verschiedene Auferstehungen
Hallo Henry,
Ursi hat ja schon weitgehend erklärt, wie dieser Satz Hebr. 11.35
„Frauen empfingen aus der Auferstehung ihre Toten (zurück); andere wurden gefoltert, ihre Befreiung nicht annehmend, damit sie eine bessere Auferstehung erlangten.“
aus dem Kontext des Hebräerbrief zu verstehen ist. Dazu ein paar Ergänzungen:
Zuerst: Der Hebräerbrief ist sicher nicht von Paulus selbst, und er zählt, wie man heute allgemein annimmt, nicht einmal zur paulinischen Briefliteratur. Er kommt aus einer ganz anderen Richtung früher christlicher Theologie. Er steht der jüdischen Theologie der Zeit des zweiten Tempels viel näher als jene. Aber das nur nebenbei.
Der Ausdruck „Auferstehung“ gehört sicher zu den Fundamenten der neutestamentlichen „Botschaft“. Es ist aber ein Irrtum, zu glauben, daß er in allen Stellen aller Texte des NT in einunddemselben Verständnis gebraucht wird. Selbst im zeitgenössischen Judentum waren es nur einige Richtungen neben anderen, die eine Auferstehung glaubten, und auch diese hatten Varianten über das, was darunter verstanden wurde.
„Auferstehung“ wird in der Sprache des NT mit anástasis (wörtl: „Aufstehen“, z.B. aus dem Sitzen oder Liegen) oder égersis („Aufwachen“, „Aufwecken“ aus dem Schlaf) ausgedrückt. An einigen Stellen wird von „Aufstehen von (wörtl. aus) den Toten“, anástasis ex nekrón, geschrieben. Und damit ist manchmal, wie von Ursi bereits erwähnt, das Wiederlebendigwerden einer Leiche gemeint. Beispiel: Lazarus in Joh. 11.1 ff, oder die Tochter des Jairus in Mk 5.21 ff. Und eben auch Beispiele aus dem Tanach, wie sie zahlreich im Hebr.-Brief aufgezählt werden.
In der johanneischen Literatur (Joh.-Ev. und 1. Joh.), und bis auf Ausnahmen nur dort, wird die anastasis auch mit dem Ausdruck „ewiges (= „aionisches“) Leben“ verbunden. Sie ist aber nicht identisch damit, denn bei diesem Autor gibt es auch eine Auferstehung „zum Gericht“, die zur ersteren als Alternative herausgestellt wird.
Darüber hinaus erklärt der Text des Hebr.-Briefes selbst, was er speziell mit Auferstehung, und auch mit einer „besseren“ Auferstehung meint. Dazu hat er einen Ausdruck, der sonst im NT nirgendwo auftaucht, nämlich ausgiebig erläutert in den Passagen Hebr. 3.7 bis 4.11: Dort ist von einer Ruhe (griech. katápausis) die Rede:
3.11 „… Sie sollen nicht zu meiner Ruhe kommen.“
3.18 „… daß sie nicht zu seiner Ruhe kommen sollten.“
4.1 „… daß keiner von euch zurückbleibt, solange die Verheißung gilt, zu seiner Ruhe zu kommen.“ usw. usw.
4.9-10 „Also verbleibt noch eine Sabbatruhe (griech. sabbatismós) dem Volk Gottes. Denn der Eingehende in seine Ruhe ruhte auch selbst von seinen Werken, wie Gott von den eigenen.“
Eine weitere Bestimmung von Auferstehung, ebenfalls im direkten Bezug auf den Tanach (= AT bei den Christen), bringt der Hebr. in 11.14-16:
„Denn die, die solches sagen, zeigen, daß sie eine Heimat (griech. patrís, „Vaterland“) suchen. Und wenn sie doch an jene gedacht hätten, aus der sie ausgezogen waren, hätten sie Zeit gehabt, zurückzukehren; jetzt aber streben sie nach einer besseren (hier steht dasselbe griech. Wort „kreíttonos“ wie in deinem Zitat 11.35!) und das heißt: nach einer himmlischen (griech. „epouránia“).“
Der Hebr. setzt also einer Auferstehung im Sinne eines Weiterlebens (wie) in einer irdischen Welt (wenn auch in einer besseren als die gegenwärtige) eine Auferstehung in einem „höheren Sinne“ (= „besseren“) entgegen, die er u.a. an dieser Stelle „himmlisch“ nennt.
Weitere Erkenntnisse dazu wirst du gewinnen, wenn du den Hebr. ganz liest …
Gruß
Metapher