Cicero, 3. Catilinarische Rede - Übersetzung

Ich habe heute die zentrale Klassenarbeit von 2002 durchgearbeitet und bin auf einen schwiedrigen satz gestoßen (siehe unten). Nach mehreren gescheiterten Anläufen habe ich schließlich das Internet befragt. Ich habe immer die gleiche Übersetzung gefunden. Jtzt würde ich gerne wissen, wieso der Satz in der ersten Person Singular, statt 3. oder 1. Plural übertsetzt wird. Weiß das jemand. Mir macht das so irgendwie keinen Sinn…

Hier ist der Saz:

Est enim nobis is animus, Quirites, ut non modo nullius audaciae cedamus, sed etiam omnis improbos ultro semper lacessamus.

Und das ist die Überstzung:

Auch habe ich selbst Mut genug, Quiriten, nicht allein der Frechheit keines Menschen zu weichen, sondern auch alle Böswilligen stets anzugreifen und herauszufordern.

Hallo, Klori,
gehen wir einmal davon aus, dass es sich hier um einen „pluralist auctoris“ handelt. Cicero bezieht hier durch diesen stilistischen Griff sein Auditorium mit ein.
http://de.wikipedia.org/wiki/Pluralis_Auctoris

Gruß
Eckard

Somit wäre dann der zweite teil geklärt, wieso ist aber

Est enim nobis is animus

in der 1. person übersetzt?

Hallo, Klori,
na, aus dem gleichen Grund. „wir haben nämlich …“ vereinnahmt die Zuhörenden und projiziert sie auf den eigenen Standpunkt. Im Deutschen ist diese Redeweise (der pl. auctoris) eher unüblich und wirkt herablassend (lediglich Krankenschwestern reden so: „So, und nun nehmen wir einmal diese Medizin.“ oder „Na, wie geht es uns heute?“), daher wird sie mit der 1.P.Sing. übersetzt. Anders würde man den Leser verwirren.

Im Lateinischen jedoch ist diese Vereinnahmung des Zuhörers ein (offenbar von Cicero besonders geschätztes) Stilmittel.

Gruß
Eckard

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Wir haben diesen Plural im Studium unter der durchaus ironischen Bezeichnung „Pluralis modestiae“ („Bescheidenheitsplural“) laufen lassen. Cicero spricht sehr gerne von sich im Plural. Cicero ist ein ganz aufgeblasener Emporkömmling, der keine Gelegenheit ausgelassen hat, sich wichtig zu machen („O fortunatam natam me consule Romam“), er sieht sich selbst als so wichtig, daß ein Singular für seine Person einfach nicht ausreicht. Die oft gehörte Entschuldigung, daß er so das Publikum miteinbeziehen möchte, kann nicht gelten. Er macht das nämlich auch an eindeutig autobiographischen Stellen.