Dampfdruck - realtiv oder absolut...?

Hallo,

wenn für Ethanol bei 60°C ein Dampfdruck von ca. 0,5 bar tabelliert ist, handelt es sich dabei um Relativdruck oder Absolutdruck?

Hintergrund ist folgender Versuch: Ich befülle kleine, fest verschießbare Röhrchen im Labor mit Ethylenglycol und bringe sie in eine Vakuumkammer ein. Dadurch sollte ein Differenzdruck von knapp 1 bar über dem Röhrchen anliegen. Die Röhrchen werden dann im Vakuum erwärmt, um die Deckeldichtung zu beanspruchen und es wird geprüft, ob bei diesem Innendruck Flüssigkeit austritt.

Dieser Versuch soll nun so modifiziert werden, dass ein erhöhter Prüfdruck anliegt und die Röhrchen stärker gestresst werden. Mein Gedanke war: wenn ich Alkohol statt Ethylenglycol verwende und bei 60°C einen Dampfdruck von 0,5 bar im Röhrchen generiere, müsste ich im Vakuum einen Röhrcheninnendruck von 1,5 bar anliegen haben?

Frage 1)
Mein Kollege meinte nun, die tabellierten 0,5 bar wären ein Absolutdruck und somit würde sich im geschlossenen Röhrchen unter Umgebungsbedingungen sogar ein halbes Bar Unterdruck über dem Ethanol einstellen - d.h. ich habe im Vakuum keine 1,5 bar Differenzdruck sondern lediglich die tabellierten 0,5 bar. Stimmt das?

Frage 2)
Die Röhrchen sollen im Labor bei 20°C mit ca. 80% Ethanol befüllt und verschlossen werden, d.h. über dem Ethanol befindet sich ein Luftpolster. Wie wirkt sich die Luft auf den resultierenden Innendruck aus?

Danke und Gruß, Jesse

Moin,

der Dampfdruck ist der Druck des Ethanoldampfes bei der gegebenen Temperatur. Der Luftdruck muß gegebenenfalls noch addiert werden.
Außerdem hat das Ethanol auch bei 20 Grad schon einen Dampfdruck. Du hast also an "Mehrdruck " nur die Differenz.
Schließlich steigt auch der Luftdruck mit der Temperatur im Röhrchen. Das Ganze ist also nicht ganz so simpel.

Kubi

Hallo!

Der Dampfdruck ist immer ein Absolutwert, und das hieße, daß in deinem Röhrchen ein Druck von 0,5Bar herrschen würde, wenn dort ausschließlich Alkoholdampf drin wäre. Das kannst du erreichen, indem du das Ethanol zum Sieden bringst, und den Stopfen zunächst nur lose auflegst, so daß die Luft durch die Alkoholdämpfe verdrängt wird. Dann machst du den Stopfen dicht, lässt das ganze auf 60°C abkühlen, und hast dann einen (Unter–)Druck von 0,5Bar darin.

Aber wenn noch Luft im Röhrchen ist, würde dennoch so viel Alkohol verdampfen, daß dieser einen Druck von 0,5Bar erzeugt, du bekommst dann einen Gesamtdruck von 1,5 Bar. (Also 0,5Bar Überdruck)

Bei einem Wasser-Ethanol-Gemisch und zunächst völlig trockener Luft hättest du den Luftdruck von 1Bar plus den Dampfdruck von Wasser plus den von Alkohol. In dem Fall redet man nicht von Dampfdruck, sondern von Partialdruck, aber sei’s drum.

Danke, noch mal zu meinem Verständnis:
Wenn ich den Deckel des Röhrchens zuschraube, bringt das eingeschlossene Luftvolumen im geschlossenen System bei Raumtemperatur also einen Partialdruck auf, der dem Luftdruck von 1,01 bar entspricht und bei Temperaturerhöhung steigt? Dazu addiert sich der temperaturabhängige Dampfdruck der unter dem Luftpolster stehenden Flüssigkeit, so dass ich bei 60°C einen Druck von 1,5 bar im Röhrchen habe. Richtig?

Was passiert nun aber, wenn ich das geschlossene Röhchen in einer Vakuumkammer evakuiere? Habe ich dann entgegen meiner ersten Annahme sogar einen effektiven Druck von 2,5 bar über der Röhrchenwand anliegen?

Ist das mit der Addition von Dampfdruck und Partialdruck so einfach? Der ergibt sich ja aus den Volumenanteilen der Stoffe in der Gasphase. Wenn ich nun das Röhrchen mti dem Ethanol und der Luft bwei 1,01 bar schließe, woher weiß ich wie groß die Volumenanteile der Luftkomponenten und des Ethanols bei 60°C sind?

Vien Dank nochmal, Jesse

Hallo!

Wenn du ein Röhrchen verschließt, herrscht darin ein Absolut-Druck von ~1 Bar, außerhalb aber auch. Daher kein Überdruck. Erst in der Vakuumkammer hast du einen Umgebungsdruck von 0 Bar, und damit im Röhrchen einen (Über-)Druck von 1 Bar.

Ist nun zusätzlich Alkohol im Röhrchen, erhöht dieses den Druck im Röhrchen um 0,5Bar. Gegenüber dem Vakuum hast du dann 1,5 Bar.

Wenn du den Alkohol in ein evakuiertes Röhrchen packst, stellt sich darin ein Absolut-Druck (d.h. gegenüber dem Vakuum) von 0,5 Bar ein, oder eben 0,5 Bar Unterdruck gegenüber Umgebungsdruck.

Was dabei bisher nicht berücksichtigt wurde ist, daß du das ganze ja auch auf 60°C erhitzt. Verschließt du das leere Röhrchen bei 20°C und 1,013Bar Umgebungsdruck und erhitzt es auf 60°C, erhöht sich der absolute Luftdruck im Röhrchen dadurch auf 1,136 Bar (einfacher Dreisatz mit Temperaturen in K). Ist zusätzlich Alkohol drin, steigt der Druck auf 1,136bar+0,5Bar=1,635Bar.


Zu deiner zweiten Frage:

Dampfdruck ist der Druck, der sich einstellt, wenn man einen Stoff in einem evakuiertem Gefäß verdampfen lässt. Dabei stellt sich ein Gleichgewicht von Verdampfung und Kondensation ein: Die Verdampfung nimmt mit der Temperatur zu, die Kondensation mit der Stoffdichte. Erhitzt du Alkohol in dem evakuierten Gefäß auf 60°C, verdampft so lange Alkohol, bis in der Gasphase etwa 9,8 mol/l Alkohol zu finden sind. Danach passiert nichts mehr.
Bei Umgebungsdruck und 60°C wäre die Stoffdichte von Luft 19,6mol/l, daher stellt sich im Gefäß der halbe Umgebungsdruck, oder 0,5 Bar absolut ein.

Wenn das Gefäß nicht evakuiert war, als der Alkohol hinzu kam, waren da bereits 22,4mol/l Luft drin. Die stören den Alkohol aber nicht dabei, sein „inneres Gleichgewicht“ zu finden. Du hast in der Gasphase danach 22,4mol/l Luft und 9,8mol/l Alkohol, zusammen also 32,2 mol/l. Das ist das 1,64-fache der Dichte bei Umgebungsdruck und entspricht einem Absolutdruck von 1,635Bar.

Ich habe jetzt mit Stoffdichten gerechnet, weil das einfacher zu verstehen ist. Da aber alle Gase bei gleichem Druck und gleicher Temperatur die gleiche Stoffdichte haben, kannst du ach gerne in anteiligem Volumen rechnen.

Denk auch dran: Man muß die ganze Zeit genügend Alkohol haben, daß auch noch eine flüssige Phase existiert. Und die Luft ist weit davon entfernt, eine flüssige Phase zu haben, auch interagiert sie nicht stark mit dem Alkohol. (Feuerzeuggas ist gut in flüssigem Benzin löslich, es würde also von diesem absorbiert werden)

Die Luft macht einfach mal gar nichts, denn sie ist weit davon entfernt, ne flüssige Phase zu haben. Und vom Alkohol muß soviel vorhanden sein, daß es im Gleichgewicht noch eine flüssige Phase gibt. Sonst macht die Rechnung keinen Sinn.

Nochwas: Du könntest darüber nachdenken, ob Alkoholdampf nun als ideales Gas angesehen werden kann. Das spielt aber keine Rolle, da du die Information hast, daß der Druck bei 60°C eben 0,5Bar ist. Alles andere hier dient nur als Erklärung.

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