Hi,
herzlichen Glückwunsch, Du bist in der Reallität angekommen
Der Unterschied ist definitiv da, er ist aber nicht so dramatisch, wie man vermutet.
Das Problem ist: eine Schulklasse besteht aus ca. 30 verschiedenen Personen, jeder mit seinem eigenen ganz individuellen Lebenslauf, sienen Erfahrungen, Stimmungen, die aus seinem Umfeld herrühren und von der Art und Weise, wie er am Abend vorher zu Bett gegangen und / oder am Morgen aufgestanden ist, um nur einige offensichtliche Faktoren zu nennen.
Das Lehrbuch, mit dem Du arbeitest, hat nun das Problem, in einem bewältigbaren Umfang Konzepte anzubieten, die man verwenden kann, um Unterricht erfolgreich durchzuführen. Die „arbeitsanleitung“ muss dabei verfasst werden, bevor der Schüler existiert, auf den sie anzuwenden ist (etwas absurder Punkt von mir - aber du kannst ja schlecht erst malden Schüler von Geburt bis zum 19. Lebensjahr rund um die Uhr beobachten, um dann festzustellen, wie du ihn behandeln musst. Dann erhältst du sicher ein annähernd perfektes Unterrichtskonzeot für genau diesen einen Schüler, aber für den Schüler kommt es zu spät.).
Wie löst man das Problem? Man entwickelt allgemeine Lösungen. Die Aufgabe des Lehrers in der Praxis ist dann, festzustellen, mit welchen Individuen er es zu tun hat, und nach Möglichkeit intrinsische Motivation zu erzeugen: mach den Lehrstoff interessant. Deswegen brechen sich die Didaktiker und Pädagogen einen ab beim Erfinden von immer neuen Unterrichtsmaterialien. Der magische Spruch ist: Hol die Schüler da ab, wo sie sind. Wenn du in einer 7. Klasse den Untergang der Titanic behandelst und im abschließenden Gespräch die Frage kommt, warum die Leute, die im sinkenden Schiff gefangen waren, nicht einfach nach oben geschwommen sind, kannst du sie nicht vorwurfsvoll zurechtweisen und ihnen was von Wasserdruck und Lungenkapazität erzählen. Das ist inhaltlich für sie nicht fassbar, sie werden es nicht verstehen, und dein Tonfall wird sie beleidigen. Schick sie mit der Hausaufgabe nach Hause, sich flach aufs Bett zu legen, ruhig zu atmen, und dann gaaanz tief einzuatmen, und zu schauen, wie lange sie die Luft anhalten können. In der nächsten Stunde wirst du hören, dass sie so 1-2 Minuten geschafft haben, es wird ein Wettbewerb ausbrechen. Und wenn das ausführlich besprochen wurde, sagst Du ihnen, dass die Passagiere der Titanic schwimmen mussten, und Angst hatten.
Doch auch als Person muss man interessant sein. Man ist als Lehrer das erste Vorbild für seine Schüler, und wenn man sein Fach, seinen Stoff selbst liebt, sich selber für das interessiert, was man tut, und das (= seine eigene intrinsische Motivation) auch zeigt, wird man glaubhaft. Glaubhaft ist man auch, wenn man zeigt, dass man den Stoff grad nciht spannend findet, aber den Sinn sieht und ihn (= seine eigene extrinsische motivation) vermittelt. Sei wütend, wenn du wütend bist, und fröhlich, wenn du fröhlich bist. Wenn Du spielst, fühlen sie sich verarscht.
Der Lehrer muss dabei vor allem lernen, dass „gut“ relativ ist, und dass extrinsisch motiviert sein genauso gut ist wie intrinsisch motiviert sein. Manchal tun Schüler etwas eben, um ihre 4 zu schaffen, sind damit zufrieden und gut is.
Und das gilt auch für Lernzielkontrollen: „gut“ kann eben auch bedeuten, das es für die Schüler an der Lernzielkontrolle nichts zu meckern gibt. Sie darf nicht zu schwer und nicht zu leicht sein (bei zu leichten meckern sie noch mehr, da kommen auch Beschwerden über eine Note 3), sie müssen die Möglichkeit haben, sich auf den gesamten Stoff, der gefragt wird, vorzubereiten. Keinen unbekannten Stoff abfragen, bei Exen sich an den vorgeschriebenen Zeitraum (in BAy: letzte 2 Unterrichtsstunden) halten, keine unbekannten Aufgabenformen verwenden. Die Schüler müssen sich vorbereitet fühlen bzw. das Gefühl haben, sie konnten sich ausführlich vorbereiten. Wenn das nicht geschieht, fühlen sie sich verarscht, und du verlierst Punkte. Auf der Beliebtheitsskala, aber, was noch wichtiger ist, auf der Glaubwürdigkeitsskala.
die Franzi,
die jetzt einfach aufhört, sonst fällst du beim Lesen ins Koma