Hallo,
Das halte ich für Wunschdenken. Je länger die Pandemie dauert, umso schwerer werden die Folgen wiegen. Bereits jetzt gehen einige Prognosen davon aus, dass sich die Pandemie noch weit bis ins nächste Jahr ziehen wird. Entsprechend wird es auch einige Einschränkungen so lange geben. Unser gesamtes gesellschaftliches Leben wird sich gewaltig umkrempeln.
Momentan schwimmen wir noch im Nebel. Wir können nicht erkennen, ob der Einsberg, von dem wir nur die Spitze erahnen, zu einem dritten, einem fünften oder vielleicht nur zu einem zwanzigstel über dem Wasser und der Rest darunter verborgen ist.
Was will ich damit sagen: Momentan wissen wir nicht, wann wir wieder so viel und weit und ungezwungen reisen können wie bis Feb. 2020 (sowohl privat, als auch dienstlich). Momentan erkennen viele Firmen, dass man nicht jeden kleinen Manager durch die Welt fliegen muss, sondern auch Videokonferenzen recht gut funktionieren. Das bedeutet, es ist völlig ungewiss, wann die Reisebranche wieder das alte Niveau erreicht. Messen werden bis auf weiteres nicht statt finden. Auch dafür wurde viel gereist. Und natürlich war der Messebau ein starker Wirtschaftsfaktor. Der liegt jetzt komplett am Boden. Wenn aber deutlich weniger Menschen reisen, wann werden Gastro- und Beherbergungsbetriebe wieder ihre alte Auslastung erreichen? Wann werden alle pleite gegangenen Betriebe neue Betreiber gefunden haben? Werden es überhaupt wieder so viele werden?
@C_Punkt hat neulich sehr ausführlich beschrieben, dass er die Möglichkeit sieht, dass die Branche der Gewerbeimmobilienvermieter vor dem Platzen einer großen Blase stehen könnte - wenn Firmen plötzlich merken, dass der Laden auch läuft, wenn nur 20% im Büro und der Rest zu Hause ist, wer braucht dann noch so viele Büros?
Wenn diese Bürogebäude zu Wohnungen umgebaut werden und wir vielleicht in absehbarer Zeit einen Wohnungsüberschuss haben werden, wie ist es dann um die Wohnungsvermieter in der Zukunft bestellt?
Man hatte bei der Öffnung einiger Läden in der ablaufenden Woche Sorge, dass diese Läden praktisch gestürmt werden würden, um die „verpassten“ Einkäufe nachzuholen. Nichts da! Der Umsatz des gestrigen Samstags lag bei einer repräsentativen Umfrage bei 40% des Umsatzes im Vorjahr. Es ist jetzt aber schon erkennbar, dass es eine Art Grunddepression bei den Menschen gibt. Die ohnehin schon zu geringe Binnennachfrage (gemessen am BIP) wird wahrscheinlich noch weiter zusammenbrechen.
Ich fürchte, dass die Folgen derzeit noch völlig unabsehbar sein werden. Von daher würde ich mich nicht wundern, wenn es ein Jahrzehnt dauern würde, bis wir, als Gesellschaft, diesen Schock komplett überwunden haben werden.
Grüße
Pierre
P.S.: bisher denkt noch kaum jemand darüber nach, wie die Billionen-Kredite und -Geschenke bezahlt werden sollen, die die Regierungen derzeit vergeben. Wer sie bezahlt ist klar: wir alle, die Gesellschaft. Nur wen wird es wie stark für welche Zeit belasten? Darüber wird noch nicht (laut) nachgedacht. Das wird aber kommen. Und in wie weit das die Depression verstärkt? Keine Ahnung. Vielleicht sollte ich meine Prognose auf bis zu zwei Jahrzehnte ausweiten …