De facto 'Aus' des Stabilitätspaktes durch D & F

Unter Führung von Frankreich und Deutschland, welche beide deutlich die Maastrichtkriterien nicht einhalten können (oder wollen), wurde ein „Kompromiss“ im Ecofin ausgehandelt. Dieser läuft auf die kommende Bedeutungslosigkeit des Stabilitätspaktes hinaus! Konkret wurden die laut Vertrag eigentlich inzwischen bald fälligen Strafen aufgrund des nicht einhaltens ganz vom Tisch gewischt und stattdessen „versprachen“ D und F die Maastrichtkriterien in Zukunft bald wieder einhalten zu wollen.

Auch wenn man kurzfristig gesehen davon ausgehen muss, dass diese totale Aufweichung des Paktes der europäischen (und wenn schon das nicht dann zumindest der deutschen und französischen)Wirtschaft zugute kommen wird. Erstens durch vermehrte öffentliche Investitionen und zweitens durch eine Schwächung des (zu starken) Euros.

Doch man hört ja immer, das in der heutigen Zeit der Sinn für das langfristige Denken abhanden gekommen ist. So auch in bei diesem Thema:
Erst in der Stagnation zu beginnen antizyklisch zu wirtschaften (wie es ua D u. F jetzt wollen) hätte auch der Vater des „deficit spendings“,J. Keynes, auch nicht empfohlen. Wenn die Politiker der Meinung sind, dass antizyklisch gehandelt werden soll, dann sollte man damit in der Hochkonjunktur beginnen. (Dh: Die Wirtschaft zu dämpfen wenn sie floriert um dann wenn sie stagniert, sie fördern zu können). Aber wie nur allzu oft wird in der Hockonjunktur prozyklisch verfahren, um sich dann wenns bergab geht auf Keyens zu berufen und auf Pump die wirtschaft zu fördern. Das funktioniert aber nur solange bis den Staat die Schulden übermannen.

Meiner Meinung nach hätte man eine Aufweichung des Paktes, wenn das der Wunsch der Politiker sein sollte, schon viel früher fordern müssen, und zwar als er geschaffen wurde, zur Zeit der Hochkonjunktur. Das wäre eine ehrliche und zielführende Politik gewesen (leider führt eine solche Art der Politik sehr schnell zum politischen Selbstmord, da die Bürger sie nur schwer verstehen können)

Daraus folgt, dass jetzt eigentlich der schlechteste Zeitpunkt des in Frage stellens des Paktes ist. Das hätte man vorher machen müssen, als man dazu keine Notwendigkeit sah.
(um es anschaulicher zu machen ein Vergleich: Wenn man im Falle eines Brandes die Kosten für die Hausrenovierung von einer Versicherung ersetzt bekommen möchte, sollte man diese Versicherung wohl besser vor dem Hausbrand abgeschlossen haben. Es wird ja auch keiner auf die Idee kommen zur Versicherung zu rennen um eine Polize abzuschließen, wenn gerade das Dach zu brennen beginnt.)

Ich bin also nicht gegen eine Politik des Deficit spendings die jetzt teilweise von D und F vertreten wird, nur soll man nicht versuchen halbe Sachen zu machen und sich nach dem Wind drehen und wenden, wie es eben gerade passt.

Denn wer war es denn der den Stabilitätspakt so streng gewollt hat… genau: Es war unter anderem D, das Land das jetzt mit F am stärksten für dessen nicht Einhaltung plädiert. Meiner Meinung nach ist das eine unglaubwürdige Politik. Nur weil ua deutsche Politiker geglaubt hätten dieser Pakt könnte sich nie gegen ihren eigenen Staat richten, schufen sie ihn in dieser Strenge. Und jetzt da er sich unerwarteter Weise gegen seine Initiatoren richtet, ist er ihnen plötzlich zu streng. Und da die „Sünder“ sich ihre „Strafe“ selbst wählen dürfen, da sie die Macht der Strafsetzung bei Nichteinhaltung wohlweislich nicht an die Kommission übergaben, belassen sie es bei dem Versprechen sich in Zukunft zu bessern.

Das alles macht EU-Politik unglaubwürdig, wenn solche Fälle sich wiederholen, wird sich bald keiner mehr auf EU-Regelungen verlassen, da sie im Zweifelsfalle (dann wenn sie greifen würden) am besten gleich wieder abgeschafft werden.

Deshalb bin ich der Meinung das unbedingt die Komission vollständig für die Einhaltung des Stabilitätspaktes verantwortlich sein sollte, denn sie vertritt noch am ehesten die europäischen Interessen. Die Sünder sich selbst bestrafen lassen (sprich: der Ministerrat behält die Macht)halte ich für grob fahrlässig, denn man sieht am jeztigen Umgang mit dem Pakt zu was das führt.
Ähnliche Situation gibt es sicherlich auch anderswo in der Europapolitik und dort sollten auch die EU-Organe Kommission und Parlarment auf Kosten des Ministerrates gestärkt werden um das, was mit dem Stabilitätspakt passiert ist, dort zu verhindern.

MFG
Chris

Sehr richtig, Deutschland hätte die Reformen, die jetzt verhandelt werden, schon 1998 nach der Regierungsübernahme durchführen müssen. In dieser Phase hatten wir ein solides Wachstum und 1998 ein Defizit von lediglich 2,8% des BIP. Wenn schon damals gründlich reformiert worden wäre, hätten wir nicht nur eine bessere Finanzsituation, sondern auch eine geringere Arbeitslosigkeit und nicht immer neue Hiobsbotschaften, die zu weiterer Verunsicherung führen.

Ich kann die Befürchtungen vieler anderer Länder verstehen, die um die Stabilität des Euros fürchten und verärgert sind! Sie sind in Vertrauen auf den Stabilitätspakt das Risiko eingegangen, ihre eigene Währung – ein Stück nationaler Souveränität – aufzugeben, und bei der gemeinsamen europäischen Währung mitzumachen. Wenn Deutschland und Frankreich ihre Haushalte nicht im Griff haben, geht das nicht nur Deutschland und Frankreich etwas an, sondern alle, die mit uns und ihren Ersparnissen im gemeinsamen Boot sitzen.

Die Kritik, der Stabilitätspakt biete zu wenig Spielraum für antizyklische Politik, kann ich nicht teilen. Wer in guten Zeiten seine Hausaufgaben macht, für den bieten 3% genug Spielraum für Konjunkturförderung. Wer dagegen selbst konjunkturstarken Zeiten ein strukturelles Defizit von mehr als 2% hat, für den erscheinen 3% freilich zu knapp bemessen.

Hi,

ich würde auch gern ein Wort darüber verlieren, aber bitte erst du im Brett „deutsche Sprache“ zu diesem Text, damit wir wenigstens nicht aneinander vorbeireden.
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…

Gruß
Frank

Über die Sinnhaftigkeit des Stabilitätspaktes kann man wohl durchaus streiten
(ich maße mir da mangels Sachkompetenz kein Urteil an). Aber die eigentliche
Tragödie dieses Vorfalls ist wohl darin zu sehen, daß damit ein weiterer
Schritt hin zur Schaffung von zwei Klassen von Mitgliedstaaten vorgenommen
wird.

Wetten, für kleinere Staaten wie Luxemburg, Österreich oder Belgien hätte es
keine Extrawürste gegeben wie für D und F?

Man soll nicht die Hand beißen, die einen füttert.
Bisher hat D und F nur gezahlt, Spanien z.B. nur kassiert.

Jetzt will Spanien D und F böse in die Sch… reiten,
oder zumindest noch weiter reindrücken, als es unsere
glorreiche Regierung eh schon geschafft hat.

Wenn tatsächlich D und F für Ihre Mitgliedschaft
in der EU totgemolken werden würden, würden beide
Länder vorher die EU verlassen, und damit ebenfalls
natürlich garn nichts mehr zahlen.

Ohne Goldesel wären die Reststaaten ganz schnell
ebenfalls weniger an einer eigenen Mitgliedschaft
interessiert.

Die Aussetzung des Verfahrens ist der Einzige Weg
zur Rettung der EU, falls sie trotz Schröder und
co noch zu retten sein sollte.

Gruss, Marco

Hi!

Um was geht es dir eigentlich in deinem Beitrag?

Falsches fiskalisches Verhalten der Regierung in Abhängigkeit zur Konjunktur? Das hat es auch schon vorher gegeben und ist keine Folge des Stabilitätspaktes.

Aufweichung der Maastrichtkriterien? Das hat es doch schon bei der Einführung des Euros gegeben, als sich bestimmte Länder, u.a. auch Deutschland, ihre Staatshaushalte mit allerlei Tricks schön gerechnet haben.

Das wirklich Dramatische, was gerade in Brüssel geschehen ist, stellt die Verletzung internationaler Verträge dar. Alle Euro-Teilnehmerstaaten haben den Stabilitätspakt unterschrieben und sich somit einem internationalen Regelwerk - eben einem multilateralen Vertrag - unterworfen. Und jetzt, wo es zum ersten Male ernst wird, da kümmert man sich um einen feuchten Kehrricht, was in diesem Vertrag steht. Das ist der eigentliche Skandal von Brüssel.

Wie will man eigentlich den neuen EU-Mitgliedsstaaten gegenüber auftreten, wenn die auf Beitritt zum Euro pochen? Will man Polen oder Ungarn ablehnen mit dem Argument, das Haushaltsdefizit liegt über den vertraglich vereinbarten drei Prozent? An der Weichsel und in der Puszta wird man sich biegen vor Lachen!

Die Ereignisse von Brüssel sind der erste Nagel im Sarg des Euros. Oder wie Alan Greenspan, der Chef der US-Notenbank, am 2.Mai 1997 bereits in der International Herald Tribune prophezeite:
„Der Euro wird kommen, aber er wird keinen Bestand haben.“

Grüße
Heinrich

Es wird nun sehr klar deutlich, daß die EU eine Missgeburt ist und von Anfang an nur die Vorteile gewisser Teilnehmer im Vordergrund standen.

Nichts gegen einen offenen Markt, aber eine gemeinsame Währung heisst auch gemeinsame Pflichten. Wenn aufgrund dieses Manövers der Euro „weich“ wird, werden sich hunderttausende Kreditnehmer in Auslandswährungen herzlich bedanken.

Wer leistet Schadensersatz?

Dusan

Hallöchen mal :smile:

Auch wir Österreicher zahlen ganz fleissig in den Topf ein.
Doch wenn wir uns an einen vertrag nicht halten oder den geändert haben wollen ( siehe Transit vertrag )dann können wir gleich in ein Plastiksackerl reden hat den selben effekt :smile:

Deswegen Danke D und F mann hat den kleinen wieder einmal gezeigt wo sie sich die gleichberechtigung und Vertragstreue hinstecken können.

Alles libe Gerald :smile:

Hallo Heinrich

Um was geht es dir eigentlich in deinem Beitrag?

Falsches fiskalisches Verhalten der Regierung in Abhängigkeit
zur Konjunktur? Das hat es auch schon vorher gegeben und ist
keine Folge des Stabilitätspaktes.

Das wirklich Dramatische, was gerade in Brüssel geschehen ist,
stellt die Verletzung internationaler Verträge dar. Alle
Euro-Teilnehmerstaaten haben den Stabilitätspakt
unterschrieben und sich somit einem internationalen Regelwerk

  • eben einem multilateralen Vertrag - unterworfen. Und jetzt,
    wo es zum ersten Male ernst wird, da kümmert man sich um einen
    feuchten Kehrricht, was in diesem Vertrag steht. Das ist der
    eigentliche Skandal von Brüssel.

Falls es nicht so deutlich hervorgekommen ist, möchte ich es hiermit betonen: Mich besorgt, wie auch erwähntest, der riesige Vertrauensverlust in wichtige Regelung der EU. Wie soll ein transnationales regieren von Europa jemals auch nur ansatzweise funktionieren können, wenn die eigenen Regeln nicht eingehalten werden.
(Meine Meinung: Nicht weniger Macht für die EU schützt kleinere Staaten, sondern das Gegenteil: Eine schlagkräftige EU kann dafür sorgen das ausgemachte Regelungen auch eingehalten werden und nicht nur das Recht des Stärkeren gilt.)

Hallööchen,

Wie will man eigentlich den neuen EU-Mitgliedsstaaten
gegenüber auftreten, wenn die auf Beitritt zum Euro pochen?
Will man Polen oder Ungarn ablehnen mit dem Argument, das
Haushaltsdefizit liegt über den vertraglich vereinbarten drei
Prozent?

das ist überhaupt nicht das entscheidende Problem. Vielmehr ist das problem, daß sich die derzeitigen Regierungen in den EU-Beitrittskandidaten von den jeweiligen EU-Gegnern die Frage gefallen lassen müssen, warum sie in den jeweiligen Ländern rigide Sparkurse durchziehen, um die EU-Beitrittsvoraussetzungen zu erfüllen, wenn doch Vertragsbruch in der EU inzwischen akzeptiert ist bzw. vorgelebt wird.

Genauer: Die EU-Beitritte der Länder sind gefährdet, in denen noch nicht endgültig dem Beitritt zugestimmt worden ist. Die EU-Gegner werden die besseren Argumente auf ihrer Seite haben.

Gruß,
Christian

Gemeinschaftssinn vs. Nationalismus
Tatsache ist doch, daß das Projekt Euro ein Gemeinschaftsprojekt war, daß vor allem von Deutschland und Frankreich - auch unter der Hinnahme von Zugeständnissen - vorangetrieben haben. Gerade Kohl war ein Verfechter der vorprommaierten Sanktionen gegen vertragsbrüchige Euro-Länder.

Inzwischen gab es in Deutschland einen Macht- und in Frankreich einen Politikwechsel. Nun verflogt an nicht mehr gemeinsame Ziele, sondern die eigenen. Die Sanktionen waren festgelegt, da gibt es kein vertun, mehr dazu siehe auch hier: FAQ:227

Die Aufweichung der Kriterien bzw. der politische Abbruch des Ablaufes ist ein Problem für alle, aber die Ursache liegt nicht im Euro an sich, sondern in der Politik Deutschlands und Frankreichs.

Gruß,
Christian

Dann mal her mit dem Hammer!

Die Ereignisse von Brüssel sind der erste Nagel im Sarg des
Euros. Oder wie Alan Greenspan, der Chef der US-Notenbank, am
2.Mai 1997 bereits in der International Herald Tribune
prophezeite:
„Der Euro wird kommen, aber er wird keinen Bestand haben.“

Dann laßt uns hoffen, daß die restlichen Nägel schnell folgen, damit die Beerdigung nicht so lange auf sich warten läßt, und dass Greenspan recht behalten wird.

Schröder kann ja weiterhin soviel Mist bauen, wie er will. Wenn dadurch aber als Nebeneffekt der Euro wieder verschwindet und die DM wieder kommt, hat er seinen Platz als einer der größten Helden in den Geschichtsbüchern sicher. Und natürlich auch noch ein paar Amtszeiten.

Gruß
Dan