Ich fürchte, du verstehst mich tatsächlich oft nicht. Ich verneine das nicht so explizit wie du es sagst. Es ist nur einfach quatsch so zu tun, als ob das ein Privileg der Frauen wäre. Auch Männer werden in unserer Gesellschaft - nicht nur im Einzelfall- massiv und strukturell benachteiligt. Z.B. bei der Strafverfolgung, bei der Beurteilung vor Gericht zB im Sorgerecht. Auch allgemein wird Frauen mehr „Gutes“ zugestanden, Männern eher „Schlechtes“. Mädchen werden auf Grund ihres Geschlechts, zB in der Schule, gefördert und bevorzugt behandelt. Auch gelten „weibliche“ Verhaltensweisen (zB im Kindergarten) als „richtig“ und „wünschenswert“, „männliche“ aber als falsch und verachtenswert.
Du verstehst mich falsch wenn du denkst ich würde meinen, Männern gehe es ja so arg schlecht in unserer Gesellschaft und „wir“ würden von Frauen „ausgenutzt“ und benachteiligt werden. Das denke ich eben nicht. Aber Frauen, du scheinbar auch, vergessen offenbar oft, dass es für BEIDE Geschlechter gesellschaftliche Nach- und Vorteile gibt. Frauen haben kein Opferprivileg, was aber von vielen s.g. Feministinnen massiv so dargestellt wird.
Ich bin mal mit dem festen Vorsatz in einen Lampenladen, mir eine Deckenlampe zuzulegen und am Ende war ich froh, daß mich der Verkäufer davon überzeugte, daß dort nur ein Deckenfluter paßte - den ich schon hatte. Der Mann hat also keinen Cent an mir verdient. Wobei: ich habe mich an die gute Beratung erinnert und später dort ein Vermögen ausgegeben. Auf den Gedanken, mich als Idiot oder herabgesetzt zu fühlen, weil ich mich mit meinem Wunsch nicht ernstgenommen fühlte, bin ich nie gekommen.
Na, kuck. Vielleicht wollte er doch das richtige, nur hat er sich vielleicht ungeschickt ausgedrückt und bei Dir unglücklicherweise einen Knopf gedrückt der die Handgranate auslöste.
Noch ein Beispiel fällt mir dazu gerade ein: zwei Leute gerieten in einen tierischen Streit. Ursache dafür, war die Aussage „Du hast Dich gerade sehr diplomatisch ausgedrückt“. Für den Absender das größte Lob, für den Adressaten aber ein üble Beschimpfung, weil der unter Diplomaten Leute verstand, die sich unklar, unpräzise ausdrücken und nicht zu Punkt kommen.
Am Ende stellt sich mir noch die Frage, warum Du Dich eigentlich so sehr über das aufregst, das Du vernommen hast, daß er nämlich Deine so erfolgreiche Frau - vermeintlich - für eine unfähige Autofahrerin und unmündige Hausfrau gehalten hat, anstatt für das, was sie ist. Sollte der Erfolg, das Erreichte nicht eher zu einer erheblichen Gelassenheit führen, mit der man über so blöde Kommentare hinweghören kann? Und wieso sollten überhaupt die Mitarbeiter Deine Frau irgendetwas komisches denken, wenn sie mit einem Corsa des Weges kommt? Hängt die Qualifikation, ihr beruflicher Erfolg, ihr - neudeutsch - Standing von dem Fahrzeug ab, mit dem sie sich vor ihren Mitarbeitern blicken läßt?
Ein Corsa ist übrigens genau das Modell, das meine Frau über knapp zehn Jahre hinweg fuhr (bis ein Hagelsturm und die Abwrackprämie günstig aufeinandertrafen), nachdem sie Gruppenleiterin geworden war und das, obwohl sie sich die gleichen Sprüche anhören mußte. Ihr waren die Kommentare egal - und es handelte sich dabei um eine völlige Schrottkiste mit diversen Unfallschäden, ohne Klimaanlage und so vielen Dreckschichten, daß sie Troja verlegen hätten aussehen lassen, und nicht um einen schicken Jahreswagen oder so.
Naja, nur ein paar Gedanken. Ich wollte Dich nicht ärgern, sondern nur zum Nachdenken über die Situation und Deine Reaktion anregen.
Umso wichtiger, die Dinge zu ändern. Wenn doch beide Seiten profitieren. Das vergesse ich keineswegs, wie du weißt, erziehe ich einen zukünftigen Mann, mache mir Sorgen um das verwirrend Bild von Männlichkeit, das bedingt, dass Jungs mehr Autounfälle haben, häufiger in Schlägereien oder an Drogen geraten.
Kein Thema, du ärgerst mich nicht. Allerdings hast du die Sache mit dem „angemessenen Auto“ etwas falsch verstanden. Das war eine gezielte Plattheit im Sinne eines alternativen Stereotyps: „Du meinst, dass alle Frauen Corsa fahren sollten - ich meine, dass alle erfolgreichen Menschen große Autos fahren sollten“. Einfach um den Kerl mal darauf zu bringen, dass auf eine Frau auch diese andere Verallgemeinerung passen kann.
Dabei sind wir beide gerade ganz krasse Gegenbeispiele. Meine Frau fuhr als Hauptverwaltungsbeamtin einer 700 MA Stadtverwaltung einen 20 Jahre alten Golf, verzichtete mit wenigen Ausnahmen auf den ihr zustehenden Fahrer und ließ den dienstlichen A6 weitestgehend in der Tiefgarage stehen. Dem Nachfolger war der dann gleich nicht mehr gut genug, und es musste ein Mercedes angeschafft werden.
Der privat gekaufte Focus ist inzwischen knapp 10 Jahre alt, und sicherlich ein durchaus nettes Spielzeug, aber auch alles andere als ein Statussymbol. Ihre Vorgängerin in der aktuellen Position hatte einen gut ausgestatteten 5er auf Vereinskosten. Und mein Alhambra ist zwar groß aber nun auch nichts, wonach sich Nachbarn anerkennend umdrehen würden. Der Cascada wäre schon ein ganz nettes Auto gewesen, aber Opel hätte als Statussymbol auch nicht so wirklich getaugt.
Zum Ende der „Hauptamtlicher Familienvater“ Zeit überlegen wir aktuell erstmals, uns mal ein etwas gediegeneres Fahrzeug zu gönnen (weil uns das konkrete Fahrzeug sehr gut gefällt, und es gerade als Vorführwagen recht günstig zu haben ist). Nach über zehn Jahren Van, würde ich mir auch gerne mal etwas mehr Fahrspaß gönnen. Das würde aber auch kein Vertreter einer der klassischen Marken, „die man halt so fährt, wenn man was erreicht hat“.