Hallo!
Gestern habe ich gehört, dass der Dalai Lama in Tokio für die Opfer des Erdbebens und Tsunamis gebetet hat.
Bis jetzt habe ich immer gehört, der Buddhismus anerkennt keine Gottheiten, also zu wem betet der Dalai Lama?
Hanna
Hallo!
Gestern habe ich gehört, dass der Dalai Lama in Tokio für die Opfer des Erdbebens und Tsunamis gebetet hat.
Bis jetzt habe ich immer gehört, der Buddhismus anerkennt keine Gottheiten, also zu wem betet der Dalai Lama?
Hanna
Hallo Hanna,
meinst du vielleicht das Ereignis hier?
http://www.dalailama.com/news/post/669-his-holiness-…
Unter anderem wurde gesagt, dass dort das Herz-Sutra rezitiert wird. Den Text dazu findest du z.B. hier:
http://de.wikisource.org/wiki/Herz-Sutra
und noch ein paar Erläuterungen dazu hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Herz-Sutra
Man betet hier eigentlich weniger zu irgend jemandem, sondern Gebete dieser Art dienen dazu, die eigene Praxis zu stärken, um z.B. dadurch besser mit Katastrophen oder persönlichen Schicksalsschlägen fertig zu werden, bzw. Mitgefühl für die leidenden Menschen aufzubrigen, bzw. diesen Menschen das Gefühl zu vermitteln, dass sie nicht allein mit ihrem Schicksal sind, sondern dass viele Menschen Anteil nehmen und bereit sind, zu helfen, sei es mit Wünschen oder auch ganz konkreten Taten.
Vielen Menschen hilft dabei auch die Vorstellung einer „äußeren Macht“, die unterstützend eingreift. Das muss aber nichts mit dem christlichen Gottesverständnis zutun haben. Wenn du beispielsweise vor einer schwierigen Prüfungsaufgabe stehst, dann kannst du für einen Moment an deinen Lehrer denken, der dir dein Wissen vermittelt hat, und ihn in Gedanken um Beistand bitten und versuchen, deinen Geist mit seinem zu verbinden. Das kann durchaus eine beruhigende und die Konzentration fördernde Wirkung haben, wenn es auch in gewisser Weise recht „weltlich“ ist
Gruß
M.
Hallo Marion!
meinst du vielleicht das Ereignis hier?
Ja, ganz genau das.
Unter anderem wurde gesagt, dass dort das Herz-Sutra rezitiert
wird. Den Text dazu findest du z.B. hier:
Danke für die Info. Hier bekommt man doch eine Ahnung von der Ideologie des Buddhismus.
und noch ein paar Erläuterungen dazu hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Herz-Sutra
Das ist jetzt aber doch der gleiche Link, oder?
Gebete dieser Art dienen dazu, die eigene Praxis zu stärken,
um z.B. dadurch besser mit Katastrophen oder persönlichen
Schicksalsschlägen fertig zu werden, …
Aha!
Danke für die ausführliche Erklärung!
Hanna
Im Buddhismus wird auch von einer allumfassenden Buddha-Natur gesprochen, die einerseits als bloßes potential zur Buddhawerdung angesehen, andererseits auch als Anbetungs-„Gegenstand“ verehrt und eben angebetet werden.
Abgesehen davon hat sich der Buddhismus, als er nach Tibet kam mit den dortigen Traditionen und Ansichten vermischt und so hat er (der „Lamaismus“ = Vajrayana: Diamantenes Fahrzeug) auch die Götterwelt der Tibeter übernommen. Und deshalb gibt es dort auch eine Vielzahl von Göttern und Dämonen.
Gruß, der Karl
Hallo Karl,
Im Buddhismus wird auch von einer allumfassenden Buddha-Natur
gesprochen, die […] auch als
Anbetungs-„Gegenstand“ verehrt und eben angebetet werden.
wärest Du so freundlich uns mitzuteilen, in welcher buddhistischen Tradition die Buddha-Natur (übrigens eine reichlich schiefe Übersetzung von buddhadhâtu bzw. buddhatâ) „als Anbetungs-„Gegenstand“ verehrt und eben angebetet werden“ soll? Oder hast Du sonst einen ernstzunehmenden Beleg für diese Behauptung?
Gerade um die hier entstandene Konfusion zu vermeiden wird in Bezug auf das, was der Dalai Lama da getan hat, häufig auch nicht von ‚beten‘ sondern von ‚Wünsche machen‘ gesprochen. Tibetisch heisst diese Praxis Mönlam, etwa „Wunsch-Pfad“. Selbstverständlich handelt es sich nicht um Wünsche für sich selbst und auch nicht um Wünsche an eine Instanz, schon gar keine personal vorgestellte.
Es handelt sich vielmehr um eine sog. Paramita-Übung - die 8. nach dem Avatamsaka-Sutra. Auf Sanskrit heist dieses Übungsfeld Pranidhāna pāramitā, wobei ‚Pranidhana‘ sich auf die Bodhisattva-Gelübde bezieht. Der „Wunsch“, um den es da geht, ist schlicht der, alle Wesen aus dem samsarischen Kreislauf zu erretten. In der entsprechenden liturgischen Handlung wird diesem Wunsch u.a. durch Rezitation von Texten Ausdruck gegeben - das ist das, was manche Westler dann als ‚Gebet‘ missverstehen und manchmal auch Tibeter selbst so bezeichnen - nämlich dann, wenn sie davon ausgehen, dass ihre westlichen Zuhörer eh nicht kapieren, worum es geht. ‚Gebet‘ ist hier bestenfalls ein schiefes Analogon.
Freundliche Grüße,
Ralf