Welcher Statistik soll man denn nun Glauben schenken (außer natürlich derjenigen, die man selbst gefälscht hat)?
Es geht um Einberechnungen (selbstgenutzter Immobilienbesitz, Rentenansprüche usw.) und Ausberechnungen (das mediane Mittel statt dem arithemtischem Mittel, um einigermaßen von der besonders hohen Vermögensungleichheit in D zu abstrahieren usw.
Welche Berechnungsweise ist sinnvoll und warum?
Ich weiß, das Thema ist nicht besonders spannend …
Vielleicht ist es eher ein Statistikproblem.
Du kannst jeder Statistik glauben, rein mathematisch-zahlenmäßig wird es wohl stimmen.
Du kannst auch 2 Obstesser vergleichen - jeder isst täglich 10 Stücke Obst. Allerdings der eine 10 Äpfel, der andere 10 Johannisbeeren. Wer wird wohl eher satt sein?
Je nach Sichtweise kann die eine oder andere Herangehensweise sinnvoll sein (oder auch nicht)…
Ich erinnere mich an eine Diskussion mit meiner Schwester, die in Finnland lebt. Sie meinte, wir in Deutschland bekommen ja „so viel Kindergeld“ (also im Vergleich zu FI). Dann haben wir uns dazu ausgetauscht, und sie stellte fest, dass sie dafür viel mehr andere kostenlose Angebote für Kinder haben, die es in D nicht gibt ( z.B. wirklich kostenlose Schulbildung, kostenloses Schulessen), die am Ende mehr ausmachen als unser Kindergeld…
fällt mir nur noch was dazu ein:
Wer etwas älter ist, kennt sowas wie Vermögensteuer. Da dies immer wieder vor Wahlen thematisiert wird, denke ich, dass gerade größere Vermögen versteckt / verdeckt werden.
Keine Ahnung, wie weit diese - in meinen Augen ungerechteste aller - Abgabe weltweit verbreitet ist, jedoch achte ich schon selbst darauf, dass eben vieles nicht öffentlich wird.
Zweiter Aspekt: fast alles, was irgendwie richtig Geld verdient, geht ins Ausland und kommt nur selten wieder zurück. Werde die Rechnung nie verstehen, dass 50% Steuern von ‚ein paar Ehrlichen‘ mehr ergeben sollen, als 30% von einer weitaus größeren Masse.
vorab: ich habe beim Querlesen bei keiner der verlinkten Ansätze die Ansprüche gegenüber den staatlichen Versorgungssystemen gefunden, d.h. Rente, Pensionsansprüche, Beihilfe usw., auch wenn Du den Aspekt unten erwähnst. Deren Berücksichtigung ist jedenfalls ganz wesentlich beim Vergleich des Vermögens. Daß in Südeuropa bspw. das Immobilienvermögen sehr hoch ist, liegt u.a. darin begründet, weil nämlich von der staatlichen Rente früher nicht viel zu erwarten war.
Gleichzeitig schmälern natürlich die in Deutschland recht hohe Beiträge für die Sozialversicherungen die Vermögensbildung. Mit anderen Worten: ein wesentlicher Teil des Vermögens der Deutschen befindet sich nicht in der Gegenwart, sondern in der Zukunft und wird auch aktiv dorthin verlagert.
Daraus ergibt sich letztlich, was man mit seiner Statistik ermitteln will: das aktuelle Vermögen, das aktuelle und das abdiskontierte Vermögen, das Maß der finanziellen Unabhängigkeit in der Gegenwart oder im Alter, das Potential für eine richtig große Abschiedsparty im Fall bspw. einer unheilbaren Krankheit usw. Je nachdem, was man ermitteln will, ist die eine oder die andere Betrachtungsweise „richtiger“.
Das Vermögen der Deutschen ist immer noch durch die Folgen des Weltkriegs und der DDR-Diktatur niedriger, als das Vermögen in einigen Nachbarländern (z.B. Schweiz, Niederlande), da durch Flucht und Vertreibung sowie durch Enteignung ud Sozialismus der Vermöensaufbau insbesondere im Bereich der Wohnimmobilien eine sehr verzögerte Entwicklung genommen hat.
Das ist ein Punkt.
Zum Zweiten ist anzumerken, dass die statistischen Ungenauigkeiten natürlich insbesondere im Bereich der umlagefinanzierten Rentenversicherung liegen, Länder mit kapitalgedeckten Altersvorsorgesystemen haben einfach höhere Geldvermögen ausgewiesen.
Zum Dritten war ich in den letzten Jahren wenig sparsam und habe deswegen die Statistik verhagelt. Aber ab sofort fange ich an zu sparen, versprochen!
Das, und die hohen Sozialleistungen in D, sowie auch die hohen Lebenshaltungskosten insbesonders beim Wohnen, verhindern in den unteren Einkommensklassen (Anreize zur) Vermögensbildung.
Und der Umstand, dass in D besonders wenig Wert auf selbstgenutztes Wohneigentum gelegt wird, bzw. das nicht politisch adäquat gefördert wird (was ich extrem wichtig finden würde, aber nur nebenbei).
Die Frage ist halt wirklich, ob man „Vermögen“ tatsächlich so definieren sollte, dass es auch Rentenansprüche umfasst. Das würde ich durchaus problematisch finden für so ein Vermögens-Länder-Ranking.
Man kann natürlich auch sagen, dass die Rentenansprüche der (lünftigen) Rentner den (künftigen) Rentenbeitragszahlungen der Arbeitenden entsprechen, und so eine Art Nullsummenspiel sind, denn wenn man schon zukünftiges Vermögen als Vermögen definiert, dann logischerweise nicht nur einseitig auf der Haben-Seite.
Oder sehe ich das falsch?
Yepp, so ist es.
Darum, wie gesagt, ja nicht die Frage, welche Statistik richtig ist, sondern welche sinnvoller als andere ist.
Naja, dann frag ich mich aber, wie die das mit dem Wohneigentum z.B. in der Slowakei und anderen Ex-Ostblockländern hinbekommen haben.
Die haben ja Wohneigentumsquoten, die fast doppelt so hoch sind wie in ganz D.
Mach das, du Statistik-Schuft!
Ich dagegen habe in den letzten 15 Jahren gut Vermögen angehäuft, aber dafür keine Rentenansprüche.
Auch nicht besser
Ein weiterer, wesentlicher Punkt, der zu der geringen Wohneigentumsquote in Deutschland führt, ist das Mieterschutzrecht. Durch das ausgeprägte Mieterschutzrecht ist der Anreiz für die Wohneigentumsbildung nicht so hoch, wie in Ländern, in denen du einer Vermieterwillkür ausgeliefert bist. Insbesondere der Kündigungsschutz und das Vergleichsmietenrecht sind dabei nicht zu vernachlässigen.
Aber natürlich ist das nur ein Faktor in einem Faktorenbündel.
Yepp!
Noch wichtiger scheint mir, dass Wohnen (Bauen, Erwerben) auf Grund der ganzen Superregulierung in D so teuer ist wie kaum wo anders.
Einer, der nicht geerbt hat und nicht zumindest gut verdient, bringt das kaum hin.
Die angesprochenen Niederländer z.B. bauen meines Wissens deutlich günstiger als die Deutschen.
Und da kommt übrigens dann auch das Verhältnis EU-D ins Spiel. M.W. sind die neuen Baukreditvorgaben seit nach der Bankenkrise EU-Richtlinien, um entsprechende Blasen zu verhindern. Für D mit seinen extrem hohen Baukosten wirkt das für viele Bauwillige wie ein „Verbot“, die hervorragende/miserable (je nach Perspektive) Zinssituation zu nutzen, die wiederum ebenfalls der EU geschuldet ist, aber auf D sich wohl eher recht negativ auswirkt, u.a. weil die den Immobilienmarkt noch mal zusätzlich belastet.
Und was wird politisch diskutiert? Enteignung, Verstaatlichung/Vergenossenschaftung und Mietbegrenzung statt Erhöhung der Wohneigentumsquote. Naja, jetzt wirds gleich off topic
[quote=„FBH, post:7, topic:9458495“]
Die Frage ist halt wirklich, ob man „Vermögen“ tatsächlich so definieren sollte, dass es auch Rentenansprüche umfasst. Das würde ich durchaus problematisch finden[/quote]
Hallo,
fuer ganz Deutschland betrachtet betraegt die Rente der Deutschen 1,5 Rentenmonats-Auszahlungen (etwa). Die Rentenversicherung hat dieses Vermoegen. Mehr ist nicht da. Ob jemand 100 Monate Rente erwartet, ist kein Vermoegen. Es ist ein Anspruch auf Zahlung aus spaeter zu erreichenden Beitraegen, kein bestehendes Vermoegen. Uebertragen in aehnlichem Sinne ist die zukuenftige Miete aus Vermietung auch kein Vermoegen, auch nicht wenn man sie 100 Monate voraus addiert. Nur die eingenommene Miete des letzten Monates kann Vermoegen sein.
Das ist falsch. Die aktuellen Renten werden von den aktuellen Beitragszahlern bezahlt. Und zunehmend vom laufenden Bundeshaushalt aus Steuereinahmen bezuschusst. Pensionen werden nur vom laufenden Bundeshaushalt aus Steuereinahmen beglichen.
Zukünftiges Vermögen ist da nicht.
Im Zusammenhang mit der geringen Wohneigentumsquote, steigenden Immobilienpreisen, Null-Zins-Politik, zunehmendem Niedriglohnsektor, hoher Migrations- /Sozialhilfeempfängerquote und hohem Steueraufkommen in der Mittelschicht ist das fatale Ende schon in Sicht. Noch nicht am Arsch der Welt, aber man kann ihn schon sehen.
Nur, weil Du etwas nicht verstehst, heißt das nicht, daß es falsch ist.
Rentenansprüche stellen Forderungen dar, genau wie ein Kredit, den man vergeben hat. Nur, weil das Geld erst zukünftig fließt, heißt das nicht, daß es sich dabei nicht um Vermögen handelt. Um den heutigen Wert zu bestimmen, diskontiert man die zukünftigen Zahlungen mit einem hoffentlich sinnvoll ermittelten Zinssatz ab und kann die zukünftig fließenden Beträge mit heute vorhandenem Geld oder anderen Vermögensgegenständen betraglich vergleichen bzw. dazu addieren.
Das ist schon richtig, aber das gilt doch bestenfalls für mein und dein individuelles Vermögen…
Wenn ich aber den Durchschnitt eines Landes berechnen will, dann muss ich doch die (künftigen) Forderungen des Staates/Rentenversicherungssystems an die Beitragszahler, mit denen diese Rentenforderungen erfüllt werden, genauso in die Rechnung aufnehmen, auf heute runterbrechen und negativ in die Vermögensberechnung einfließen lassen. Dann mittelt sich das aber doch einfach komplett heraus, oder nicht? (abstrahiert davon, dass das System nicht im Ganzen ein Umlageverfahren ist)
Ja, so kann man das sehen. Allerdings sollte man auch berücksichtigen, daß die Unterschiede insbesondere beim Immobilienvermögen nicht erst seit gestern bestehen, sondern über die letzten zig Generationen entstanden sind. Nicht umsonst wohnen viele Südeuropäer mietfrei bei ihren Eltern bzw. mietfrei im Haus ihrer Eltern. Daß die Generation so ab 1990 nicht viel Vermögen gebildet hat, mag so sein, allerdings bedarf es da etwas mehr Ursachenforschung. Diese Generationen hatten ja nun auch ganz andere Möglichkeiten für den Konsum - sowohl was die Finanzierung angeht als auch die Möglichkeiten für die Ausgaben. Insbesondere in den elektronischen Bereich sind ja ganz erhebliche Mittel geflossen - sowohl einmalig als auch was die Folgeausgaben angeht. Fernseher, Handys und Abos für Streaming & Co. sind bei der Vermögensbildung halt nicht sonderlich hilfreich bzw. nachhaltig.
Die Frage geht in den Bereich der Methodik. Die Studien zielen ja nicht auf das Volksvermögen ab, sondern auf die Summe der Vermögen der Personen bzw. Haushalte. Gesamtwirtschaftlich gerechnet sieht das nicht nur in Deutschland komplett anders aus, sondern natürlich auch in den erheblich (und höher) verschuldeten südeuropäischen Staaten. Brächte man hier die staatlichen Schulden in Abzug, bliebe vom Vermögen wohl auch nicht mehr allzu viel übrig.
Die Frage läßt sich nicht beantworten. Jede Art der Erhebung erfüllt einen Zweck bzw. ein Bedürfnis nach einer bestimmten Information. Das Vermögen der deutschen herunterzurechnen, hilft ja vor allem den Populisten, die dann argumentieren, daß wir letztlich das Vermögen der Südeuropäer finanzieren, während wir selber viel weniger Vermögen aufbauen konnten - deswegen, würde dann so mancher argumentieren wollen. Das ist halt unredlich, weil man eben die völlig andere Absicherung im Alter außen vor läßt, die nun einmal der Grund dafür ist, daß in Südeuropa viel mehr Vermögen insbesondere in Form von Immobilien vorhanden ist. So etwas ist bei uns kaum erforderlich, weil eben die Rente einen Gutteil des Finanzbedarfes im Alter abdeckt. Hinzu kommt, daß sich die Deutschen viel größere Hoffnungen auf Erbschaften machen können (Immobilien außen vorgelassen) als die Südeuropäer, mit denen sie dann ihren Ruhestand wenigstens zum Teil finanzieren können.
Der Vollständigkeit halber hier noch einmal: es geht bei den Untersuchungen nicht um das Volksvermögen, sondern um das aggregierte Vermögen der Einzelpersonen. Das ergibt sich schon allein daraus, daß die Privatpersonen entfallende Staatsverschuldung (die ja auch Zahlungen in Form von Steuern nach sich zieht, die man eigentlich auch wieder abdiskontieren und berücksichtigen müsste) nicht berücksichtigt wird.
Natürlich, auch dieses Konsumverhalten ist ein Teil der Ursache.
Aber „objektiv“ ist auch die schlechte Netto-Reallohnentwicklung im wiedervereinigten D ein entscheidender Faktor, resultierend daraus der für das unterste Einkommensquartil deutlich gestiegene Wohnkosten-Anteil in diesem Zeitraum. Dazu das Parken der jungen Generation in verlängerten Ausbildungen, Praktika und prekären Beschäftigungsverhältnissen usw.
Auch solche rechtlichen Regelungen wie Hartz IV oder befristete Arbeitsverträge als Normalität macht langfristige Vermögensbildung schwieriger.
Das alles wäre ein extra Thread
Das ist sicher ein wichtiger Punkt.
Allerdings würde das am Ranking nicht viel ändern, dann Deutschland ist pro Kopf nicht weniger staatsverschuldet als die Südländer (Ausnahme Italien mit 10.000 Euro mehr pro EW)
(lediglich in Bezug auf BIP und Staatseinnahmen stehen wir viel besser da als die Südländer)
Das halte ich für fragwürdig angesichts dessen, dass in D das Rentenniveau deutlich schlechter ist als in den Südländern.
Zudem ist die Zeit, dass die Deutschen sich allesamt auf die Rente verlassen können ohne selbst Vermögen zu haben/bilden, vollkommen vorbei.
Zumindest die Bio-Westdeutschen.
Für die anderen Deutschen siehts nicht so gut aus.
Schon klar, aber es hat ja gerade mit der Aggregation der Vermögen zu tun, dass die Umlageverfahren-Rente nicht sinnvoll ins Vermögen eingerechnet werden kann.
Um mal eine Robinsonade zu machen: Robinson 60, Freitag 30 … Robinson hat X Rentenanspruch bis er 90 ist, Freitag muss im Umlageverfahren den Betrag X aufbringen bis er 60 ist … das ergibt aggregiert ein Nullsummenspiel, auch wenn es aus der individuellen Sicht von beiden als Vermögensbildung gesehen werden kann: R. weil er Rente bekommt und evtl. nicht alles verkonsumiert, F. weil er Rentenansprüche sammelt.
Und was im Falle eines Staatsbankrotts?
Forderungen und Kredite wären bestenfalls und nur dann als Vermögen zu betrachten, wenn diese auch tatsächlich bedient wurden.
Forderungs- und Kreditausfälle sind ja nicht unbekannt.
Daher würde ich beide nicht als Vermögen bezeichnen und als solche bewerten.
Oder wie Wikipedia schon im ersten Satz erläutert:
In den Wirtschaftswissenschaften ist Vermögen der in Geld ausgedrückte Wert aller materiellen und immateriellen Güter, die im Eigentum einer Wirtschaftseinheit stehen.
Für Rentenansprüche wohl nicht zutreffend. Und nicht umsonst lautet es Rentenanspruch, das ist begrifflich schon ein Unterschied zu einer schuld- oder vertragsrechtlichen Forderung, wenn man es genau betrachtet. Daher können Pensions- oder Rentenansprüche willkürlich geändert und angepasst werden.