Dementen-WG gründen?

Hallo Leute!

Ich will mit meiner Frau und noch Jemand zusammen eine WG gründen, in der Demente voll umsorgt wohnen und betreut werden können.

Wer weiss, wo man über die gesetzlichen/rechtlichen Hintergründe und eventuelle Gründungsbeihilfen Informationen bekommen kann?

Hallo,

sorry, aber so einfach ist das Thema nicht, und es braucht dazu schon einen erheblichen Hintergrund, den ich aus deiner Frage so gar nicht erkennen kann.

Zunächst einmal muss man aufpassen mit der Trennung der Bereiche Wohnung, Pflege und Hauswirtschaft. Wenn das alles aus einer Hand kommt, ist es keine Wohngemeinschaft mehr sondern ein Heim mit allen entsprechenden Pflichten von der baulichen Ausstattung über die Notwendigkeit der Beschäftigung einer examinierten Pflegedienstleitung, bis hin zu …

Das klassische Modell sieht daher so aus, dass jemand den Vermieter gibt, es einen hiervon getrennten Pflegedienst gibt, den die Bewohner selbst im jeweils nötigen Umfang beauftragen (wobei grundsätzlich die Möglichkeit gegeben sein muss, dass diese auch einen beliebigen anderen Pflegedienst beauftragen können), und weiterhin ein Hauswirtschaftsdienst existiert, der ebenfalls gesondert von den einzelnen Bewohnern nach Bedarf beauftragt wird. Durch die Einzelbeauftragungen Pflegedienst und Hauswirtschaftsdienst stellt man dann sicher, dass eine ständige ausreichende personelle Ausstattung vor Ort gewährleistet ist.

Damit die Sache finanziell funktioniert muss man den richtigen Anteil Selbstzahler haben (je mehr um so besser). Wie hoch der mindestens sein muss, ergibt sich aus einem vorab aufzustellenden Businessplan für mindestens ein Jahr im Voraus, in den alle laufenden Kosten und erwarteten Einnahmen in konservativer Betrachtung einfließen. Hierzu muss insbesondere die Situation vor Ort analysiert und richtig eingeschätzt werden.

Das ist alles nichts für Leute, die „gerade ein leerstehendes Haus haben“, sondern die aus der Branche kommen, und wissen wie der Hase dort läuft, die richtigen Kontakte haben, …

Ich habe vor einigen Jahren mal bei so einem Businessplan für eine Mandantin entwickelt, und das Konzept ist sagenhaft gut aufgegangen, der Laden gehört inzwischen zu den führenden Anbietern hier vor Ort. Das war aber auch eine Gründerin, die selbst jahrelang schon in verantwortlichen Positionen in der Branche angestellt tätig war, sich über die guten Kontakte in eine Fachklinik blitzschnell die „Erstausstattung“ an Bewohnern sichern konnte, die Immobilie hatte, …

Wenn man nur die Immobilie hat, wäre es anzuraten, sich vor Ort mit einem ambulanten Pflegedienst zusammen zu tun, um so eine Geschichte gemeinsam zu entwickeln.

Gruß vom Wiz

Hallo Wiz!

Danke für deine ausführliche Antwort.

Das meiste war mir schon bekannt, ich habe meine Frage hier auf Wunsch meiner Frau gestellt, die dieses Thema schon seit über einem Jahr verfolgt und sich auch in den letzten Tagen wieder Objekte angesehen hat, die mit 10 - 20 Zimmern vermietet werden - ein Kauf ist uns finanziell nicht möglich - und bei den Vermietern und Maklern auf offene Ohren gestoßen ist mit ihrem Vorhaben.

Meine Bedenken bei dieser Unternehmung sind hauptsächlich die Finanzierung beim Start (bis das Haus entsprechend eingerichtet und voll vermietet ist, werden wohl einige Monate verstreichen und einige zigtausende Euros verbraucht) und die Frage, wie man den potentiellen Vermietern eine Sicherheit für ihre Mieteinnahmen bieten kann.

Meine Frau hat nur ein mittleres geregeltes Einkommen,
ich als Selbstständiger nur ein sehr geringes.

Ich habe in vielen Jahren der eigenen Selbstständigkeit schon mehrere eigene Unternehmungen durch Zahlungsausfälle meiner Kunden bedroht gesehen.

Da meine Frau Krankenschwester mit Gerontologie-/Dementen-Zusatzausbildung ist, würde sie das Ganze wohl organisieren, und ich würde vermutlich als Vermieter (und damit Hauptmieter des Gesamtobjektes) fungieren müssen.

Welcher Eigentümer eines größeren Objektes würde mich als Hauptmieter akzeptieren, ohne Sicherheiten für seine Mieteinnahmen zu haben?

Das Ganze steht und fällt m.E. abhängig davon, dass die Dementen bzw. deren Angehörige oder finanziellen Betreuer solvent sind.

Die Pflegedienstleistung, die ein zu beauftragender Ambulanter Dienst durchführen würde, wird ja von der Krankenkasse resp. Pflegeversicherung bezahlt.

Aber wie sicher ist das Geld für das Wohnen = die Miete „unserer“ Dementen-WG?
Und da wir ja auch Verpflegung und Hauswirtschaft anbieten würden, wie sicher ist das Geld für Speisen und Getränke und Wäschewaschen etc?

Hallo,

10-20 Zimmer ist für eine WG zu groß. Die WG soll ja das Gefühl einer eher familiären, kleinteiligen Umgebung bieten. Mehrer WGs in einem Gebäude sind natürlich machbar, aber man sollte erst einmal klein anfangen. Und wie es überall im Leben ist: Man braucht Startkapital. Natürlich kann man - Sicherheiten vorhanden - auch einiges über Kredite machen, aber ansonsten klappt das alles nicht.

Was man in Eurer Situation machen könnte, wäre mit dem Eigentümer eines anderweitig nicht vermietbaren Objektes gemeinsame Sache zu machen. So eine Geschichte habe ich auch schon mal angeleiert, allein auch da fehlte dann das Kapital/die Sicherheiten für die nötige Erstausstattung, obwohl da schon die Kosten für nicht vermietete Zimmer wegfielen.

Der Markt ist übrigens so eng, dass diese Modelle sich eigentlich nur über den Pflege- und den Hauswirtschaftsdienst rechnen. Die Mieten sind normalerweise nur knapp kostendeckend, wenn Du ein anständiges Objekt mit entsprechendere Ausstattung, Garten, … hast. D.h. der spannendere Teil ist der Aufbau und Betrieb von Pflege- und Hauswirtschaftsdienst über eigene juristische Personen. Lohnen tut sich die Sache wie schon geschrieben auch nur, wenn ein Großteil der Leute Selbstzahler sind, und sich den „Luxus“ des Hauswirtschaftsdienstes auch in entsprechendem Umfang leisten können. Die gesetzlichen Sätze sind kaum kostendeckend.

Gruß vom Wiz

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Hallo Wiz!

Danke für deine weiteren Ausführungen!

Kannst du uns noch, ohne das Rechtsberatungsgesetz zu verletzen, folgende zwei Fragen beantworten - oder Anlaufstellen nennen, wo uns diese beantwortet werden?

1.) Wenn ich als Hauptmieter der WG an diese Untermieter der WG vermiete und nicht selbst überwiegend in dem Objekt wohne, wird das m.W. als gewerbliche Vermietung betrachtet, und ich muss auf die Netto-Miete Umsatzsteuer draufschlagen, welche meine Untermieter als Privatpersonen aber nicht steuerlich gegenrechnen können, ich hätte also „ein 19%iges Problem“, da mein Vermieter mir meine Gesamtmiete wohl nicht mit ausgewiesener Umsatzsteuer berechnet.
Stimmt das so oder gäbe es da eine Gestaltungsmöglichkeit, bei der Untervermietung - die ja offensichtlich eh nur so gerade eben kostendeckend durchführbar wäre - eine Umsatzsteuerpflicht zu vermeiden?

2.) Die Gemeinschaftsräume und die einzelnen Zimmer putzen, Wäsche waschen, Essenszubereitung, Kleinreparaturen etc. müsste eine andere (ggf. nur juristische) Person organisieren, verwalten und durchführen, die Raumpflegerin und Köchin und Hausmeister beschäftigt.
Die Betreuung, die Pflege und die Hilfe bei alltäglichen Verrichtungen werden wiederum von anderen Person / Unternehmen gemanagt und geleistet.
Müssen alle diese einzelnen Unternehmungen bzw. Personen den Untermietern ihre Dienstleistungen direkt einzeln berechnen, oder kann ich als Hauptmieter und Untervermieter des Objektes diese Posten sammeln und so wie Strom / Heizung / Wasser / Müllgebühren zusammen mit der Miete abrechnen?

Wie geschrieben:
Falls dies zu sehr in’s Detail geht, kannst du mir Adressen nennen, wo mir das beantwortet wird?

Hallo,

zu 1. Bitte Steuerberater aufsuchen.

zu 2. Die Trennung von Unterbringung, Pflege und Hauswirtschaft ist für WG-Modelle zwingend, und es wird hier ein strenger Maßstab angelegt. D.h. der Bewohner muss zwingend drei Verträge abschließen, und muss auch grundsätzlich darin frei sein, ob und welchen Pflegedienst er in welchem Umfang engagiert, und ob und welchen Hauswirtschaftsdienst in welchem Umfang.

Natürlich werden bei Einzug dann normalerweise drei Vertäge mit Vermieter, dem „zugehörigen“ Pflege- und Hauswirtschaftsdienst (jeweils mit eigenen Geschäftsführern) unterzeichnet. Aber das Risiko besteht immer, dass es mal zum Krach kommt, der Bewohner in der liebgewonnenen Umgebung bleibt, sich aber dann von einem externen Pflege- oder Hauswirtschaftsdienst versorgen lassen will, was man ihm auch nicht verbieten kann. Damit kann der Businessplan dann schnell gerissen werden.

Gruß vom Wiz

Hallo Wiz!

Nochmals Dank für deine Ausführungen.

Damit hast du meine Befürchtungen über die Schwierigkeiten des Vorhabens meiner Frau zum größten Teil bestätigt, z.T. sogar übertroffen.

Ich für meinen Teil bin damit „bedient“, das Risiko werde ich gar nicht erst eingehen, selbst wenn es irgendwie finanzierbar wäre.

Hallo,

du bist oder warst Unternehmer, aber das was du beschrieben hast, ist nicht nur kein Business Plan, es ist überhaupt kein Business. Ein professionelles Pflegeheim könnt und wollt ihr ja nicht gründen, das ist was für absolute Verwaltungsprofis und Investoren mit sehr tiefen Taschen.

Ein ambulanter Pflegedienst kann natürlich zu euch genauso kommen wie in jede andere Privatwohnung, aber das hat mit Mietkosten oder Verpflegung überhaupt nichts zu tun. Diese Leistungen und Kosten sind einfach vertraglich zu vereinbaren mit den Bewohnern bzw. mit deren Pflegschafts-Beauftragten. Ob das sichere Einnahmequellen sind, steht auf einem anderen Blatt, auch ob der Vermieter dich als Garanten für die Mieteinnahmen akzeptiert - eigentlich wäre das unlogisch, denn du selbst könntest die Miete ja nie und nimmer bezahlen.

Und Hauswirtschaft wäre noch ein Thema für sich, da gibt es aberhunderte von Vorschriften, die auch behördlich überwacht werden, praktisch darfst du nicht einmal einen Kartoffelsalat anmachen ohne Gesundheitsprüfung.

Ich habe wirklich kein Interesse daran, euch zu entmutigen, im Gegenteil, aber da meine Mutter pflegebedürftig ist, habe ich schon manche Einblicke bekommen, wie schwierig das selbst für gute Heimleitungen ist.

Gruss Reinhard

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Hallo,

ich bin begeistert von der Idee. Wäre toll, wenn es so etwas mehr gäbe. Für Betroffene, die keine Familie hinter sich haben, die sich kümmern kann.
Nehmt dann aber lieber Leute auf, die noch in der Lage sind, die WG als Zuhause annehmen können. Generell bin ich dafür, alte Leute, die ja am meisten von Demenz betroffen sind, so lange wie möglich in ihrem Umfeld/Zuhause versorgen zu lassen. So sind die täglichen Abläufe doch länger am Laufen als in einer neuen Umgebung, wo sie sich nicht auskennen.
Ich bin ein wenig spät, ist das Thema bei Euch überhaupt noch aktuell?
Wenn ja, steht Euch noch einiges bevor und ich wünsche Euch gutes Gelingen.

tender12

Hallo und danke dass du dich dafür begeistern kannst.

Ich für meinen Teil habe damit schon Ende Mai abgeschlossen, meine Frau verfolgt es allem Anschein nach auch nicht weiter.