Dämmerungszeiten

Hallo liebe Astronomen,

mal wieder eine Frage von mir, diesmal bezüglich der Dämmerungzeiten.

Je steiler der Aufgangswinkel der Sonne, desto kürzer ist die Dämmerung, je flacher, desto länger.

Ich habe mir mal mein Kosmos-HIMMELSJAHR genommen und für vier Monate die durchschnittliche Länge der nautischen Dämmerung ausgerechnet.
Dabei bin ich auf Ergebnisse gekommen, die ich nicht erwartet habe.

Die Durchschnittswerte sind:

März: ~70 min
Juni: ~ 107 min
Sept. ~ 72 min
Dez. ~ 80 min

Nun hätte ich für Juni die kleinsten Werte erwartet, da die Sonne dann den Steilsten Lauf hat. Außerdem ist die Dämmerung am Äquator ebenfalls extrem kurz, und da verläuft die Sonne fast senkrecht.

Für den Dezember hätte ich den größten Wert erwartet, da die Sonne doch ihre flachste Bahn zieht, aber wiederum: Fehlanzeige.

In Büchern werden gerne die Tagbögen der Sonne für unterschiedliche Monate über der Horizontscheibe abgebildet. Diese Bögen verlaufen dort in unterschiedlichen Höhen, allerdings parallel zueinander - und damit müssten Aufgangswinkel und damit die Dämmerungszeiten ebenfalls gleich sein.

Ich vermute, dass das was mit der Schiefe der Ekliptik zu tun hat, habe dabei aber absolut keine Ahnung, WAS.

Gleich noch eine Frage:
Weiß jemand von Euch wie man auf einfachem Wege die durchschnittliche Dämmerungszeit in Abhängigkeit von der geographischen Breite ausrechnen kann ?

Vielen Dank für jegliche Antworten !

Bettina


Für den Dezember hätte ich den größten Wert erwartet, da die
Sonne doch ihre flachste Bahn zieht, aber wiederum:
Fehlanzeige.

In Büchern werden gerne die Tagbögen der Sonne für
unterschiedliche Monate über der Horizontscheibe abgebildet.
Diese Bögen verlaufen dort in unterschiedlichen Höhen,
allerdings parallel zueinander - und damit müssten
Aufgangswinkel und damit die Dämmerungszeiten ebenfalls gleich
sein.

Hallo,

das Missverständnis ist rein geometrisch: nimm den Grenzfall (Polarkreis im Sommer), dass der Lauf der Sonne den Horizont gerade berührt, es ist also 24 Stunden Tag. Der Winkel zum Horizont ist 0 Grad. Wenn du jetzt den Lauf der Sonne parallel nach unten verschiebst, wird der Winkel zwischen Sonnebahn und Horizont am Auf-/Untergangspunkt immer grösser - obwohl die Bahnen parallel auf der Himmelskugel verlaufen!

Im anderen Grenzfall, wenn also die Sonne gerade mal kurz über den Horizont schaut, ist der Winkel dann wieder 0 Grad. Bei der Tag- und Nacht-Gleiche müsste der Winkel also am grössten sein.

Gruss Reinhard

Hallo!

das Missverständnis ist rein geometrisch: nimm den Grenzfall
(Polarkreis im Sommer), dass der Lauf der Sonne den Horizont
gerade berührt, es ist also 24 Stunden Tag. Der Winkel zum
Horizont ist 0 Grad. Wenn du jetzt den Lauf der Sonne parallel
nach unten verschiebst, wird der Winkel zwischen Sonnebahn und
Horizont am Auf-/Untergangspunkt immer grösser - obwohl die
Bahnen parallel auf der Himmelskugel verlaufen!

Hä? Wenn man etwas parallel verschiebt, verändert sich kein Winkel. Das ist sozusagen die Definition von „parallel“.

Im anderen Grenzfall, wenn also die Sonne gerade mal kurz über
den Horizont schaut, ist der Winkel dann wieder 0 Grad. Bei
der Tag- und Nacht-Gleiche müsste der Winkel also am grössten
sein.

… was er offensichtlich nicht ist.

Gruß, Michael

Hallo Bettina,

Ich habe mir mal mein Kosmos-HIMMELSJAHR genommen und für vier
Monate die durchschnittliche Länge der nautischen Dämmerung
ausgerechnet.
Dabei bin ich auf Ergebnisse gekommen, die ich nicht erwartet
habe.

Die Durchschnittswerte sind:

März: ~70 min
Juni: ~ 107 min
Sept. ~ 72 min
Dez. ~ 80 min

Nun hätte ich für Juni die kleinsten Werte erwartet, da die
Sonne dann den Steilsten Lauf hat. Außerdem ist die Dämmerung
am Äquator ebenfalls extrem kurz, und da verläuft die Sonne
fast senkrecht.

Für den Dezember hätte ich den größten Wert erwartet, da die
Sonne doch ihre flachste Bahn zieht, aber wiederum:
Fehlanzeige.

Die nautische Dämmerung endet, wenn die Sonne mehr als 12 Grad unter dem Horizont steht. Bei der Sommersonnenwende ist die Bahn der Sonne beim Untergang schon sehr flach - daher dauert es lange, bis die 12 Grad erreicht werden (12 Grad südl. des nördl. Polarkreises endet die nautische Dämmerung bei der Sommersonnenwende nie).
Bei der Tag-Nacht-Gleiche erreicht die Sonnenuntergangsbahn mit ca. (90 - Breitengrad) ihren steilsten Winkel - daher werden da die 12 Grad am schnellsten erreicht. Bei der Wintersonnenwende ist der Winkel beim Untergang wieder flacher - daher dauert es wieder länger. Da aber im Winter die Sonnenbahn (im Gegensatz zum Sommer) nachh dem Untergang steiler wird, dauert es nicht solange wie im Sommer.

Alle Klarheiten beseitigt?
Pürsti

. Bei der Sommersonnenwende ist die

Bahn der Sonne beim Untergang schon sehr flach - daher dauert
es lange, bis die 12 Grad erreicht werden

Eben, ich versteh nicht, wieso die Sonnenbahn so verläuft - auf einem einer Verlaufs-Grafik sieht die Bahn am 21. Juni aus wie eine Cosinus-Kurve mit dem Scheitelpunkt oben - also abgeflacht an den Seiten - komm nicht dahinter, wieso.
Die Bahn am 21. Dezember dagegen sieht aus wie ein vollkommener Kreisbogen.

Bei der Tag-Nacht-Gleiche erreicht die Sonnenuntergangsbahn
mit ca. (90 - Breitengrad) ihren steilsten Winkel -

Wieso ? Kann man sich das irgendwie logisch herleiten ?

Alle Klarheiten beseitigt?

Joa, die Klarheiten schon, der Erleuchtung bin ich nicht näher gekommen !

Ich habe auf meinem Schreibtisch so eine hübsche kleine Armillarspäre aus Pappe stehen, da kann man ganz gut sehen, dass die Ekliptik aufgrund ihrer Neigung über 24 Stunden keinen gleichbleibenden Bogen am Himmel markiert sondern praktisch etwas „eiert“ und je nach Uhrzeit ihre Lage und ihren Winkel verändert.

Leider konnte ich bis jetzt keine Gesetzmäßigkeit darin erkennen und ein logisches Muster nach dem „Wenn -> Dann - Prinzip“ finden.

Irgendwie ist es einfacher, so Dinge wie die ROCHE-Grenze zu verstehen als so grundlegende Dinge der Himmelsmechanik. Grrrrrr…
Ich brauche Schokolade - dann fühle ich mich besser !

Gruß, Bettina :wink:

Hallo Bettina,

. Bei der Sommersonnenwende ist die

Bahn der Sonne beim Untergang schon sehr flach - daher dauert
es lange, bis die 12 Grad erreicht werden

Eben, ich versteh nicht, wieso die Sonnenbahn so verläuft -
auf einem einer Verlaufs-Grafik sieht die Bahn am 21. Juni aus
wie eine Cosinus-Kurve mit dem Scheitelpunkt oben - also
abgeflacht an den Seiten - komm nicht dahinter, wieso.
Die Bahn am 21. Dezember dagegen sieht aus wie ein
vollkommener Kreisbogen.

Bei der Tag-Nacht-Gleiche erreicht die Sonnenuntergangsbahn
mit ca. (90 - Breitengrad) ihren steilsten Winkel -

Wieso ? Kann man sich das irgendwie logisch herleiten?

Ich versuche es mal mit einem anschaulichen Beispiel:

Halte einen Hulahup-Reifen waagrecht auf Kopfhöhe. Dann kippst Du diesen Reifen um ca. 45 Grad, wobei die Kippachse durch den Kopf geht. Der eine Punkt der Achse markiert die Sonnenposition um 6 Uhr Ortszeit, der andere Punkt die Sonnenposition um 18 Uhr Ortszeit. Der höchste Punkt stellt die Mittagspositon dar, der tiefste Punkt die Mitternachtsposition. Wenn Du Dich jetzt herumblickst, wirst Du feststellen, dass die Neigung dieses Reifen um 6:00 und 18:00 jeweils dem 45 Grad Kippwinkel entspricht und um Mitternacht und Mittag die Sonnenbahn jeweils kurz waagrecht verläuft, d.h. Winkel 0 Grad. Der Winkel nimmt also zwischen 0:00 und 6:00 von 0 Grad auf 45 Grad zu, zwischen 6:00 und 12:00 von 45 Grad auf 0 Grad ab, zwischen 12:00 und 18:00 von 0 Grad auf 45 Grad zu und zwischen 18:00 und 24:00 von 45 Grad auf 0 Grad ab.

Hat dieser Versuch geholfen?
Pürsti

… Bei
der Tag- und Nacht-Gleiche müsste der Winkel also am grössten
sein.

… was er offensichtlich nicht ist.

Gruß, Michael

Hallo, wieso bitte ?

Gruss Reinhard

März: ~70 min
Juni: ~ 107 min
Sept. ~ 72 min
Dez. ~ 80 min

Nun hätte ich für Juni die kleinsten Werte erwartet, da die
Sonne dann den Steilsten Lauf hat. Außerdem ist die Dämmerung
am Äquator ebenfalls extrem kurz, und da verläuft die Sonne
fast senkrecht.

Hallo, Nordlicht!

Im Juni kulminiert die Sonne in Deutschland aber mittags in ca. 74° Höhe und erreicht folglich nachts nur 16° unter dem Horizont - der Tagbogen der Sonne reicht steil in die Höhe, der Nachtbogen aber nur sehr flach unter den Horizont.

Weiß jemand von Euch wie man auf einfachem Wege die
durchschnittliche Dämmerungszeit in Abhängigkeit von der
geographischen Breite ausrechnen kann ?

Gehen wir einmal aus von einem Ort, der auf dem 50. Breitengrad liegt, etwa Mainz: Die Äquatorialebene a und die Zenitlinie z treffen sich im Erdmittelpunkt M und schließen einen Winkel von 50° ein (Skizze A, siehe Link).

http://home.arcor.de/mucu/daemmerung.jpg

Zu den Äquinoktien steht die Sonne in der Äquatorialebene und erreicht (mittags) eine Kulminationshöhe von 40° über dem Horizont und eine „untere Kulmination“ (nachts) von 50° unter dem Horizont. Die Horizontebene h und die Ebene der scheinbaren Sonnenbahn trennt also ein Winkel von 40°. Die Sonne »stürzt« also bei Untergang mit einem Winkel von 40° durch die Horizontebene. Die Frage nach Dauer der nautischen Dämmerung ist die: Wann steht die Sonne 12° unter dem Horizont?

Korrekt beantworten lässt sich diese Frage in dem sphärischen Dreieck aus Horizontebene, scheinbarer Sonnenbahn und einem 12° langen Teil eines Vollkreisbogens, der senkrecht auf der Horizontebene steht. Da dieses Dreieck nur einen sehr kleinen Tel der Sphäre ausmacht, kann die Projektion dieses Dreiecks in die Ebene eine sehr gute Näherung liefern (Skizze B), so dass man sich nicht einmal mit den (üblicherweise nicht sehr geläufigen) Formeln der sphärischen Trigonometrie belasten muss.

Die Frage ist also, wie lange nach Sonnenuntergang dauert es, bis die Strecke VD im Dreieck UVD dem Beobachter unter einem Winkel von 12° erscheint. Nun ist bekannt, dass die Sonne in 24 h ca. 360° umrundet, in 1 h also ca. 15° zurücklegt.
In UVD gilt sin(40°) = VD / UD
⇔ UD = VD / 0,643 = 12° / 0,643 = 18,67° = 74,6 min.

Da sich für andere Orte und für andere Jahreszeiten nur die beiden Eingangsgrößen »Geographische Breite« und »Kulminationshöhe der Sonne« ändern, ist damit auch eine einfache Näherungsrechnung für beliebige Eingangsgrößen möglich, jedenfalls für gemäßigte und tropische Breiten. Die Vereinfachung auf die Ebene Trigonometrie bringt größere Fehler, wenn das sphärische Dreieck einen größeren Teil der Sphäre einnimmt - das ist z.B. immer dann der Fall, wenn die nautische Dämmerung überhaupt nicht eintritt wie in hohen geographischen Breiten im Sommer.

Gruß, multze

Hä? Wenn man etwas parallel verschiebt, verändert sich kein
Winkel. Das ist sozusagen die Definition von „parallel“.

Hallo Michael,

das ist nur deine private Definition. ganz kurz:
Kugelgeometrie: die Breitenkreise der Erde verlaufen parallel zueinander im gleichen Abstand. Ein dagegen geneigter Grosskreis schneidet die paralellen Breitenkreise unter verschiedenem Winkel. Genau das habe ich behauptet und du bestritten. Pürsti kommt übrigens zum gleichen Ergebnis.

Trotz solcher Anwürfe bleibe ich überzeugt, dass die Mathematik für alle Bewohner des Universums gleich ist, oder zumindest für alle intelligenten.

Gruss Reinhard

Hallo Reinhard!

Den Ausführungen Purstis konnte ich folgen. Wenn Du also derselben Ansicht bist wie er, sind wir uns alle einig. Vermutlich liegt dann das Missverständnis nicht im Wort „parallel“, sondern „unten“.

Mit freundlichem Gruß,
Michael