Ja, tust du!
Hallo alleinerseits!
Mir sträuben sich die Haare. Ziel des Schulfaches Pädagogik ist es, zu vermitteln und zu erörtern, wie die Pädagogik im Laufe der Zeit das Menschenbild und seine Bildungsmöglichkeit sah und demnach handelte.
Dass es Zeiten gab und (oft regional herkunfts- oder schichtenspezifisch bedingt) auch heute noch Menschen gibt, die so denken, ist ein Fakt. Auch das muss also im Rahmen dieses Faches behandelt werden.
Es ist aber keinesfalls Aufgabe des „Lehrkörpers“ (ich greife diese von dir benutzte, geschlechtsneutrale, eigentlich aber sehr überholte und kaum noch verwendete Bezeichnung auf), euch seine Ansichten zu vermitteln.
Selbst wenn die Ansichten eures „Lehrkörpers“ mehr up to date oder gar unserer Zeit voraus wären: Ziel des Fachs ist nicht, die Verbreitung eigener Meinungen, sondern (s. o.) die der Erkenntnisse früherer Zeiten, die dann zu einer heute akzeptierten Konsequenz führen, die sich aber in Zukunft vermutlich zu neuen Erkenntnissen weiter entwickeln wird.
Selbst wenn du einen konservativen „Lehrkörper“ erwischt haben solltest, fällt mir schwer nachzuvollziehen, dass jemand sich heutzutage so verhält. Die Fragen der Kleidung und des technischen Verständnisses von Frauen sind seit Jahrzehnten in anderer Form geklärt.
Hast du vielleicht gefehlt (oder, tschuldigung, geschlafen), und der Lehrkörper hat euch gerade in eine Zeit versetzt, in die ihr euch einfühlen sollt, um die Mentalität der Menschen dieser Epoche zu verstehen?
Ich selbst (auch ein Lehrkörper) habe einmal meiner Klasse erklärt, dass ich ab sofort alle Blonden um eine Zenzur herabstufen würde, und alle, die zusätzlich blauäugig waren, um zwei, weil wissenschaftlich bewiesen sei, dass beides Belege für Minderbegabung wäre. Wir haben stundenlang darüber diskutiert, ich legte Beweise vor und begann demonstrativ, Zensuren in einigen Listen zu verändern. Als jemand anmerkte, ich sei ja selbst blond und blauäugig, erklärte ich, das bedute gar nichts, schließlich habe Hitler, selbst dunkelhaarig und dunkeläugig, auch festgestellt, dass Juden (damals immer in dieser Form dargestellt wurden) charakterlich minderwertig seien und deshalb ausgerottet werden müssten. Erst da merkten einige, worauf ich hinaus wollte. Mein Versuch am Tag darauf, Afrikaner und andere Dunkelhäutige unter Vorlage von „Beweisen“ als unterentwickelt, führungsbedürftig und sexversessen darzustellen, scheiterte daraufhin schonim Ansatz.
Solltest du aber der Ansicht sein, dass eurer „Lehrkörper“ euch tatsächlich Meinungen aufdrängen will anstatt Erkenntnisse anzuregen, solltest du etwas tun. Die hier schon genannte Rücksicht auf Zensuren darf da keine Rolle spielen. Oder, wenn du uns noch im Dritten Reich wähnst, wo nur der Führer recht hatte, kann ich dir sagen: Der „Lehrkörper“, der da vertritt, steht auch im Konflikt mit den Richtlinien, an die er sich halten müsste. Wenn du nicht zum Schulleiter gehen willst, dann geh zum Vertrauenslehrer. Der ist zur Verschweigenheit verpflichtet.
Gruß
Lothar