die Emanzipation ist über´s Ziel hinausgeschossen
Hallo Ralf,
zu folgendem möchte ich gerne etwas schreiben:
Nach der Emanzipation der Frau sind die Männer
irgenwann mit Verzögerung gezwungen, ihr Rollenverhalten zu
überdenken. Alternative für die Konservativlinge wäre
auswandern oder Ausländerinnen heiraten… . Tendenz ist ja
hier steigend.
Manchmal bin ich geneigt der gesellschaftlichen Veränderung, was als Emanzipation der Frau betitelt wird, diesen Aufkleber anzuzweifeln, weil ich den Eindruck habe, dass diese Entwicklung unbefriedigend und unvollkommen, und eigentlich über ein sinnvolles Ziel hinausgeschossen ist.
Es ist schon so, dass Frauen zu mehr Rechten und Möglichkeiten gekommen sind, ihr Leben souveräner zu gestalten, aber das Selbstwertverständnis der Geschlechter ist noch lange nicht souverän. Auf der einen Seite gehen Frauen Berufen nach, die sie früher nicht für möglich hielten, und es ist auch kein Problem mehr, für einen Mann berufliche Auszeit zugunsten seiner Familie zu nehmen, auf der anderen Seite fangen die (Vor-)Bilder der Geschlechter an zu verwischen – es mangelt an Identifikationen, die Männer mehr, die Frauen weniger verunsichern, es fehlt manchen Männern das Wohlfühl-Selbstbild.
Meiner Ansicht nach entfernt sich der moderne Mensch immer
schneller von seiner natürlichen Lebensweise.
Ist modern das Gegenteil von natürlich? Eine Gesellschaft unterliegt ständigen Veränderungen, was man als modern bezeichnen könnte. Wenn diese modernen Veränderungen als eine unnatürliche Lebensweise empfunden wird, dann ist diese Veränderung ungut. Nicht alles moderne ist ungut, aber auch nicht gut, was überprüft und bewertet sein will.
Veränderung kann immer Verunsicherung und Angst erzeugen.
Besonders wenn alte Rollenbilder im Raum stehen.
Und die neuen noch nicht durchgehärtet sind. Da stehen viele
Frauen und Männer zwischen sämtlichen Stühlen.
Das Problem in den meisten Beziehungen wird sein, dass Frauen eher bereit sind in ihrer Beziehung ihre Rolle neu zu gestalten als Männer (soll genetisch bedingt sein, habe mal ich gelesen). Wünschenswert ist die Bereitschaft der Person, die gerade am abspringen ist, dem Partner Zeit zum sich daran gewöhnen zu lassen, und besagter Partner bereit ist, sich auf diese unausweichliche Veränderung einzustellen und sie zuzulassen. Zumindest sollten beide über anstehende Veränderungen kommunizieren.
Jede Rolle ist änderbar, und braucht sein Gegenüber, der die Rolle anerkennt. Es reicht einer Frau nicht, den Traumjob zu machen, sondern sie braucht auch den Rückhalt ihres Partners, der sie bestätigt. Und sie tut gut daran, ihn nicht „zurück“ zulassen, damit er sich nicht unterlegen oder übrig fühlt. Es braucht die Bereitschaft beider vorübergehendes Beziehungschaos zu ertragen, bis sich die neuen Rollen wieder formiert und gefestigt haben.
Insgesamt gesehen: auch wenn in der Gesellschaft es keine Vorbilder für den Mann oder **die Frau nicht gibt, aber die kann man sich in seinem gemütlichen Nest daheim mit seinen Lieben schaffen, langsam und Stückchenweise.
Wollen Frauen wirklich solche Männer, die schwach, dumpf,
pazifistisch, arm, unentschlossen, unverantwortlich,
unterwürfig, wehleidig, durchsichtig und unpersönlich sind?
Oder muss der Mann nicht n u r stark, klug … und noch die
Rolle des netten, verständnisvollen Partners spielen. Gerade
mit dieser Doppelrolle sind viele überfordert.
Mir haben immer die Menschen imponiert, die bis auf die Knochen ehrlich waren, unverhohlen ihre Spannbreite an möglichen Typen auslebten. Ich denke da an einen Freund von mir, mit dem ich besser quatschen kann, als mit jeder anderen Frau, der sowas von einem Chauvi-Schwein sein kann, der mit Kindern auf der Wiese wie einer junger Hund herumtollt, und heult, wenn er sehr traurig ist. Tja, was is´ er nun? Ein Mann oder eine Frau. Eigentlich egal, seine Frau weiß was er ist, dank ihrer beiden Kinder, und für mich ist er ein prima Kumpel. Weil er ein selbstbewußter Mann ist, hinterfragt er nicht seine Rolle, sondern gelegentlich sein Leben generell. Und das hat für ihn den Vorteil, dass er sich für mehr Möglichkeiten an Rollen entscheiden kann, als nur für eine von ein paar typischen Männerrollen.
Viele Grüße
Claudia**