Hallo,
eine Kamera, die das Verkehrsgeschehen filmt, ist definitiv keine „private“ Angelegenheit mehr.
Simitis BDSG führt dazu in § 1 BDSG aus:
Mit der Wendung „für persönliche oder familiäre Tätigkeiten“ grenzt das Gesetz einen Bereich persönlicher Lebensführung ab von der beruflichen und geschäftlichen Sphäre. Hier betrachtet der Gesetzgeber denjenigen, der personenbezogene Daten erhebt, verarbeitet oder nutzt, als ebenso schutzbedürftig wie die Betroffenen und räumt diesen deshalb keinen rechtlichen Einfluss auf seinen Datenumgang ein. Entscheidend ist also, dass der Datenumgang im privaten Aktionskreis stattfindet. Diese Bedingung ist zugleich notwendig wie hinreichend. Wie intensiv die Belange von Betroffenen berührt werden, spielt keine Rolle. Auch der Umgang mit besonderen Daten nach § 3 Abs. 9 fällt unzweifelhaft unter die Ausnahme. Bei intensiven Rechtseingriffen können sich Abwehrrechte aus dem BGB ergeben. zur Fussnote [7]
Randnummer 150 Umso wichtiger ist es, dass die vom Gesetz verlangte spezielle Zwecksetzung streng eingehalten wird. Der Datenumgang muss mit allen seinen Bestandteilen und während der gesamten Dauer ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgen. Werden beispielsweise die Adressen des persönlichen Freundes- und Bekanntenkreises auch nur einmal für eine Direktwerbeaktion zugunsten eines Dritten zur Verfügung gestellt oder genutzt, so entfällt die Ausnahme. zur Fussnote [8] Der konkrete Werbezweck ist dabei unerheblich; eine gewerbliche Produktwerbung fällt genauso darunter wie der Hinweis auf die erwünschte Unterstützung wohltätiger Organisationen oder kommunaler Anliegen. Jegliche nach außen gerichtete, über den persönlichen und familiären Kreis hinaustretende Tätigkeit verlässt den privilegierten Rahmen. Die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit einem Familienbetrieb fällt deshalb ebenso heraus wie diejenige im Rahmen einer Heimarbeit. Dagegen gehört die Nutzung eines privaten Adressverzeichnisses durchaus zu den persönlichen Tätigkeiten, auch wenn Gruppenrundschreiben versandt werden, etwa mit Weihnachtgrüßen oder einer Virenwarnung. Eine erhebliche Größe einer Datensammlung oder eine hohe Intensität ihrer Verarbeitung schließen an sich einen persönlich-familiären Zweck nicht aus, können aber Indiz für eine darüber hinausgehende Zwecksetzung sein. zur Fussnote [9]
Randnummer 151 Die Frage, was als persönlich oder familiär einerseits oder als beruflich, geschäftlich oder sonst weitergehend andererseits anzusehen ist, richtet sich nach der Verkehrsanschauung. Zu den typischen persönlich-familiären Bereichen gehören z.B. Freizeit, Liebhabereien, Urlaub, privater Konsum, Sport, Unterhaltung; die typische dazu gehörende Datenverarbeitung betrifft z.B. Adressen, Telefonnummern, Webadressen, Emailadressen, Geburtstage, weitere Angaben von Freunden, Bekannten, Verwandten, Hobby- und Tauschpartnern, Kollegen (nur soweit ausschließlich für private Kontakte genutzt, nicht für die Koordination von Berufseinsätzen), Favorites/Bookmarks zum Internet-Surfen, die „History“ der privaten Browser-Nutzung, Email-Korrespondenz, alles gleich ob im PC, Notebook, Handheld, Smart Phone oder Telefon gespeichert oder auch auf einem Server abgelegt. Auch Daten über Internetrecherchen mit Suchmaschinen zu privaten Bekannten und deren Ergebnisse fallen unter die Ausnahme. Auf die Eigentumsverhältnisse an den verwendeten Medien kommt es grundsätzlich nicht an. Auch auf vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Medien kann grundsätzlich persönlich-familiärer Datenumgang stattfinden. Zu denken ist hier etwa an als „privat“ (nicht ausreichend: „persönlich“) bezeichnete Laufwerke (partitions) und an auch zur privaten Nutzung freigegebene Notebooks, Handhelds oder Mobiltelefone. Voraussetzung ist allerdings, dass der Datenzugang faktisch und rechtlich auf den Beschäftigten persönlich begrenzt ist. Muss ein Medium auf Anforderung dem Arbeitgeber ausgehändigt und müssen alle Daten lesbar gemacht werden, so entfällt die Ausnahme. Ein „Notfallkontakt“, also Namen und Erreichbarkeitsdaten einer im Notfall (etwa bei Bewusstlosigkeit des Beschäftigten) zu unterrichtenden Person, wird zwar allein im persönlichen Interesse des Beschäftigten und auf dessen Wunsch gespeichert, bezweckt aber die Information des Arbeitgebers und fällt daher nicht unter persönlich-familiär. Als beruflich zu qualifizieren sind die Tätigkeiten der Angehörigen der freien oder sonst selbständig ausgeübten Berufe, auch wenn sie im privaten Rahmen, also etwa vom Wohnzimmer aus, ausgeübt werden. Auch vorbereitende Tätigkeiten gehören zu den beruflichen, z.B. Marktforschung und Marketing. Bewerbungen sowie Aus- und Fortbildung, aber auch etwa die Vergütung, sind auf der Seite des Bewerbers bzw. Beschäftigten dem persönlichen Bereich zuzuordnen, auf der des Arbeitgebers oder Bildungsträgers dem Geschäft. Der Informationsaustausch innerhalb einer Organisation, etwa eines Vereins, oder einer Kirchengemeinde oder einer Interessengruppe (Selbsthilfegruppe, Fahrgemeinschaft), überschreitet den persönlich- familiären Rahmen. Auch wenn zur Informationsverbreitung eine allgemein zugängliche Website im Internet gewählt wird, wie etwa ein Webforum oder ein soziales Netzwerk, wird dieser Bereich verlassen, ohne dass es auf den intendierten Empfängerkreis ankommt. zur Fussnote [10] Die Verwaltung privaten Vermögens gehört grundsätzlich zum persönlichen Bereich, kann aber, wenn sie nach Form und Umfang geschäftliches Gepräge annimmt, darüber hinausgehen. Der familiären Tätigkeit steht die eine auf sonstige, dauerhafte Partnerschaft bezogene Tätigkeit gleich, solange es sich um eine private, nicht auf geschäftliche Zwecke gerichtete Verbindung handelt, wie etwa bei nicht familiär gebundenen Lebenspartnern oder Wohngemeinschaften. Ob zur Lebensgemeinschaft Kinder zur Fussnote [11] gehören, spielt keine Rolle.
Randnummer 152 Der betroffene Personenkreis wird meist den persönlichen oder familiären Zweck widerspiegeln. Das Gesetz verlangt aber nicht, dass zu allen Betroffenen eine persönliche oder familiäre Beziehung besteht. So können etwa durchaus Angaben zu Sportlern, Künstlern oder sonstigen Prominenten im Rahmen einer Liebhaberei gesammelt werden. Ebenso können in einem (nicht zur Veröffentlichung vorgesehenen) Tagebuch Angaben zu sonstigen Dritten enthalten sein. Stets müssen aber der gewählte äußere Rahmen, die organisatorische Anlage und die inhaltliche Konzeption der Datenverarbeitung die persönliche oder familiäre Zwecksetzung erkennen lassen. Deren bloße Behauptung ist irrelevant, wenn eine gewerbliche, politische oder sonstige weitergehende Zwecksetzung objektiv erkennbar ist.
Randnummer 153 Aus der speziellen Zwecksetzung ergibt sich auch eine Beschränkung hinsichtlich der verantwortlichen Stelle. Zwar grenzt das Gesetz, anders als die Richtlinie, zur Fussnote [12] die Anwendung der Ausnahme nicht ausdrücklich auf den Fall ein, dass die verantwortliche Stelle eine natürliche Person ist, doch können juristische Personen begrifflich keinen (eigenen) „persönlichen“ oder gar „familiären“ Tätigkeiten nachgehen. Die eindeutige Konzeption der Richtlinie schließt jeden Gedanken an eine Analogie, etwa im Sinne der „Unternehmensfamilie“ mit „Töchtern“ und „Schwestern“, aus. Andererseits setzt das Gesetz, ebenso wenig wie die Richtlinie, voraus, dass der Datenumgang stets nur von einer einzigen Person ausgeht. Der privilegierte familiäre Rahmen wird nicht überschritten, wenn beispielsweise die in einem Haushalt zusammenlebenden Familienmitglieder unter Nutzung desselben PC eine Adressdatei gemeinsam pflegen und/oder nutzen (oder verstreut lebende über ein Netzwerk), solange sich die Nutzung nur insgesamt im persönlichen Bereich bewegt.
Ich glaube, dass diese Beispiele zeigen, dass mit dem privaten Bereich etwas völlig anderes gemeint ist als eine Kamera, die das Verkehrsgeschehen filmt.
Kontrollüberlegung: Wenn das Aufnehmen und Speichern von öffentlichen Straßen noch dem rein privaten Gebrauch unterfallen würde, heißt das nichts anderes als dass ich überall in der Öffentlichkeit Kameras aufstellen und Persönlichkeitsrechte Dritter massiv beeinträchtigen kann, solange ich das nur „für mich“ speichere und das ganze BDSG wäre nicht anwendbar.
Es gibt sicherlich keine Aufsichtsbehörde für Datenschutz in Deutschland, die diese Auffassung teilen würde.
VG
EK