Daniell-Element: Viele offene Fragen

Liebe Chemie-Auskenner!

Kurz über mich: Ich bin lediglich an Chemie interessiert, aber kein Student. Ich habe es mir persönlich zur Aufgabe gemacht, galvanische Zellen zu verstehen, insbesondere das Daniell-Element.

Leider stelle ich fest, dass das schwerer ist als gedacht. Einige Erklärungen zum Daniell-Element, die ich gelesen habe, scheinen sich teilweise zu widersprechen, und außerdem trägt keine zu einem echten Verständnis bei mir bei.

Zuerst zum Aufbau, der ist klar: Zwei Behälter, im einen Behälter eine Zinksulfatlösung mit eingetauchtem Zinkmetallstab, im anderen Behälter eine Kupfer(II)-sulfatlösung mit eingetauchtem Kupfermetallstab. Die Metallstäbe sind die Elektroden. Die beiden Lösungen werden mit einer Salzbrücke verbunden. Verbindet man nun die Elektroden mit einem Draht, fließen Elektronen von der Zink-Anode zur Kupfer-Kathode. Genauer gesagt, geben die Zink-Atome zwei Elektronen ab und gehen anschließend als Zn(2+)-Ionen in die Zinksulfatlösung. Die Cu(2+)-Ionen im anderen Behälter, dagegen, werden durch die ankommenden Elektronen zu elementarem Kupfer reduziert und scheiden sich an der Kupfer-Kathode ab.

Meine Frage lautet: Warum? Warum passiert der Elektronenfluss?

Laut meinem Chemie-für-Dummies-Buch (von John T. Moore) reagieren gar nicht die beiden Elektroden miteinander, sondern die Zink-Atome der Anode reagieren mit den Cu(2+)-Ionen der Kupfer(II)-sulfatlösung im anderen Behälter. Okay, aber dann frage ich mich, warum man überhaupt ein Kupfermetall braucht? Warum nicht direkt einen Draht vom Zinkmetall in die Kupfer(II)-sulfatlösung?

Außerdem bin ich im Internet auf eine andere Erklärung gestoßen. In vielen Artikeln wird es so dargestellt, dass die Elektronenabgabe von der Zinksulfatlösung komme. Auf chempage.de heißt es etwa:
„Beim Eintauchen der Zinkelektrode in die Lösung gehen einige Zinkatome der Elektrode in Lösung, die Elektronen die bei diesem Vorgang abgegeben werden bleiben auf der Zinkelektrode zurück. Dadurch wird die Elektrode negativ aufgeladen.“
Genau das gleiche passiere auch im anderen Behälter, mit der Kupfer-Elektrode und der Kupfer(II)-sulfatlösung, nur nicht so stark. Dadurch sei dann die Zink-Elektrode stärker negativ aufgeladen als die Kupfer-Elektrode, und zum Ausgleich fließen die Elektronen.
Doch auch das wirft bei mir erstmal eine Frage auf: Warum löst sich Zinkmetall überhaupt in der Zinksulfatlösung (oder Kupfermetall in der Kupfer(II)-sulfatlösung)? Einfach so? Die Erklärung suggeriert, auch ohne Verbindung zwischen den beiden Behältern würden sich die Metalle auflösen. Aber ich habe nachgegoogelt, und da berichten Schüler, dass sie Kupfer in eine Kupfer(II)-sulfatlösung getaucht hätten, aber gar nichts sei passiert.

Darüber hinaus: Es heißt immer, die Salzbrücke würde „den Stromkreis“ schließen. Aber Strom ist eigentlich definiert als fließende Elektronen, und durch die Salzbrücke fließen ja nur die Ionen zum Ladungsausgleich. Also ist das eigentlich inkorrekt, oder?
Und überhaupt: Wozu der Ladungsausgleich? Was wäre so schlimm daran, wenn die Zinksulfatlösung immer positiver würde und die Kupfer(II)-sulfatlösung immer negativer?

Ich wäre extrem dankbar für einen Chemiker/eine Chemikerin, der/die mir das erklären könnte. Ich gebe mir wirklich Mühe, es zu verstehen.

Vielen Dank schon im Voraus!

Moin

Warum nicht direkt einen Draht vom Zinkmetall in die
Kupfer(II)-sulfatlösung?

das ginge auch, der würde dann verkupfert.

Doch auch das wirft bei mir erstmal eine Frage auf: Warum löst
sich Zinkmetall überhaupt in der Zinksulfatlösung (oder
Kupfermetall in der Kupfer(II)-sulfatlösung)? Einfach so?

es ist ein sog. Dynamisches Gleichgewicht.
Nach außen scheint sich nichts zu tun, aber mirkoskopisch kann einiges passieren
Schau Dir mal das hier an https://de.wikipedia.org/wiki/Chemisches_Gleichgewicht

Die

Erklärung suggeriert, auch ohne Verbindung zwischen den beiden
Behältern würden sich die Metalle auflösen.

Nö.

Aber ich habe
nachgegoogelt, und da berichten Schüler, dass sie Kupfer in
eine Kupfer(II)-sulfatlösung getaucht hätten, aber gar nichts
sei passiert.

Dem äußeren Schein nach.

Darüber hinaus: Es heißt immer, die Salzbrücke würde „den
Stromkreis“ schließen. Aber Strom ist eigentlich definiert als
fließende Elektronen, und durch die Salzbrücke fließen ja nur
die Ionen zum Ladungsausgleich. Also ist das eigentlich
inkorrekt, oder?

Nö, es gibt Leiter 1. und 2. Klasse
https://de.wikipedia.org/wiki/Leiter_%28Physik%29#Le…

Und überhaupt: Wozu der Ladungsausgleich? Was wäre so schlimm
daran, wenn die Zinksulfatlösung immer positiver würde und die
Kupfer(II)-sulfatlösung immer negativer?

Es würde sich ein Potential bilden und genauso wie sich in einer kommunizierenden Röhre immer (von Kapillareffekten abgesehen) der gleiche Flüssigkeitspegel herrscht, gibt es Ladungsausgleich.

Gandalf

Hmm. Wirklich Klarheit hat mir das leider noch nicht gebracht.

Du schreibst, es wäre falsch, dass die Erklärung suggeriere, die Metalle würden sich auch ohne Verbindung zwischen den Behältern auflösen. Abgesehen davon, dass ich das explizit schon in einem Artikel gelesen habe, schreibst auch du gleichzeitig, das Zinkmetall reagiere sehr wohl mit der Zinksulfatlösung, auf mikroskopischer Ebene, auch ohne Verbindung zu einem anderen Behälter.
Also löst es sich jetzt auf oder nicht?

bzw.

Welche Erklärung stimmt jetzt? Die aus dem Chemie-für-Dummies-Buch, nach der das Zink wegen der Cu(2+)-Ionen oxidiert, oder die, nach der die Zinkatome wegen der Zinksulfatlösung als Zn(2+)-Ionen in die Lösung gehen und die Elektronen im Metall zurücklassen, während bei der Kathode das gleiche passiere, und wo erst durch den Ladungsunterschied der Elektroden die Elektronen fließen?

Und, nebenbei, zu deiner letzten Antwort: Das ist mir schon klar. Vielleicht habe ich die Frage schlecht formuliert. Es ging mir darum, dass in meinem Chemie-Buch steht, ohne diesen Ladungsausgleich würden die Elektronen gar nicht fließen. Meine Frage ist: Warum? Dass es Ladungsausgleich gibt, ist klar, auch warum, aber weshalb ist er notwendig für den Elektronenfluss?

holywood

Kleine Korrektur ad „Also löst es sich jetzt auf oder nicht?“ :
Es muss heißen: Löst sich das Zinkmetall auf *ohne Verbindung zur Kupfer(II)-sulfatlösung*?

Hallo HolyWood,

Kurz über mich: Ich bin lediglich an Chemie interessiert, aber
kein Student. Ich habe es mir persönlich zur Aufgabe gemacht,

studierst du nach deiner Matura immer noch nicht?
Im Studium beginnt man mit den einfachen Zusammenhängen bezüglich galvanischer Zellen (Kombination von zwei verschiedenen Elektroden und einem Elektrolyten) und geht dann auch zum etwas komplizierten Daniell Element über.

So wird die Materie leicht verständlich und du brauchst dir hier nicht erst die grundlegendsten Grundlagen umständlichst zu erfragen.

Viel Erfolg beim Chemie Studium!

Tankred

Hallo Tankred,

danke für deine Antwort!

Nein, ich studiere noch nicht - ich probiere derweil noch etwas anderes aus. Vermutlich werde ich aber ein Studium machen, und dann ganz sicher im Bereich Naturwissenschaften.

Es ist so: Ich interessiere mich privat für Elektrotechnik. Im Zuge dessen habe ich zum Beispiel eine „Zitronenbatterie“ mit einem galvanisierten Zinn-Nagel und einer Eurocent-Münze aus Kupfer als Elektroden „gebaut“, danach noch eine Volta’sche Säule aus Kupfermünzen, Aluminiumfolie und in Salzwasser getränkte Küchenrolle… und schließlich wollte ich verstehen, wie das funktioniert, bzw. generell, wie eine Batterie funktioniert. Dann recherchierte ich und stieß schließlich auf das Daniell-Element.
Ich komme also gar nicht aus der Chemie-Ecke, eigentlich will ich nur das Daniell-Element (als Repräsentant aller galvanischen Zellen) verstehen. Die erforderlichen Chemie-Grundlagen habe ich versucht, mir mit dem (gar nicht schlechten) Dummie-Buch anzueignen.
Leider stellte ich dann fest, dass ich trotz dieser angeeigneten Grundlagen einfach keine Erklärung online finde, die es mir wirklich verständlich macht, und dass sie sich teilweise sogar zu widersprechen scheinen… Ja, und deshalb habe ich mich schließlich an diese Seite gewandt.

Du meinst wirklich, ohne Chemie-Studium ist es schwer, das Daniell-Element wirklich zu verstehen?

holywood

Hallo HolyWood,

wenn du für deine Matura Prüfung nicht Chemie schon vorher abgewählt hast, hättest du das Daniell-Element zu diesem Zeitpunkt bereits beherrschen sollen.

Für deine momentanen Bedürfnisse zum Selbststudium der Vorgänge an einer speziellen galvanischen Zelle (Daniell-Zelle oder Daniell-Element) finde ich das Buch: „Chemie“ von C.E. Mortimer, Georg Thieme Verlag, 6. Auflage, gut geeignet.
Ab Seite 359 werden die grundlegenden Vorgänge an den jeweiligen Elektroden verständlich beschrieben, z.B.: „Das Potential zwischen Metallstab und Lösung ist ein quantitatives Maß für den ‚Elektronendruck‘ im Metallstab. Sei absoluter Wert kann nicht gemessen werden, weil dazu eine zweite Halbzelle notwendig ist, deren Potential auch nicht bekannt ist. Man kann jedoch das relative Potential zu einer Referenzelektrode messen. Als Referenzelektrode dient die Norm-Wasserstoff-Elektrode.“ usw. usw. …

Eine sehr gute Erklärung der Funktion eines Daniell Elements findet man im Buch: „Abitur clever vorbereitet- Chemie“ vom Tandem Verlag, Potsdam; ISBN: 978-3-8427-0361-2 Buch anschauen.
Im Kapitel:
„7.5 Galvanische Zellen
Taucht man einen Zinkstab in eine Kupfersulfat-Lösung, so scheidet sich Kupfer ab. ……
7.5.1 Aufbau einer galvanischen Zelle am Beispiel des Daniell- Elements.“ usw. usw. …

Du meinst wirklich, ohne Chemie-Studium ist es schwer, das
Daniell-Element wirklich zu verstehen?

Ein Nachhilfelehrer könnte dir außerhalb eines Studiums ebenfalls hilfreich sein. Ob über dieses Forum eine derartige Nachhilfe zu bekommen ist, weiß ich nicht.

Tankred

Ich habe Chemie nicht abgewählt, nur nicht darin maturiert. Chemie hat mich nie interessiert, was eindeutig (auch) an meinen unfähigen Lehrern lag.

Danke für deine interessanten Empfehlungen, ich werde sie mir näher anschauen!

Liebe Grüße,

Holywood