1b. dieser Satan wird dann anders auch als „Verführer“, „Versucher“ dargestellt, nämlich später im „Neuen Testament“, wo er zum Widerstand gegen die Gebote Gottes verführt.
Der Übergang von 1a nach 1b ist nun das, was mit interessiert. Vorallem die Gründe dafür und woher das kam. Das ist wiederum ein Punkt, wo ich zoroastrischen Einfluss vermute.
Im Grunde sind das 2 Fragestellungen, und beide bis heute nur zu beantworten durch eine Sukzession von zeitgenössischen Literaturen, in denen dieses Thema zur Sprache kommt. 1. die Frage nach einer im Judentum so nicht ursprünglichen manifesten dämonischen Gestalt des „Bösen“ mit unterschiedlichen Konturen (Verführer der Menschen zum Bösen bzw. zu Lüge und Betrug, oder Produzent allen Leids und Unglücks im Kosmos usw.) und 2. die Frage, wie es im jüdischen Horizont dazu kommt, daß dieser Gestalt ausgerechnet der Name „Satan“ zugelegt wird, obwohl der vormals eine o.g. hervorgehobene Stellung in der Umgebung des JHWH hatte.
Das Kriterium von Ockhams Rasiermesser, d.h. die nächstliegende Lösung, führt hier eindeutig in die awestische Literatur. Auch wenn dort ursprünglich (nämlich in den Gathas) die Polarität zwischen Mazda und Angra Mainyav _besteht, sondern (und das halte ich für das NT für sehr wichtig) zwischen Angra Mainyav („Böser geist“) und Sp.nta Mainyav („Heiliger Geist“). Mazda steht darüber.
Deutlicher als die Gestalten allein sind noch weitere Charakteristika, die zu ihnen gehören. Unter anderm wird beiden je ein Reich (Khschathra) zu geordnet. Wenn später der Heilige Geist dem Ahura Mazda undifferenzierbar eingeordnet wird, haben wir einen Gegensatz zwischen dem „Reich Gottes“ und dem „Reich des Bösen“. Das eine spielt eine Rolle für die auferstendenen Toten, die sich für „Ascha“ (Wahrheit, Recht), die gute Denkungsart, entschieden haben. Das andere ist der Kosmos, die irdische Welt, das Reich Angra Mainyavs, in der wir leben, in der die Menschen dazu verführt werden, sich für „Drug“ (gespr. drudsch, Trug, Lüge) zu entscheiden. Hier sind zahlreiche Elemente sehr deutlich im Joh.-Ev. wiederzufinden.
In zahlreichen jüdischen Apokryphen wird die Manifestation des Bösen in dieser Tradition vorbereitet. Liber Sapientiae, Vita Adae et Evae und vor allem das (äthiopische) Henoch-Buch (so genannt, weil nur eine äthiopische Version den Gang alles Endlichen überlebt hat). Hier ist es vor allem das auf Mißverständnis beruhende Mythem des Engelssturzes, unterschiedlich motiviert, das einem der Mitglieder des göttlichen Beraterstabes zugeordnet wird. Und - noch später - dann rückwirkend auch der Schlange im Garten Eden: Das ist dann Sammael oder Satan.
Das wäre, was ich in der hier nur möglichen Kürze, zu deiner Frage beitragen kann. Die awestischen Analogien sind beträchtlich, daß es ausgerechnet Satan erwischt, hängt damit aber nicht zusammen. Bei dem Fragekomplex darf allerdings die ägyptischen Mythologien und Eschatologien nicht außer Acht gelassen werden …
Gruß
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