Hallo Pegasus,
naja - so in etwa.
Das blöde ist - nem Rollstuhlfahrer glaubt man, dass er nicht tanzen gehen kann, einem Depressiven siehst Du die Krankheit nicht an. Das macht es für den Betroffenen auch so schlimm, eben durch diese Sprüche. Ein Rollstuhlfahrer erkennt, dass der Spruch blöd gemeint war - ein Depri macht sich Schuldgefühle, weil andere sich Sorgen machen und helfen wollen und er nicht in der Lage ist, darauf einzugehen. Das kann übergehen in Selbsthass „Ich hasse mich, warum bin ich zu blöd, die Ratschläge anzunehmen? Krieg ich den gar nichts mehr hin? War ja klar, ich schaff das mal wieder nicht, wie immer, ich bin ein solcher Idiot!!!“
Solche Ratschläge geben auch oft das Gefühl, dass man zu Idioten gestempelt wird. Ich meine, die meisten Betroffenen wissen nur zu genau, dass Sport, Sonne, unter Leute gehen, Massagen, Sauna und dergleichen gut wären, um der Depression entgegen zu wirken. Das wissen die Betroffenen selbst und bekommen aber genau das dann von Außenstehenden mitgeteilt, als wäre es der Weisheit letzter Schluß und der Depri wäre zu blöd, das selbst zu wissen. Das kann auch aggressiv machen.
Ich habe die Depri so erlebt, dass ich absolut nicht mehr wusste, was ich will, kann, möchte, nicht möchte, was mir Spaß machen würde - kein Rausgehen, kein Reden, kein Erklären und doch das Bedürfnis, sich mitzuteilen, sich zu rechtfertigen vor den anderen, dass man wirklich ein Problem hat.
Hin- und Hergerissensein zwischen „Bin ich doch nur zu faul? Muss ich einfach nur meinen Hintern hochkriegen und mich zusammenreisen?“ und „Hilfe, ich dreh durch, ich kann nicht mehr, wer bin ich, ich steh das alles nicht durch, ich will ein anderes Leben, ich will nur im Bett bleiben und nichts sehen oder hören, ich bin völlig irr, verrückt, gehöre in die Klapse“.
Im hirn ist das ständige Grübeln „Warum, wieso, weshalb“, 24 Stunden lang, ohne Ziel, ohne Ergebnis, nur zwanghaftes Nachgrübeln, Selbstzerfleischung, Selbstmitleid, Neid auf andere.
Es ist unglaublich anstrengend gewesen. Mir gings jetzt ne Zeit besser, weil ich ne Entscheidung getroffen habe (Job aufgegeben). Das hat mich für vier, fünf Wochen aufwärts getrieben, hat mich aufleben lassen.
Nun erkenne ich, nachdem ich seit drei/vier Wochen zuhause bin, dass es zwar richtig war, den Job aufzugeben, dass es mir aber nicht nachhaltig besser geht. Im Gegenteil - von Tag zu Tag merke ich nun wieder, dass ich mir nur eingeredet habe, dass es mir besser ging. Mir gings es besser, weil sich etwas geändert hat in meinem Leben, was mir für wenige Wochen ein Gesprächsthema und ein Alibi für meine bessere Laune gegeben hat. Nun, wo sich die Aufregung über das Neue gelegt hat, erkenne ich, dass meine Probleme die gleichen sind wie vor der kündigung. Es hat sich nichts geändert, ich kann mich nicht länger selbst belügen. Und das zieht wieder gewaltig runter. Der Druck wird wieder größer, etwas zu finden, was mich wieder für wenige Zeit haufleben lässt.
Aber das kann nicht sinn und zweck des lebens sein, nur auf bestimmte Ereignisse hinzuleben, von dem Ereignis ein paar Tage aufzuleben, um danach wieder abzustürzen und auf das nächste Ereignis untätig zu warten.
Schwieriges Thema.
Grüße
alexa
Ich kann mir das inetwa so vorstellen, als wenn jemand zu
einem Rollstuhlfahrer sagt:
Komm geh mal Tanzen, dann wird es schon wieder, oder?
Pegasus