Hallo!
Wenn Tagore der indische Goethe war, wer war dann der indische Kant?
Kant schrieb über die „selbstverschuldete Unmündigkeit". Das erinnert an Krishnamurti.
Hallo!
Wenn Tagore der indische Goethe war, wer war dann der indische Kant?
Kant schrieb über die „selbstverschuldete Unmündigkeit". Das erinnert an Krishnamurti.
Kant, Buddha, Carvaca
Hi.
Wenn Tagore der indische Goethe war, wer war dann der indische
Kant?
Kant schrieb über die „selbstverschuldete Unmündigkeit". Das
erinnert an Krishnamurti.
Wobei natürlich letzterer Kant gekannt hat und nicht umgekehrt. Auch sollte man Albert Schweitzers Wort vom „indischen Goethe“ nicht zu hoch hängen: Es spielt weniger auf Inhaltliches an als vielmehr auf die spiegelbildliche Parallele, dass Goethe sehr an orientalischer und Tagore sehr an westlicher Literatur interessiert war.
Kant hat viele Aspekte, die in der Gesamtheit sicher nicht bei einem indischen Philosophen zu erwarten sind. Auch einzelne Sparten (Erkenntnistheorie, Ethik usw.) wird man in der Kantischen Form nur bei Kant finden. Was einzelne Aspekte betrifft, wie der von dir genannte, so sind ungefähre Übereinstimmungen zu erwarten, wenn man es nicht alllzu genau nimmt. Laut Kant liegt die Selbstverschuldung der Unmündigkeit in etwas, das man salopp „Denkfaulheit“ nennen könnte:
(in „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“)
Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
Natürlich ist diese Aufforderung nicht so zu verstehen, dass ein Mensch alles ignorieren solle, was jemals von anderen Menschen gedacht wurde. Das wäre der Tod jeder Kultur und jeder Zivilisation. Er meinte sicher, dass man sich nicht leichtfertig an Glaubenssysteme ausliefern solle, deren Inhalte nicht überprüfbar sind. Das entsprach der Religions-, genauer: der Christentumkritik der meisten Aufklärer. Ähnliche Gedanken hat es im klassischen Indien natürlich auch gegeben. So wird von Buddha der Ausspruch überliefert:
Wenn Ihr irgendwelche Lehren hört, dann glaubt sie nicht, nur weil ihr sie gehört habt und weil sie überliefert wurden oder weil andere dieser Meinung sind. Glaubt nicht, nur weil es in heiligen Schriften steht oder weil es sich logisch und vernünftig anhört. Vertraut keinen erdachten Theorien und auch nicht dem, woran viele glauben.
(ich kann dazu leider keine Quelle nennen, aber der Spruch ist bekannt)
Eine gewisse erkenntnistheoretische Nähe zu Kant hatte der vermutlich erste philosophische Materialist der Menschheitsgeschichte, der Inder Carvaca (um 500 BCE). Er negierte, wie Kant, jede übernatürliche Erkenntnis und wollte alle Erkenntnis allein aus den Sinneswahrnehmungen ableiten. Allerdings kannte er nicht die von Kant entwickelte revolutionäre Lehre der Transzendentalität, d.h. die Auffassung, dass die Verstandeskategorien auf die Sinnesdaten projiziert werden. Beispiel Kausalität (eine der Kategorien): Kant hielt sie für eine verstandeseigene Projektion, nicht für eine Eigenschaft oder ein Merkmal der „Außenwelt“. Kausalität wird also nicht in den Phänomenen erkannt, sondern auf sie projiziert. Carvaca sah das konventioneller, er hielt Kausalität für ein Merkmal der objektiven Welt.
Die Welt des „Dings-an-sich“ hielt Kant für absolut unerkennbar. Gesetzt den Fall, der Mensch hätte aber doch Zugang in diese Sphäre, dann wäre sein Freiheit völlig aufgehoben und er in einen Automaten oder eine Marionette verwandelt:
Der Mensch wäre Marionette, oder ein Vaucansonscher Automat, gezimmert und aufgezogen vom obersten Meister aller Kunstwerke, und das Selbstbewusstsein würde es zwar zu einem denkenden Automaten machen, in welchem aber das Bewusstsein (…) bloße Täuschung wäre (…)
(Kritik der praktischen Vernunft, 227)
Mit indischem Denken hat das so viel zu tun wie die Serie „The Quest“ mit Qualität *.
Chan
* Wogegen „Warehouse 13“ meistens ein Renner ist.
Hi Ch´an
Beispiel Kausalität (eine der Kategorien):
Kant hielt sie für eine verstandeseigene Projektion, nicht für
eine Eigenschaft oder ein Merkmal der „Außenwelt“.
Kant hielt nichts von der Kausalität. Unter seinen zwölf Kategorien findest du den Begriff nicht.
Der übernahm Humes Kritik an diesem Begriff.(Scheinbegriff) und durch ihm fühlt er sich aus seinem dogmatischen Schlimmer erst geweckt. (O. Ton Kant)
Der Hintergrund war das Jahrhunderte dauernde Debatte über post hoc oder poster hoc.
Erst Lorenz stellte dann klar wo der Begriff Sinn hat und gilt.
Wo Energieübertrag zwischen zwei Ereignisse stattfindet.
Chan
Balázs
Danke für die aufschlussreiche Erläuterung!
Hi.
Beispiel Kausalität (eine der Kategorien):
Kant hielt sie für eine verstandeseigene Projektion, nicht für
eine Eigenschaft oder ein Merkmal der „Außenwelt“.Kant hielt nichts von der Kausalität. Unter seinen zwölf
Kategorien findest du den Begriff nicht.
Da bist du aber schlecht informiert, mein Lieber. Kant ordnet die Kategorie Kausalität unter die „Relation“ ein (die anderen Relationen sind „Inhärenz und Subsistenz“ sowie „Wechselwirkung“). Daneben fallen unter „Quantität“ die Einheit, Vielheit und Allheit, unter „Qualität“ die Realität, die Negation und die Limitation sowie unter „Modalität“ die Möglichkeit, das Dasein vs. Nichtsein und die Notwendigkeit vs. Zufälligkeit.
Der übernahm Humes Kritik an diesem Begriff.(Scheinbegriff)
Hume erkannte den induktiven Schluss von einer Reihe von Ursache-Wirkungs-Beobachtungen auf eine allgemeine Gesetzmäßigkeit der Kausalität nicht an. Kant folgte ihm darin aber nicht. Er stimmte Hume zwar darin zu, dass Kausalität keine Eigenschaft der Außenwelt ist, dennoch war für ihn, Kant, die Kausalitätskategorie eine Notwendigkeit, nur verlagerte er sie in den Verstand: Kausalität ist ein Teil der menschlichen Erkenntnisstruktur.
Die Notwendigkeit der Kausalitätskategorie veranschaulichte Kant mit dem Beispiel einer Kugel, die auf einem Kissen liegt:
Aus: Kritik der reinen Vernunft, 2. Analogie der Erfahrung, Nr. 17:
Denn, wenn ich die Kugel auf das Kissen lege, so folgt auf die vorige glatte Gestalt desselben das Grübchen; hat aber das Kissen (ich weiß nicht woher) ein Grübchen, so folgt darauf nicht eine bleierne Kugel.
Chan