Der Kapitalismus zerstoert sich selbst

Hallo,
einer der intelligentesten Menschen der Welt, Steven Hawking, prognostiziert, dass durch Automatisierung mehr Ungleichheit herrschen wird. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/smarte-arbeit/stephen-hawking-hat-angst-auf-reddit-vor-dem-kapitalismus-13847281.html

Die Folgen sind absehbar: Der Konsum bricht ein, die Wirtschaft driftet noch tiefer in die Rezession.

Wie realistisch findet ihr dies?

Gruss
Desperado

P.S.: Bitte nicht einfach irgendwelche Kommentare oder Diffamierungen sondern bitte mit Argumenten diskutieren - das muss man hier leider extra erwaehnen.

Lieber Desperado,

was Du ausführst sagt Hawking nicht. Er spricht im Konjunktiv. Er sagt, dass der von ihm skizzierte technische Fortschritt in Richtung „künstliche Intelligenz“ sich sowohl als beste als auch schlimmste Entwicklung der Menschheit erweisen könnte.

Eine der negativen Entwicklungen im Kapitalismus ist die sich immer weiter öffnende Schere zwischen arm und reich. Hawkins warnt davor, dass sich diese Tendenz durch den Einsatz vollautomatischer Maschinen in der Produktion verstärken könnte, wenn die Besitzer der Maschinen sich abschotten und nicht teilen. Arme hätten keine Chance mehr, ihre Arbeitskraft zu verkaufen.

Die positive Alternative läge laut Hawking darin, den Wohlstand zu teilen, so dass „jeder ein Leben voll luxuriösen Müßiggangs“ führen könnte.

Hawking hält eine negative Entwicklung für wahrscheinlicher. Wer ohne Scheuklappen in die Welt schaut, kommt leicht zur gleichen Meinung.

Andererseits ist der Kapitalismus zu oft totgesagt worden, um leichtfertig Behauptungen aufzustellen, wie Du das in Deiner Headline tust.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Das ist bei Desperado leider öfters der Fall. Hier findet sich übrigens die Originalaussage:
Stephen Hawking AMA

Lg,
Penegrin

Guten Morgen,

Thema von Hawking ist die Umverteilung. Welche in einer kapitalistischen Wirtschaftspolitik nur bedingt und als Notwendigkeit vorgesehen ist. Es müssen nur diejenigen Ressourcen an der Umverteilung berücksichtigt werden, die an der Wertschöpfunfg auch beteiligt sind, diese unterstützen. Man muss nur auf Armut-Hunger-Krankheit-Tod in der Welt sehen, dann erkennt man dieses Prinzip hinsichtlich Umverteilung und Kapitalismus (1). Weitere Umverteilung beruht auf moralisch-ethischen Ursachen, nicht jedoch kapitalistischen.

In der letzten Konsequenz einer vollständigen Automatisierung werden Maschinen die Umverteilung und Wertschöpfung auf das richten, was Maschinen benötigen. Menschen werden dazu nicht benötigt!

Ich teile die Befürchtungen von Hawkins daher nicht. Ist m.E. eher eine philosophische Frage.

Franz

(1) Ressourcen-Ausbeutung in Ländern ohne Beteiligung der dortigen Bevölkerung ist ein typisches kapitalistisches Prinzip. Kapitalismus ist ausschließlich individuell ausgerichtet.

Hallo!

Hawking beschrieb 2 verschiedene Extrema, deren Eintreten ich für gleichermaßen unwahrscheinlich halte.

Seit Jahrhunderten bringen Mechanisierung und Automatisierung Menschen um ihren früheren Broterwerb. Der Vorgang ging und geht im Einzelfall mit Härten, insgesamt aber nicht mit mehr Armut und Erwerbslosigkeit einher. Arbeitszeiten wurden kürzer, die Arbeit körperlich weniger belastend, der Konsum stieg und jede Generation nutzt Produkte, die es eine Generation zuvor noch nicht gab.

Inzwischen können wir auf Jahrhunderte der Mechanisierung und Automatisierung zurückblicken. So weit ich es überblicke, gehört diese Entwicklung nicht zu den Problemen der Menschheit. Wo bisher der Konsum einbrach und es zur wirtschaftlichen Rezession kam, gehörte m. W. noch nie der Einsatz zeitgemäßer Produktionsmethoden zu den Ursachen.

Man könnte fabulieren, was wäre, wenn künstliche Intelligenz … Aber: Künstliche Intelligenz ist ein griffiges Schlagwort, mehr nicht. Bis jetzt gibt es keine künstliche Intelligenz. Was maschinenimplementierte Algorithmen zu leisten vermögen, hat mit menschlicher Intelligenz (oder mit der Intelligenz meiner Katze) wenig zu tun.

Gruß
Wolfgang

Umverteilung kann auch im Sozialismus/Kommunismus schlecht funktionieren. Ein besonderes Problem einer solchen Wirtschaftspolitik ist doch schon der Umstand, dass das, was zu verteilen ist, kleiner ist. Da haben dann vielleicht alle weniger, das dafür aber gerecht. Ansonsten sehe ich in der soviel Wohlstand wie noch nie. Den geringsten Beitrag dürften dabei sozialistische/kommunistische Experimente geleistet haben. Bei dieser Betrachtung sollte nicht der Fehler gemacht werden, dass die Verdopplung des Wohlstands eines Bauern in China in den letzten 30 Jahren nicht bedeutet, dass er sich bei allen Bewohnern dieser Erde verdoppelt haben muss, nur um von höherem Wohlstand zu sprechen.

Gib mal ein typisches Beispiel. Bis dahin stelle ich die These auf, dass die mangelnde Beteiligung der Bevölkerung dort nicht erst auf die Verteilung des Wohlstandes beschränkt ist, sondern schon bei der politischen/demokratischen Beteiligung anfängt. Es ist sicher kein Zufall, dass der Wohlstand eines ALG-II-Empfängers heute über dem eines Facharbeiters in der DDR lag. Ja, auch eine warme Wohnung, ohne Kohlen schleppen zu müssen, in die es nicht reinregnet/schneit und wo das Scheißhaus nicht eine halbe Treppe tiefer liegt und zudem noch mit den Nachbarn geteilt werden muss, sind Wohlstand. Übrigens auch sauberes Wasser aus der Leitung oder jederzeit Strom sind nur hierzulande Selbstverständlichkeiten.

Grüße

Hallo!

Alles wirtschaftliche Tun dient letztlich dem privaten Konsum *. Von daher müssen auch die Eigentümer von Produktionsmitteln eines Landes, so sie denn auf dauerhaften Wohlstand bedacht sind, Interesse an möglichst hohem Volkseinkommen haben. Um einen abgelutschten Spruch zu bemühen: Autos kaufen keine Autos. Nur Menschen mit ausreichend hohem Einkommen können dazu beitragen, dass es den Eigentümern von Produktionsmitteln gut geht.

Deine o. g. These ist unzutreffend, weil sie sowohl den Interessen der Eigentümer von Produktionsmitteln, als auch den Interessen der Menschen, die ihre Arbeitskraft verkaufen, zuwider läuft.

  • Der erste Satz kennt nur wenige Ausnahmen. Zerstörungspotential besteht aus dem Wirtschaftskreislauf weitgehend entzogenen, zudem sehr kostspieligen Gütern. Eine Volkswirtschaft, die dafür zu viel Geld ausgibt, füttert zunächst eine dünne Schicht Gewinner, die von der Produktion des Kriegsspielzeugs leben, läuft aber Gefahr, erst den Staatshaushalt und sodann das Gemeinwesen zugrunde zu richten.
    Zu den Ausnahmen gehören auch Leute mit dem Bestreben, Löhne niedrig zu halten, weil sie billig produzierte Produkte in Ländern mit hoher Kaufkraft absetzen wollen.
    Außerdem gibt es kurzfristig orientierte Trittbrettfahrer, die für den Inlandsmarkt produzieren, keine ordentlichen Löhne zahlen wollen und darauf hoffen, dass andere Unternehmen die erforderliche Kaufkraft generieren.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

das ist kein Naturgesetz, sondern eine Frage der Verteilung. Beim Kapitalismus handelt es sich lediglich um eine Wirtschaftsform, die auf dem Streben nach Gewinn beruht. Dieses Streben ist völlig menschlich, weswegen auch die angeblichen kommunistischen und sozialistischen Wirtschaftssysteme auf dem Papier solche waren, aber die Menschen dennoch die gleichen (kapitalistischen) waren wie jenseits der Mauer bzw. des Meeres.

Um das Thema Verteilung wieder aufzugreifen: es ist eine Sache des Staates bzw. dessen Wirtschaftspolitik die Verteilung nach eigenem Gusto vorzunehmen. Es ist problemlos möglich, auch innerhalb eines kapitalistischen Systems eine gleichmäßige Verteilung von Einkommen und Vermögen zu erreichen. Da das allerdings den Interessen der meisten Wirtschaftssubjekte entgegenläuft, hätte eine entsprechende Regierung in den allermeisten Fällen kaum allzu viel Zeit, sich am Ergebnis ihrer Bemühungen zu erfreuen. Entweder, weil sie abgewählt wird oder weil sich eine relevante Zahl von Wirtschaftssubjekten der Wirtschaftspolitik der Regierung durch Auswanderung oder Leistungsverweigerung entzieht.

Gruß
C.