Darf man mit Freiwilligen Geld verdienen?

Hallo,

ich versuche gerade, etwas grundsätzlich zu verstehen. Und zwar gibt es ja verschiedene Arten von freiwilligen, unentgeltlichen Tätigkeiten, bei denen nicht das Arbeitsrecht gilt und kein (Mindest-) Lohn gezahlt werden muss. Ich denke da z.B. an Praktika, Workcamps, Engagement in Vereinen, evtl. auch FSJ oder FÖJ. Abgesehen vom Praktikum geht es dabei aber um gemeinnützige Zwecke. Wie aber sieht es aus, wenn es nicht gemeinnützig ist, d.h. wenn jemand bereit ist, einer Person / Organisation unentgeltlich zu helfen, die damit Geld verdient, z.B. ein Gewerbe betreibt, bei dem der/die Freiwillige mithilft?

Als Beispiele fallen mir ein: Eine spirituelle / weltanschauliche Gemeinschaft, die ein Restaurant oder ein Schulungszentrum betreibt. Ein an Landwirtschaft interessierter Büroangestellter, der in seiner Freizeit dem Landwirt hilft. Ein Verein, der mithilfe seiner Mitglieder fleißig Gewinne macht und in irgendeiner Form an die Vereinsführung auszahlt. (Es gab schon entsprechende Skandale, glaube ich mich zu erinnern.)

Was es im Rahmen von Freiwilligenprojekten wohl öfters gibt, ist Hilfe bei der Renovierung eines Anwesens gegen Kost und Logis. In welcher Form ist das legal? Und was ist, wenn die Eigentümer das Anwesen nach der Renovierung verkaufen und dann das nächste Anwesen renovieren? Dann hätten sie indirakt ja auch Geld mit der Freiwilligenarbeit verdient.

Gilt in der Praxis „Wo kein Kläger, da kein Richter“, oder steht in einem der genannten Beispiele schnell mal der Zoll oder die Steuerfahndung vor der Tür?

Danke für eure Einblicke.

Hallo,
Also das wäre dann schon schlimm und die freiwilligen unbezahlten Helfer sollten dann auch einen Anteil verlagen.
Ich kan mich da einen persönlichen Fall erinnern, als ein Bekannter auf unseren Hof kam, der im Wohnmobil wohnte. Dieser klagte darüber, dass er mit seiner Heimstatt nicht mehr über den TÜV gekommen ist wegen Rost. Ich mit meinem weichen Herz habe ihm dann gesagt, das bekommen wir (ich) schon hin. 2 Wochen lang habe ich dann Bleche raus getrennt, neue eingeschweißt, gespachtelt und lackiert. Ich habe mir sehr viel Mühe gemacht und es sehr gut und schön gemacht.
Man kannte sich ja gut und ich wollte ihm sein Wohnmobil so lange wie möglich erhalten. 2 Wochen später hat er es dann verkauft und aufgrund des guten Zustandes einen hohen Preis erzielt und sich ein anderes gekauft. Da hab ich dann auch gedacht: Du blödes A…
Ich hab es unter Erahrung verbucht, die ist unbezahlbar.
Gruß

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Servus,

hat mit den von Dir beschriebenen Szenarien überhaupt nichts am Hut.

An welcher Stelle sollten durch unentgeltliche Arbeit Steuern hinterzogen werden und welche?

Schöne Grüße

MM

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Servus,

nochmal etwas grundsätzlicher:

Die persönlichen Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn stehen ganz hinten im MiLoG in § 22, hier isser:

https://www.gesetze-im-internet.de/milog/BJNR134810014.html

Wie Du siehst, ist die Tatsache, dass mit dem Ertrag aus der Mitarbeit Gewinn erzielt wird, kein Kriterium dafür, ob der gesetzliche Mindestlohn bezahlt werden muss oder nicht.

erfüllt nicht die Anforderungen für einen gemeinnützigen Verein gem. § 52 ff AO.

Das hier:

ist in dieser allgemeinen Formulierung nicht richtig. Bei gemeinnützigen Vereinen sind grundsätzlich der ideelle Bereich, ein eventuell vorhandener Zweckbetrieb und ein eventuell vorhandener Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu unterscheiden. Nur im ideellen Bereich findet ausschließlich ehrenamtliche Tätigkeit mit den für diese geltenden Vorschriften statt - sie ist in den persönlichen Ausnahmen im MiLoG angeführt. In den anderen beiden Bereichen können ehrenamtliche Mitarbeit, für die das MiLoG nicht gilt, und Beschäftigungsverhältnisse, für die es gilt, gleichzeitig bestehen.

Wichtiger als die Form ist hier der Inhalt: Wenn wesentliche Merkmale eines Arbeitsverhältnisses bestehen (u.a. Anwesenheitspflicht, weisungsgebundene Tätigkeit) und keine persönlichen Ausnahmen gem. § 22 MiLoG gegeben sind, greift das MiLoG.

Der ist mit seiner „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ bei den üblichen Verdächtigen Gastronomie, Taxigewerbe, Bauwirtschaft, Saisonarbeit in landwirtschaftlichen Sonderkulturen vollständig ausgelastet und kümmert sich daher so lückenhaft um ausufernde oder getarnte Freiwilligenprojekte, wie die Finanzämter die Aufwandsentschädigungen in gemeinnützigen Vereinen kontrollieren.

Schöne Grüße

MM

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Du meinstr, so wie hier bei Wer-weiss-Was?

Gruß,
Max

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Lohnsteuer zum Beispiel. Wenn ich davon ausgehe, dass für eine Tätigkeit eigentlich Mindestlohn gezahlt werden müsste, dann müsste ja auch Lohnsteuer gezahlt werden.

Oder im Fall der spirituellen Gemeinschaften ist es ja auch öfters mal der Fall, dass Kurse o.ä. angeboten werden, die einen auf eine höhere spirituelle Stufe bringen sollen. Wenn dann ein Mitglied Kurse umsonst bekommt im Gegenzug fürs Helfen, würde ja Mehrwertsteuer und Gewinnbesteuerung umgangen. Oder nicht?

Ausnahme gem. § 22 MiLoG wäre in meinen Beispielen wohl immer das Ehrenamt. Ist selbiges definiert? Kann man ehrenamtlich dem Bauern helfen? Oder ist es auch ein Ehrenamt, wenn man unentgeltlich im Familienbetrieb mithilft? In der Kneipe der Tante, im Hotel des Onkels?

Umso wichtiger / schwieriger, abzugrenzen.

Wie läuft es denn in der Praxis? Wie grenzt ein Amt oder ein Gericht ehrenamtliche Mitarbeit und Beschäftigungsverhältnisse voneinander ab?

Das mit Anwesenheitspflicht und weisungsgebundener Tätigkeit ist doch wohl ein sehr theoretisches, um nicht zu sagen weltfremdes, Unterscheidungsmerkmal. In der Praxis muss doch immer der eine dem anderen sagen, was zu tun ist, und wird das Verhältnis auflösen, wenn der andere nicht wie besprochen kommt, egal ob bei Arbeitsverhältnis, Praktikum oder Ehrenamt. Wo ist der Unterschied? In meinen Augen besteht bei der Arbeit mehr Anreiz / Druck, zu kommen und zu machen, was einem gesagt wird, weil man auf den Lohn eher angewiesen ist. Kommt es also nicht auch darauf an, ob irgendeine Art von Gegenleistung erbracht wird? Kost und Logis könnte man als solche einstufen, Teilnahme an Kursen, Workshops, Meditationen oder anderen spirituellen / therapeutischen Übungen ebenso.

Letzte Frage:
Wenn du eine Sache an genau dieser Schnittstelle zwischen Arbeit und Ehrenamt hättest und das rechtlich sauber machen wolltest, wo würdest du dich beraten lassen? Steuerberater? Anwalt? Fachanwalt für was?

Danke!

Lohnsteuer ist nur auf gezahltes Arbeitsentgelt und auf anstelle eines Arbeitsentgelts bezahlte Sachleistungen abzuführen. Auf nicht gezahltes Arbeitsentgelt ist keine Lohnsteuer abzuführen. Die Bewertung an Entgelts statt erhaltener Sachleistungen (wenn im übrigen ein Arbeitsverhältnis gegeben ist) wird bei Lohnsteuer-Außenprüfungen überprüft.

Mehrwertsteuer gibt es in Deutschland nicht. Umsatzsteuer schuldet ein Unternehmer auf die Lieferungen und Leistungen, die er gegen Entgelt im Inland ausführt. Die Steuerbefreiungen sind in § 4 UStG aufgeführt, vorliegend dürften Nr. 23 oder Nr. 29 greifen.

Wenn eine Körperschaft nachhaltig Gewinne erzielt, kann sie nicht gleichzeitig gemeinnützig tätig sein - die Gewinne unterliegen dann der Körperschaftsteuer und ggf. der Gewerbesteuer. Die abgegebenen Steuererklärungen werden bei der Veranlagung und - in Stichproben oder bei gegebenem Anlass - bei Betriebsprüfungen geprüft. Die Steuerfahndung wirkt an diesen Prüfungen nicht mit.

Die Besteuerungsgrundlagen werden dabei entweder durch Überschussrechnung gem. § 4 Abs 3 EStG oder durch Gewinn- und Verlustrechnung gem. § 4 Abs 1 iVm § 5 EStG ermittelt. Bei beiden Methoden ist es nicht möglich, einen Gewinn, der wegen unentgeltlicher Mitarbeit erzielt wurde, nicht oder zu niedrig auszuweisen.

Schöne Grüße

MM

Ich habe zwei ganz konkrete Merkmale genannt, es gibt noch mehr, die ich Dich bitte, der einschlägigen Rechtsprechung zu entnehmen.

Nö.

Grundsätzlich ist ehrenamtliche Tätigkeit

(a) freiwillig und
(b) unentgeltlich.

Das sind die beiden Merkmale, die bei allen Definitionen ehrenamtlicher Tätigkeit vorkommen (eine gesetzliche gibt es nicht - das macht den Begriff allerdings nicht irgendwie unpräzise; es gibt viele Begriffe, die nirgendwo gesetzlich definiert sind und dennoch in Gesetzen verwendet werden).

All dieses

ist viel zu kompliziert.

Die Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit, die maximal steuer- und sozialversicherungsfrei bezahlt oder in Sachleistungen gewährt werden darf, ist ganz banal und konkret in § 3 Nr. 26 EStG bestimmt: Es geht um 3.000 € im Jahr bei Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker Menschen oder Menschen mit Behinderungen und 840 € bei Einnahmen aus anderen nebenberuflichen Tätigkeiten für einen gemeinnützigen eV, z.B. Gehölzschnitthöhenkontrolleur bei einem Kleingartenverein.

Weil das Sozialversicherungsrecht in diesem Zusammenhang großenteils im Schlepptau des Steuerrechts schwimmt und weil es teils um Abgrenzungen geht, die von der Rechtsprechung entwickelt worden sind (nicht das Lieblingskind aller StB), würde ich mich da an einen Fachanwalt für Steuerrecht oder an einen StB wenden, der mit einschlägigen Juristen zusammen arbeitet. Vorsicht - diese Leute werden relativ gut bezahlt, haben aber überhaupt nichts dagegen, wenn man beim ersten Kontakt nach dem Preis fragt.

Wenn es vorwiegend um die Bewertung von Sachleistungen geht - diesen Eindruck habe ich ein bisselchen - ist allerdings ein Steuerberater, in dessen Kanzlei in großer Zahl kleinere und mittlere Unternehmen („BMW-Mandate“ - Bäcker, Metzger, Wirte) „komplett mit allem“ betreut werden, wohl die erste Anlaufstelle, weil dort zu erwarten ist, dass er jede Art von Sachleistung schon mal konkret auf dem Tisch hatte.

Wenn Du die Sache konkreter beschreiben kannst, kommen wir wahrscheinlich auch hier weiter.

Schöne Grüße

MM

Rechtsprechung? Ich bin kein Jurist. Ich finde höchstens irgendwelche Übersichtsartikel im Internet, aber keine Urteile.
Gefunden habe ich:

  • Austausch von Leistungen vs. einseitige Leistungsverpflichtung
  • teilweise: Erwerbsabsicht
  • weisungsgebunden
  • persönlich abhängig
  • vertragliche Grundlage => Weisungsrecht, Gestaltung der Arbeit durch den Arbeitgeber
  • Ehrenamt: freiwillig, weisungsunabhängig, unentgeltlich

Eben. Aber der Arbeitnehmer geht den Vertrag doch auch freiwillig ein, so wie sich einer freiwillig zum Ehrenamt meldet. Die Einteilung und Aufgabenstellung wird in der Praxis auch der Betreiber vornehmen, der Chef. Hauptpunkt ist doch die Frage, ob etwas dafür bezahlt wird. Und dabei sind die Behörden auf die Aussagen der Beteiligten angewiesen. Was ist denn, wenn der rumänische Bauarbeiter sagt, er hilft ehrenamtlich auf der Großbaustelle? Freiwillig und unentgeltlich und ohne Weisungen, er hat halt Spaß am Bauen, hilft ein bisschen.

Es geht um eine Idee, die in Richtung der genannten Glaubensgemeinschaften geht (aber was Anderes ist). Es gäbe Tätigkeiten, die man, je nach Betrachtungsweise, sowohl als eine Art Kurs/Seminar ansehen könnte als auch als gemeinschaftliche Aktivität. Und es gäbe Tätigkeiten, die dem Aufbau des Projektes dienen würden, darunter auch solche, mit denen Geld verdient werden sollte. Ohne dieses Element wäre meine Idee nicht umzusetzen, es muss irgendwie Geld verdient werden mit der Arbeit der freiwilligen Teilnehmer / Mitglieder. Und da wäre halt die Frage, wie oder ob das rechtlich sauber möglich wäre. Das, was mir vorschwebt, passt in keine Kategorie so richtig, habe ich den Eindruck. Welche Beispiele (außer Sekten) gibt es denn noch, wo mit Freiwilligen Geld verdient wird?

Gehen wir mal von zwei Möglichkeiten aus. a) Die Gründer des Projekts (u.a. ich) wollen persönlich damit Geld verdienen (in Form von Gewinn). b) Es wird eine gGmbH oder ein Verein und die Gründer verdienen allenfalls durch (marktübliche) GF-Gehälter, aber nicht mit Gewinnbeteiligung.

Danke!