Hallo Uweuwe,
wir waren im März in Colmar und haben den Aufenthalt sehr genossen.
In Colmar buchst Du Die Ferienwohnung „'s Nachtala“ über Gites de France. Die liegt an der Place Haslinger, einige Häuser weg von einer der übriggebliebenen noch nicht überkandidelten und noch nicht auf Touris orientierten Wirtschaften in Colmar, dem Hotel-Restau „Hammerer“ (Vorsicht! Vorspeisen unbedingt zu zweit teilen, die Portionen sind sonst zu groß), ebenfalls gleich neben dem neuen Unterlinden-Museum (nach der architektonisch gut gelungenen Erweiterung ein Ort, an dem man gut einen Tag verbringen kann - schon der Issenheimer Altar für sich alleine ist die Reise wert) und fußläufig neben der Altstadt, die mir im Vergleich zu Straßburg besser gefällt, weil viel kleiner und übersichtlicher und auch trotz allem Tourismus im Vergleich zu Strasbourg, die eine feine Dame geworden ist, irgendwie ehrlicher. Man kann zwischen Theater und Markthalle / Klein-Venedig gut einen Tag verbringen, indem man sich einfach treiben lässt und schaut, ohne Führer oder Plan.
Der Vermieter vom ‚Nachtala‘, ein sehr patenter, freundlicher Mann (Feuerwehrmann in Rente, dessen Mutter in der Wohnung gelebt hat, die jetzt nach Totalrenovierung als Ferienwohnung vermietet wird) spricht kein Deutsch, aber gut Alemannisch. Versuche, mit ein paar Worten Französisch klarzukommen oder Mittelhochdeutsch zu reden - das ist fast gleich wie Alemannisch.
Gleich neben dem ‚Nachtala‘ auf dem Weg zur Altstadt Monoprix, wo man alles bekommt, was man in einer Ferienwohnung braucht. Achte auf ‚Meteor‘, das ist unter den elsässer Bieren (abgesehen von den vielen guten handwerklichen Brauereien im südlichen Elsass) das, das sich treu geblieben ist.
Vor der Markthalle in der Rue des Vignerons eine Reihe von Ständen von Erzeugern aus der Gegend, unter anderem prächtiger Munster, aber auch solche Spezialitäten wie allerlei Kräuter bis hin zur französischen Standard-Tissane ‚Verveine‘ aus lokalem Anbau am Vogesenhang.
In Colmar auch das ‚village Hansi‘ gleich schräg gegenüber der sehenswerten maison des têtes, kommerziell-touristisch aufgezogen, aber im ersten Stock eine ganze Reihe von Zeichnungen und Bildern von Jean-Jacques Waltz ‚oncle Hansi‘, künstlerischem Paten von Tomi Ungerer. Wenn Du so weit fahren willst, eventuell im Zusammenhang vor dem Ungerer-Museum in Strasbourg anzuschauen.
Wenn Dir das ländliche Elsass noch wenig bekannt ist, unbedingt südlich von Colmar, kurz vor Mulhouse, das Freilichtmuseum Pulversheim besuchen - eine schöne Sammlung von elsässer Höfen, Handwerker- und Tagelöhnerhäusern aus dem 16. - 19. Jahrhundert.
Sonst halt ein malerischer Reigen von wunderschönen Fachwerk-Winzerdörfern und Städtlein die elsässische Weinstraße entlang nördlich ungefähr bis Molshein, südlich bis kurz vor Mulhouse. Gleich am Ortsausgang von Colmar kannst Du sehen, warum Wein, auf dem ‚Wolfberger‘ steht, immer eine Mogelpackung ist.
Mulhouse selber (Peugeot-Stadt!) mit zwei technischen Museen: Automobil (collection Schlumpf) und Eisenbahn. Die Legende Bugatti war ein Auto aus dem Elsaß!
Ich würde mich mit dem viel gerühmten Riquewihr nicht so arg aufhalten, das ist nur früh morgens genießbar, bevor die anderen Touris omnibusweise anrücken - dann wird es Disneyland bis in den Abend hinein. Schöner die weniger berühmten Orte wie Bergheim, Kintzheim, Eguisheim. Und überall das Konzert der Klapperstörche auf den Dächern - anders als die Zikaden im Midi nerven sie nicht so sehr, weil sie nicht ununterbrochen klappern.
Ein schöner Zugang zu den Vogesen ist eine Tagestour auf den Petit Ballon von der Bahnstation Breitenbach oder Metzeral aus. 850 m Höhenunterschied, etwa 8 km einfacher Weg. Keine sehr enge Markierung, man braucht unbedingt eine genaue Karte, sonst kommt man nicht hin. Für den Aufstieg ab Breitenbach genügt die topografische Karte 1:25.000 ‚3719 OT‘, für den Weg ab Metzeral braucht man zusätzlich die ‚3618 OT‘, auf der übrigens auch Hohneck, Gérardmer und der Vogesengrat noch drauf sind. Und anders als auf den meisten Schwarzwaldhöhen hat man von oben richtigen freien Blick in alle Richtungen, weil die Kuppen ohne Bäume sind. Einkehren gleich unterhalb des Petit Ballon in der Ferme-Auberge „Kahlenwasen“: In der Luft da oben passen auch Munster und Gewürztraminer zusammen; bloß nicht enttäuscht sein, wenn sich das Erlebnis daheim nicht reproduzieren lässt. Wenn Du die Zeit hast: Ein hübscher Ort im Tal der Fecht auf dem Weg nach Breitenbach ist auch Turckheim.
Nicht verpassen im Norden von Colmar Sélestat mit der einzigartigen Humanistenbibiliothek und im Süden die romanische Abbatiale von Ottmarsheim (Besichtigung nur mit Führungen und sonntags außerhalb der Messen).
Eine schöne Museumsbahn an der Doller Cernay - Sentheim, könnte im Mai bereits Betriebstage haben. Eine weniger attraktive bei Volgelsheim an der alten Rheinkanalbahn wohl auch.
Im Mai dann auch schon Flugvorführungen der Adlerhaltung und Falknerei bei Kientzheim. Könige der Lüfte bei der Arbeit - keine gestutzten Flügel, keine Fußketten!
Das Marzipanschloss von Kaiser Wilhelm II. Haut-Koenigsburg ist Geschmackssache. Ich mache immer gerne einen ganz weiten Bogen darum herum.
Von Colmar aus auch leicht erreichbar das seltsam anmutende Reißbrett-Städtlein Neuf-Brisach, das auf der Grundlage eines barocken Festungsbauwerkes von Vauban entstanden ist, und natürlich auf der deutschen Seite am Fuß des Kaiserstuhls auch Breisach.
Mit dem Auto unzugänglich, zum Radeln ein Genuss, der Canal de Colmar, mit dem Colmar im 18. Jahrhundert an den Rhein angeschlossen wurde und dessen Treidelpfad heute Radweg ist.
Grade noch in passender Ausflugsentfernung die Kapelle Notre Dame du Haut bei Ronchamp - Carlos Castaneda würde sie als ‚Ort der Kraft‘ bezeichnen: Diese Kapelle liefert den Beweis, dass Beton nicht per se hässlich ist, wenn man ihn richtig handhabt.
Ebenfalls schon ein bissle weiter weg im Süden der Sundgau mit der ‚route de la carpe frite‘ - willkommene Abwechslung zur allgegenwärtigen Choucroute garnie und St. Louis vor den Toren von Basel mit dem ‚Espace d’art contemporain Fernet Branca‘, Ausstellungsraum mit bemerkenswerten Ausstellungen für Malerei des zwanzigsten Jahrhunderts.
Dieses ein paar gegriffene Einfälle - frag halt weiter, was Dich interessiert.
Schöne Grüße
MM