„Code of Conduct“ nicht unterschreiben; was sind die Folgen?

Guten Morgen,

soweit mir gerade bekannt ist, kann der AG die Unterschrift des AN nur durch eine Änderungskündigung erzwingen (oder auch nicht):

Eine personenbedingte Änderungskündigung ist aber auch in diesem Fall nur zulässig, wenn sich der Arbeitgeber auf die gesetzlich vorgeschriebene Willenserklärung beschränkt. Verbindet er diese mit weiteren Verhaltensregeln, kann er das nicht mehr damit rechtfertigen. Verweigert ein Arbeitnehmer also die Zustimmung, kann ihm nur gekündigt werden, wenn sich diese Compliance-Richtlinien auf gesetzliche Vorgaben beschränken. Diese Risiken kann das Unternehmen durch eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat ausschließen. Dem kommt bei Erlass von Compliance-Richtlinien ehedem ein Mitbestimmungsrecht zu.

:confused: Ist das so richtig?

Gruß Oberberger

Hallo,

mir ist nicht ganz klar, worauf sich Deine Frage bezieht. So oder so steht die entscheidende Information im letzten Absatz des Artikels, nämlich daß man vernünftigerweise eine Betriebsvereinbarung mit dem BR abschließt und sich als AG so potentiellen Ärger erspart.

Zumindest, was den Teil der Compliance-Regeln betrifft, der die eigentliche Arbeit betrifft, geht es noch einfacher, denn der AG darf natürlich vorgeben, wie die AN ihre Arbeit zu erledigen haben (Direktionsrecht). Da bedarf es also weder einer Änderung des Arbeitsvertrages noch einer Betriebsvereinbarung.

Ein bißchen anders kann das aussehen, wenn der AG in den Privatbereich des MA eingreift bzw. dem MA zusätzliche Pflichten auferlegt. Da muß man sich im Einzelfall anschauen, was geregelt ist und auf welcher Grundlage das geregelt (bzw. warum) wird.

Gruß
C.

Hi,
ich bin auch etwas verwirrt. Seit wann soll ein AN den Code of Conduct unterschreiben? Normalerweise unterschreibt ein AN höchstens, dass er ihn gelesen hat. Und der CoC wird von der Leitung des Unternehmens eben festgeschrieben.
Eigentlich stehen in den CoCs die ich kenne auch nur Sachen drin, die von AN keine weitere Tätigkeit verlangen, außer dass sie sich an Regeln und Gesetze halten, was doch hoffentlich eh jeder macht.
Es kann Stellen im Unternehmen geben, die mit Mehrarbeit belastet werden, allerdings eher aus zugrundeliegenden Gesetzen und Vorschriften, als aus dem CoC selbst. Evtl. können Stellen im Betrieb auch noch zu erhöhter Verschwiegenheit verpflichtet warden, aber auch nicht mit dem CoC.
Ich verstehe auch den Artikel echt nicht. Gibt es wirklich Unternehmen die per CoC Dinge von einem AN verlangen, die dieser weder leisten kann, noch leisten will?
Habe ich noch nie gehört. Eine Haftung aus dem CoC leitet sich lediglich in dem Umfang ab, der per Gesetz und Vorschriften auf jedem MA sowieso lastet. Sollte ein AN der Meinung sein, er hat keine Haftung gegenüber dem AG oder der Öffentlichkeit, sollte er sich mal kundig machen.
Und wie C. schon sagt, das Unternehmen legt die Regeln fest nach denen gearbeitet wird.
Gruß
Nita

Nun ja, stellen wir uns mal vor, der letzte Abschnitt würde genau so aussehen:

… Des Weiteren bestätige ich, dass wenn ich auf einen Verstoß der Richtlinen während meiner Beschäftigung bei xxx aufmerksam werde, diesen sofort meinem Vorgesetzten oder einer anderen verantwortlichen Partei melde.

Name: xxx
Pers.Nr.: xxx
KST: xxx

___________________________________________
Unterschrift, xxx

:angry: So wird man dieses „Pamphlet der Ethik“, aus ethischen Gründen jedenfalls nicht unterschreiben…

Gruß Oberberger

PS: Das ist übrigens nicht die einzige Passage, die „jemanden“ extrem stört.

Hi,
das ist heftig! Habe ich so noch nie gesehen, oder davon gehört und arbeite doch jetzt einige Jahre in dem Bereich.
Gibt es eine Interessenvertretung sprich Betriebsrat? Der hätte sicher gegen diese Formulierung etwas einzuwenden gehabt.
Und dann womöglich noch mit der Androhung von Konsequenzen für den eigenen Arbeitsplatz? Na danke.

Gruß Nita

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Hallo nita (und @C_Punkt),

stellen wir uns vor, es gäbe einen BR. Es ist aber z. Zt. noch nicht bekannt, ob auch eine entsprechende Betriebsvereinbarung existiert. Verstöße gegen den (dann „selbst auferlegten“) CoC haben selbstverständlich negative Konsequenzen; das ist ja der Sinn der (eigentlich guten) Sache; oder? :confused:

Was sollte man theoretisch als nächstes tun?
Von einem stupiden Unterschreiben mal abgesehen…

Man könnte den Wortlaut einem Arbeitsrechtler vorlegen, wenn es die hypothetische RSV finanzieren würde. Ob dies so sein könnte und ob es überhaupt notwendig wäre, versucht man gerade hier herauszufinden…

Gruß Oberberger

Hallo,

Ende des letzten, anfang des neuen Jahrhunderts schwappte das über den „großen Teich“ und wurde hier von einigen Unternehmen aufgegriffen, die damit zT massive Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der AN verbanden.
Bekannt wurde zB UPS mit seinem Bartverbot, Walmart u.a. mit dem Verbot von Liebesbeziehungen unter den AN oder auch Saturn mit einem umfangreichen Verhaltenskatalog, der dann vom BAG in weiten Teilen für rechtswidrig erklärt wurde.

&Tschüß
Wolfgang

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Hallo,
gibt es einen BR, dann muss m.E. das Unternehmen eine BV über diesen Punkt abschließen. Es geht hier um das Mitbestimmungsrecht bei Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Mitarbeiter im Betrieb, §87, (1), 1. des Betr.VG.
Womöglich werden auch noch technische Einrichtungen (Whistleblower System) eingerichtet, dann ist auch hieraus eine Mitbestimmung begründet, gleicher Para. Pkt. 6.
D.h. bevor der CoC unterschrieben werden kann, müsste es eine BV geben. Die sollte man sich vom BR oder AG zeigen lassen und durchlesen.

Es ist insgesamt bei näherem Überlegen vielleicht auch illusorisch, dass man MA B drankriegen kann, weil er über MA A nicht gepetzt hat. Dann müsste man ja nicht nur MA A etwas nachweisen können, sondern auch MA B und zwar nicht einfach in der Form, das MA C beide verpetzt hat.

Dennoch ware wichtig zu wissen, was steht in der BV oder in einem anderen Dokument in Bezug auf den Verstoß gegen die Klausel „ich petze, sobald ich was sehe“. Wann greift das, reicht der pure Verdacht das MA B auch was wusste schon aus, etc.

Sollte die BV noch in der Mache sein (kann ich mir echt nicht vorstellen), dann sollte man m.E. die Unterschrift unter den CoC bis zur Gültigkeit der BV zurückstellen. Und vielleicht generell mal jemand aus dem BR fragen, was die so über die Angelegenheit denken, evtl. haben die ja schon rechtlichen Beistand gehabt?

Gruß Nita

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:smiley: Man hatte mit einem langjährigen Betriebsratsmitglied gesprochen. Es gibt tatsächlich keine BV zu diesem Thema. Dies wurde anschließend noch einmal von einem Vorgesetzten bestätigt. Es wäre auch keine BV dafür „in der Mache“…

Sehe ich das richtig, dass man den CoC nicht unterschreiben muss und keine Konsequenzen zu befürchten hätte?

Gruß Oberberger

Dieses sogenannte „Wistleblower-System“ gibt es in der Tat. Je nach Art des „Vorfalls“ eskaliert man es an eine der vier „Meldestellen“, so der us-amerikanische Wunsch. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist das ohne Betriebsrat aber weder rechtlich bindend oder gar verpflichtend.


Kurzum: Man hatte eben einen Termin im Personalbüro, der einigermaßen positiv verlief. Man wird zukünftig nur noch bestätigen, dass man die Präsentationsmappe gelesen habe. Das betrachtet man als eine „zufriedenstellende Lösung“.

:pensive: Vielen Dank für die guten Lösungsansätze!

Gruß Oberberger

Hallo,

Das vermischt leider zwei arbeitsrechtliche Ebenen, die individualrechtliche und die kollektivrechtliche.

Kollektivrechtlich hätte der BR (und nur dieser) einen gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch gegen den AG, wenn der AG tatsächlich Regelungen trifft, die gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zumindest teilweise der erzwingbaren Mitbestimmung unterliegen. Dafür muß aber auch dieser BR dann tätig werden - ggfs. mit einstweiliger Verfügung.

Individualrechtlich ist der AN solange auf sich alleine gestellt, solange der BR nichts unternimmt. Er muß für sich alleine entscheiden, ob er den Konflikt wagt und es zB auf eine Änderungskündigung ankommen läßt, muß dies dann aber auch, solange der BR untätig bleibt, alleine durchfechten - ggfs. mit Kündigungsschutzklage. Er kann sich dann zwar in dieser Kü-Schutzklage u.a. auf fehlende Mitbestimmung berufen, dies ist aber im Fall eines untätigen BR nicht unbedingt ein automatischer Grund für Rechtsunwirksamkeit.
ergreift der AG aufgrund der Verweigerung des AN sonstige Maßnahmen wie zB eine Abmahnung, muß sich der AN auch dagegen einzeln wehren, solange der BR untätig bleibt.

Unterschreibt der AN und der BR erreicht nach Unterschrift eine arbeitsgerichtliche Unwirksamkeit des CoC, dann ist die Unterschrift des AN allerdings hinfällig.

&Tschüß
Wolfgang