Das Essen ist verbrannt**Adjektiv oder Verb?

Hallo Michael,

natürlich wird man partizipien nicht in wörterbücher
aufnehmen, wenn sie noch welche sind. sind sie adjektive
geworden - und das ist m.e. eine semantische frage - sollte
mans tun. meine ich.

andersrum: wenn sie als adjektive in wörterbüchern stehen,
sind sie im befund der wörterbuchautoren keine partizipien
mehr.
aber noch mal: letztlich eine sache der bewertung des
auftretens in kontexten.

Für mich ist es keine Frage, dass „verbrannt“ in erster Linie das Partizip 2 des Verbs „verbrennen“ ist.

Als eigenständiges Adjektiv, das aufgrund semantischer Entfernung zum Etymon des Verbs einen eigenen Wörterbucheintrag rechtfertigen könnte, käme aber vielleicht „verbrannt“ wie in „Der V-Mann ist (aufgrund von Enttarnung) verbrannt“ in Betracht oder: „das Codewort ist verbrannt“ (im Sinne von als solche_r/s „nicht mehr einsetzbar“, ich denke aber nicht „verbranntes Essen“, noch nicht einmal „verbrannte Erde

Im Englischen kann man ja solche historischen Ausdifferenzierungen sehen: „drunken“ war ursprünglich das Partizip von „to drink“ und existierte noch lange als solches neben der verkürzten Form drunk. Jetzt ist „drunken“ nur noch Adjektiv, während drunk sowohl als Verbform als auch als Adjektiv benutzt werden kann.

Vielleicht fallen hier einigen ja auch noch entsprechende deutsche Beispiele ein.

Unbescholten“ wäre vielleicht ein Kandidat, der sich über den Zwischenschritt der Negation von einem Partizip zu einem reinen Adjektiv gewandelt hat.

Gruß Gernot

departizipiale Adjektive
Hallo nochmal,

Unbescholten“ wäre vielleicht ein Kandidat,

Mir fällt gerade noch einer ein: „beritten“

Gernot

Adjektiv >
Hallo,

wie ich schon in meiner ersten Reaktion klarstellte, halte ich es nicht für nötig, Partizipien wie „verbrannt“ als eigene Adjektive aufzuführen, wie es offensichtlich Internetzwörterbücher tun.

Dass dies ein besonderer Fortschritt gegenüber den „papierenen“, aber doch seit Jahrhunderten tüchtige Dienste tuenden Wörterbücher sein soll, kann ich nicht finden.

Ein Partizip II hat meiner Meinung nach nur dann Anspruch auf die Führung als eigenes Adjektiv, wenn das entsprechende Verb fehlt oder eine andere Bedeutung hat.

Ich nannte schon „berüchtigt“. Ein Verb „berüchtigen“ gibt es nicht (mehr).

Dies gilt auch für „berühmt“; „berühmen“ gibts nicht (mehr).

„belämmert“ hat eine andere Bedeutung als Adjektiv als das Partizip II des Verbs „belämmern“.

„bekannt“ als Adjektiv hat eine andere Bedeutung als das Partizip des Verbs „bekennen“.

Die Vorsilbe „be-“ scheint für solche Fälle sehr fruchtbar zu sein.

unbescholten“,

gehört auch noch hierher, denn ein Verb „beschelten“ haben wir nicht.

Dann fallen mir noch ein: „bebrillt, bescheuert, beschickert (?), bestusst, bedeppert, bedripst“.

Gruß Fritz

1 Like

Moin, Michl,

Er könnte ja statt „ist“ ebenso sagen, „Herr Koch, das Essen
schmeckt verbrannt.“

er könnte sich aber auch mit „ist angebrannt“ aus der Affäre ziehen, damist beschreibt er nämlich exakt das, was er herausschmeckt.

Gruß Ralf

Hallo Fritz,

Ein Partizip II hat meiner Meinung nach nur dann Anspruch auf
die Führung als eigenes Adjektiv, wenn das entsprechende Verb
fehlt oder eine andere Bedeutung hat.

Da sind wir ja ganz einer Meinung!

Ich nannte schon „berüchtigt“. Ein Verb „berüchtigen“ gibt es
nicht (mehr).

Dies gilt auch für „berühmt“; „berühmen“ gibts nicht (mehr).

Gab es solche Verben je? Sie sehen der Form nach zwar aus wie Partizipien, aber wenn es solche Verben nie gab, können die Adjektive ja auch nicht deverbal oder „departizipial“ sein.

„belämmert“ hat eine andere Bedeutung als Adjektiv als das
Partizip II des Verbs „belämmern“.

„bekannt“ als Adjektiv hat eine andere Bedeutung als das
Partizip des Verbs „bekennen“.

Die Vorsilbe „be-“ scheint für solche Fälle sehr fruchtbar zu
sein.

Aber das Adjektiv „bekannt“ kommt letztlich auch vom Partizip des Verbs „kennen“…

unbescholten“,

…genauso wie dieses vom Verb „schelten“

Dann fallen mir noch ein: „bebrillt, bescheuert, beschickert
(?), bestusst, bedeppert, bedripst“.

Einige von den Adjektiven, die du hier aufzählst, sind offensichtlich desubstantivisch. Einige kenne ich gar nicht: „beschickert“ und „bedripst“; ich schau das mal nach!

Aus meinem Studium des Mittelenglischen kann ich mich an „ytailede dragones“ erinnern.

Das Englische kann auch heute noch aus vielen Substantiven Adjektive nach dem Muster eines Partizips bilden (im Sinne von „versehen mit“ dem entsprechenden Substantiv), ohne dass es dazu vorher des Vorhandenseins eines entsprechenden Verbs bedürfte. Oft handelt es sich dabei auch um Adjektive, die von einer Nominal gruppe abgeleitet sind.

Beispiel: „red neck“ -> „rednecked“
http://www.topix.com/forum/source/wbir/TS93IV5KT6FIG…

Auch dem Deutschen ist diese Art der Adjektivbildung nicht fremd:

Ein „geschwänzter Drache[n]“ (ein mit einem Schwanz versehener Drache[n]) ist etwas anderes als eine „geschwänzte Schulstunde“ (eine Schulstunde, die man geschwänzt hat).

Ein „berittenes“ Pferd ist etwas anderes als ein „berittener“ Polizist, auch wenn ich die Vorstellung, auf so einem mal zu „reiten“, durchaus nicht ohne Reiz finde. :wink:

Gruß Gernot

PS: Meine Kusine ist übrigens ausgebildete Bereiterin [für Pferde!].

hi,

Ein Partizip II hat meiner Meinung nach nur dann Anspruch auf
die Führung als eigenes Adjektiv, wenn das entsprechende Verb
fehlt oder eine andere Bedeutung hat.

Da sind wir ja ganz einer Meinung!

bis daher sind wir alle 3 einer meinung!

ich habe oben zu erklären versucht, inwiefern „verbrannt“ eine durchaus andere bedeutung haben kann als das bloße partizip von „verbrennen“. wenn essen „verbrannt“ ist, hat es eben im normalfall nicht gebrannt.

das wird wohl der grund sein, warum es von manchen als adjektiv geführt wird. ich darf euch versichern: ich bin es nicht, der diese einträge bei canoo und freedic gemacht hat *ggg*

mir scheint, wir ziehen bei der abgrenzung partizip:adjektiv lediglich die grenzen etwas früher oder später.
m.

Hallo nochmal Fritz,

Einige von den Adjektiven, die du hier aufzählst, sind
offensichtlich desubstantivisch. Einige kenne ich gar nicht:
„beschickert“ und „bedripst“; ich schau das mal nach!

Das habe ich jetzt gemacht: „bedripst“ heißt „bedröppelt“ und „beschickert“ heißt „beschwipst“. Sag das doch gleich!

Erstere beiden scheinen etymologisch mit Tropfen (Tränen-Tropfen) zu tun zu haben. Bei „beschwipst“ vermute ich, dass es mit „(über)schwappen“ zu tun hat. Vielleicht spielt da auch noch ein Onomatopoetikon für „Schluckauf“ à la „Hicks!“ hinein.

Fällt dir was zu „beschickert“ ein, außer: „Den/Die sauf’ ich mir chic“?

Gruß Gernot