CO2-Steuer und Sozialverträglichkeit

Nachdem ich in meinem Thread „CO-Steuer und so“ vor wenigen Tagen eine Antwort / Behauptung von @Zerschmetterling vorgesetzt bekam, dass beispielsweise die Schweiz erfolgreich eine sozialverträgliche CO2-Steuer umgesetzt habe


eine unbegründete Art Äpfel-Schuhsohlenvergleich, aber dennoch hoch besternt -


dann meine einfache Nachfrage dazu, worin denn die Sozialverträglichkeit dort bzw. hierzulande bestehe, und keine Antwort kam (das Ende der Fahnenstange einer Behauptung war bei vielen damit schon erreicht) , jetzt nochmal zwei Fragen zur Sozialverträglichkeit:

  • Inwieweit kann für Bürger mit geringem Einkommen im Vergleich zu Bürgern mit höherem Einkommen eine (gesellschaftliche) Sozialverträglichkeit hergestellt werden?

Ein paar Gedanken dazu:

Während einem Bürger mit besserem Einkommen eine CO2-Bepreisung für Kraftstoffe und Heizung (also warme Bude und SUV+) mit 20-100 EUR/Monat + wohl keinen Schmerz bereiten dürfte - und er sein ökologisches Verhalten dadurch nicht verändert - können höhere Kraftstoff- und Heizkosten bei Menschen mit geringerem Einkommen durchaus zu Einschränkungen führen. Die im Gegenzug versprochene Wiedergutmachung über EEG beispielsweise fällt bei einem geringem Einkommen und daher geringem Verbrauch doch nicht ins Gewicht.

Ob sich hier überhaupt eine Ersparnis ergibt, steht noch völlig im Raum. Er kämpft also im Zweifelsfall mit Einschränkungen hinsichtlich Mobilität, Freiheit zwecks grundsätzlichen Lebensunterhalt.

Der ökologische Gewinn wäre übrigens auch gegen Null, wenn man eh wenig bis nichts einschränken kann. Flugreisen gehören beispielsweise auch dazu.

Die Zweckgebundenheit der CO2-Steuer fehlt zudem völlig (Grüßle in das Äpfelländle Schweiz an dieser Stelle), so dass der Erfolg der Steuer klimapolitisch völlig ungewiss ist.

  • Was ist mit dem Begriff „sozialverträglich“ eigentlich gemeint?

Es wird behauptet, dass durch Reduzierung von Stromabgaben ein Ausgleich stattfindet. Tatsächlich ist es aber im Wesentlichen doch von anderen Faktoren mit abhängig, beispielsweise Entwicklung des Strompreises, finanzielle Möglichkeit einer neuen Heizungsanlage, teureres E-Auto, usw., wenn man ökologisch und dennoch einsparend unterwegs sein will.

Wo ist da was sozial?

awM

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Moin,

dunkel erinnern kann ich mich an die Öko-Steuer 1999.
Da ja dort die „Sozialen“ am Hebel waren, muss das ja wohl sozial gewesen sein…
Wie aber kann eine zusätzliche Abgabe sozial verträglich sein, wenn die wirtschaftlich stärkeren durch Investitionen diese Abgabe schmälern können?
Hmm…
Dadurch, dass sie investieren leisten diese ja im kleinen Umfang auch wieder etwas, was der Allgemeinheit zu Gute kommt.
Irgendwie hatte ich mal gehört, dass die zusätzlichen Kosten für höhere Energiepreise durch eine jährliche Pauschale ausgeglichen werden sollen. Klingt irgendwie nachvollziehbar - aber es bleibt nun mal, dass
-eben ein Passivhaus und E-Auto eben keine fossilen Brennstoffe mehr benötigen
aber
-der mit den Bsp. 100€ Pauschale eben doch noch für 200€ Abgabe heizen muss

Was ist nun wirklich sozial gerecht? Wenn JEDER die gleiche Wohnung hat und NIEMAND mehr ein persönliches KFZ sein eigen nennen darf…
Wollen wir das?

Irgendwo gibt es dann immer Leute, die durch das Netz fallen… Also komplett darauf verzichten? Ein einfaches „Weiter so“, weil man könnte jemanden wehtun?

Ich sehe noch immer so, dass Förderung zur Energieeinsparung auch real und nicht nur theoretisch für alle verfügbar sein sollten. Bekommst Du KFW, dann weniger von der Bank, Hast die Bank ausgereizt, bekommst kein KFW mehr.
Hier plädiere ich: nicht schenken, aber günstigen Kredit für CO2-Einsparung, für jeden und für lange Zeit und bei Verkauf eben sofort fällig…

Wobei ich schon wieder höre: Geld immer zu Geld… meine Güte, es werden nicht nur Eigenheime damit gefördert und dann kommt das auch den Mietern zu Gute

LG
Ce

Zu dem Beitrag:
12 € / Monat mehr für Hartz IV’ler… wenn das mal keinen Ärger bringt und nicht wieder rumgerechnet wird
Härtefallfonds - nur ein Wort aber massig Diskussionsstoff (also geschickt das Thema umschifft)
kein Hinweis, wie denn Einsparpotential geschaffen werden soll (außer Verzicht)
wird das eine Insellösung und noch mehr Sprit Richtung günstiges Tanken im angrenzenden Ausland führen?

Der Autor machte es sich wirklich einfach …

War Mitauslöser meines widersprechenden Beitrags. Die Ökosteuer ist falsch (aufgesetzt) und keineswegs sozial verträglich. Zu meinem im UP Geschriebenen ein weiteres Argument:

Jegliche Kosten für Industrie, Gewerbe, Handel werden preissteigernd an die Verbraucher weitergegeben, und wieder wird es die Menschen mit niedrigeren Einkommen mehr belasten.

Lies dich mal ein wenig durch die Kommentare in deinem Link, es wird strittig diskutiert. Aber in der Essenz können die Befürworter kein einziges Argument dahingehend liefern, dass

  • Die Menschen mit niedrigen Einkommen sich nicht werden einschränken müssen
  • Die Menschen mit guten Einkommen irgendwelche Veranlassung/Notwendigkeit dazu haben, ihr ökologisches Verhalten zu ändern
  • Der Effekt der Steuer klimapolitisch wirksam wird

awM

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Einfache Beispiele, die alle gleichermaßen betreffen (sozial gerecht) und fürs Klima wirksam sind:

  • Sonntagsfahrverbot
  • Grundsätzliche Fahreinschränkungen (Reduzierung Anzahl Fahrzeuge) in stark belasteten Gebieten (Innenstädte, Zufahrtsstraßen)
  • Ausweitung von Fußgängerzonen- und Fahrradbereichen
  • Kostenloser öffentlicher Nahverkehr (inkl. Speckgürtel) überall
  • Beschränkung der Anzahl Starts und Landungen bei Flughäfen
  • Beschränkung der Motorleistungen bei KFZ

Da gibt es viele Möglichkeiten…

awM

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es sind und bleiben Pflaster, die einschränken - mehr nicht

Es mag für Dich sozial gerecht sein, weil Du z.B. Sonntags nirgendwohin musst… Kinder, Verwandte, Sport, Veranstaltungen, Arbeit… es gibt einige Gründe, warum andere das nicht können.

Anfangen: ja… aber dann beleuchte Dein gesamtes Verhalten… was ißt Du, was kaufst Du, was sind unnötige Wege, wie heizt Du, was macht der PC (muss der jetzt an sein?) … was könntest alles einsparen???
Es ist sooo viel mehr als die Fußgängerzone, die im Ende wahrscheinlich mehr belastet als Entlastung bringt (das Erstellen, Umwege, Konzentrationen (Stau) in anderen Bereichen…).

Wenn es doch so einfach wäre: ich brauche nur einen Flug von und nach Spanien alle 2-3 Jahre … endlich Ruhe in der Einflugschneisse :wink:

Naja, bestimmte simple Modell-Vorschläge gibts ja, die prima facie durchaus „sozialverträglich“ erscheinen.
Z.B. indem man sämtliche Einnahmen, die man durch eine CO2-Steuer erzielt, als Kopfpauschale gleichermäßig auf alle Bürger verteilt.
Da würden die Ärmeren, die durchschnittlich eh den geringeren CO2-Verbrauch haben, sogar durchschnittlich profitieren.

Da gibts aber halt auch einige Abers:

  • im Krisenfall kommt ein Staat wie die BRD ganz schnell auf die Idee, irgendwo einsparen zu müssen. Kopfpauschalen eignen sich da gut. Effekt: Steuer bleibt, Pauschale geht. Eine wahrscheinliche Entwicklung.

  • dieser angeblich „sozialverträgliche“ Verteilungsmechanismus ändert nichts daran, dass bestimmte Dinge, wie z.B. das Fliegen oder vielleicht sogar das Autofahren deutlich verteuert werden würde. Die Hummerschwanzlutscher können es sich weiterhin leisten, die untere Mittelschicht nicht mehr. Wäre das nicht so, würde ja die ganze Lenkungswirkung durch die CO2-Steuer verpuffen.
    Die Sozialunverträglichkeit ist einer CO2-Steuer also immanent, sie kann nur teilweise abgemildert werden durch Umverteilungsmechanismen.
    Noch mehr Umverteilungsstaat … juhuu!

Derzeitige Plakataktion der Schweizer SVP:

  • Der Begriff „sozialverträglich“ ist immer so eine Sache.
    Es wird bei solchen großen Eingriffen immer ganz klar „Verlierergruppen“ geben.
    Zum Beispiel dürften das vor allem die auf dem Land lebende Normalverdiener mit eigenem Altbauhäuschen werden. Für die würde die Kopfpauschale nie so hoch sein sein, dass sie die Mehrkosten für die notwendigen Autofahrten und das Heizen abfängt.
    Klar lassen sich auch spezielle Programme für diese Gruppen zuschneiden, etwa Subventionen für energetisches Sanieren oder Ausbau des ÖPNV auf dem Land, aber dann ist das entweder ein Tropfen auf dem heißen Stein oder es gibt eben andere „Verlierergruppen“, weil das Verteilungsbudget ja eben gedeckelt ist und zugleich die CO2-Steuer „wehtun“ muss, um eine Lenkungswirkung zu haben.

Also, in einem Satz:
Wenn unter „sozialverträglich“ gemeint ist, dass die Allerschwächsten nicht unter der CO2-Steuer leiden müssen, dann ist das sicherlich so gestaltbar.

Wenn dagegen unter „sozialverträglich“ gemeint ist, man könne das so gestalten, dass es keine großen Verlierer-Gruppen gibt, dann halte ich das für eine glatte Lüge.

Gruß
F.

P.S.: Es gibt ja Stimmen die sagen, die ganze kommende Thermokratie (fett, weils ein klasse Begriff ist) sei der Versuch eines „Klassenkampfs von oben“.
Das ist sicher übertrieben, aber cum grano salis beispielsweise am Fliegen schön zu erkennen.
Statt dass es zur weiteren „Demokratisierung“ des Fliegens kommt (wie es ohne thermokratische Eingriffe geschehen würde), ist der Klimahype gut geeignet, das Fliegen wieder zu exklusivieren, so dass die Fraktion der Hummerschwanzlutscher wieder schön unter sich sein kann ohne all den Pöbel, der sich heute so an den Flughäfen rumtreibt.

Willst Du Dich (und alle, die hier diskutieren) denn auf Privatpersonen einschränken? Wie groß ist deren Anteil am CO2-Fußabdruck denn? Was ist denn z.B. mit der Stahl- und Chemieindustrie, der (Futter-)Landwirtschaft, Transport und Logistik, den ganzen Rechenzentren, etc. Alles Bereiche, die der Endkunde nicht direkt in Anspruch nimmt.
Wie soll eine wie auch immer geartete sozial gerechte Belastung bis zu denen durchsickern?

Hinsichtlich (gesellschaftliche) soziale Gerechtigkeit: Ja.
Man muss das sorgfältig trennen von Industrie, Gewerbe, Handel und sonstigen Ökonomien, die jegliche Kostensteigerungen schlicht weitergeben. Sie sind für alle tätig, sie schaffen die Basis für Steuer über Beschäftigung, und müssen bei diesem Thema daher separat behandelt werden. Aber selbst hier wäre das Prinzip einer Steuer nach CO2-Ausstoß unsinnig, weil

  • soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser/Altenheime/Frauenhäuser/Jugendeinrichtungen/VHS usw. rauszunehmen wären
  • bestimmte Industrien unterschiedlichen CO2-Ausstoß produzieren, aber auch unterschiedliche Notwendigkeiten hinsichtlich Beschäftigung, Technik usw. haben.

Für den privaten gesellschaftlichen Bereich hätte ich einen anderen Vorschlag, sozial verträglich, wenn nicht gar gerecht:

  • Eine fixe prozentuale Abgabe analog Soli, fester Prozentsatz des Einkommens, ungedeckelt, völlig unabhängig davon, wer welchen individuellen fiktiv gerechneten CO2-Ausstoß hat
  • Verpflichtende Verwendung aller Einnahmen in klimaschonende Projekte (das können nun Zuschüsse für Sanierungen in Verkehr, öffentliche Gebäudesanierungen, Waldaufforstungen, und was da alles so möglich wäre
  • Keinerlei „Rückvergütung“ irgendwelcher Art an wen auch immer (P.S.)

Eine ähnliche Regelung für Gewerbe und Co.
Man ersetze (privates) Einkommen durch Umsatz.
Ist aber nicht relevant, weil diese Kosten so oder so an Privat weitergegeben werden.

Ich denke, der Aufschlag auf Einkommen und Umsatz wird sich deutlich deutlich deutlich unter 1% bewegen. Es wird weitgehend sozial verträglich für alle sein, und Ruhe herrschen auf breiter Front.

awM

P.S.
Dieses unerträgliche Geschwätz von sozialer Verträglichkeit im Zusammenhang mit der geplanten CO2-Steuer kotzt mich an. Das Verfahren ist in sich höchst intransparent, aufgrund mangelnder detaillierter Umsetzungskriterien überhaupt nicht nachvollziehbar. Das Vertrauen in Mutti, Scheuer (dieser Automobillobbyistkriecher und Mautversager schlechthin) und Co. ist einfach nicht mehr da. Ihre Versprechungen enden zunehmend im Gegenteil.

Der Neo-Öko-Faschismus hierzulande kommt eher aus der (etwas gehobeneren) gesellschaftlichen Mittelschicht, die weitgehend keinerlei Verantwortung trägt, auch nicht übernehmen will, wohl behütet und versorgt ist, die eigene Öko-Bilanz durch sich-rumtragen-von-anderen-lassen, Zeigefinger und Ignoranz beschönigt.
Und es ist aktuell tatsächlich ein Klassenkampf gegen alle und alles, was vermeintlich ideologisch unter ihnen steht.

Nach Migration nun ein zweites gesellschaftlich massiv trennendes Thema.

Sehr skeptisch ich bin.

awM

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Ah, jetzt hab ich Dich verstanden. Alles wird für alle ca. 1% teurer., weil nicht der Konsum besteuert wird, sondern das Einkommn Gut, ich gebe Dir recht, daß ist sozialverträglich (was immer das auch heißt)

Aber: ich sehe dabei überhaupt keine Steuerwirkung. In der Tat, Du schreibst es selbst:

Private Industrie hast Du ja in der Aufzählung (bewußt?) ausgelassen. Die haben ökonomisch also keinen Anreiz aus eigenem Antrieb für weniger Klimaschaden zu sorgen. Stattdessen vertaust Du dem Staat, die Mehreinnahmen zielführend an die richtigen Stellen zu bringen.

Deinem Plan nach zahlt also die Nr. 3 in Deutschland nach Umsatz, die Allianz, mindestens 1200 Mio EUR CO2-Steuer, obwohl direkt <1 Tonne/Jahr CO2 und <1 Tonne/Jahr CH4 produziert, indirekt hätten sie 280 Mt CO2 und immer noch <1 Tonne CH4 emittiert, aber die sind ja schon von deren Lieferanten abgegolten. Einen sozial gerechten Plan für Privathaushalte darf man m.E. nicht einfach 1 zu 1 in die Wirtschaft übertragen. Die Steuerwirkung bei denen ist sogar noch viel kleiner als bei Privathaushalten.

Also alles in allem: Wir machen einfach weiter wie gehabt und benutzen Planwirtschaft, um irgendwo irgendwelche Maßnahmen mit negativem CO2-Abdruck zu installieren.

Übrigens zwei Themen, die von verschiedenen Seiten her ständig eng miteinander verknüpft werden.

Von der einen Seite etwa, wenn die große Gefahr der Abermillionen „Klimaflüchtlinge“ heraufbeschworen wird.
Etwa J.v.Uexküll, der Stifter des Right Livelihood Awards, besonders auf die Kacke hauend: "Wenn Europa nicht mit einer Million Kriegsflüchtlingen aus Arabien und Zentralasien klarkommt, wie soll es mit 200 Millionen Klimaflüchtlingen aus Afrika umgehen?“

Von anderer Seite etwa, wenn die SVP, die da offenbar am weitesten ist, schon 2011, nach Fukushima, getönt hat: „Geht die Einwanderung so ungebremst weiter wie bisher, kommen wir nicht um den Bau neuer Kernkraftwerke herum“, und aktuell vorrechnet:

SVP2

.svp3

svp5

(Quelle: Klimateufel.ch)

Gruß
F.

Aber hallo!
„Sozialverträglich und CO²“ ist ein falscher Denk-Ansatz, denn jeder Unternehmer schreibt eine CO²-Steuer von den Betriebskosten ab, er wälzt dann die CO²-Steuer auf seine Verkaufspreise und fährt seinen viel CO² produzierenden SUV mit Vergnügen weiter.
Nun, ich fahre halt ein wenig CO² produzierendes Auto.
MfG