Das falsche Leben (Adorno)

„Es gibt kein richtiges Leben im falschen“

Adorno

Der Philosoph W. Schmid weist aber daraufhin, dass Adorno diese aussage widerrufen bzw. richtiggestellt hat.

Im Adorno-Archiv hat Schmid eine Vorlesung entdeckt.

„Es gibt ein richtiges Leben im falschen"

 sagt Adorno dort

"Nämlich dann, wenn du es versuchst.“

Habt Ihr das auch gewusst bzw. naeheres dazu gelesen/gehoert?

Mike

Ich versuch es mal:

Ein Mensch macht grundsaetzlich fast alles falsch im Leben. Woran das liegt, lassen wir aussen vor. Er ist ein Versager aus eigenem Verschulden oder weil er eben nicht gut „konstruiert“ ist ( Erziehung, Gene etc. etc.)

Er macht aber immerhin 2 von 5 Sachen „richtig“, die er anpackt.

Das heisst 2 Schritte vor, 3 zurueck. Insgesamt ein falsches Spiel (Leben).

Immer dann, wenn er wieder und wieder versucht,
es richtig zu machen, dann freut er sich ueber die 2 Erfolge, uebersieht aber, dass er 3 mal verliert.
Und so geht das weiter…
am Ende hat er letztlich zuviel verloren, weil zuviel falsch gemacht.

Trotz seiners aufrichtigen Versuchs, seien falsche Grundstruktur zu verlassen, bleibt er insgesamt erfolglos.

Also gibt es - trotz des Versuchs, ein richtiges im falschen Leben zu fuehren - ein falsches Leben, dass er nicht ueberwinden kann…

Mal so gedacht …

Mike

Moin
Mich hat dieser Satz von Adorno auch öfter mal beschäftigt. Ich fand ihn aber -wie vieles von Adorno- zu moralisch und zu idealistisch.
Vermutlich meinte Adorno aber die grundlegenden Lebensbausteine und ob ein Leben an sich eher authentisch geführt wird oder eher insgesamt nicht stimmig.
Ein Pfarrer, der Wasser predigt und Wein säuft, zum Beispiel, wäre nicht authentisch.
Was du mit dem „zwei Schritte vor und drei zurück“ meinst, finde ich etwas zu sehr „aufgezählt“. Das könnte in Erbsenzählerei enden oder mit dem spießigen Pfadfinderspruch „Jeden Tag eine gute Tat“, wobei ich Dir diesen Quatsch nicht unterstellen würde.
Es grüßt dich
Branden

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Tja…

also mein 2 Schritte vor und zurueck sollte eher das von Dirf erwaehnte bsp. weintrinkender Pfarrer sein - aber auch ein Hinweis darauf, dass man
vielleicht „MEINT“ sogar „richtig“ zu leben, aber real falsch lebt… oder „handelt“.

Und das trifft ja mehr oder weniger - je nachdem - auf alle Menschen zu.

So gesehen hat Adorno dann recht…

Mike

FALSCHER Vater…
Dass einer an einem einzigen Tag eine Millionen „verdient“ und andere von Hartz IV oder Sozialhilfe leben, ist das nun falsch oder richtig? Dass ich nicht Miss World bin, sondern nur ein Punk werden konnte (bisher in meinem verhältnismäßig jungen Leben, obwohl ich mich um eine Kanditatur zur „schönsten Frau der Welt“ durchaus noch zu bemühen befleißigen werde, vielleicht später einmal, wenn ich die Episode mit der „Punkerei“ voraussichtlich längst hinter mich gelassen habe) ist das nun falsch oder richtig? Und dass mein „Dad“ Prof. ist für praktische Philosophie an einer Universität, obwohl er vom praktischen Leben null Ahnung hat als bloß „praktischer Theoretiker“, im Gegensatz zu seiner Tochter, die darüber sehr viel mehr „praktische Lebenserfahrung“ auf den Straßen deutscher Großstädte gesammelt hat (ich meine die Erfahrung an Wissen, dass man am eigenen Körper fühlen könnte, ob es sich gut oder schlecht anfühlt, seinem Leben einen selbstverantwortlichen Sinn zu geben), ist das nun falsch oder richtig? Und ist es falsch oder richtig, dass sich Philosophen viel gescheiter fühlen als Punks mit grünen oder lila Haaren?

Ja, es gibt kein richtiges Leben im falschen, wenn du selbst es falsch führst, denn das ist ein Paradoxon, wie kann ich je richtig leben, wenn ich das Leben falsch lebe, wie gesagt, es ist ein Paradoxon. Es muss sich für einen gut oder schlecht anfühlen, eben nur für einen selbst, unabhängig, ob man die Gesellschaft, in die man schicksalhaft hineingeboren wurde, als falsch oder richtig analysiert, wie Adorno, Fromm oder Marcuse, Habermas oder Douglas Kellner, der in Amerika weiter die „kritische Theorie“ seiner deutschen Vordenker verbreitet, indem er in der Jugend, die sich ihre eigenen Plattformen und Kommunikationsstile im Internet schafft, eine neue politische Freiheit erblickt, die zu dem konservativen IDEALISMUS von einem jüdisch-christlichen Gotte oder der METAPHYSIK von Platon bis Hegel, eine neue Alternative ist laut dem amerikanischen Philosophen Prof. Dr. Douglas Kellner (vor allem habe ich eine Stinkwut gegen meinen eigenen Vater, den ich als Philosoph nicht akzeptieren kann, weil er mir viel zu theoretisch spricht, auch wenn er sich „praktisch“ nennt, es aber nie wirklich in der eigenen Familie ist. Mein Vater ist einfach nur FALSCH, ein garantiert falscher Vater für mich…).
Punk-Evchen

Salut,

„Es gibt kein richtiges Leben im falschen“
Der Philosoph W. Schmid weist aber daraufhin, dass Adorno
diese aussage widerrufen bzw. richtiggestellt hat.
Im Adorno-Archiv hat Schmid eine Vorlesung entdeckt.
„Es gibt ein richtiges Leben im falschen"
 sagt Adorno dort
"Nämlich dann, wenn du es versuchst.“

Das ist aber alles andere als klärend. Quelle? —
Adornos bekanntes Wort aus Minima Moralia:
„Bei vielen Menschen ist es bereits eine Unverschämtheit,
wenn sie Ich sagen“
hilft vielleicht bei der Deutung.
Adorno sagt zunächst:
„Es gibt kein richtiges Leben“ – für einen (wie ihn), der zu Recht
Ich sagen kann, der, um einen hier nicht näher zu
bestimmenden Begriff zu verwenden, „mündig“ ist.
Warum nicht?
Weil er in das falsche Leben gestellt ist, das von den Vielen,
von denen keiner zu Recht Ich sagen dürfte, da keiner
„mündig“ ist, gestaltet und bestimmt ist,
in welcher Gesellschaftsform auch immer.
nolens volens.
Auch wenn er als Eremit in Ruhe gelassen würde,
wäre dies für ihn kein richtiges Leben,
denn der „Mündige“ könnte ein solches nur
unter „Mündigen“ führen.
Es gäbe also ein richtiges Leben, wenn die Vielen
„mündig“ wären, wenn sie, ohne „unverschämt“ zu sein,
Ich sagen könnten.

„Mündig“ ist hier etwa im Sinne von Kant zu verstehen,
der noch optimistisch das Zeitalter der Aufklärung als
Beginn einer Entwicklung zur Aufgeklärtheit
sehen konnte, zur Mündigkeit der Menschen.

Heute gilt als mündig, wer 18 Jahre alt geworden ist.
Vom Optimismus Kants und anderer Aufklärer hat man
sich stillschweigend verabschiedet. Deren Vision von
Aufklärung scheint nur noch ab und zu als vage
Reminiszenz auf, etwa eben in einer Sentenz wie
der von Adorno, der sagt, dass es ein wahres Leben
geben könnte, aber - aus dem angedeuteten Grund -
nicht gibt.

Nescio

Muendigkeit ist sicher ein wichtiges Kriterium.

Aber selbst der MUENDIGE Buerger versagt oft, allzuoft… immer?

Kann man uebrhaupt objektiv zw. richtigem und falschem Leben differenzieren?

Ich denke schon.

Allerdings nicht mit einem „Schein-“ Leben, zum Bsp. sich betrinken oder viel konsumieren, um des konsumierens willen.

Das groesste Problem der Menschheit ist die Langeweile (J.M. Keynes!).

„Multisoph“ sagt schon lange:

Zeitvertreib ist das, was die Menschen permanent betreiben.

Sie nennen es KULTUR …Zeit vertreiben - mit vielen Mitteln und Moeglichkeiten. (Uebrigens ist die „Romantik“ auch aus einer Stimmung des „Nichts ist los“ entstanden…)

Zeitvertreib, warum?
Wegen der Todesverdrängung!
Punk-Evchen

Richtig!

Todesverdraengung!

Und auch - fuer die meisten („Nichtphilosophen“ :smile:), weil sie nicht nach-denken, reflektieren wollen. Denn das koennte ja die Illusion zerstoeren.

Wenn das Leben nur noch Zeitvertreib darstellt, dann ist es ein falsches…

Und in dem Zusammenhang:

Rasende Zeiten -
Ueber die „Beschleunigungsgesellschaft“

Gebot des 21. Jhdts?
ENT-schleunigen !

Aber gerade die Beschleunigung,
der schnelle Wandel u.s.w. - eine effiziente form von Zeitvertreib und Verdraengung!

1 Like

Und was das „richtige“ Leben in einer „falschen“ Beziehung oder Gesellschaft betrifft, da las ich ueber Max Frisch in der NZZ dieses:

**So ist Frisch nicht nur auf obsessive Weise mit sich selbst beschäftigt – genauer: im Unreinen. Er entwickelt daraus zugleich ein subtil sich ausbreitendes Klima des Verdachts: dass

fast jedes Leben im modernen Jetzt ein falsches sei (Hoi Hoi - ein Adorno-Fan also? )

zwischen Liebes- und Ehepartnern ohnehin (SUPER! :smile:), im sozialen Untereinander häufig ebenfalls, in der Schweiz vielerorts verbrämt mit dem Wohlstand des Kapitalismus, in der DDR durchtränkt von den Ideologien und Verkrampfungen des Systems.**