Demenzdiagnose besprechen

Moin,
bei meinem Vater (86) wurde eine Demenz diagnostiziert. Die Vermutung hatte ich schon lange, daher finde ich diese Diagnose nicht überraschend.
Noch ist er räumlich orientiert, zeitlich so einigermaßen, erkennt auch noch Leute die er schon länger kennt, der Uhren- und andere Tests gingen aber total in die Hosen. Das passt auch zum alltäglichen Verhalten (sehr vergesslich, komplizierten Sachverhalten nicht mehr folgen können, ‚anhänglich‘ werdend…)
Der Neurologe hat die Diagnose meiner Mutter am Telefon erklärt und überlässt es ihr, was er bei der Untersuchungsbesprechung meinem Vater sagt.
Meine Frage ist: wer hat hier Erfahrung mit der Mitteilung/nicht Mitteilung der Diagnose an den Erkrankten. Hat es noch Sinn das zu erklären? Oder fördert das vielleicht nur die Ängstlichkeit und führt zu Panik?
Im Voraus Dank für Tipps…lux

Guten Tag,

ja, das ist eine heikle Sache. So ganz verstehe ich den Neurologen nicht. Der müsste doch genug Erfahrung haben und wissen, wie man einem Patienten die Diagnose beibringt. Drückebergerei??

Wie sieht es denn mit dem Hausarzt der Familie aus? Der könnte/sollte/müsste ohnehin Bescheid erhalten. Der könnte auch diverse Fragen beantworten und euch beraten.

Wie hat denn der alte Herr reagiert, als dieser Uhrentest daneben ging? Schon etwas geahnt? Derjenige, der den Test durchgeführt hat, was hat der denn gesagt?

Von Verschweigen oder gar Anlügen halte ich gar nichts. Sobald der Vater mehr Pflege braucht, nicht mehr alleine imstand ist, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern, taucht ohnehin die Frage nach einem offiziellen Betreuer auf.

Liebe Grüße
Hagazussa

hallo
vorweg: ich habe keine erfahrung - denke aber, dass aufklärung individuell angepasst erfolgen sollte.

Der Neurologe hat die Diagnose meiner Mutter am Telefon
erklärt und überlässt es ihr, was er bei der
Untersuchungsbesprechung meinem Vater sagt.

ich kann mir vorstellen, dass der neurologe den angehörigen die entscheidung überlassen möchte, weil sie den vater kennen und seine reaktion besser einschätzen können.
aus diesem grund finde ich das vorgehen ganz einfühlsam.

Hat es noch Sinn das zu erklären? Oder fördert das vielleicht
nur die Ängstlichkeit und führt zu Panik?

dieses „noch sinn“ hängt auch davon ab, ob alles geregelt ist, was geregelt sein muss…

ich tendiere eher zu einer abgeschwächten form der aufklärung um - wie du sagst - sorge, angst und panik nicht zu schüren.

gruß
dots

Danke für deine Einschätzung,
ich denke nicht, dass der Neurologe sich drücken will. Vielleicht ist der Hausarzt eine gute Idee. Das werde ich meiner Mutter vorschlagen

Wie hat denn der alte Herr reagiert, als dieser Uhrentest
daneben ging? Schon etwas geahnt? Derjenige, der den Test
durchgeführt hat, was hat der denn gesagt?

Ich bin mir nicht sicher, ob er gemerkt hat, dass das nicht so gut geklappt hat. Bei anderen Tests hat er gemeint, ‚da würde man ja erst merken, dass man vergesslicher wird…‘

Von Verschweigen oder gar Anlügen halte ich gar nichts.

Ich auch nicht. Allerdings denke ich mir, es hat auch keinen Sinn Sachverhalte erklären zu wollen, die er vielleicht nicht mehr erfassen kann. Und zu machen ist nichts. …
Gruss…lux

…, dass aufklärung
individuell angepasst erfolgen sollte.

Ja, das stimmt sicher. Es gibt doch aber ‚Stadien‘ die doch sehr ähnlich ablaufen, denke ich mir mal.

ich kann mir vorstellen, dass der neurologe den angehörigen
die entscheidung überlassen möchte, weil sie den vater kennen
und seine reaktion besser einschätzen können.

Ja, das ist auch meine Einschätzung.

dieses „noch sinn“ hängt auch davon ab, ob alles geregelt ist,
was geregelt sein muss…

Ja, ich denke alles ist soweit geregelt.

ich tendiere eher zu einer abgeschwächten form der aufklärung
um - wie du sagst - sorge, angst und panik nicht zu schüren.

Tja, hier stimme ich dir zu. Bin mir nur unsicher wie so eine abgeschwächte Form aussehen soll. Wie ‚verpackt‘ man eine Demenz? Bei anderen Krankheiten besteht idR zumindest die Aussicht auf Besserung.
Auf jeden Fall Dank für deine Reaktion.
Gruß…lux

hallo

…, dass aufklärung
individuell angepasst erfolgen sollte.

Ja, das stimmt sicher. Es gibt doch aber ‚Stadien‘ die doch
sehr ähnlich ablaufen, denke ich mir mal.

mit individuell meinte ich: was kann der betroffene zum jetzigen zeitpunkt verkraften.

ich tendiere eher zu einer abgeschwächten form der aufklärung

Tja, hier stimme ich dir zu. Bin mir nur unsicher wie so eine
abgeschwächte Form aussehen soll. Wie ‚verpackt‘ man eine
Demenz?

ich könnte mir vorstellen, dass sie sich in der „vergesslichkeit“ verpacken liesse, die ältere menschen an sich (und anderen) beobachten können - und die als „normal“ und altersentsprechend angesehen wird.
ob der betroffene sich damit zufrieden gibt oder mehr wissen möchte wird das gespräch zeigen. ein vorgespräch mit dem hausarzt? neurologen? um die richtung bei eventuell weiterführenden fragen ungefähr festzulegen scheint mir sinnvoll und unterstützend für deine mutter.
ich würde nicht wesentlich mehr erklären als nachgefragt wird.

gruß
dots

Hallo,

also ich kann dir nur meine persönliche Meinung dazu sagen.
Dein Vater merkt ja was mit ihm los ist. Vielleicht hat er sich eine Fasade aufgebaut, aber er merkt doch dass er vergesslich wird.

Macht es nicht viel mehr Angst, wenn die Sache keinen Namen hat? Wenn ich benennen kann, was mir fehlt dann kann ich darüber sprechen. Aber wenn ich der Krankheit keinen Namen geben kann, bleibe ich stumm.

Und dann ist er es, der sein Leben verliert. Vielleicht ist es ganz wichtig für ihn sich zu verabschieden.
Er wird ein ganz anderer Mensch werden und sollte selber entscheiden dürfen wie er sich verabschieden möchte.

Ein wichtiger Punkt ist auch, wenn ihr darüber sprecht kann er vielleicht auch noch Punkte suchen die ihm helfen sich zu erinnern. Vielleicht ein Bild im Wohnzimmer, dass er gerne mochte oder eine Musik die er gerne hört. Wenn er solche Sachen erhalten kann, tut er sich später mal leichter sich zu orientieren.
Ihr habt vielleicht auch so die Gelegenheit euch von ihm zu verabschieden.
Vielleicht möchte auch er euch sagen, dass er traurig ist und vielleicht Angst hat.

Hmmm…ich würde es ihm sagen.
Ich wünsche euch alles Gute

Hallo,

vor Jahren ist mein Vater als Alzheimer erkrankt und später verstorben.
Ich kann Dir nur sagen, dass es mir heute noch sehr leid tut, dass wir damals alle (Mutter und Geschwister) dieses Thema totgeschwiegen haben ihm gegenüber. Damals haben wir nach der Diagnose einfach „nur“ versucht, liebevoll mit ihm umzugehen auch in schwierigen Situationen.
Heute denke ich: Mein Gott, warum haben wir ihn damals mit seinen Gedanken - die er doch sicher hatte - so allein gelassen.

Aus diesem Grund würde ich also auch in diesem Fall lieber ein offenes Gespräch führen, um dann Deinem Vater auch in der Folge nahe sein zu können, und er seine Ängste und Gedanken nicht mit sich allein abmachen muß.

Alles Gute!
Hemba

Grundsätzlich möchte ich in diesem Fall sagen, dass es nicht gut ist, den Betroffenen über die Art der Erkrankung aufzuklären. Der Patient hat in dieser Phase meist sehr viel mit sich selbst zu tun, da er eine Orientierungslosigkeit zwar merkt, aber sich darüber nicht mitteilen kann. Eine Besprechung in Anwesenheit des Patienten beim Arzt, würde den Patienten nur belasten - vor allem in Anwesenheit der Angehörigen -. Er könnte weinen, ob dieser Diagnose und sich des heranschleichenden Endes mehr bewusst werden. Eine Demmenz ist nicht gleich Alzheimer, sondern eine Störung in Form von vermutlich aufgetretenen Hirninfakten, Blutungen etc, die zwar nicht lebensbedrohend sind, aber die Einschränkung fördern.
Ja ich denke, ein Gespräch zwischen Arzt, dem Patienten und den Angehörigen mindert keinesfalls auftretende Panikzustände.

Grüßle
Bernd Stephanny

Ja, er wird ein ganz anderer Mensch werden, darüber bin ich mir schon klar.
Ein Problem, das ich sehe ist die fehlende Behandlungsmöglichkeit bei einer Demenzerkrankung.
Und ich befürchte die Generation meiner Eltern ist nicht gerade die ‚selbstreflektierteste‘ und außerdem bin ich mir nicht sicher ob er es noch versteht…

Klar, wenn ich von mir ausgehe - ich würde es auf jeden Fall wissen wollen - sage ich jetzt… aber was, wenn ich schon einen Teil meiner Fähigkeiten verloren hätte?
Danke für deine guten Wünsche…lux

Damals haben wir nach der Diagnose einfach „nur“ versucht, liebevoll mit ihm umzugehen auch in schwierigen Situationen

Wenn ihr es geschafft habt auch in schwierigen Situationen liebevoll mit ihm umzugehen, dann finde ich, hast du dir gar nichts vorzuwerfen - denn du hast ihn nicht allein gelassen. Du und deine Familie habt doch noch bestem Wissen und Gewissen gehandelt - mehr kann man doch nicht machen. Ich bin mir z.B. wirklich nicht sicher, ob mein Vater das noch wirklich versteht oder vielleicht erst recht Panik bekommt. Die Medizin kann ihm gar nichts anbieten - evt. ein wenig verzögern, aber noch nicht mal das ist sicher. …

Was sicher ein wichtiger Punkt ist sind die Ängste und Gedanken die du ansprichst… ich versuche einen Weg zu finden für sie Raum zu finden ohne die genau Diagnose anzusprechen. Mal schauen wie das gehen könnte.
Danke für deine Erfahrung…lux

Ich glaube, ein Faktor, der noch bedacht werden sollte, ist das stolze Alter bzw. der sonstige körperliche Zustand.
Vieles würde ich für „Typsache“ halten:
Wo liegen die Ängste? (Verlust der Selbstständigkeit? Nicht mehr ernstgenommen werden? …)
Mit anderen Diagnosen würden evtl. Behandlungen einhergehen, daher fände ich das schonmal suboptimal.
Bei meinem Vater (keine Demenz, Hirntumor) war es so, dass er selbst gemerkt hat, dass etwas nicht stimmt, es nur nicht verbalisieren konnte. Das heißt aber nicht, dass er nicht in der Lage war, zu verstehen, was wir ihm erklärt haben (bzw. das war - bis zu einem bestimmten Stadium- recht tagesformabhängig).

Und was m.E. ebenfalls wesentlich ist: Sich selbst bei der Entscheidungsfindung immer wieder Hinterfragen. Wenn ihr euch entschließt, es ihm nicht zu sagen, dann bitte nicht aus Bequemlichkeit oder Angst, sondern weil ihr wirklich meint, dass es für ihn das beste ist.

Hallo Bernd,
ich stelle mir auch vor, dass genaue Information in diesem Fall wahrscheinlich eher kontraproduktiv ist. Mit 86 muss einem klar sein, dass man wahrscheinlich mehr als die Hälfte seines Lebens hinter sich hat.
Gespräche, die in diese Richtung gingen wurden und werden eher lapidar beendet: ‚Wenn es vorbei ist, ist es vorbei‘

Ich habe es so verstanden, dass Demenz der Oberbegriff für unterschiedliche Erkrankungen ist die mit der Abnahme der kognitiven Fähigkeiten einher gehen und Alzheimer eine Form davon ist.
Danke für deine Einschätzung.
Gruß…lux

Hallo DSP78,

Und was m.E. ebenfalls wesentlich ist: Sich selbst bei der Entscheidungsfindung immer wieder Hinterfragen. Wenn ihr euch entschließt, es ihm nicht zu sagen, dann bitte nicht aus Bequemlichkeit oder Angst, sondern weil ihr wirklich meint, dass es für ihn das beste ist.

Das ist sicher ein wichtiger Punkt. Ich hätte keine Probleme darueber zu reden - würde es sogar vorziehen. Aber ob ihm damit gedient ist… ich bezweifle es inzwischen. Man kann ihm ja nun kaum was anbieten.
Danke für deine Einschätzung…lux

Hallo,

was, denkst Du, fängt Dein Vater mit einer ärztlichen Diagnose an, die da lautet: Demenz ?

Bestimmt hat er selbst schon bemerkt, dass er verschiedene Dinge nicht mehr auf die Reihe bekommt. Sicherlich verwirrt, verunsichert und beschämt ihn dieser Umstand, an dem er aber nichts ändern kann.

Wenn er vom Arzt oder von Dir sozusagen ‚mediznisch-amtlich‘ bestätigt bekommt, dass sein Gehirn nicht mehr mitspielt, kann er - sofern er die Tragweite der Diagnose noch aufnehmen kann - ängstlich, depressiv, aufbrausend werden, oder alles miteinander.

Möchtest Du ärztlicherseits bestätig bekommen, dass Dein Gehirn Dich zunehmend weiter und weiter im Stich lassen wird, und man gar nichts dagegen tun kann?

Wenn es Dir möglich ist, sage ihm nichts von der Diagnose. Du kennst sie, und weisst, was Sache ist. Dein Vater aber hat keinen Vorteil von der Bestätigung seines unabänderlich fortschreitenden geistigen Verfalles.

Grüße
Maralena

Moin Maralena,

Wenn es Dir möglich ist, sage ihm nichts von der Diagnose. Du
kennst sie, und weisst, was Sache ist. Dein Vater aber hat
keinen Vorteil von der Bestätigung seines unabänderlich
fortschreitenden geistigen Verfalles.

Das möchte ich so nicht stehen lassen.

Es hängt seeehr von der Person ab, die betroffen ist. Ich möchte schon wissen was mit mir los ist um dann entscheiden zu können, was ich noch machen möchte/kann.

Ein Beispiel:

Ein guter Berkannter, 35 Jahre, Leberkrebs, kein Alkoholiker, immer gesund gelebt, hat in „aller Ruhe“ noch „Alles“ geregelt und ist dann gestorben.

Zweites Beispiel:

Ein Verwander, 45 J., hat Alzheimer, ist medizinisch vorgebildet und geht damit offen um und organisiert noch sehr viel, ist aktiv.

Es gibt keine „Das ist die Lösung“.

LG Volker

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Hallo Volker,

ich gebe Dir durchaus recht, was Diagnosen betrifft, die nicht den geistigen Verfall betreffen. Da kann der Einzelne, so er die Wahrheit wissen möchte, durchaus noch einiges für sich regeln oder mit sich Frieden schließen oder was auch immer.

Was Demenz betrifft - der Fragesteller bezieht sich auf seinen 86jährigen Vater - sehe ich inzwischen die Sache anders.

Meiner Schwiegermutter, damals 76, haben wir die Wahrheit gesagt, als die Diagnose feststand. Sie hat nicht darauf reagiert. Ob sie sie verstanden hat, weiss ich nicht, ich befürchte aber schon. Sie tat einfach, als ob nichts wäre. Wie sie innerlich empfunden haben mag, und sie nicht mehr in der Lage war, darüber zu reden, will ich mir lieber nicht vorstellen.

Letzte Woche hat eine Bekannte die Diagnose Alzheimer vom Neurologen erhalten. Sie ist völlig durch den Wind und heult nur noch. Sie hat Medikamente erhalten, weiss aber, dass diese nur bedingt und eine zeitlang helfen. Sie sagt, sie hätte es lieber nicht erfahren, wie es um sie steht.

Viele Grüße
Maralena

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Hallo,wenn er selber gemerkt hat das er vergeßlich wird dann ist er doch noch ziemlich fit vom Kopf her.Dann würde ich von wem auch immer(Mutter o.Hausarzt) erklären lassen was er hat.Viele ältere Leute mit dieser Diagnose wollen dann den Rest ihres Lebens selbst vorweg planen und entscheiden,denn nachher können sie es nicht mehr.Lg

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