Das sind Karla und Thomas / Es sind Karla und Thomas

Guten Abend
Anscheinend benutzt man "den bestimmten Artikel `das´ " für alle Varianten

Ist das (bestimmter Artikel) dein Bruder? Ist er (pronmen) dein Bruder? Ist der dein Bruder? Ist es (Pronomen) dein Bruder?

Ja, das ist mein Bruder
Ja, es ist mein Bruder
Ja, er ist mein Bruder
ja, der ist mein Bruder

Ist das deine Jacke? Ist die deine Jacke? Ist sie deine Jacke? Ist es deine Jacke?
Ja, das ist meine Jacke
Ja, es ist meine Jacke
Ja, sie ist meine Jacke
Ja, die ist meine Jacke

Sind das Karla und Thomas? Sie sie Karla und Thomas? Sie die Karla und Thomas?
Ja, das sind Karla und Thomas
Ja, es sind Karla und Thomas
Ja, sie sind Karla und Thomas
Ja, die sind Karla und Thomas

Das ist mir nicht klar, wann man „Pronomen“ und wann man „Artikel“ verwendet. Und was eigentlich „das“ hier macht? „das“ kann anscheinend überall eingesetzt werden und auch sowohl für Plural als auch für Singular. Ob jemand mir ein paar Tipps geben kann?

Danke sehr

Hi Nadja,

wenn du in deinen Beispielsätzen jeweils das „ja, …“ wegläßt, kann man es einfacher erklären. Und man kann zu jeder Antwortvariante charakteristische Fragesätze konstruieren.

Zuerst zu deiner Hauptfrage: Das „das“ in deinen Sätzen ist nicht der bestimmte Artikel, sondern ein neutrales Demonstrativpronomen!

Wer ist das? (Demonstrativpronomen)
Wer ist das an deiner Seite?
Wer ist das, den du zur Party mitgebracht hast? („den“ Relativpronomen)
Das ist mein Bruder.
Darf ich vorstellen? Das ist mein Bruder.

Ist das dein Freund oder dein Bruder? („das“ Demonstartivpronomen)
Es ist mein Bruder. („es“ ist Subjektrepräsentanz, anaphorische Position zum vorhergehenden Hauptsatz)

Wirst du ihm verzeihen, dass er dich gekränkt hat? („ihm“, „er“ Personalpronomen)
Natürlich! Er ist (doch) mein Bruder!
Ist er (= der Mann da hinten) dein Bruder? („er“ Personalpronomen)
Ja, er ist mein Bruder.

Wer von denen hier auf dem Foto ist dein Bruder? („denen“ Demonstrativpronomen)
Wer von diesen Männern ist dein Bruder? („diesen“ Demonstrativpronomen)
Der (da) ist mein Bruder.
Dieser (dort) ist mein Bruder.

Ist das (hier) deine Jacke?
Ja, das ist meine Jacke. (Demonstrativpronomen)
Ja, es ist meine Jacke. („es“ = siehe oben)
Ist das (hier) deine jacke? („deine“ Possessivpronomen)
Ja, das ist meine Jacke.

Ist die deine Jacke?
Ist die hier deine jacke oder die da?
Ist dies hier deine jacke oder dies da?
Die/Dies hier ist meine Jacke. (alles Demonstrativpronomen)

Ist sie deine Jacke?
Ja, sie ist meine Jacke
(„sie“ ist fem. Personalpronomen. Würde man bei einer Sache hier nicht sagen)
Aber:
Deine Jacke: Hast du sie wiedergefunden?
Ja, ich habe sie wiedergefunden.
Ist es deine Jacke (oder doch nur eine gleiche/ähnliche)?
Ja, es ist meine Jacke. Eindeutig. Mein Autoschlüssel ist drin.

Sind das Karla und Thomas?
Ja, das sind Karla und Thomas.

Sind sie Karla und Thomas?
Ja, sie sind Karla und Thomas
(„sie“ 3. Plur. Personalpronomen geht hier nicht, weil ein Demonstrativpronomen hingehört)
Aber(!):
Die beiden, die da kommen: Sind das/es Karla und Thomas? Ich kann sie nicht deutlich erkennen.
Ja, das/es sind Karla und Thomas. ich kann sie deutlich am Gang erkennen.
(Hier ist das Personalpronomen „sie“ anaphorisch bezogen auf „die beiden“ im Hauptsatz.

Sind die Karla und Thomas?
Ja, die sind Karla und Thomas
Aber:
Sind dies Karla und Thomas?
Ja, dies sind Karla und Thomas.
Oder auch:
Sind die (beiden) da hinten Karla und Thomas?
Ja, die (beiden) da hinten sind Karla und Thomas.

Schönen Gruß
Metapher

Hallo Metapher,

vielen Dank für die ausführlich Antwort. Wie immer schreibst du alles ausführlich. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich alles verstanden habe. Unter welchem Terminus muss ich danach suchen, wenn ich mich mehr über dieses sprachliche Phänomen informieren möchte? Ich gehe davon aus, dass das ein sprachliches Phänomen ist, oder?

Warum muss ich hier ein Demonstrativpronomen haben?

Sind sie Karla und Thomas?
Ja, sie sind Karla und Thomas
(„sie“ 3. Plur. Personalpronomen geht hier nicht, weil ein Demonstrativpronomen hingehört)

Ist sie deine Jacke?
Ja, sie ist meine Jacke
(„sie“ ist fem. Personalpronomen. Würde man bei einer Sache hier nicht sagen)

Aber in deinen Beispielen geht es auch um eine Sache, nämlich „die Jacke“. MIr ist es nicht klar, warum du in deinen Beispielen „Personalpronomen“ verwendest und sie sind richtig. In meinen Beispielen sind sie falsch, auch wenn es sich um „Jacke“ und „sie“ handelt. Ist die kataphorische Verwendung in deinem Beispiel der Grund für die Korrektheit? Habe ich dich richtig verstanden? „es“ kann ein Pronomen sein und auch „ein anaphorisches Demonstrativpronomen“. Das gilt auch für „sie“, oder? Ist das Demonstrativpronomen „sie“ in deinem Beispiel nicht auch anaphorisch?

Aber:
Deine Jacke: Hast du sie wiedergefunden?
Ja, ich habe sie wiedergefunden.
Ist es deine Jacke (oder doch nur eine gleiche/ähnliche)?
Ja, es ist meine Jacke. Eindeutig. Mein Autoschlüssel ist drin.

Vielen Dank und schöne Grüße

Diese grammatische Szenerie ist nicht ganz trivial. Sie hat einmal mit der Frage des grammatischen (Genus) und natürlichen (Sexus) Geschlechts zu tun. Und dann auch damit, dass das Personalpronomen fast ausschließlich rückwirkend (anaphorisch) gebraucht wird.

Der situative Kontext ist immer mitzubedenken. Ich versuche mal einige Beispiele. Wo es eine Variante gibt, trenne ich sie mit „/“ ab. Ich notiere einen Kontext und schreibe ihn in [Klammern]. Wo ich Kommentar beifüge, setze ich ihn in (Klammern):

(#1a)[Der Mann an deinem Tisch]
Ist es/das/er dein Bruder?
Ja, es/das/er ist mein Bruder. Er begleitet mich heute.

(#1b)[Die Frau an deiner Seite]
Ist es/das/sie deine Schwester?
Ja, es/das/sie ist meine Schwester. Sie begleitet mich heute.

(#2a)[Das Kind an deinem Tisch]
Ist es/das dein Kind?
Ja, es/das ist mein Sohn. Er wollte mich heute begleiten.

(#2b)[Das Kind an deinem Tisch]
Ist es/das dein Kind?
Ja, es/das ist meine Tochter. Sie wollte mich heute begleiten.

(#3a)[Der Hut an der Garderobe]
Ist es/das dein Hut?
Ja, es/das ist mein Hut. Ich habe ihn in Paris gekauft.
(das masc. Genus nur im Rückbezug auf den Hauptsatz)

(#3b)[Die Tasche auf dem Tisch]
Ist es/das deine Tasche?
Ja, es/das ist meine Tasche. Ich habe sie in London gekauft.
(Das fem. Genus nur im Rückbezug auf den Hauptsatz)

[Die Personen, die dort hinten kommen]
Sind es/das deine Freundinnen?
Ja, es/das sind meine Freundinnen. Ich habe sie eingeladen.
Sind es/das deine Freunde?
Ja, es/das sind meine Freunde. Ich habe sie eingeladen.
(Im Plural wird das Genus nicht unterschieden)

Die Frage stellt sich nun: Warum kann in den Beispielen (#1a/b)
„Ist er dein Bruder?“ und „Ist sie deine Sachwester?“
im Fragesatz das genus-spezifische Personalpronomen stehen,
in den Beispielen (#3a/b) aber das genus-spezifische Personalpronomen
„Ist er dein Hut?“ und „Ist sie deine Tasche?“
unmöglich ist. Ich kann sie, die Frage, ad hoc nur so beantworten: Im (#1) ist das Genus zugleich der Sexus. Im (#3) haben die Substantive zwar Genus, aber keinen Sexus. Die Genus-Spezifikation taucht daher nur anaphorisch zu Tage.

In den Beispielen (#2a/b)
„… mein Sohn. Er …“ und „… meine Tochter. Sie …“
kann ist das genus-spezifische Personalpronomen ja auch erst möglich (und notwendig), nachdem der Sexus des Kindes (Sohn/Tochter) genannt wurde.

Gruß
Metapher

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