Der "heilige" Sohn

Hallo,

ich möchte sehr gerne Meinungen und Denkrichtungen über ein Thema erfahren, welches ich selber erlebt habe und mir im Leben auch immer wieder über den Weg läuft:
Der „heilige“ Sohn

Diese Liebe einer Mutter zu ihrem Sohn!

Soo oft habe ich es schon erlebt- nun gerade ganz akut bei einer Freundin, deren Sohn mit 24 nun studiert und die erste feste Freundin hat und meine Freundin als Mutter richtig „am Rad dreht“.
Bei allem logischen Denken- und das kann sie durchaus gut- kommen dann Argumente von ihr, bei denen ich nur noch kopfschüttelnd dastehe und mich frage WAS da in den Frauen abläuft??

Da ist die Freundin die Böse, die den Sohn ja von der Mutter wegtreibt-- da werden psychische Störungen bei dieser Frau „diagnostiziert“- jeder Anruf wird als eigener Wertmaßstab gewertet.
Einerseits ist man ja so stolz auf den Sohn- andererseits wird es von den Müttern empfunden als ob die Söhne nicht lebensfähig ohne sie wären!

Ich könnte darüber ein Buch schreiben, was für zT absurde Aussage oder Ansichten von Müttern kamen oder kommen - ich frage mich WARUM das in dem Maße bei Söhnen so ist??

Bei Töchtern habe ich das in der Form noch niemals erlebt- bei Söhnen wirklich sehr oft.

Gibt es dafür eine Erklärung?
Legt man bei den Söhnen einen anderen Maßstab an als bei den Töchtern?
Und ist es nicht normal, dass man bei dem Ablösungsprozess der Kinder als Eltern leidet und sicherlich keine leichte Zeit hat-- aber es doch nicht sein kann, dass manche Mutter nach dem Auszug des Sohnes nur noch depressiv herum läuft (eine Freundin meiner Freundin).

lieben Gruß
kitty

Moin,

Diese Liebe einer Mutter zu ihrem Sohn!

das geht anders herum genauso prächtig, die Liebe der Väter zu ihren Töchtern.

Das wurde mir mal so erklärt.
Die Mutter erkennt in ihrem Sohn nicht wenig von ihrem Mann (bei Vätern/Töchtern eben umgekehrt) und eine Freundin (ein Freund) wird irgendwie als Fremdgehen interpretiert.

Zudem passiert das oft dann, wenn die Partnerschaft zum Vater (zur Mutter) eher gespannt oder gar getrennt ist.
Dann werden wohl viele Dinge auf die Kinder projektiert, meist nicht bewust.

Dann kommen da vielleicht noch Sachen wie geforderte Dankbarkeit etc. dazu. Sicher auch keine bewusten Vorgänge.

Gandalf

Hallo -
warum, weiß ich nicht.
Aber ich kenne eine solche Konstellation nur bei Mütter-Töchtern. Zwei totale Über-Mütter. Eine, das war eine Generation vor mir, da habe ich als Kind erlebt, wie die Mutter mindestens zweimal einen möglichen Schwiegersohn „weggebissen“ hat (schlecht gemacht vor der Tochter und vor den anderen). Der dritte Interessierte wurde schließlich zähneknirschend zugelassen, er war aus „besseren“ Verhältnissen (nebenbei: die Ehe war unglücklich, wurde nach 1 Kind und 10 Jahren mit ziemlichem Rosenkrieg geschieden). Als ich einige Jahre später zu meinem noch-nicht-Mann weit ins Ausland zog, fragte nämliche Tante meine Mutter: „Das lässt du zu??! Ich würde mich solange auf den Flugsteig legen und schreiben, bis sie dableibt.“ (zum Glück hat meine Mutter mir so eine Szene erspart, ich wäre noch schneller weggewesen).

Anderes Beispiel: Tochter ist in der Familie, die erste, die studiert. DIe Mutter macht fast alles an der Uni mit, sitzt vor Klausuren und Prüfungen mit Nahrung vor dem Prüfungszimmer, versucht mit zu Besprechungen zu gehen. Die Katastrophe kam, als die Tochter schließlich zu Hause auszog. Und tatsächlich bei einem Freund einzog. Die Tochter bracht den Kontakt ab. Seither Funkstille.

Von daher glaube ich, dass diese Art der (dysfunktionalen) Beziehung immer möglich ist, egal ob Töchter oder Söhne, bzw. Väter oder Mütter (wobei sich das jeweils sicher in Details anders auswirkt).

Siboniwe

Hallo,

wie siboniwe habe ich das auch bei Müttern von Töchtern beobachtet. Die Mutter unterdrückt jeden Ausdruck des „Eigenen“ ihrer Tochter, sieht sie als Konkurrenz und Spiegel des Negativen (Tochter lebt anders als die Mutter- die Mutter sieht sich in Frage gestellt, was nicht sein darf).

Vermutlich liegt das einerseits daran, dass die Mutter sich selbst nicht sieht, nicht zu sich steht, innerlich leer ist (und anderes auch nicht der Tochter „erlauben“ kann), andererseits, dass sie die Tochter als Selbsterweiterung „braucht“. Die Tochter wird benutzt, ist dafür notwendig und kann daher nicht losgelassen werden. Mit mehr Distanz müsste die Mutter evtl. die Realität ihrer selbst und ihrer Tochter, die sehr wohl allein lebensfähig ist, erkennen. Die Kinder sollen bitte immer klein (und zuhause) bleiben.

Das ist mit Söhnen sicher nicht anders, außer, dass der Sohn weniger zur Identifikation als als Partnerersatz missbraucht wird.

LG Igeline

Hallo,

das Konzept der Selbsterweiterung finde ich sehr treffend! Allerdings ist das kein neues Phänomen, sondern vermutlich so alt wie die Menschen seit dem sie im Familienbund leben und Arbeitsteilung pflegen. Das klassische Beispiel wäre die Übernahme des Betriebes durch das Kind (meistens der Sohn). Dadurch wurde/wird nicht nur das Erbe gesichert, sondern es bedeutet oft auch, dass das Kind nicht auszieht, wenigstens anwesend ist und womöglich die greisen Eltern in der jüngeren Generation gepflegt werden.

Auf heute bezogen mag es andere Ursachen haben - also keinen Familienbetrieb, der aufrechterhalten werden muss, sondern subjektiv empfundene Fehlleistungen, die das Kind durch Leistung wieder gut machen soll. Ein Partner / eine Partnerin kann da schon mal zum Problem werden, da für diese womöglich eine andere Lebensplanung im Vordergrund steht.

Für die Kinder klammernder und fordender Eltern ist mit zunehmenden Alter und Partner ein riesen Problem. Manche schaffen das nur durch einen Kontaktabbruch.

Viele Grüße

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Bei Töchtern habe ich das in der Form noch niemals erlebt- bei Söhnen wirklich sehr oft.

Das liegt dann wohl an den Müttern, die als Töchter von Müttern ihre Söhne zu Mttersöhnchen züchten mit dem Ergebnis, dass diese sich Ersatzmütter suchen, die Söhne und Töchter haben usw.

Hallo,

ich kann das so nicht bestätigen, ausser das das sicher auch ein ganz eigener Typ Frau ist der so handelt.

Meine Schwimu ist nicht so, ist generell aber ein netter Mensch.

Solche Frauen wie du die schilderst, sind oft generell sehr kontrollbedürftig und eifersüchtig, ich glaube, das ist eher das problem.

lg

Brenna

Bei Töchtern habe ich das in der Form noch niemals erlebt- bei
Söhnen wirklich sehr oft.

Gibt es dafür eine Erklärung?
Legt man bei den Söhnen einen anderen Maßstab an als bei den
Töchtern?

Naja, dass Mütter Depressionen entwickeln, wenn das letzte Kind das Nest verlässt, ist nicht so selten und hängt auch nicht unbedingt am Geschlecht des Kindes.

Es ist aber logisch, dass das Mutter-Sohn-Verhältnis ein anderes ist als das Mutter-Tochter-Verhältnis.
Dafür muss man nicht mal allzu weit in die psychoanalytische Sichtweise hineinsteigen, dass da recht früh auch unbewusste erotische Phantasien rumschwirren, die in sublimierter Form als „Idealisierung“ und ewige Betüttelung bis ins Erwachsenenleben weiterleben können.

Auch die Identifizierungsverhältnisse sind andere. Nur der Sohn, nicht die Tochter, muss sich für seine geschlechtliche Identitätsentwicklung von der Mutter, an die er als kleines Kind ja eng gebunden ist, ‚desidentifizieren‘.
Da ist der Ablösungsprozess viel umfassender und schon deshalb störungsanfälliger als bei Töchtern.

Gruß
F.

Hallo,

Kind ja eng gebunden ist, ‚desidentifizieren‘.
Da ist der Ablösungsprozess viel umfassender und schon deshalb
störungsanfälliger als bei Töchtern.

Du meinst damit, dass das die Mutter intuitiv weiß und aus Sorge, dass sich der Sohn zu weit entfernt wird das Band besonders eng gestaltet?

lg kitty

Kind ja eng gebunden ist, ‚desidentifizieren‘.
Da ist der Ablösungsprozess viel umfassender und schon deshalb
störungsanfälliger als bei Töchtern.

Du meinst damit, dass das die Mutter intuitiv weiß und aus
Sorge, dass sich der Sohn zu weit entfernt wird das Band
besonders eng gestaltet?

Nein.
Ich meine so etwas in der Art:

Demgegenüber geht Robert Stoller … davon aus, dass es sehr früh, bereits vor der Entdeckung des Geschlechtsunterschieds, zu einer Gender-Identifizierung des Kleinkindes komme. Da meist die Mutter – nach Stoller eine weibliche und feminine, d. h. eine sowohl anatomisch als auch psychosozial als „weiblich" definierbare Person – in dieser Zeit die erste Bezugsperson des Kindes sei, entwickeln Mädchen wie Jungen eine von Stoller so genannte Protofemininität, eine primäre Femininität, die der Junge später durch seine Desidentifizierung von der Mutter überwinden müsse, um eine maskuline Identität zu entwickeln[,während das Mädchen eben nur die ‚einfache‘ Loslösung durchläuft ohne dabei ihre ‚Proto‘-Geschlechtsidentität aufgeben zu müssen … ein doppelter Entwicklungsschritt bietet mehr Möglichkeiten, (teilweise) zu misslingen, als ein einfacher]

Gruß
F.