Dachrinne an der Grundstücksgrenze

Hi.

In einem alten Dorf stehen teilweise die alten Bauernhäuser mit ihren Mauern direkt an einer Grundstücksgrenze.
Meine Frage ist nun, ob folgender Grundsatz gilt:
Wenn ein solches Haus (von Eigentümer A) direkt an einer Grundstücksgrenze (zu Nachbar B) steht, und seine Dachrinne ragt – sagen wir 30 cm – in Richtung Nachbarn B hinein, ist es dann rechtens zu sagen, dass dann der Grund unterhalb der Dachrinne (also der schmale 30cm-Streifen) automatisch zum Grundstück A dazugehört?
Oder gilt hier die Hauswand als Grenze?
Nebenbei: per aktueller Katasterkarte lässt sich die Grundstücksgrenze nicht eindeutig ablesen.
Nachbar B hat gar nichts gegen die Dachrinne von A , selbst wenn sie über seinem Grund hineinragt.
Nachbar A sagt: der Grund unterhalb seiner Dachrinne gehöre ihm (A). Greift diese Logik…?

Ich weiß, dass man das Gelände vermessen lassen kann. Ich möchte nur wissen, ob das Argument von A (= unterhalb meiner Dachrinne ist meins) stichhaltig ist.

Gruß M

Hallo!

das Argument ist nicht stichhaltig. Es ist zwar erlaubt die Grenze mit untergeordneten Bauteilen zu überbauen ( bzw. etwas gering überhängen zu lassen wie eine Rinne.
Aber dadurch ändert sich am Grenzverlauf nichts !

Nachbar B könnte ja direkt an die Wand des A anbauen, dann muss die Rinne weg und B müsste wohl für die gemeinsame Entwässerung z.B. eine innenliegende Kastenrinne anlegen lassen.

A darf zu Wartungs- und Reparaturzwecken das Grundstück des B betreten. Das ist im Nachbarschaftsrecht so festgelegt ( „Hammerschlag- und Leiterrecht“

MfG
duck313

1 Like

Was gegen das Argument von A spricht: Die Dachrinne könnte ja durch eine Erneuerung schmaler oder breiter werden. Dann müsste sich ja auch der Grenzverlauf entsprechend ändern.
Wie schon gesagt, Nachbar B hat gar nichts gegen die Dachrinne von A’s Haus. Er möchte sich nur gegen das Argument wehren, dass die Dachrinne durch sich selbst den Grenzverlauf vorgibt.
Angeblich sei das laut Nachbar B in seinem Herkunftsland so geregelt.

Nein. Solche „Automatismen“ gibt es nicht. Es kann sich bei der Dachrinne auch um einen Überbau handeln. Entscheidend ist, wie die Grenze bei der Katasteraufnahme festgelegt wurde (das beinhaltet idR eine Grenzanerkennung beider Nachbarn). Das lässt sich an Hand der Karte in den seltensten Fällen feststellen, dazu benötigt man das Zahlenwerk (Risse, Koordinatenverzeichnis), falls keine amtlichen Vermarkungen mehr aufgefunden werden können. Beides kann man - wie auch die Karte - bei der zuständigen Vermessungsbehörde einsehen. Ob man als Laie etwas damit anfangen kann, ist eine andere Frage … Falls das Gebäude bei der Katasteraufnahme schon stand, lässt sich im Vermessungsriss aber zweifelsfrei der Grenzabstand des Gebäudes feststellen - also ob die Grundstücksgrenze identisch mit dem aufstehenden Mauerwerk des Gebäudes ist oder in einem Abstand dazu verläuft.

Gruß,
Ralf

1 Like

Ganz so ist es ja nun auch wieder nicht. Einschlägig ist da § 912 BGB:

§ 912 Überbau; Duldungspflicht

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

Gruß,
Ralf

uh… so weit würde ich dann doch nicht gehen. Vermessung = Landesrecht daher mal auf Baden-Württemberg bezogen:
Gebäude wurden bis vor einigen Jahren „genauer“ aufgenommen, insbesondere Grenzbeebauung und ggf. dessen Überbau musste festgestellt und ausgewiesen werden wenn dieser einen bestimmten Betrag überschreitet (sorry, ist schon 30 Jahre her, dass ich das gelernt habe), ich meine was von 10 cm zu wissen.
Aktuell wird ein evtl. Überbau nicht mehr ausgewiesen. Zeichnerisch könnte man aber einen Überbau ab einer bestimmten Größe wohl erkennen - unter der Bedingung, dass alle Gebäudeecken und die Grenzen „gute“ Koordinaten haben. Daher kann die Einsichtnahme ins Kataster maximal ein Indiz liefern ob eine Überbauung vorhanden ist, aber sicher keinen Beweis - den liefert (auch auf BaWü bezogen) nach meinen Informationen immer noch nur die Grenzfeststellung.

Dazu noch: Wenn es sich um einen Dachvorsprung von 30cm handelt, dann ist der mit Sicherheit auch nicht aufgenommen worden - da in aller Regel nur die Außenmauern (nach bestimmten Regeln, z.B. mussten Lisenen weggelassen werden,…) berücksichtigt, aber kein DV.

Was heisst „genauer“? Und was heisst „bis vor einigen Jahren“? Gelten § 5 und § 18 des Vermessungsgesetzes Baden-Württemberg etwa nicht mehr? Das wäre mir neu.

Ein Überbau wird faktisch durch die Gebäudeaufnahme festgestellt, die wiederum in das Liegenschaftskataster übernommen wird. Damit ist er auch beweiskräftig „ausgewiesen“, ob nun explizit oder nicht. Nicht zufällig sind Neubauten und auch bauliche Veränderungen bei der unteren Vermessungsbehörde anzeigepflichtig, wenn mit der Aufmessung kein ÖbVI beauftragt wurde (der seinerseits verpflichtet ist, die Übernahme in das Liegenschaftskataster zu veranlassen).

„Zeichnerisch“ ist für Pfuscher. Wenn der Gebäudeaufriss koordiniert ist brauchst Du Dir keine Mühe zu geben, da „zeichnerisch“ irgend etwas zu erkennen. Dann kannst Du mit einer simplen trigonometrischen Berechnung feststellen, auf welcher Seite der Grenze ein Gebäudepunkt liegt und auf den cm genau, wie weit entfernt er von der Grenze ist.

Offensichtlich hast Du dies überlesen:

Da hat eine Grenzfeststellung stattgefunden. Eine erneute Grenzfeststellung wäre lediglich notwendig, wenn das Gebäude später errichtet und nicht eingemessen oder seit der Katastervermessung baulich verändert wurde.

Natürlich nicht. Aufgenommen wird das aufstehende Mauerwerk und ggf. wesentliche überstehende Gebäudeteile wie Balkone oder Erker. Die Frage ist, ob bei der Bebauung ein für den Dachüberstand ausreichender Grenzabstand eingehalten wurde. Ist dies nicht der Fall, liegt ein Überbau vor. Der Dachvorsprung darf nach den mir bekannten Landesbauordnungen zwar die Baugrenze überschreiten und muss deswegen nicht aufgenommen werden. Aber Baugrenze und Grundstücksgrenze sind zwei verschiedene Paar Stiefel.

1 Like

??
in §5 wird festgelegt, was Katastervermessungen sind und dass Gebäude aufgenommen werden sollen. In §18 stehen die Pflichten der Gemeinde und Grundstückseigentümer. Wo steht da was, dass eine Überbauung festgestellt werden muss?

Fakt: In den 1990er Jahren MUSSTE bei einer Grenzbebauung bzw. einer Überbauung der genau Wert festgestellt werden, d.h. die betroffenen Eckpunkte mussten trigonometrisch aufgenommen werden (oder über Bogenschlag festgelegt werden) und mit den Koordinaten eine Transformation auf die Grenze berechnet werden und dieser Abstand von der Grenze im Aufnahmeriss ausgewiesen werden.
Dazu wurde dann noch im Nachbargrundstück (also das was überbaut wurde) im Kataster ein entsprechender Vermerk gemacht, dass eine Überbauung festgestellt wurde, was regelmäßig bei diesen Eigentümer zu Nachfragen geführt hat (Muss der Nachbar das Gebäude abreißen, Muss der das Grundstück kaufen,…)

Später wurde genau das aufgehoben (wobei ich das nur noch vom Hörensagen mitbekommen habe): Weder musste die Überbauung im Aufnahmeriss ausgewiesen werden noch wurde das im Liegenschaftskataster ausgewiesen werden. Daher mein „genauer“ in Hochkomma.

Okay, ich hatte Dich so (miss-)verstanden, dass Gebäude seit einigen Jahren nicht mehr aufgenommen werden. Aber mal grundsätzlich: bei einer Katastervermessung der Grenzen und der Gebäude (gleich, ob die Gebäudeecken nun orthogonal oder polar aufgenommen werden), muss eine Überbauung nicht eigens amtlich festgestellt werden - sie ergibt sich ggf. zweifelsfrei aus den Messergebnissen. Das hier:

… ist ein bzw. war dann ein zusätzlicher Service für die Grundstückseigentümer, die ja in aller Regel vermessungstechnische Laien sind. Bei einer vorliegenden, aktuellen Katasteraufnahme von Grenzen und Gebäuden kann jeder Vermessungstechniker am Schreibtisch feststellen, ob ein Überbau vorliegt; eine erneute Grenzfeststellung vor Ort ist da überflüssig.

Wobei im konkreten Fall hier (alte Ortslage) sich natürlich die Frage stellt, in welchem Zustand das Kataster ist - da kann man nicht ohne weiteres mit Koordinatenkataster rechnen. Ich habe mal (ist schon ein paar Jahrzehnte her) in einem Dörfchen der Nordpfalz eine Ortslagenregulierung gemacht - auf Grundlage des Urkatasters (kgl. bayerische Steuer-Katastervermessung, 1808 - 1853). Da war das Hauptgeschäft nicht Vermessung, sondern Verhandlung mit den Grundeigentümern …

:slight_smile:
Du verkennst die Problematik: Ich meine das war im Fortführungserlass geregelt, dass eine Überbauung ausgewiesen werden musste (also nix Service). Die landete dann auch im ALK (automatisiertes Liegenschaftskataster), d.h. im „schriftlichen“ Teil des Katasters. Das führte aber (beim überbauten) Grundstück zu einer Änderung von Amtswegen, d.h. der Eigentümer wurde informiert: Nachbar hat überbaut. Der bekam dann von der Benachrichtigung dann oft gleich einen dicken Hals und hat beim VermAmt angerufen: Muss der jetzt das GEbäude abreißen? Muss der mir was zahlen? Was kann ich da verlangen,…? und ich vermute, dass das mit ein Grund war, dieses ausweisen einer Überbauung abzuschaffen.
Aber das geht jetzt weit vom Thema weg.

1 Like