Demenz und Schwierigkeiten bei der Ernährung

Hallo,

meine Oma ist 91 Jahre alt und ist von fortgeschrittener Demenz betroffen. Sie lebt in einem Pflegeheim. Die eine Hälfte des Tages verbingt sie im Rollstuhl, die andere Hälfte im Bett liegend und sie braucht Hilfe beim Essen, und sehr viel Geduld. Sie ißt vielleicht zwei, drei Löffel Joghurt, dann schläft sie wieder ein, oder lehnt die Ernährung zwischendurch ab, dann nach einer halben Stunde nimmt sie wieder zwei Löffel etc.

Bei der heutigen Situation in der Altenpflege verständlich, dass niemand vom Personal Zeit hat, sich den ganzen Tag mit ihrer Nahrungsaufnahme zu beschäftigen. Die Sondennahrung löst bei ihr Durchfall aus, weshalb das Pflegepersonal ihr diese nicht mehr gibt.

Wir möchten nicht beim Verhungern unserer Oma zusehen. Wir leben 150 km und 50 km entfernt und sind beide vollzeit berufstätig, dennoch nutzen wir jeden freien Tag und jedes Wochenende, um uns abwechselnd den ganzen Tag lang um die Oma zu kümmern. Dennoch bereitet uns ihr jetziger Zustand Sorgen. Pflegezeit zu nehmen ist aus finanziellen Gründen nicht möglich. Wir überlegen, ob ein Umzug in ein für uns näher gelegenes Heim sinnvoll ist, aber andererseits auch, ob man das der Oma noch zumuten kann.

Was können wir tun, um ihr Wohlbefinden zu verbessern und eben nicht dem schlechenden Hungertod zuzusehen?

Danke und Grüße von der Schnägge

Hallo,

aus der emotionalen Sicht der Angehörigen ist so eine Situation furchtbar. Ein geliebter Mensch wird immer weniger. Der Geist und die Erinnerung verblassen, die Körperkräfte lassen nach, Ernährung wird immer schwieriger, und trotz progressivem Krankheitsverlauf, hohem Alter und einem uns an sich ja allen bewussten und unvermeidbaren Lebensende, hofft man natürlich immer noch auf Besserung, will einen geliebten Menschen nicht gehen lassen, und nicht einen vollkommen natürlichen Lauf der Dinge akzeptieren.

Ich habe hier schon oft geschrieben, wie man mit hochkalorischen und wohlschmeckenden Drinks wie Fresubin und Co. Menschen helfen kann, die keinen Appetit mehr haben, wenn die sonstige Situation noch irgendwie den Anschein macht, dass Hilfe möglich und auch im Interesse des/der Betroffenen ist.

Ich bewundere es sehr, wie gut Ihr Euch hier trotz großer Entfernung kümmert, und dass Du hier intensiv nach Hilfe und Unterstützung suchst. Ich möchte Dich/Euch als Angehörige aber hier aufgrund deiner Schilderung wirklich bitten zu überlegen, inwieweit Maßnahmen zu einer Lebensverlängerung in diesem Fall tatsächlich im Sinne der Betroffenen sind/sein können, und ob man hier nicht den in der Nahrungsverweigerung zum Ausdruck kommenden Willen mit der Folge einer weiteren Schwächung und eines dann ungehindert verlaufenden, unbelasteten Sterbeprozesses akzeptieren sollte. Denn hier besteht nach deiner Schilderung mE die nicht geringe Gefahr statt zu einer Lebensverlängerung zu einer Leidensverlängerung zu kommen.

Es geht dabei auch nicht darum Nahrung oder Flüssigkeit zu verweigern, sondern lediglich darum den Willen der Betroffenen in Bezug auf das Maß dessen, was noch gewünscht wird, zu akzeptieren. D.h. durchaus immer wieder liebevoll anzubieten, aber eben auch nicht aufzudrängen und zu zwingen.

In unzähligen Beratungen und Fällen zum Thema Betreuung/Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung, … habe ich die unterschiedlichsten Einstellungen von Menschen zu dem kennengelernt, was sie sich für ihr Lebensende wünschen, und was sie diesbezüglich ablehnen. Dabei wird keine Maßnahme so vehement und in überwältigender Mehrheit abgelehnt, wie der Einsatz einer PEG-Magensonde, wenn diese nur noch dazu dient ein mehr oder weniger auf die Körperfunktionen beschränktes Leben zu verlängern, was gerade bei fortschreitender Demenz immer droht. Daher gibt es inzwischen sogar schon massenhaft Rechtsprechung dazu, dass Angehörige gerade eben auch in Fällen, in denen der Sterbeprozess noch nicht eingesetzt hat, bei unumkehrbarer, dauerhafter Zustandsänderung einen Abbruch einer künstlichen Ernährung durchgesetzt haben.

Wenn hier in einer Einrichtung von sich aus in durchaus weiser und im Interesse der Betroffenen liegenden Art und Weise ein solcher Behandlungsabbruch vorgenommen worden ist, dann könnt Ihr Euch eigentlich trotz der Dramatik der Situation nur glücklich schätzen, dass man dort nicht das wirtschaftliche Interesse einer möglichst langfristigen Belegung (man spricht bei der Magensonde auch gerne von "heimfähig machen), in den Vordergrund gestellt hat, sondern sich mit viel Realitätssinn und Respekt vor den (mutmaßlichen) Wünschen der Betroffenen entschieden hat. Ihr solltet dies als Zeichen sehen, dass auch Profis an einem Punkt angekommen sind, wo man außer liebevollem Kümmern und palliativen Maßnahmen leider nichts mehr tun kann, und akzeptieren muss, dass sich ein Leben dem Ende zuneigt.

Ich weiß nicht ob, und wie offen man von Seiten der Einrichtung in diesem Zusammenhang das Gespräch mit Euch gesucht hat. Solche Gespräche sind nicht einfach, belasten auch das Personal in den Einrichtungen massiv, und daher gibt es da natürlich ein hohes Meidungspotential. Auch mir fällt die Ansprache dieses Themas hier über die Anonymität und Entfernung natürlich deutlich leichter, als wenn ich Dir jetzt gegenüber sitzen müsste. Aber ich denke, es ist wichtig, dieses Thema offen anzusprechen.

Solltet Ihr zu dem Entschluss kommen, keine weiteren aktiven Maßnahmen in Bezug auf die Ernährung mehr unternehmen zu wollen, dann solltet Ihr Euch überlegen, ob in Bezug auf besseren Personalschlüssel, und mehr Zeit für die Betreuung in der letzten Lebensphase hier vielleicht der Umzug in ein Hospiz eine Möglichkeit wäre.

Ich wünsche Dir viel Kraft!

Gruß vom Wiz

Moinmoin,

Bei der heutigen Situation in der Altenpflege verständlich,
dass niemand vom Personal Zeit hat, sich den ganzen Tag mit
ihrer Nahrungsaufnahme zu beschäftigen.

Haben die denn keine Beschäftigungstherapeuten oder ähnliches? Die machen sowas auch mit.

Die Sondennahrung löst
bei ihr Durchfall aus, weshalb das Pflegepersonal ihr diese
nicht mehr gibt.

Was ist denn das für eine Argumentation? Lieber verhungern als Durchfall. Erstmal ist da wohl ein Gespräch mit der Heimleitung fällig, wegen gefährlicher Pflege. Und der nächste Schritt währe dann, sich mal an die Heimaufsicht zu wenden.

LG
Andreas

Hallo,

Du würdest also tatsächlich mit über 90, hochgradig dement, von ständigen Durchfällen gequält und mit einem dauerhaft schmerzenden wunden A… längerfristig und ohne Aussicht auf Gesundung vor Dich hin vegetieren wollen?

Es hat seinen ganz natürlichen Sinn, Grund und Zweck, dass alte und kranke Menschen in der letzten Lebensphase üblicherweise keinen großen Appetit und Durst mehr haben, aufgrund der damit einhergehenden Schwächung immer weniger von ihrem eigenen Elend mitbekommen, viel schlafen, und dann in Würde und oft ohne große Schmerzen einfach irgendwann nicht mehr aufwachen.

Würdest Du für Dich wollen, dass man Dir diesen an sich von der Natur vorgesehenen, und äußerst gnädigen Weg verweigert, und Dich mit stattdessen mit schmerzhaften Behandlungen quält und zwingt noch die paar Wochen länger leben zu müssen, die Dir andernfalls erspart blieben?

Es gibt leider zu viele Einrichtungen, die aus wirtschaftlichen Interessen heraus Menschen ein natürliches sterben verweigern, und in denen es egal zu sein scheint, wie viel vermeidbare Schmerzen und vermeidbares Leid dadurch den Betroffenen zugefügt wird, ohne dass dadurch ein von den Betroffenen als lebenswert empfundenes Leben sinnvoll verlängert wird.

Der Mensch muss nicht nur sterben, er hat auch ein Recht darauf so leicht sterben zu dürfen, wie es die Umstände gestatten. Wenn hier in einer Einrichtung dieses Recht respektiert wird, dann verdient dies Anerkennung.

Gruß vom Wiz

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Hallo,

wir sehen das ähnlich. Wir wissen, dass sie nicht mehr wie früher werden wird, dass das alles mit größeren oder kleineren Qualen verbunden ist, und dass sie bald gehen müssen wird. Das akzeptieren wir auch.

Es ist (leider?) nicht so, dass sie eindeutig Nahrung ablehnt. Mal ja, mal nicht. Mittlerweile sehe ich es auch so, dass ständiges Herumfuchteln mit einem Löffel nicht das Mittel der Wahl ist.

Wir möchten allerdings nicht, dass sie qualvoll verhungert, austrocknet oder sonst wie leidet. Das mit dem Hospizdienst ist eine gute Idee, auf die uns der Pflegedienst bislang leider nicht gebracht hat. Wir versuchen es mal in die Richtung. Danke. :smile:

Hallo,

vielleicht ist es zum Thema „Verdursten“ eine Beruhigung für Euch, dass es vollkommen normal und üblich ist, dass ältere Menschen - ohne darunter zu leiden - zunehmend weniger trinken. Nicht umsonst wird auf dem Thema bei älteren Menschen in besserer Verfassung immer so herum geritten, müssen Trinktagebücher in den Einrichtungen geführt werden, … Aber solange jemand noch bei Bewusstsein und rein körperlich in der Lage dazu ist, wird er sich bei entsprechenden Angeboten das nehmen, was er tatsächlich braucht, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, also ein tatsächlich empfundenes Durstgefühl zu stillen.

Eine gängige Formulierung in Patientenverfügungen ist daher, dass man sich in der letzten Lebensphase eine Flüssigkeitsgabe wünscht, die ein Durstgefühl ausschließt, ohne aber die physiologische notwendige Menge zu erreichen. D.h. dass nur angeboten wird, eine Ablehnung aber akzeptiert wird, und keinerlei Maßnahmen ergriffen werden, die auf Gabe der physiologisch notwendigen Menge abzielen, also z.B. Infusionen.

Statt dessen kann man dann feuchte Tücher für die Lippen, Wattestäbchen für den Mund und auch einen Vernebler einsetzen, um die Schleimhäute feucht zu halten, damit es hier nicht noch zu Sekundärproblematiken kommt, die mit Schmerzen verbunden sein können. Bei der aktuellen Hitze bietet sich auch ein einfaches Wassereis am Stiel ggf. mit etwas mildem Fruchtsaft an, mit dem man mal durch den Mund streicht um Kühlung und Befeuchtung zu erreichen. Das wären Dinge, die Ihr hier auch machen könntet, wenn Ihr davon ausgeht, dass diese dem Willen der Betroffenen entsprechen.

Bei der sonstigen Ernährung wäre ich vor dem oben bereits genannten Hintergrund, dass sich jemand, der dazu noch in der Lage ist, sich zu nehmen, was er braucht, auch beruhigt. Zudem würde ein Verhungern schon rein zeitlich einem Versterben aufgrund einer aus physiologischen Gründen unzureichenden Flüssigkeitsgabe deutlich nachgelagert einsetzen. D.h. die aufgrund der weitgehenden Ablehnung von Flüssigkeit eintretende Schwächung führt zwar in Verbindung mit fehlender Nahrungsaufnahme zu einem recht baldigen Tod, jedoch ohne dass es zum Empfinden eines Verhungerns kommen sollten. Wir alles kennen es ja von üblen Magen-Darm-Erkrankungen, dass wir vollkommen problemlos mal einige Tage ohne Essen auskommen und wir überhaupt kein Verlangen nach fester Nahrung verspüren.

Gruß vom Wiz

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Hallo Wiz,

vielen Dank für diesen einfühlsamen sehr qualifizierten Beitrag.

Meine Erfahrung ist - und das mag regional unterschiedlich sein - daß man jemand, der bereits in einem Pflegeheim untergebracht ist, nur schwer in ein stationäres Hospiz bekommt, denn es ist ja auch Aufgabe des Pflegepersonals im Heim das Sterben zu begleiten. Bei Hospizunterbringung wird zuallererst ein Hospizgutachten des behandelnden Arztes benötigt.

Allerdings kann es durchaus sein - je nach lokaler Situation - dass ehrenamtliche MitarbeiterINNen eines ambulanten Hospizdienstes auch in Heime gehen und dort sterbende Menschen begleiten.

Wenn ein dementiell veränderter Mensch in ein Hospiz aufgenommen werden soll, dann wäre es außerdem wichtig, zu klären, ob das Pflegepersonal auch im Hinblick auf Demenz fortgebildet ist. Das ist nicht selbstverständlich. Sonst hat man nämlich die gleichen Probleme wie bei der normalen Krankenhausunterbringung eines dementiell veränderten Menschen.

Ein guter Indikator dafür, ob in einem Hospiz auch die dementielle Problematik im Blick ist, wäre, ob unter dem Plegepersonal auch ausgebildete Altenpflegerinnen mit gerontopsychiatrischer Zusatzqualifikation arbeiten. Das ist übrigens auch wichtig bei CA-Patienten mit Gehirnmetastasen.

Viele Grüße

Iris

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Moinmoin,

Du würdest also tatsächlich mit über 90, hochgradig dement,
von ständigen Durchfällen gequält und mit einem dauerhaft
schmerzenden wunden A… längerfristig und ohne Aussicht auf
Gesundung vor Dich hin vegetieren wollen?

Das steht nicht in der Frage. Die ältere Dame sitzt den halben Tag im Rollstuhl, dämmert also wohl eher nicht im Rollstuhl dahin.

Der Mensch muss nicht nur sterben, er hat auch ein Recht
darauf so leicht sterben zu dürfen, wie es die Umstände
gestatten. Wenn hier in einer Einrichtung dieses Recht
respektiert wird, dann verdient dies Anerkennung.

Schon recht, aber das hat nicht das Pflegepersonal zu entscheiden, sondern ein Arzt und ein Gericht. Es gab schon genügend Pflegepersonal, die NACHGEHOLFEN haben. Das Pflegepersonal mach es sich etwas einfach, wenn es sagt, „Die Frau bekommt Durchfall von Sondenkost, deshalb lassen wir sie verhungern.“ Das hat nicht das Pflegepersonal zu entscheiden.

Für soche Bewohner gibt es spezielle Pflegekräfte, die in Demzbetreuung ausgebildet sind, so wie ich. Wenn das Pflegeheim keine Demenzabteilung hat, wird es Zeit die Dame in ein Heim zu verlegen, wo es eine Demenzbetreuung gibt.

LG
Andreas

Hallo,

es ist ja einiges geschrieben worden zum gehen lassen, da werde ich jetzt nichts weiter zu schreiben - sehe das ähnlich.

Kann nur aus eigener Erfahrung mit unserer Oma sagen, das diese trotz wirklich fortgeschrittener Demenz immer noch gerne isst, allerdings viel weniger als vorher.
Und sie ist am liebsten süß. Zuckersüß. Viele wissen nicht, das das süße Geschmacksemfinden das ist was bleibt, und auch oft das einzige ist, was demenzkranke schmecken. Und dementsprechend würde ich schauen, das die Dame viel süßes essen kann , Schokolade, Kuchen, Obstpürree mit süßem Quark, etc.

Ausserdem gibt es immer die Möglichkeit, hochkalorische Drinks zu geben, die schmecken gut und haben alles wichtige .

lg

Brenna

Ja genau so habe ich das auch gelernt im Altenheim.

Den älteren Herrsschaften schöne süße warme Mahlzeiten servieren das essen sie wirklich gerne.

Und immer wieder versuchen etwas anzureichen.
Und verschiedene Sachen probieren.

Einige die normal so gut wie garnichts trinken wollen trinken sehr gerne einfach warmes Wasser mit Zucker …

Also Zucker ist wirklich sehr wichtig.

Hallo,
Ich weiss nicht ob dir meine Meinung noch hilft, ich geb sie dir trotzdem.
Im normalen Pflegeheimen ist für Demente kein Platz, keine Zeit vorhanden, diese Tatsache liegt klar auf dem Tisch, außerdem fehlt dafür speziell geschultes Personal.
Über enige Kommentare kann nur den Kopf schütteln. Das die Sondenkost abgesetzt wurde ist richtig, denn durch den Durchfall verliert deine Oma nur noch meht Flüssigkeit und Elektrolyte. Aber Sondenfirmen bieten auch verträglichere Kost an, frag einfach mal beim Personal nach. Desweiteren gibt res hochkalorische Küchlein die echt lecker schmecken,läuft ihe z.b. das Trinken aus dem Mund kann man dieses andicken, so kann Flüssigkeit auch gelöffelt werden. Weiterhin sollten Demente nicht von weißen Tellern essen, da sie dieses oft nicht sehen, und oft liegt noch eine weiße Tischdecke darunter und schon hat der demente verloren. Der Teller sollte noch einen farblichen Rand haben, Lieblingsspeisen sollten bevorzugt werden und individuell angeboten werden.Vielleicht solltest du dich über ein spezielles dementen wohnheim informieren, z.b " Holle". Oft sind auch Eßstationen sehr hilfreich, d.h. auf der gesamten Staion sind Ecken mit leckeren Speisen und vorallem mit viel Kalorien. Ich kenne deine oma nicht, auch nicht das Heim, also ich weiß nicht ob es hilft.
Ich weiß nicht ob deine Oma gesagtes noch versteht und umsetzen kann, deswegen spricht man validierend mit dementen, um sie dort abzuholen wo sie stehen.
Gib mir doch ma ein Feedback :smile: