Demokratie in Gefahr

Hallo,

wie viel spricht für die Annahme, dass Lobbyarbeit in Deutschland mehr bewirkt als politische Wahlen, weil die Interessensvertretern den Politikern und den Bürgern den Gestaltungsspielraum diktieren?

Wie erfolgreich sind die Lobbyisten bislang gewesen? Beispiele?

Was könnte man den Lobbyisten entgegenhalten?

Grüße mki

Beispiele? Diesel !

Lobbyarbeit ist integraler Bestandteil der Demokratie. Ohne Lobbyarbeit würde eine Demokratie nicht funktionieren. Im demokratischen Willensbildungsprozess und in die konkrete Gesetzgebungsarbeit fließen die Beiträge der Lobbygruppen ein. Wenn du stattdessen von Interessenvertretern sprichst, klingt das auch schon nicht mehr so negativ besetzt.

Die geselleschaftlichen Interessengruppen bringen durch ihre Vertreter ihre Anliegen in den politischen Prozess ein. Wenn beispielsweise über Klimapolitik debattiert wird, ist damit gewährleistet, dass alle betroffenen und interessierten Bürger angehört und soweit möglich ihre Interessen berücksichtigt werden. Das wären dann beispielsweise die Gewerkschaften, wegen der Arbeitsplätze, der ADAC als Sprachrohr der Autofahrer, die Industrieverbände (verschiedene) als Vertreter der Kohle- und Kraftwerksindustrie und der Hersteller von Wind- und Sonnenkraftanlagen, die Umweltverbände als Vertreter der Naturschützer usw. usf. Am Schluss ist es Aufgabe der Politik, aus den widerstreitenden Interessen Entscheidungen abzuleiten.

Wenn man die Lobbyarbeit vernachlässigt, passieren handwerkliche Fehler im Gesetzgebungsprozess, es werden Auswirkungen übersehen, die eigentlich keiner wollte und die manchmal später nur schwer wieder zu beheben sind. So etwas passiert immer dann, wenn die Politik Schnellschüsse startet und deswegen auf eine sorgfältige Abstimmung mit den Interessengruppen verzichten.

Natürlich muss es auch Regeln und Grenzen geben, Lobbyarbeit sollte transparent sein, Spenden und andere Zahlungen sollten begrenzt werden und vor allem nicht verdeckt erfolgen usw.

In Deutschland funktioniert das System augenscheinlich leidlich gut, wir hatten in den letzten Jahren keine größeren Skandale. Gelegentliche Skandälchen kommen immer mal wieder auf (z. B. Rechtsanwaltskanzleien entwerfen Gesetzestexte), auch manche anrüchige Vermischung von Amt oder Mandat und Lobbyarbeit passiert hier und da (z. B. Exkanzler kassiert horrende Honorare von ausländischen Ölkonzernen), aber nach meiner Beobachtung hält sich das in Grenzen.

Ja!? Wer ist vor wem auf der Flucht? Und wer ist Diesel???

Grüße mki

Beispiele? Steinbrück! Er ließ Banken das Steuergesetz schreiben.

Steuergesetz?! Wer hat die Banken beauftragt? Sag´jetzt nicht Steinbrück…

Grüße mki

…die Interessensvertretern den Politikern und den Bürgern den Gestaltungsspielraum diktieren?
Wie erfolgreich sind die Lobbyisten bislang gewesen? Beispiele?
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Ein Beispiel ist das was heutzutage rund um den Diesel abgeht, nicht die Hosenfirma, sondern die privaten Autos, Ausstoss auf dem Pruefstand, Fahrverbote, Wertminderung, die anderen 765 Seiten Erlaeuterung spare ich mir hier.
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Was koennte man den Lobbyisten entgegen halten?
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Nicht mehr kaufen, manche wollen noch nicht mal einen Benziner-VW.

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Waren Autos bisher unangreiflich, einzige Möglichkeit der Mobilität und wertsteigernd?

Grüße mki

Auch Lobbyarbeit muss man differenziert betrachten. Wenn der Interessensverband der Blinden und Gehörlosen Aufklärungsarbeit betreibt, um die Situation von Blinden und Gehörlosen zu verbessern, dann ist das Lobbyarbeit. Und dass der Bundestag entsprechende Gesetze nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg entscheidet, ist durchaus sinnvoll. Im Grunde macht jede Bürgerinitiative, die sich an den Bundestag wendet, nichts anderes als Lobbyarbeit. Am anderen Ende des Spektrums steht dann die (negative) Lobbyarbeit, an die die meisten denken, wenn das Wort fällt: Konzerne, die mit halblegalen bis illegalen Methoden ihre eigenützigen finanziellen Interessen durchsetzen.

Die Frage ist also zu pauschal gestellt, um sie beantworten zu können. Das zum Beispiel Frauen heute nicht mehr ihren Mann um Erlaubnis fragen müssen, wenn sie arbeiten wollen, kann man durchaus als ein Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit betrachten. Ebenso die Tatsache, dass Homosexualität nicht mehr strafbar ist. Dafür haben Interessensvertreter gekämpft - und sie haben den Gesetzgeber überzeugt.

Man muss sich also durchaus die Frage stellen, welche Gruppe aus welchen Motiven heraus mit welchen Mitteln Lobbyarbeit betreibt, um Lobbyarbeit beurteilen zu können. Und wo die Grenze verläuft, an der aus berechtigter Interessensvertretung eine negative Beeinflussung wird. Das ist nicht einfach, weil die Übergänge fließend sein können. Und weil in vielen Situationen mehr als ein Interesse betroffen ist. Wenn der Gesetzgeber schlau ist, hört er sich alle Seiten an und kommt zu einem differenzierten Urteil. Möglicherweise ist das auch ein Merkmal von negativer Lobbyarbeit: Das nur eine Seite gehört wird.

Kurz gesagt: Ich kann Lobbyarbeit nicht pauschal verurteilen, weil ich nicht in einem land leben möchte, in dem Betroffene nicht gehört werden. Nichtsdestotrotz kann man die negativen Auswüchse von Lobbyarbeit anprangern. Auch das ist am Ende dann eine Form von Lobbyarbeit.

Gruß,
Max

Selbst das kann im Einzelfall sinnvoll sein. :slight_smile: Eine befreundete Juristin klagt gelegentlich über neue Gesetze, die so dilletantisch formuliert sind, das sie fast das Gegenteil von dem bewirken, was beabsichtigt war. :smile: Da gilt dann der alte Satz aus der Werbung: Besser, du hättest gleich jemanden gefragt, der was davon versteht. :slight_smile:

Liebe Grüßer,
Max

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Uhhh, ja. Ein böses Wort. Konzerne = illegal. Ist das allen klar?! Nein. Auch mir nicht.

Grüße mki

Ich finde das eine sehr differenzierte Analyse.

Grundsätzliche Frage stellt sich mir immer wieder, was sollte im Mittelpunkt der Politik und unserer Gesellschaft stehen? Der Mensch? Die Umwelt? Das Geld?
„Betroffen“ sind ja oft ganz verschiedene Gruppen von Menschen mit auch völlig verschiedenen Interessenlagen. Wie soll man da zu einer sinnvollen Entscheidung kommen?
Irgendwie hat man als „normaler Bürger“ zur Zeit das Gefühl, dass oft „das Geld“ gewinnt, also die „Betroffenen“ ihre Ziele durchsetzen, bei denen es um monetäre Gewinne geht.

Beatrix

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Siehe z.B.: https://www.zeit.de/wirtschaft/2012-12/lobbyismus-banken-steinbrueck

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Der Rudolf war wohl eher auf der Flucht vor sich selbst, deshalb ist er im Ärmelkanal …
Aber so ein Dampfer hat früher sicher mehr Feinstaub erzeugt als der Diesel. Ganz ohne Demokratie und so.

Deswegen gibt es ja sooooo viele verschiedene Lobbygruppen, weil es so viele unterschiedliche Interessengruppen gibt. Imker, Kleingärtner, Dachdeckerhandwerk, Vogelschützer, Radfahrer, Atomindustrie, Scheidungsväter usw. usf., die betreiben alle Lobbyarbeit.

Die „diktieren“ gar nichts. Sie tragen Ihre Ansichten/Einschätzungen vor. Gleiches gilt btw für Gewerkschaften. Und Adressaten sind die Politiker, nicht die Bürger. Die Bürger hingegen werden via Medien/PR im Sinne der Lobbys informiert. Das diese Ansichten nicht immer ausgewogen sein müssen, steckt schon im Wort (Partikular)Interessenvertretung.

Argumente.