'Das braune Kind' - natürlicher Rassismus?

Hallo,

wir haben zuletzt bei unserem Sohn (3, sprachlich/gedanklich schon sehr fit) eine etwas unangenehme Eigenart bemerkt - er hat offenbar etwas gegen Kinder mit dunkler Hautfarbe und möchte mit ihnen nichts zu tun haben. Auf dem Spielplatz bringt er so Sprüche wie „Das braune Kind soll nicht hier spielen“. In diesen Augenblicken empfinden wir es als nicht ganz einfach, angemessen darauf zu reagieren, denn u.U. macht man das ganze durch überstürzte Beschwichtigungen o.ä. ja noch schlimmer.
Uns ist klar, dass in diesem Alter eine gewissermaßen natürliche Abneigung gegen anders aussehende Kinder nicht unnormal ist, denn für einen so kleinen Menschen ist der subjektive Eindruck des Äußeren wohl absolut entscheidend (und irgendwo aufgeschnappt hat er das bestimmt nicht). So gibt es sicherlich auch Kinder, die Kinder mit roten Haaren nicht leiden können.
Nichtsdestotrotz will man als Eltern natürlich entgegenwirken, weil sich sowas ja schnell ausweiten und verselbständigen kann, mal ganz abgesehen von der Peinlichkeit einer solchen Situation.
Gibt es hier jemanden, der Erfahrungen mit ähnlichem Verhalten gemacht hat? Es gibt doch sicherlich auch (Kinder-)Bücher, die so etwas aufgreifen? Wie verhält man sich als Eltern am besten?

Danke,
HOFee

Hallo HOFee,

oh, das ist sicherlich eine schwierige Frage, und ich habe auch keine generelle Antwort darauf. Mir fiel aber Folgendes spontan ein: es gibt schöne Kinderbücher anhand derer ihr dann vielleicht ungezwungen über dieses Thema sprechen könnt. - Mein Lieblingsbilderbuch ist: „Einfach FARBIG“ von Jérome Ruillier, erschienen bei bohem press.
Bestimmt gibt es noch andere (Bilder-)bücher, die geeignet sind, um mit eurem Sohn ungezwungen (ohne eine peinliche Situation als Anlass) über die Verschiedenartigkeit von Menschen zu sprechen.
Vielleicht ist auch „Das kleine ich bin ich“ von Mira Lobe (Jungbrunnen) geeignet, Überlegungen anzustellen. - Es berührt das Thema Ausgrenzung nicht direkt aber wenn man sich in das kleine ich bin ich einfühlt, das gerne zu irgendwem gehören möchte aber immer anders aussieht, ist das vielleicht auch Gesprächsanlass.
Ich wünsche Euch noch viele gute Tipps,
Gruß, Matuja

Hallo,

bei meiner Tochter habe ich im gleichen Alter versucht, herauszufinden, WARUM es das andere Kind nicht mag („sieht so doof aus“ hat nicht als Argument gegolten…Anders habe ich es aber akzeptiert, wenn einfach eine persönliche Antipathie vorlag ("… will immer bestimmen und haut immer gleich!")
Meine Kleine konnte eigentlich relativ schnell akzeptieren, daß man sich nicht aussuchen kann, ob man blond, rot-, braun-, oder schwarzhaarig ist. Und trotz aller Unterschiede „nett“ sein kann!

Liebe Grüße
Sabine S.

Hallo HOFee,

Uns ist klar, dass in diesem Alter eine gewissermaßen
natürliche Abneigung gegen anders aussehende Kinder nicht
unnormal ist,

Ganz so normal ist das fuer mich nicht. Unsere Kinder
sind in Suedafrika grossgeworden, wo es in dem damals
noch ‚nach Hautfarben getrennten‘ Wohnvierteln im Strassen-
bild ungefaehr gleichviele dunkelhaeutige wie hellhaeutige
Menschen gab(nach Hautfarben getrennt waren nur die ‚richtigen‘
Bewohner - aber es musste ja auch Arbeiter geben). An unseren
Soehnen haben wir eigentlich genau das Gegenteil beobachtet:
sie nahmen bis sie ein ganzes Stueck aelter waren, Hautfarben
nicht als Unterscheidungsmerkmal war. Dazu zwei Anekdoten
(ich koennte aber mehr aufzaehlen).

Einmal sahen wir einen Mann in seinem Gartenrasen maehen. Timo
winkte aus seinem Kinderwagen und rief: „Alois! Hallo!“ (Alois
war der schwarze Mann, der einmal in der Woche unseren Garten
auf Vordermann brachte). Es war aber ein weisser (uns unbekannter
Nachbar). „Das ist aber gar nicht Alois!“ sagte ich. „Sieht
aus wie Alois!“ meinte mein nicht ganz 3jaehriger Sohn. Es war
einmal unter vielen, dass er die Menschen nach Taetigkeiten
einordnete, nicht nach Aussehen.

Uebrigens haben Freunde von uns durchaus aehnliche
Erfahrungen gemacht. Unsere Kinder - das hab ich schon
oefter geschrieben - sind adoptiert. ICh weiss
nicht mehr den genauen Zeitpunkt, wann ihnen auffiel, das
die Haut von mir und meinem Mann um einige Grade heller
als ihre eigene ist. Aber ich hab gerade mit meinem
Mann darueber geredet und wir sind sicher, dass es nicht vor
dem fuenften Geburtstag war. Die Haare, nebenbei bemerkt,
waren der Anfang dieses Themas. Timo war etwa vier als
er traenenueberstroemt ins Haus kam. Er weinte, so sagte
er, weil er Haare ‚wie Papa wollte‘. Aha, dachten wir,
jetzt kommt das worauf uns das Jugendamt vorbereitet hat -
die lockigen, krausen Haare gegenueber unseren graden.
„Warum magst du deine Locken denn nicht?“ fragte ich. „Timo
mag Locken, Timo will auch silberne Haare wie Papa!“ war
die Antwort (erraten: mein Mann war damals schon ergraut!).

Ich waere vorsichtig, unsere Klisches auf unsere Kinder zu
uebertragen. Sie moegen Unterschiede sehen, wo wir keine
erkennen koennen oder nicht an Unterschiede denken, und
das funktioniert auch umgekehrt.

Zu eurem eigentlichen Problem:

denn für einen so kleinen Menschen ist der
subjektive Eindruck des Äußeren wohl absolut entscheidend (und
irgendwo aufgeschnappt hat er das bestimmt nicht).

Warum soll er es nicht aufgeschnappt haben? Kinder haben enormen
Radar und es ist unglaublich, was sie ueberall (Spielplatz,
Fernsehen im Hintergrund, Gerede im Supermarkt…) aufschnappen.
Meine Erfahrung: wenn Kinder angeblich selbstvergessen spielen,
kriegen sie oft am meisten mit (vielleicht ist das sogar
Absicht).

So gibt es
sicherlich auch Kinder, die Kinder mit roten Haaren nicht
leiden können.

Ich habe Verallgemeinerungen dieser Art bei kleinen
Kindern noch nie bemerkt - immer nur spezifisches: ich mag
Jared, ich kann Cheryl nicht leiden, …

Nichtsdestotrotz will man als Eltern natürlich entgegenwirken,
weil sich sowas ja schnell ausweiten und verselbständigen
kann, mal ganz abgesehen von der Peinlichkeit einer solchen
Situation.
Gibt es hier jemanden, der Erfahrungen mit ähnlichem Verhalten
gemacht hat? Es gibt doch sicherlich auch (Kinder-)Bücher, die
so etwas aufgreifen? Wie verhält man sich als Eltern am
besten?

Ein spezielles Kinderbuch kann ich nicht empfehlen, aber
einfach mal in einer guten Buchhandlung blaettern oder
beraten lassen, oder in einer Stadtbibliothek, es gibt in
der Richtung vieles.

Wichtiger finde ich den Kontakt mit Kindern und Erwachsenen,
die dunklere Haut haben (was ja durchaus auch jemand mit
olivfarbener Haut und schwarzen Haaren sein kann). Wir hatten
hier das Problem mit Araber-WEstler Antipathien unter den
Kindern, wir haben versucht gezielt gegenzusteuern, in dem wir
Familienfeste/treffen planten, wo wir zeigten, dass wir Erwachsene
uns gut verstehen. Inzwischen sind diese Antipathien auf
persoenliche Ebene ueberlagert (der Firaz ist bloed, der
Dominic will immer bestimmen) bzw. in Freundschaften umgeschlagen.

Ich hoffe, das hilft ein bisschen weiter.

Gruesse, Elke

bei meiner Tochter habe ich im gleichen Alter versucht,
herauszufinden, WARUM es das andere Kind nicht mag („sieht so
doof aus“ hat nicht als Argument gegolten…

Klar versuchen wir das auch, aber man hat schon das Gefühl, dass man mit sowas die Sache wichtiger macht, als sie vielleicht in Wirklichkeit ist. Schließlich gab es bis jetzt im Grunde genommen so gut wie keinen Kontakt zu „braunen Kindern“.
Und ob man mit einem 3-jährigen wirklich schon klären kann, WARUM er sie nicht mag, wage ich zu bezweifeln…

Anders habe ich es
aber akzeptiert, wenn einfach eine persönliche Antipathie
vorlag ("… will immer bestimmen und haut immer gleich!")

Das ist auch klar.

Meine Kleine konnte eigentlich relativ schnell akzeptieren,
daß man sich nicht aussuchen kann, ob man blond, rot-, braun-,
oder schwarzhaarig ist. Und trotz aller Unterschiede „nett“
sein kann!

Davon gehen wir eigentlich auch aus, aber trotzdem kann es ja nicht schaden, mal nachzufragen, ob irgendwer ähnliche Erfahrungen gemacht hat…

Ganz so normal ist das fuer mich nicht. Unsere Kinder
sind in Suedafrika grossgeworden, wo es in dem damals
noch ‚nach Hautfarben getrennten‘ Wohnvierteln im Strassen-
bild ungefaehr gleichviele dunkelhaeutige wie hellhaeutige
Menschen gab

Naja, dass sich in einem solchen Umfeld ein viel normalerer Umgang mit dem Phänomen Hautfarbe ergibt, dürfte ja wohl auf der Hand liegen…

An unseren
Soehnen haben wir eigentlich genau das Gegenteil beobachtet:
sie nahmen bis sie ein ganzes Stueck aelter waren, Hautfarben
nicht als Unterscheidungsmerkmal war.

Siehe oben.

Ich waere vorsichtig, unsere Klisches auf unsere Kinder zu
uebertragen. Sie moegen Unterschiede sehen, wo wir keine
erkennen koennen oder nicht an Unterschiede denken, und
das funktioniert auch umgekehrt.

Das meinte ich ja auch.

Warum soll er es nicht aufgeschnappt haben? Kinder haben
enormen
Radar und es ist unglaublich, was sie ueberall (Spielplatz,
Fernsehen im Hintergrund, Gerede im Supermarkt…)
aufschnappen.
Meine Erfahrung: wenn Kinder angeblich selbstvergessen
spielen,
kriegen sie oft am meisten mit (vielleicht ist das sogar
Absicht).

Wie gesagt - ich wage es immer noch zu bezweifeln, und wenn ich mich in ein kleines Kind zu versetzen versuche, dann finde ich es auch nicht so ungewöhnlich, Kinder mit anderer Hautfarbe zumindest als „komisch“ zu empfinden, wenn ich nur selten so jemanden sehe.

So gibt es
sicherlich auch Kinder, die Kinder mit roten Haaren nicht
leiden können.

Ich habe Verallgemeinerungen dieser Art bei kleinen
Kindern noch nie bemerkt - immer nur spezifisches: ich mag
Jared, ich kann Cheryl nicht leiden, …

Später ja…

Wichtiger finde ich den Kontakt mit Kindern und Erwachsenen,
die dunklere Haut haben (was ja durchaus auch jemand mit
olivfarbener Haut und schwarzen Haaren sein kann).

Das ist ja nicht immer möglich. Aber ab September, wenn er im Kindergarten ist, wird sich das mit Sicherheit ergeben…

Ich hoffe, das hilft ein bisschen weiter.

Nicht wirklich, weil man Eure Situation ja im Grunde genommen gar nicht auf unsere beziehen kann.

Wir machen uns ja auch nicht wirklich Sorgen, würden aber trotzdem gerne in gewisser Form dagegensteuern.
Mittlerweile wissen wir auch, dass sich durchaus einige Kinderbücher damit beschäftigen - so gaaaanz ungewöhnlich scheint das also nicht zu sein…

Hallo HOFee,

da will ich mal ein paar Klarheiten beseitigen :wink:

Naja, dass sich in einem solchen Umfeld ein viel normalerer
Umgang mit dem Phänomen Hautfarbe ergibt, dürfte ja wohl auf
der Hand liegen…

Eigentlich gerade umgekehrt: alle „niederen“ Jobs
(in den Haeusern, in den Gaerten, im Supermarkt, im Kindergarten)
werden von dunkelhaeutigen Menschen ausgefuehrt, alle Mamas, Papas,
Doktors, Kindergaertnerinnen usw. (um mal im Umfeld von
Kleinkindern zu bleiben) sind hellhaeutig. Wir haben das
immer versucht, bewusst gegenzusteuern. Aber Tatsache ist,
dass die Kleinen selten wirklich dunkle Kinder zum Spielen
fanden (die sind in den Townships gewesen). Eigentlich muesste
diese Situation viel mehr Klichees hervorbringen, als eine
in Deutschland, wo dunkelhaeutige Kinder je nach Gegend
noch eher SEltenheitswert haben.

An unseren
Soehnen haben wir eigentlich genau das Gegenteil beobachtet:
sie nahmen bis sie ein ganzes Stueck aelter waren, Hautfarben
nicht als Unterscheidungsmerkmal war.

Siehe oben.

Eben nicht. Die von mir zitierte Anekdote (die fuer
viele aehnliche Erlebnisse von uns und von anderen
Eltern stand, die selbst keine schwarzen Suedafrikaner
zu Freunden hatten) sollte eigentlich zeigen, dass das nicht
so zu sehen ist.

Wie gesagt - ich wage es immer noch zu bezweifeln, und wenn
ich mich in ein kleines Kind zu versetzen versuche, dann finde
ich es auch nicht so ungewöhnlich, Kinder mit anderer
Hautfarbe zumindest als „komisch“ zu empfinden, wenn ich nur
selten so jemanden sehe.

Gerade das wollte ich aber zeigen: Kinder sehen die Hautfarbe
gar nicht unbedingt. Unsere haben sie ja an sich selbst gar
nicht bemerkt, bis sie ein ganzes Stueck aelter waren. WEnn sie
allerdings hoeren (nicht unbedingt von euch): ein schwarzes
Kind… dann werden sie bewusst darauf aufmerksam gemacht.

So gibt es
sicherlich auch Kinder, die Kinder mit roten Haaren nicht
leiden können.

Ich habe Verallgemeinerungen dieser Art bei kleinen
Kindern noch nie bemerkt - immer nur spezifisches: ich mag
Jared, ich kann Cheryl nicht leiden, …

Später ja…

Verstehst du mich hier oder nicht? Meine Erfahrung: in dem
Alter verallgemeinern sie nicht.

Wichtiger finde ich den Kontakt mit Kindern und Erwachsenen,
die dunklere Haut haben (was ja durchaus auch jemand mit
olivfarbener Haut und schwarzen Haaren sein kann).

Das ist ja nicht immer möglich. Aber ab September, wenn er im
Kindergarten ist, wird sich das mit Sicherheit ergeben…

Nun, wenn eurer Kind auf ein anderes Kind im Sandkasten so
reagiert hat, ist das schon mal ein Kind mit dem es sich
naeher anfreunden koennte (d.h. ihr euch erstmal mit den Eltern,
die dabei sind). Wenn es nur ein Kind war, ist ja sowieso nicht
raus, ob die Antipathie durch die dunklere Hautfarbe kam (siehe
oben), wenn es mehrere sind, wird man mit einem wenigstens Kontakt
aufnehmen koennen.

Ich hoffe, das hilft ein bisschen weiter.

Nicht wirklich, weil man Eure Situation ja im Grunde genommen
gar nicht auf unsere beziehen kann.

Das wollte ich nicht. Ich habe versucht anhand unserer Situation
zu zeigen, dass die Wirkungskette eurer Beobachtung vielleicht
anders laeuft und ihr vielleicht die ganze Sache von einer anderen
SEite aus ansehen koennt. Eigentlicher Ratschlag war der direkte
Kontakt mit dunkelhaeutig(eren) Menschen.

Mittlerweile wissen wir auch, dass sich durchaus einige
Kinderbücher damit beschäftigen - so gaaaanz ungewöhnlich
scheint das also nicht zu sein…

Dass es Bilderbuecher zu dem Thema gibt, beweisst lediglich
dass die Erwachsenen, die diese Buecher herausgeben bzw. kaufen,
die Sache so verstehen, nicht, dass die Kinder das selbst so
sehen.
Was nicht heisst, dass ich die Buecher fuer schlecht halte.
Aber ich sehe sie eigentlich eher im praeventiven Bereich.

Es ehrt euch, dass ihr euch darueber Gedanken macht und versucht
gegenzusteuern. Ganz konkret wuerde ich aber vielleicht EIN
Buch dazukaufen, wenn’s geht, einen dunkleren Bekannten suchen
und vertrautes Umgehen demonstrieren, und ansonsten wirklich
den Kindergarten abwarten. Vielleicht loest sich das dann ganz
von allein, wenn es im Kindergarten entsprechende Kinder gibt.

Gruesse, Elke

1 Like

Hallo,

ich seh die von Dir beschriebene Situation noch nicht wirklich als problematisch.

Wie würdest Du es ausdrücken, wenn Dir jemand unsympatisch ist, Du aber seinen 7 ihren Namen nicht kennst? Du würdest auch versuchen, diese Person mit möglichst wenigen Worten treffend zu beschreiben, um sie von anderen Menschen abzugrenzen. Wenn es die einzige dunkelhäutige Person ist, die da ist, würdest Du wahrscheinlich auch die Hautfarbe zur Beschreibung der Person verwenden. Das bedeutet jedoch nicht, dass Du generell was gegen alle andersfarbigen hast, sondern dass es momentan die einfachste Möglichkeit ist, diese Dir unsympatische Person zu beschreiben.

Sorge doch einfach dafür, dass Dein Sohn auch mit andersfarbigen Kindern Freundschaft schließt, dann kann sich so ein Eindruck von einer einzigen Person nicht auf alle dunkelhäutigen übertragen. Ich würde jetzt aber kein größeres Theater darum machen.

Grüße, Nina

Gegenfrage
Hallo HOFee.
Eine - zugegebenermaßen etwas provokante - Gegenfrage:
Hättest du das hier auch gepostet, wenn dein Kind gesagt hätte: " Das dicke Kind soll hier nicht spielen?" Kann es sein, dass hier etwas hineingeheimst wird in die Äußerung eines dreijährigen Kindes? Das Merkmal „braun“ halte ich hier für eine Beschreibung ebenso wie dick, groß oder frech oder sonstwas. Ich glaube wirklich nicht, dass ein dreijähriges Kind über sowas gezielt nachdenkt. Es hat dir etwas beschrieben, was ihm unangenehm war - einen momentanen Eindruck, den man wirklich nicht überbewerten sollte.

…meine ich!

Grüße
Tritonus

ich seh die von Dir beschriebene Situation noch nicht wirklich
als problematisch.

Ich würde jetzt aber kein größeres
Theater darum machen.

So etwas ähnliches sagte ich ja irgendwo hier auch schon mal. Er hat sich aber schon ziemlich eindeutig so ausgedrückt, dass er mit „braunen Kindern“ grundsätzlich nicht spielen möchte. Es würde jetzt zu weit führen, die Situation(en) genau zu erläutern, aber das war schon sehr eindeutig.
Ich habe auch eigentlich keine Bedenken, dass wir das nicht in den Griff bekommen, aber wie gesagt - kann ja nicht schaden, mal nachzufragen, wer ähnliche Erfahrungen gemacht hat…

Eine - zugegebenermaßen etwas provokante - Gegenfrage:
Hättest du das hier auch gepostet, wenn dein Kind gesagt
hätte: " Das dicke Kind soll hier nicht spielen?"

Mit dieser Frage hatte ich eigentlich schon früher gerechnet, und ja: wenn (wie im vorliegenden Fall) die Aussage gekommen wäre, dass er mit dicken Kindern gar nicht spielen will (und das, ohne auch nur ein Wort mit ihnen gewechselt zu haben), dann hätte ich das auch gefragt.
Und jetzt? *g*

Kann es
sein, dass hier etwas hineingeheimst wird in die Äußerung
eines dreijährigen Kindes? Das Merkmal „braun“ halte ich hier
für eine Beschreibung ebenso wie dick, groß oder frech oder
sonstwas.

Denke ich grundsätzlich auch und sagte es bereits…

Ich glaube wirklich nicht, dass ein dreijähriges
Kind über sowas gezielt nachdenkt.

Da kennst Du unseren Sohn schlecht. Aber tatsächlich könnte das ein Knackpunkt sein - er spricht vor allem gut genug und vertraut uns so sehr, dass er es eben so eindeutig artikuliert. Und glaube mir - er DENKT darüber nach. Meine Frau hatte heute ein Gespräch über das Thema (im weitesten Sinne). Wir wundern uns manchmal selber, was bei solch abstrakten Sachen für intelligente (weil absolut angebrachte) Fragen kommen. Manchmal wünscht man sich eine so unverklärte Sicht auch für sich selber…

Es hat dir etwas
beschrieben, was ihm unangenehm war - einen momentanen
Eindruck, den man wirklich nicht überbewerten sollte.

Schon mehrfach gesagt - ja, aber trotzdem interessierte mich, ob es hier ähnliche Erfahrungen gibt/gab…

Hallo,

Hallo Hofee!

Ich kann vielleicht mal was zur anderen Seite sagen. Ich bin weiss, mein Mann ist schwarz und meine Kinder sind braun. Wir wohnen in einer kleinen Stadt (6000 Einwohner) in Rheinland-Pfalz.

Als unser Ältester in den Kindergarten kam (mit 3) war bis dato Hautfarbe kein distinktives Merkmal (einige Jahre später hat unserer jüngerer Sohn aus Sprache kein distinktives Merkmal gemacht, für ihn war das eins, ob einer Deutsch oder Französisch sprach), es war buchstäblich überhaupt nicht der Rede wert. (Und unsere Söhne reden beide viel und gerne und haben schon sehr früh interessiert über alles mögliche mit geredet.)

DAnn kam er in den Kindergarten und wenige Wochen später begann er mit den Fragen. „Mama, hat der liebe Gott Farbtöpfe im Himmel?“, war einer seiner Erklärungsversuche, warum an ihm wohl was anders sein muss. Eine Kindergartenfreundin fragte mich grundsätzlich immer wieder, wenn sie mich sah, ob unser Sohn zu lange in der Sonne gelegen hätte. usw.

Ihn hat es eigentlich weiter nicht interessiert, aber da er im Kindergarten dauernd gefragt wurde, wollte er natürlich seinen Kameraden was zur Erklärung sagen können (er war damals das einzige farbige Kind in der ganzen Stadt oder doch zumindest in diesem Kindergarten) - wer steht schon gerne dumm da?

Aus unserer Betroffenen-Sicht kann ich nur sagen, dass Rassismus nicht angeboren, sondern anerzogen ist.

Als gänzlich falsch empfinden mein Mann und ich Reaktionen unter anderem wie

Schläge, Schimpfen etc. Im Geschäft zeigte mal eine vierjährige auf meinen Mann mit dem Finger und meinte laut und vernehmlich: Mama, schau mal, der Mann ist ja ganz schwarz! - und bekam dafür von der Mutter eine runtergehauen!!! Sie hat doch Recht gehabt! Wofür hat die Mutter sie dann bestraft? (zumal mein Mann freundlich lächelte und durchaus nicht beleidigt war)

„Das ist in unserer Familie kein Thema!“ O-Ton einer Mutter, deren 13 Jahre alter Sohn unserem Sohn einen Brief mit Parolen wie „du gehörst vergast“ u.ä. geschrieben hatte! Das sollte es aber durchaus sein! Nicht belehrend, sondern eher so, wie in oben bereits erwähntem Kindergarten, als unser zweiter Sohn in den Kindergarten kam. Der wurde nämlich gar nicht groß als was besonderes zur Kenntnis genommen, weil in der Zeit seines Kindergartenbeginns im Kindergarten gerade das Leitthema war „Alle sind anders“ (z.B. rothaarig, behindert (der Kindergarten ist ein integrativer), Stotterer, Groß, Klein, Dick, Dünn, Braun, Gelb oder Weiss …).

Im übrigen habe ich an diesem und an weiteren Anekdoten gelernt - sehr zu meiner Verblüffung - dass Kinder Sprache anders wahrnehmen als wir Erwachsenen. Ich war z.B. der Meinung, dass Kinder spätestens auf der Oberschule wissen sollten, was sie sagen und was gewisse Wörter bedeuten. Dem ist aber nicht so!!! Zwei Anekdoten zur Erläuterung.

Unser Ältester hatte schon im Kindergarten einen besten Freund. Die beiden waren jahrelang zusammen und unser Sohn wurde sehr häufig, praktisch täglich, mit dem anderen Jungen von dessen Oma betreut (ich bin berufstätig). Eines Tages war der Junge bei uns und trällerte ein Liedchen. Als ich genauer hinhörte, fiel mir die Kinnlade runter, weil das Liedchen handelte sinngemäß davon, dass die „Kanaken“ oder so ähnlich raus aus Deutschland sollten und so weiter. Also habe ich erstmal geschluckt und dann den Jungen gefragt, was das denn für ein Lied sei? Und ob er wisse, was er da singe? Das Kind schaute zwar etwas irritiert, war sich aber noch keiner Schuld bewußt. Also erklärte ich ihm, dass das, was er da singe, bedeute, das er, genau er, sich wünsche, dass sein bester Freund und dessen Vater aus Deutschland verschwinden möge und nie wiederkehren… Ob er das wirklich wolle? - Das Kind wurde kalkweiss im Gesicht und stammelte immer wieder unter Tränen: Aber doch nicht …, der ist doch mein Freund, der doch nicht, das wollte ich doch gar nicht … (Mutter und Oma können sich bis heute nicht erklären, wo das Kind (damals 5 Jahre alt) dieses Lied her hat!)

Inzwischen geht unser Ältester auf´s Gymnasium (7. Klasse). In der 6. Klasse gab es ein Erlebnis, dass mir wiederum klar machte, dass Sprache ein komplexes Gebilde ist und Kinder sie unter Umständen völlig anders wahr nehmen. Diesmal handelte es sich um einen sehr guten Freund meines Sohnes, mit dem er bereits mehr als 6 Jahre zusammen in einer Mannschaft Fußball spielt. Wir Eltern kennen und mögen uns, die Jungens sind oft bei uns oder im anderen Elternhaus. Dennoch wurde ich in die Schule gerufen, weil dieses Kind ein Gedicht über meinen Sohn geschrieben hatte, dass sinngemäß etwa lautete, dass ein U-Boot aus dem zweiten Weltkrieg käme und unseren Sohn erschießen solle. Unser Sohn fand da weiter gar nichts dabei! „Ist doch nur ein Jux, Mama, was macht ihr denn für einen Streß!“ Mein Mann und ich haben darauf gedrängt, dass das betroffene Kind nicht bestraft wurde. Ich habe lange mit der Mutter und dem Vater telefoniert, so dass ganz klar war, dass die Eltern mit dem Verhalten des Sohnes nicht einverstanden waren und solche Parolen in diesem Haus auch nicht üblich sind. Die Mutter erzählte mir aber, dass dieses besagte Gedicht schon in der Grundschule (in der es gar keine farbigen Kinder gab) die Runde gemacht habe und die Kinder das schon damals für einen grandiosen Jux hielten, ohne zu verstehen, was die Worte genau bedeuten. Noch einmal, wir haben in der Schule darauf gedrängt, keine Strafen zu verhängen. Aber darum gebeten, dass mit den Kindern Sprache reflektiert wird - noch mehr als in dieser Schule ohnehin schon üblich - und ihnen klar gemacht wird, was diese Worte de facto bedeuten. Und dass man sie niemandem gegenüber singen oder aufsagen sollte, egal ob weiss, schwarz oder kariert!

Also bitte nicht strafen! Vielleicht eher erforschen, woran die Antipathie liegt. Vielleicht gar nicht an der Hautfarbe? (Schließlich bist du doch oft beinahe eben so braun, wenn du mal wieder im Matsch gewühlt hast! / Du magst die Farbe braun nicht? Prima, dann kann ich die Schokolade ja alleine essen!)

Und bloß nicht glauben, Farbige hätten keine Vorurteile! Jeder Mensch hat welche, das ist evolutionsbedingt. Zum Überleben halten wir uns an das Bekannte, an die, die uns vertraut sind. Also ist die Lösung eigentlich ganz einfach: Machen wir uns das Unbekannte vertraut!

Und hier noch eine Anekdote zum Schmunzeln: Als wir das erste Mal in die Heimat meines Mannes flogen mit unserem Ältesten, war er vier. Der ganze Flug, all das war natürlich extrem spannend. Am besten war allerdings seine Reaktion, als wir in der Heimat meines Mannes ins Flughafengebäude traten. Unser Sohn blieb mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund abrupt stehen und meinte erstaunt: "Die sind ja alle schwarz hier!!!"´

Liebe Grüße
Susanne

gut gemeint- trotzdem Strafe
Es ist gut, wenn das Kind relativ früh lernt, dass
die Welt immer mal wieder unvorhersehbare
Überraschungen bereit hält.

„Guck, ein brauner Mann!“
Erwartete Reaktion: Lob für Aufmerksamkeit.
Tatsächliche Reaktion: „Patsch“ Ohrfeige.
–> Überraschung!

Man kann es glaube ich, kaum besser einem
Kind erklären, dass gut gemeintes Verhalten
aus Mangel an Hintergrundswissen sehr wohl
zwar „gut gemeint“, aber trotzdem „böse“ sein kann.

Man kann also auch für „gut gemeintes“ Verhalten
(mit Recht) bestraft werden. Das ist etwas, das
selbst viele Erwachsene nicht kapieren :smile:

Gruss, Marco

Hallo,

ich habe die anderen Artikel jetzt nicht gesichtet, also sorry, falls ich nur wiederhole. :wink:

Ich glaube nicht, daß es natürlichen Rassismus gibt. Aber es gibt wohl ein angeborenes Reaktionsmuster, daß man Fremdes als bedrohlich oder unangenehm empfindet. Das sich da nichts manifestiert kann man sicher beeinflussen. Zum einen natürlich mit eigenem Vorbild, zum anderen mit Aufklärung, auch bei einem Dreijährigen. Ich hätte wohl sofort gefragt, warum der Junge denn da nicht spielen soll. Je nach Antwort kann man dann auch argumentieren. Wenn tatsächlich die Hautfarbe als Grund genannt wird, schaut man sich eben mal die eigenen Haut genauer an, erklärt wieso es unterschiedliche Hautfarben gibt und daß die Menschen innen drin aber gleich sind. Vorwürfe würde ich einem so kleinen Kind nicht machen.
Auch sonst würde ich keine pädagogische Keule rausholen sondern eher nebenbei, aber dafür stetig dranbleiben. Wenn Deinem Sohn Menschen mit andere Hautfarbe vertrauter geworden sind, wird er da auch keine Abneigungen mehr haben.

Gruß Maid

„Guck, ein brauner Mann!“
Erwartete Reaktion: Lob für Aufmerksamkeit.
Tatsächliche Reaktion: „Patsch“ Ohrfeige.
–> Überraschung!

Aber klar…und die Erkenntnis, daß man geprügelt wird, wenn man Menschen mit anderer Hautfarbe sieht. Folge: Ablehnung

Man kann es glaube ich, kaum besser einem
Kind erklären, dass gut gemeintes Verhalten
aus Mangel an Hintergrundswissen sehr wohl
zwar „gut gemeint“, aber trotzdem „böse“ sein kann.

Wessen ‚gut gemeintes‘ Verhalten denn?

Man kann also auch für „gut gemeintes“ Verhalten
(mit Recht) bestraft werden. Das ist etwas, das
selbst viele Erwachsene nicht kapieren :smile:

Wichtig ist nicht Strafe sondern Einsicht. Strafe ohne überhaupt einen Schimmer vom Hintergrund zu haben ist in jedem Fall destruktiv. Egal wie ‚gut‘ es der Strafende meint.

Gruß Maid :smile:

4 Like

Tolle Methode
aber es gibt ja noch unzählige andere Vorurteile neben dem Vorurteil
gegenüber anders aussehenden Menschen.

gegen welche Gruppe von Menschen hast Du als Erwachsener denn z.B. Vorurteile?

Wenn Dir was eingefallen ist, bin ich gerne bereit Dich kostenlos
zu ‚therapieren‘. Darfst Dir dann eine belehrende Ohrfeige bei mir
abholen.

gruß

unimportant

gegen welche Gruppe von Menschen hast Du als Erwachsener denn
z.B. Vorurteile?

Gegen Besserwisser.

Wenn Dir was eingefallen ist, bin ich gerne bereit Dich
kostenlos
zu ‚therapieren‘. Darfst Dir dann eine belehrende Ohrfeige bei
mir
abholen.

probiers :smile:

Gruss, Marco

Hi Maid,

Wichtig ist nicht Strafe sondern Einsicht. Strafe ohne
überhaupt einen Schimmer vom Hintergrund zu haben ist in jedem
Fall destruktiv. Egal wie ‚gut‘ es der Strafende meint.

Man kann dies auch konkretisieren. Ein Kind muss zur Entwicklung seiner Intelligenz seine Umwelt erforschen. Je weniger Gelegenheit man einem Kind dazu gibt, desto weniger entwickeln sich seine geistigen Fähigkeiten. Und das was als Kind nicht entwickelt wurde, lässt sich als Erwachsener nicht mehr nachholen. Das heisst nicht, dass man ein Kind Alles tun lassen sollte, wozu es Lust hat, aber eine Strafe ist dann schon einmal sehr schlecht, wie Du richtig schreibst, wenn keine Erklärung der Strafe folgt. Kaum ein größeres Kind ist so dumm, dass es daraus lernen würde ‚wenn ich sage, dass ich nicht mit braunen Kindern spielen will, dann bekomme ich eine Ohrfeige‘. Kinder erlernen noch ihre Welt und deswegen verallgemeinern sie ihre Erlebnisse. Sofern also die detaillierte Diskussion fehlt, wieso eine Ohrfeige folgt, kann das Kind schlußfolgern, dass es am besten überhaupt nichts redet, weil immer die Gefahr lauert, dass ohne erkennbaren Grund eine Ohrfeige folgt. Die Scheu zu reden und zu fragen schlägt sich dann höchstwahrscheinlich aber auch auf die Schulnoten nieder.

Das Kind könnte ebenfalls verallgemeinern und schlußfolgern, dass insbesondere das Reden über braune Kinder eine gefährliche Angelegenheit ist und am wenigsten redet man über braune Kinder, wenn man gar nichts mit ihnen zu tun hat. Es wird vermutlich erst recht braune Kinder meiden, aus reinem Selbstschutz.

Und natürlich lernt das Kind dabei, Gewalt als adäquates Mittel zu akzeptieren, seine ‚Meinung‘ zu vertreten.

Was allerdings Aufgabe von Eltern sein sollte, ist, seinen Kindern ethische Grundsätze beizubringen. Und Strafen können durchaus sinnvoll sein. Wenn sie richtig angewendet werden. Richtig angewendet sind Strafen nur dann, wenn sie der Entwicklung des Kindes dienen. In fast allen Fällen gibt es jedoch sehr viel lehrreichere Methoden als Strafen. Im Prinzip fände ich es keine schlechte Sache, wenn es so etwas wie einen Führerschein für Eltern gäbe.

Grüße

unimportant