Hartz 4 Empfänger bekommen, aufgrund eines Urteils des Sozialgerichts Karlsruhe, während der Corona-Pademie zu ihrem Hartz-4-Satz monatliche Zuschläge von 100 Euro für jeden Pandemiemonat.
Meine Frage: Meine Bekannte bekommt zu ihrer Rente Wohngeld,
Wiese kekommen Wohngeldempfänger analog zu den Hartz-4-Empfänger und Grundsicherungsempfänger keinen Corona-Zuschlang?
ALG II, Wohngeld und Grundsicherung sind drei verschiedene Leistungen, und (bisher) wurde nur für ALG II ein „Zuschlag“ festgesetzt.
Wohngeld hat überhaupt gar nichts mit irgendwelchem gestiegenen Bedarf in der Lebenshaltung wegen geschlossener Tafeln und dergleichen zu tun - oder kennst Du einen Vermieter, der die Mieten „wegen Corona“ um 100 € erhöht hat?
Ob Bezieher von Grundsicherung irgendwas zusätzlich erhalten werden, wird augenblicklich noch diskutiert. Es geht die Rede von einer einmaligen Zahlung von 100 oder 200 €.
Schöne Grüße
MM
Hallo Aprilfisch,
danke für die umgehende Antwort.
Meine Bekonnte beispielsweise ist seit Oktober letzten Jahres in Rente, zur Rente bekommt sie Wohngeld. Mit Rente und Wohngeld liegt ihr Einkommen meines Wissens auf Grundsicherungsniveau, sie muß aber, im gegensatz zu den Empfängern von Grundsicherung, GEZ-Gebühren bezahlen, ihr Vermieter hat zwischenzeitlich die Miete um 41,00 Euro erhöht, diese Mieterhöhung muß sie auch aus eigener Tasche berappen, da ihre Wohgeldbewilligung noch bir Oktober 2021 läuft.
Fazit:
Durch die Corona-Beihilfen sind unterm Strich Empfänger von Grundsicherung erheblich besser gestelt als Armutsrentner, die ihre Rente mit Wohngeld aufstocken müssen.
Gruß
hsc
Ist das auch so ? Kann man nicht bei Mieterhöhung sofort einen Änderungsantrag zum Wohngeld stellen ? Mieterhöhungen kommen gewöhnlich unabhängig von der Laufzeit des WG.
Das wäre gelinde gesagt eine Sauerei. Wieso? Weswegen?
Andere Leute rotieren sich Knie und Ellbogen wund in der momentanen Situation , beschulen ihre Kinder zuhause und müssen dabei oft unbezahlten Urlaub nehmen, und andere machen keinen Handschlag und bekommen sowieso ihr Geld jeden Monat automatisch! Wodurch entsteht denen eine coronabedingte Mehrbelastung?
Wie wahr, wie wahr !
Servus,
Bezieher von Grundsicherung sind in erheblichem Umfang Rentnerinnen, denen ein Arbeitsleben in „Leichtlohngruppen“ und als „Aushilfen“ nicht für eine auch nur den mindesten Bedarf deckende Rente gereicht hat, oder die ganz klassisch eben Hausfrau und Mutter waren - Nähreres siehe „Witwenrente“.
Die coronabedingte Mehrbelastung entsteht Beziehern von Grundsicherung dadurch, dass sie - anders als ALG-II-Empfänger - ihre FFP2-Masken selber finanzieren müssen, dass sie wenn irgendwie möglich für unabdingbare Besorgungen Alternativen zu den öffentlichen Verkehrsmitteln in Anspruch nehmen müssen, aber vor allem, dass sie sich keinen Beitrag für ihre Versorgung bei den Tafeln besorgen können (die geschlossen sind), sondern für sämtliche Lebensmittel die Läden von Lidl und Aldi aufsuchen müssen.
Eine einmalige Zahlung von 100 oder 200 € ist unter solchen Lebensumständen blanker Hohn.
Insbesondere auch deswegen, weil ein Blick über die nördliche Grenze der Republik reichen würde, um zu sehen, wie man die Grundversorgung der durch alle Netze Gefallenen richtig organisiert - schon seit Jahrzehnten sind uns da die Dänen um viele Schiffslängen voraus.
Schöne Grüße
MM
Ich verstand die Anfrage genau so, dass mit Grundsicherung ALGII (vulgo HartzIV) gemeint ist. Die Bezieher sollen die Pandemie versüßt bekommen.
Wenn Du die sehr klar formulierte Anfrage nochmal liest, wirst Du deutlich sehen, dass sie sich darauf bezieht, dass Bezieher von Grundsicherung keinen „Corona-Zuschlag“ bekommen, der Beziehern von ALG II zusätzlich zu einer Zuteilung von FFP2-Masken, die ein Vielfaches von dem beträgt, das ich mir zuteile, zusteht.
Das soll jetzt nicht bedeuten, dass an ALG II irgendwas Plausibles, Angemessenes oder gar Rationales wäre - wie gesagt, um zu erfahren wie es geht, muss man schon nach Dänemark schauen - aber ich wollte doch immerhin zurechtrücken, dass es für die noch schlechtere Behandlung von Beziehern von Grundsicherung abgesehen von fiskalischen überhaupt keine Gründe gibt.
Anekdotisch noch ein Aperçu aus lang vergangenen Interrail-Zeiten aus dem vorigen Jahrhundert (damals konnte man noch frei reisen, ohne dass all Bott jemand angeschissen kam, der einem einen sehr unangenehmen bis schmerzhaften Q-Tip nach ganz hinten in die Nase bohrte): In København hab ich eine kennengelernte Ortsansässige gefragt, warum es dort eigentlich keine Straßenbettler gibt - ob die denn eingesperrt oder in irgendwelche Arbeitserziehungsanstalten eingewiesen würden? Die Angesprochene wurde daraufhin sichtbar knapp 2 cm größer und sagte mir: „Well, we help each other!“ - Hier ist übrigens wieder das in anderem Zusammenhang von @PinkFloyd kürzlich heftig bestrittene „We“!
Geht doch! - Ich wäre beinahe wieder Christ geworden.
In diesem Sinne
MM
Ich glaube, wir meinen doch beide dasselbe; und morgen schreibe ich dir von meiner Autoreise in das Burgenland und wie es war, als ein älterer Herr seinen Peugeot 504 vermisste
Und:
Dänemark ist nicht Deutschland. Es ist ganz anders strukturiert, es ist kleiner , besitzt sowohl eine andere Bevölkerungsstruktur und als auch eine ganz andere Mentalität, und die Dänen haben Nationalstolz. Das alles könnte man auch auf Norwegen, Island oder Luxemburg anwenden. In diesen Ländern funktionieren Dinge, die bei uns nicht funktionieren würden, ohne dass man uns Deutschen dafür die Schuld in die Schuhe schieben sollte.
Mithin ist der Blick über den Tellerrand in diesem Zusammenhang nicht statthaft.
und
stehen allerdings in einem Winkel von etwa 180° zueinander, und - obwohl ich hie und da auch rhetorisch mit Zynismen spiele, käme mir eine solche Verhöhnung von Empfängern von Grundsicherung
weder über die Lippen noch unter die Finger.
Kurz:
Ich meine das genaue Gegenteil von dem, was Du schriebst.
Schöne Feiertage*) wünscht
MM
*) beiläufig in christlichen Kreisen eine Erinnerung an das Erlösungswerk von Jesus Christus, dem andere Pharisäer (er selber war vermutlich auch einer) ab und zu vorwarfen, dass er sich mit Empfängern von Grundsicherung an einen Tisch setzte
Dann lass uns dies als unvereinbar ununterstrichen stehen, wenn es dein Herz erfreuet.
Stichwörter: Winkel, Zynismen, Pharisäer
Vielleicht ist das hier noch ein Grund für fehlende Straßenbettler in dem von dir so gelobten Dänemark (s. https://www.nordschleswiger.dk/de/meinung-diese-woche-kopenhagen/von-bettlern-kopenhagen-und-leichenhallen-bukarest):
"Das dänische Parlament hat Ende Juni mit großer Mehrheit ein Gesetz erlassen, welches das Betteln unter Strafe stellt. Bis zu 14 Tage Haft droht den Bettlern. Das Gesetz hat europaweit für Aufsehen und Kritik gesorgt. Die Politiker, die dem Gesetz zugestimmt haben, weisen jeglichen rassistischen Hintergrund zurück. Man wolle damit ein wachsendes Ärgernis in den Städten in den Griff bekommen, heißt es unisono von den Volksvertretern. Das Gesetz – so darf man vermuten – genießt in der Bevölkerung überwiegende Zustimmung. "
Was stimmt inhaltlich nicht an diesem Zitat und siehst du ggf. darin einen gewissen Widerspruch zu dem, was du geschrieben bzw. von der Ortsansässigen gehört hast?
Könnte es sein, wenn Zeit nicht als linearer Vektor abliefe. Da sie es aber tut, kann man ausschließen, dass ein Gesetz von Juni 2017 eine Wirkung im Juli 1988 entfaltet haben könnte.
Keineswegs.
Die Bettler, die von dem Gesetz betroffen sind, kennst Du sehr gut aus deutschen Städten, sie hatten vor 1990 überhaupt keine Möglichkeit, in die BRD oder nach Dänemark einzureisen.
Dass es Mitte der 1980er Jahre keine Bettler in København gab (der Anlass dafür, dass ich die Dänin, von der ich berichtet habe, danach fragte, war übrigens, dass ich das mit eigenen Augen gesehen habe - und wenn man mit der Eisenbahn in schneller Folge alle möglichen Länder bereist, sieht man viele Bahnhofsviertel und kann sie recht gut miteinander vergleichen), lag daran, dass es in Dänemark bereits damals ein System sozialer Sicherung gab, in dem die Leistungen zwar nach lokalen Lebenshaltungskosten unterschiedlich definiert waren, aber unabhängig vom Grund, weshalb der Empfänger seinen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten konnte, einheitlich. Gleichzeitig gab es in Deutschland ein bereits ähnlich wie heute mit einer für die Leistungsempfänger nicht überschaubaren Zahl von unterschiedlichen Fällen, Motiven, Leistungen, Bedingungen und Zuständigkeiten bizarr ritualisiertes System von (damals) Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe, kommunalem Wohngeld, durch die Bundesbahn verwalteten kostenlosen Verkehrsleistungen, durch die GEZ verwalteten Befreiungen von Rundfunkgebühren, durch die Landkreise verwalteten Zuschüssen zum Schülertransport usw. usw., das damals wie heute zu einer unkontrollierten Wucherung von sozialen Verwaltungsapparaten führte, die einen nicht ganz kleinen Teil ihrer Ressourcen darauf verwandten, sich selbst zu verwalten.
Diese Wucherungen sind heute und waren damals für die überwiegende Mehrzahl der eigentlich Bedürftigen nicht überschaubar oder beherrschbar, mithin weitgehend unzugänglich, während sich gleichzeitig eine Art „Sozialhilfeprofis“ herausbilden, die eine eigene Qualifikation darin entwickeln, dass sie wissen, wo und wie unter welchen Bedingungen welche Leistung mit welcher Begründung erfolgreich beantragt werden kann,
So einen Unsinn gab es in Dänemark weder in den 1980er Jahren noch heute. Das Prinzip dort ist scheinbar banal, aber für deutsche Sozialverwaltungsprofis offenbar intellektuell zu hoch, so dass es auch den Weg durch den kreißenden Berg in Berlin nicht schafft: Wenn jemand objektiv nicht in der Lage ist, selbst einen bescheidenen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten, bekommt er, wenn diese Tatsache entweder evident ist oder von ihm nachgewiesen wird, eine einheitliche Leistung und Punkt. Wie hoch diese örtlich ist, richtet sich nach den örtlichen Lebenshaltungskosten und Punkt.
So banal lässt sich „We help each other“ institutionalisieren, wenn man will.
Schöne Grüße
MM
Warum aber berichtest du aktuell von deinen Beobachtungen im Dänemark des Jahres 1988, wenn du nicht dem Leser damit suggerieren wolltest, es sei auch noch heute so bzgl. der Straßenbettler?
Gruß
Pontius
Es ist noch heute so.
Zum Thema Berufsbettler lies bitte nochmal:
Jetzt vielleicht?
Schöne Grüße
MM
Servus,
nein.
Empfänger von ALG II sind ein wenig besser gestellt (und werden wie Du weißt dafür auch wesentlich mehr gequält) als Leute mit kleiner Rente.
Die Einkommensgrenzen für Wohngeld sind eine ganz andere Baustelle.
Und Grundsicherung kann jeder Altersrentner erhalten, wenn seine Bezüge aus Altersrente, Wohngeld und sonstewas niedriger sind als sein Anspruch auf Grundsicherung.
Schöne Grüße
MM
Ja, jetzt ist mir klar, dass du nicht alle Straßenbettler, sondern nur die dänischen Straßenbettler in Dänemark gemeint hast, wenn sie denn dagewesen wären und sich „Well, we help each other!“ dann auch nur auf diese bezog.
Wo hast du denn in den 1980er Jahren Straßenbettler in Deutschland gesehen?
Ich habe zu dieser Zeit in einem in der Nähe des Hauptbahnhofs gelegenen Arbeiterviertel einer deutschen Großstadt gelebt und kann mich nicht erinnern, dort jemals einen Bettler gesehen zu haben.
Gruß
Pontius