinischen Theologie und 4. der Apokalypse nicht unbedingt kompatibel sind. Von der Todes-Theologie der Apokalypse nimmt die katholische Theologie sowieso immer mehr Abstand.

Es gibt jedenfalls einen Unterschied der Art des auferstandenen Leibes der Glaubenden und Nichtglaubenden (abgesehen davon, daß unter den Glaubenden die „Gerechten“ und die „Sünder“ auch noch unterschiedliche Wege gehen!):

Ich zitiere zwei Aussagen, die zwar nicht den Status des absolut verbindlichen Dogmas haben, aber den des „gesicherten Glaubenssatzes“ (sententia certa):

„Die Leiber der Gerechten werden … verklärt werden.“

„Die Leiber der Gottlosen werden … nicht verklärt werden.“

Der Unterschied hängt also an dem Begriff „Verklärung“. Dieser ist eine Übersetzung des griech. metamorphosis, der von vielen Autoren - auch sinnvollerweise - in der nächstliegenden Form wiedergegeben wird: „Umgestaltung“.

Damit ist bei den kath. Theologen gemeint (nur unter anderem, der Begriff ist recht komplex): der „umgestaltete“ Leib ist nicht mehr leidensfähig. Die „gottlosen“ Auferstandenen bleiben also leidensfähig, womit gewisse Folgen verbunden sind …

So, damit entsteht die Frage, die du gestellt hast. Denn in der o.g. Formulierung ist unter einem „Gottlosen“ ein Toter zu verstehen, der in bewußter Entscheidung den Gott, und zwar den in der Begrifflichkeit, von dem hier die Rede ist, ablehnt. Klar ist, daß gerade mit dieser so verstandenen Gottlosigkeit der Gott als überhaupt Existierender, und zwar - für den Toten - als ein Gegenüber, vorausgesetzt ist.

Die Folge dieser Haltung, die dann mit dem Begriff „ewige Verdammnis“ gefaßt wird (eine „Hölle“ in dem landläufigen Sinne gibt es in der kath. Theologie gar nicht), besteht dann darin, daß dieser Art von Toten das „Ansehen“ Gottes irreversibel versagt bleibt - was wiederum ja nur dann eine „Qual“ sein kann, wenn sich die Sehnsucht nach dem vormals Abgelehnten wieder einstellen würde. Da gibt es also Widersprüchlichkeiten, die meines Wissens in der kath. Theologie nicht deutlich genug diskutiert wurden.

Eine weitere unaufgelöste Unstimmigkeit besteht nun bezüglich der von dir benannten Klasse von Toten. In der mittelalterlichen Theologie wurde ein (an sich viel älteres) Konzept wieder aufgegriffen: Das einer Art „Vorhölle“ (Limbus): der „Limbus puerorum“ für die „unschuldigen“ Kinder (die zwar mit der überindividuellen „Erbschuld“, aber nicht mit einer individuellen Sünde belastet sind), und der „Limbus patrorum“ für diejenigen, die entweder zeitlich vor der Rettungswerk Christi lebten, oder nachher, aber nie eine Möglichkeit der Kenntnisnahme bekamen.

Der Limbus wurde so verstanden, daß die „Insassen“ zwar ebenfalls in Gottesferne ihr Dasein leben mußten, aber nicht in der Qual einer unerfüllten Sehnsucht. Die Ungereimtheit liegt hier darin: Christus ist ja (in der christlichen Vorstellung) zwischen Tod und Auferstehung in der „Unterwelt“ gewesen, um ebendort sein Erlösungswerk auch auf genau die obenerwähnten Toten auszuweiten: Diejenigen, die von ihm noch nichts wissen konnten und die, die von ihm zeitlebens nichts wissen werden). Somit ist - nach dem Erlösungswerk - die später entstandene Konzeption dieses Zwischenzustandes a posteriori überflüssig.

Aus diesen Irritationen hat dann Johannes XXIII die Konsequenz gezogen, die sich in den bereits von pendragon zitierten Formulierungen niederschlägt: Diese Toten, die in Unkenntnis leben, sind bereits „erlöst“.

Mit den Problemen der Rechtfertigung (sofern damit nicht die andere Rechtfertigung des Theodizeeproblems gemeint ist), hat das, soweit ich sehe, keinen Zusammenhang. Dabei geht es ja nur um die toten Gläubigen.

Gruß

Metapher

PS: literarische Belege …

… dazu finden sich u.a. in:

Thomas v. Aquin: Summa Theol., Quaest. et Artic. suppl. tertiae partis

Denzinger et Bannwart: Enchiridion symbolorum

Leider fehlt mir zum detaillierten Raussuchen die Zeit.

Gruß suppl.

Metapher

Erlösung = Freikauf und Loskauf gegen ein Lösegeld

Lieber Ralf

Über die Art der Erlösung und den Weg dorthin gab und gibt es
innerhalb der christlichen Konfessionen abweichende Auffassungen.

Hier vorerst die antike Vorstellung von ‚Erlösung‘, weil damals (1200
v. Chr. bis 500 nach Chr.) permanent jemand ‚erlöst‘ wurde:
‚Erlösung‘ bezog sich nämlich auf den Freikauf eines Sklaven oder den
Loskauf eines Kriegsgefangenen. Der Wert eines arbeitsfähigen
Menschen betrug übrigens 30 Silberlinge - auch für Jesus.

„… Erlösen bedeutet „losmachen von einer unfreiwilligen Bindung“.
(…) Im älteren Sprachgebrauch entspricht das Wort dem modernen
Auslösen und impliziert eine bewirkende Leistung, ein „Lösegeld“.
Dahinter steckt das in der Antike jedermann vertraute Konzept des
Freikaufens eines Sklaven von seinem Herrn, also des Kaufens und
anschließenden Freilassens.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Erlösung

Erlösung im christlichen Verständnis (allgemein):
Die durch die göttliche Prädestination Verfluchten können selbst
nichts gegen dieses Verdikt unternehmen. Für ihre ‚Erlösung‘ hat
deshalb Jesus das ‚Lösegeld‘ bezahlt, indem er sein Leben opferte.

„Erlösung ist die Befreiung von Bedrohungen und Übeln aller Art.
Erlösen bedeutet „losmachen von einer unfreiwilligen Bindung“. Der
Begriff wird fast ausschließlich im religiösen Zusammenhang benutzt.“

„Im christlichen Verständnis ist der Mensch aufgrund seiner Trennung
von Gott und der Verstricktheit in die Sünde, sowie des leidvoll-
bedrohten Zustandes der Welt, angewiesen auf die Erlösung durch Gott.
Diese wird bewirkt durch die Erlösungstat Jesu Christi, der am Kreuz
das Versöhnungs- und Erlösungsopfer für die ganze Menschheit
dargebracht hat. …“
http://de.wikipedia.org/wiki/Erlösung

Erlösung speziell im katholischen Verständnis:
http://www.karl-leisner-jugend.de/Erl%F6sung.htm

Mit freundlichen Grüssen

Rolfus

Gnade und Rechtfertigung
Moin,

Mit den Problemen der Rechtfertigung (sofern damit nicht die
andere Rechtfertigung des Theodizeeproblems gemeint ist), hat
das, soweit ich sehe, keinen Zusammenhang. Dabei geht es ja
nur um die toten Gläubigen.

Die Rechtfertigung ist ein zentraler Gedanke des Christentums im Zusammenhang mit der Erbsünde und betrifft aus Sicht des Christentums jeden Nachkommen Adams, also jede Menschen. Die Versöhnung zwischen Gott und den durch Erbsünde belasteten Menschen findet durch die Taufe statt, bzw. druch die Hinwendung zum Glauben. Dabei geht es in keinster weise „nur um tote Gläubige“. Die Frage von Ralf ist also durchaus berechtigt, wie es denn nun vor Christi Geburt aus christlicher Sicht gehandhabt wurde, ob es also die Chance gab, die Erbsünde irgendwie loszuwerden (Hinwendung zum christlichen Glauben war ja wohl ausgeschlossen). Die Lösung dazu liegt in der Gnade Gottes. Der Katholizismus geht davon aus, dass Gott seine Gnade nach Gutdüngen verteilt, also zum Beispiel auch an Nicht-Christen, die in seinen Augen ein gefälliges Leben führen und die Gott in seinem unendlichen Heilswillen mit seiner Gnade von der Erbsünde befreit.

Quellen dazu habe ich in meinem Posting genannt. Die reformierte Kirche sieht das meines Wissens etwas anders, auch Luther hat sich zu diesen Themen geäußert, aber dabei kenne ich mich nicht aus. Vielleicht ist hier ja noch irgenwer, der davon ein bisschen Ahnung hat.

Gruß
Marion

Erlösung und Gnade

Die kath. Soteriologie (Erlösungs-Lehre) einerseits und die Gnaden- bzw. Rechtfertigungslehre andererseits ist ein wenig komplexer, als es aus ein paar Sätzen Neuner-Roos erkennbar wird. Dennoch war die eigentliche Frage von Ralf ja beantwortet: Er fragte nach der Erlösung von Menschen, denen aus irgendeinem Grund eine Stellungsnhame zu dem Christus-Geschehen nicht möglich war/ist.

Und die Antwort war: Ja, diese sind „erlöst“. Und das keineswegs erst seit dem 2. Vaticanum.

Der Begriff „Rechtfertigung“ (iustificatio, eigentlich „Gerechtmachung“) hat drei Konnotationen. Die erste bezieht sich auf die Rechtfertigung Gottes im Zusammenhang mit dem Theodizeeproblem, das aber mit der jetztigen Frage nichts zu tun hat. Die zweite bezieht sich auf die „Erbsünde“, die du beschrieben hast (btw. nicht ganz korrekt: Mit Vererbung an Nachkommen hat das nichts zu tun). Und diese Aufhebung der Erbsünde ist durch

a. die Menschwerdung des Gottes (nach johanneischer Lehre)
b. durch den Opfertod Jesu (nach paulinischer Lehre)

bereits vollzogen (siehe Paulus Rö. 5.18-19). Und dies ist die Weise, in der die Gnade Gottes die Erlösung möglich macht. Die Menschwerdung bzw. der Opfertod hebt die Sünde Adams auf.

Die Versöhnung zwischen Gott und den durch Erbsünde belasteten
Menschen findet durch die Taufe statt, bzw. durch die
Hinwendung zum Glauben.

Ich weiß nicht, wo du das her hast (siehe oben). Durch die Taufe bzw durch den Glauben (johanneisch: an die göttliche Sendung Jesu) bekommt der Einzelne an diesem Erlösungsgeschehen Anteil. Die Versöhnung zwischen Gott und Mensch aber ist durch die irdische Existenz Christi selbst vollzogen und nicht erst durch die Taufe. Biblisch/johanneisch formuliert: Chr. ist der (nun existierende) Weg, und der Glaube an Chr. ist der Anfang, diesen zu gehen.

Die dritte Konnotation „Rechtfertigung“ aber bezieht sich

a. auf die (wie ich oben zitierte) „Gottlosen“ = diejenigen, die Kenntnis haben, aber Christus (bzw. seine Erlöserrolle) ablehnen

b. auf die Gäubigen, die aber der individuellen Sünde verfallen (sog. "Tat"sünde im Unterschied zur "Ur"sünde).

Und dieser hier nötigen Gerechtmachung bedürfen die, nach denen Ralf fragte, nicht. (Daß in diesem Fall eine Lebensführung „nach dem eigenen Gewissen“ hinreicht, ist eine Folge der Aufklärungsphilosophie). Das habe ich damit gemeint, daß Ralfs Frage mit dem Rechtfertigungsbegriff nichts zu tun hat. Aber danke für den Anstoß, denn es bedurfte tatsächlich einer Präzisierung.

Der Katholizismus geht davon
aus, dass Gott seine Gnade nach Gutdüngen verteilt, also zum
Beispiel auch an Nicht-Christen, die in seinen Augen ein
gefälliges Leben führen und die Gott in seinem unendlichen
Heilswillen mit seiner Gnade von der Erbsünde befreit.

Das ist nicht kath. Lehrmeinung, aber es ist ja oben schon erklärt.

  1. Christus „befreit“ von der Erbsünde, wobei die hierzu gehörige Gnade Gottes in der Sendung Christi besteht.
  2. Die von Joh.XXIII initiierten und von dir erwähnten Aussagen des 2. Vaticanums waren an sich nichts Neues, sie bringen lediglich eine endgültige Stellungnahme auf den Punkt zu einigen älteren Stationen der recht langwierigen und komplizierten Diskussionen um die besagte Frage (u.a. gegen Augustinus und gegen die erwähnte Limbus-Lehre).

Gruß

Metapher

3 Like

Danke m.w.T.
Herzlichen Dank an alle für die instruktiven Antworten. Dazu noch zwei kurze Anmerkungen.

@ Pendragon: als wichtiger Grundlagentext (bzw. ‚Positionspapier‘) für den interreligiösen Dialog war mir die Erklärung ‚nostra aetate‘ bereits bekannt. Beachtenswert in diesem Zusammenhang (Dialog) ist auch die Enzyklika Johannes Pauls II. ‚redemptoris missio‘. Das ist hier natürlich ot, nur so als kleiner Hinweis …

Der Neuner-Ross ist sicher ein interessanter Lesetip.

@ Metapher: danke, das lässt - wie fast immer - kaum noch Fragen offen. Der ‚limbus‘ war mir im Zusammenhang mit ungetauft verstorbenen Kindern schon einmal begegnet aber nicht mehr im Gedächtnis präsent. Der Hinweis auf die ‚Höllenfahrt‘ Christi führt einen mir völlig neuen Aspekt ein - sicher verzeihlich, dass mir dieser als Nicht-Christ entgangen war … :wink:

Es gibt dazu übrigens eine interessante buddhistische Parallele, nämlich den Bodhisattva Kshitigarbha (jap. Jizô), der speziell die niederen Existenzbereiche durchwandert, um die dort lebenden Wesen zu erlösen. Im japanischen Volksglauben nimmt er sich speziell toter Kinder an. Dies nur nebenbei.

Ich hatte mich auf die Rechtfertigungslehre bezogen, weil sich mir die gestellte Frage eben beim Studium der gemeinsamen Erklärung von katholischer Kirche und lutherischem Weltbund (http://www.theology.de/rechtfertigungslehre.html) aufdrängte.

Freundliche Grüße,
Ralf

Die kath. Soteriologie (Erlösungs-Lehre) einerseits und die
Gnaden- bzw. Rechtfertigungslehre andererseits ist ein wenig
komplexer, als es aus ein paar Sätzen Neuner-Roos erkennbar
wird.

Ich denke nicht, dass ich für Ralf den ganzen Neuner-Roos abschreiben muss, daher hielt ich meinen Verweis mit kurzem Zitat für ausreichend. Wenn du oder sonstwer hier jedoch keinen Zugang zum Neuer-Roos und weitere Fragen diesbezüglich hat, will ich mich jedoch gerne bemühen, diese zu beantworten.

Dennoch war die eigentliche Frage von Ralf ja
beantwortet: Er fragte nach der Erlösung von Menschen,
denen aus irgendeinem Grund eine Stellungsnhame zu dem
Christus-Geschehen nicht möglich war/ist.

Ich fand deine Ausführungen trotzdem ganz interessant, auch wenn du meinst, dass ich diese Frage bereits beantwortet hatte.

Und die Antwort war: Ja, diese sind „erlöst“. Und das
keineswegs erst seit dem 2. Vaticanum.

Vielleicht wäre es doch mal hilfreich, wenn du dich an deine Quellen erinnern würdest. Es macht es leichter, Behauptungen nachzuprüfen insbersondere wenn diese Zeitverläufe betreffen. Dass die Haltung der katholischen Kirche zu dieser Frage nicht immer gleich war, wirst du ja sicher nicht bestreiten wollen. In sofern wäre es nicht unwichtig zu wissen, auf welchen Quellen du dich grade beziehst.

Der Begriff „Rechtfertigung“
Die zweite bezieht sich auf die „Erbsünde“, die du
beschrieben hast (btw. nicht ganz korrekt: Mit Vererbung an
Nachkommen hat das nichts zu tun).

Kann das sein, dass du hier den Standpunkt der Reformation mit reinbringst? Vielleicht bastelst du dazu eine eigene Antwort. Ich wies je bereits darauf hin, dass z.B. Luther hier einiges anders sah. Wenn du die unterschiedlichen Standpunkte der katholischen Kirchenlehre und der Reformation mal gegenüberstellen möchtest, nur zu, mir fehlt im Moment dafür leider etwas die Zeit. Auch die Veränderungen in der Lehre der katholischen Kirche über die Jahrhunderte kann man sicher schön aufzeigen.

Ich zitiere hier gerne die Lehren der allgemeinen Kirchenversammlung zu Trient, 5. Sitzung (1564):

„Wer behauptet: Diese Sünde Adams, di in ihrem Ursprung eine ist und durch Abstammung , nicht durch Nachahmung, übertragen, allen innewohnt und jedem zu eigen ist, kann durch die Kräfte der menschlichen Natur oder durch ein anderes Heilmittel hinweggenommen werden als durch das Verdienst des einen Mittlers, unseres Herrn Jesus Christus, der uns in seinem Blut mit Gott wiederversöhnt hat, (1 Kor 1, 30); oder wer leugnet, dass eben dies Verdienst Jesu Christi durch das Taufsakrament , das richtig in der Form der Kirche gespendet wird, den Erwachsenen sowohl wie den Kindern mitgeteilt wird: der sei ausgeschlossen…[snip]…Wer leugnet, dass die neugeborenen Kinder getauft werden müssen, auch wenn sie von getauften Eltern stammen; oder wer sagt, dass sie zwar zum Nachlass der Sünden getauft werden, aber sich nichts von einer Erbsünde von Adam her zuziehen, was zur Erreichung des ewigen Lebens im Bad der Wiedergeburt getilgt werden müsste…der sei ausgeschlossen. etc.“

Und weiter: „Wegen dieser Glaubensregel nämlich, werden nach appostolicher Überlieferung auch die Kinder, sie selbst noch keinerlei Sünden begehen konnten, deshalb wahrhaft zur Vergebung der Sünden getrauft, damit in ihnen durch die Wiedergeburt gereinigt werden, was ihnen durch Zeugung anhaftet. etc.“

Der Text des Konzils von Trient mit dem Dekret über Gnade und Rechtfertigung findet sich auch hier:

http://systheol0.uibk.ac.at/sandler/dogrep/maps/gnad…

Und der Aszug aus Neuner-Roos hier:

http://systheol0.uibk.ac.at/sandler/dogrep/maps/nr_g….

Allerdings ein anderes Kapitel, als das von mir oben zitierte.

Und diese Aufhebung

der Erbsünde ist durch

a. die Menschwerdung des Gottes (nach johanneischer Lehre)
b. durch den Opfertod Jesu (nach paulinischer Lehre)

bereits vollzogen (siehe Paulus Rö. 5.18-19). Und dies
ist die Weise, in der die Gnade Gottes die Erlösung möglich
macht. Die Menschwerdung bzw. der Opfertod hebt die Sünde
Adams auf.

Sicher, aber eben laut katholischer Lehre nicht automatisch für jeden, sondern nur für die getauften, bzw. die sich dem Glauben zugewandten. Wenn ich Ralf richtig verstanden habe, dann ging es ihm aber um die anderen.

Die Versöhnung zwischen Gott und den durch Erbsünde belasteten
Menschen findet durch die Taufe statt, bzw. durch die
Hinwendung zum Glauben.

Ich weiß nicht, wo du das her hast (siehe oben).

Siehe oben.

Durch die
Taufe bzw durch den Glauben (johanneisch: an die göttliche
Sendung Jesu) bekommt der Einzelne an diesem
Erlösungsgeschehen Anteil. Die Versöhnung zwischen Gott
und Mensch aber ist durch die irdische Existenz Christi selbst
vollzogen und nicht erst durch die Taufe. Biblisch/johanneisch
formuliert: Chr. ist der (nun existierende) Weg, und
der Glaube an Chr. ist der Anfang, diesen zu gehen.

Das sagt zumindest die katholische Lehre so nicht. Also auf wen berufst du dich?

Der Katholizismus geht davon
aus, dass Gott seine Gnade nach Gutdüngen verteilt, also zum
Beispiel auch an Nicht-Christen, die in seinen Augen ein
gefälliges Leben führen und die Gott in seinem unendlichen
Heilswillen mit seiner Gnade von der Erbsünde befreit.

Das ist nicht kath. Lehrmeinung,

Warum steht es dann im Neuner-Roos? Zitat seit 219:

„Wer nach der Taufe verlangt, vorher aber stirbt, ist von der Erbsünde befreit und gelangt zur beseligenden Anschauung Gottes (365, 366); aber auch, wer ohne Schuld das Evangelium und die Kirche nicht kennt oder wer (noch) nicht zur Anerkennung der Existenz Gottes kommt, kann aufgrund des alle Menschen umfassenden Heilswillens Gottes gerettet werden (367-374), wenn übernatürlicher Glaube und Liebe vorhanden sind (371). Die nichtchristlichen Religionen sind auf das Gottesvolk hingedordnet; in ihnen findet sich Wahres und Gutes (372)“

Anmerkung: die Zahlen in Klammern verweisen auf die im Neuner-Roos als Beleg angeführten Texte der katholischen Lehre.

Damit hat sich dann auch die Frage der Erlösung beantwortet.
Gruß
Marion