Hallo Bernd54!
Ich müsste mir für 90 Minuten einen Film anschauen, um herauszufinden, was „Feuerzangenbowl“ in diesem Kontext bedeutet. Ich verstehe den ganzen Text nicht. Ich verstehe nicht, was der Autor hier sagen will: Was ist der Tenor des Textes? Den Text finde ich nicht ganz witzig
(SZ) Der 22. Psalm, in dem Christi Leiden
und Herrlichkeit geweissagt wird, beginnt
mit dem Vers: „Ein Psalm Davids,
vorzusingen vonder Hindin, die frühe gejagt
wird.“ Und was singt die Hindin? In
Vers 13 singt sie: „Büffel vonBaschanumringen
mich“, und auch wenn man nicht
weiß, dass Baschan das Land der Riesen
war, will man, ob Hindin oder nicht, von
den dortigen Büffeln nur ungern umringt
werden.Diese Büffel feiern in dem Büchlein
„Spitznamen in der Literatur“ fröhlicheUrständ.
Dessen Verfasser, der Liturgiewissenschaftler
Guido Fuchs, berichtet
aus seinenWürzburger Studientagen,
dass die von ihm geleitete Choralschola
bei einer Vesper mit dem Bischof den 22.
Psalm justament wegen dieser Büffel
nicht singen durfte. Der Grund: Die den
BischofumringendenDomkapitulare trugen
den Spitznamen „Dombüffel“.
Aus solchen Mitteilungen weht es wie
aus einem verlorenen Paradies, aus einer
Zeit jedenfalls, in der die Ministranten als
„Lausbuben des liebenGottes“ ihre halbfrommen
Streiche verübten und, wenn
die allgemeine Erinnerung das richtig
sieht, von Pfarrer und Kaplan nicht mehr
zu gewärtigen hatten als ebenfalls halbfromme
„Donnerwetter“. Zum literarischen
Säulenheiligen der damaligen
Spitznamenkultur brachte es der kleine,
dicke und bei heiligen Dingen denMund
spitzende Religionslehrer Falkenberg.
Von ihm erzählt Ludwig Thoma in den
„Lausbubengeschichten“, dass er zu den
Kindern immer „ihr Kindlein“ sagte und
deshalb „der Kindlein“ genannt wurde.
Ganz so harmlos,wie sein Spitzname sich
anhörte, war der Gottesmann übrigens
nicht. Wahrscheinlich hätten auch manche
Spitznamen, die Karl Friedrich Wilhelm
Wander im Deutschen Sprichwörter-
Lexikon präsentiert, auf ihn gepasst:
Dunkelmann, Zionswächter oder Mucker.
Der Mucker als Synonym für den
Frömmler ist früh belegt und wurde laut
Wander wieder hervorgeholt, als in Königsberg
diePrediger EbelundDiestel einenVerein
beiderleiGeschlechts zurWiederherstellung
der paradiesischen Unschuld
und zur Erzielung eines neuen
Messias gegründet hatten; einen Beleg
dafür, dass mit dem Mucker eigentlich
ein Kaninchenbock gemeint sei, habe er,
Wander, freilich nirgends finden können.
Von der heiteren Lausbüberei ist die
Kirche so weit weg wie das Gymnasium
von Spoerls „Feuerzangenbowle“. In der
gegenwärtigen Wahrnehmung dominieren
– zulasten der von Schuld Freien und
zum Schaden der Freude an den göttlichen
Dingen – Ereignisse und Personen,
die zu allem Möglichen anregen, nur
nicht zu origineller Spitznamenprägung.
Die Lust am witzigen Spitznamen hat
dem Drang nach harten Schimpfnamen
Platz gemacht, und Freunde der biblischen
Poesie könnten sogar auf den Gedanken
kommen, die „Büffel von Baschan“
zu aktualisieren. Das hat der
Psalm 22 aber nicht verdient.