Der Lindner und die Grundschuld

Servus,

wir hatten dieses Thema ja schon im Herbst:

Allerdings gibt es offenbar eine neue Entwicklung:

Wenn ich die Geschichte richtig verstanden habe, hat sich Lindner eine Villa gekauft und dafür einen Kredit bei einer Bank aufgenommen. Die Villa kostete ‚nur‘ 1,65 Millionen, die Bank hat sie aber zunächst mit 2,35 Millionen bewertet. Dann hat Lindner als Finanzminister die Bank als ‚sympathisch‘ bezeichnet und einen Monat später erhöhte sich die Grundschuld von den 2,35 Millionen auf satte 2,8 Millionen.

Ich kenne mich mit Finanzen nicht besonders gut aus, daher hätte ich da ein paar Fragen:

  • Ist es normal, dass die Grundschuld den Kaufwert einer Immobilie um 70% übersteigt?
  • Ist es normal, dass eine Grundschuld nachträglich um fast 20% erhöht wird?
  • Bedeuten diese Zahlen, dass Lindner keinerlei Eigenmittel bei dem Kauf aufbringen musste?
  • Und heißt das jetzt, dass Lindner von der Bank einen Kredit über diese 2,8 Millionen erhalten hat?

LG
Penegrin

Hi

es ist nicht üblich aber auch nicht verboten - der Kaufpreis hängt von vielen Eckpunkten ab, das muss nicht zwingend der tatsächliche Wert der Immobilie sein.

Die Bank und der Grundstücksinhaber sind ziemlich flexibel, welche Höhe sie als Grundschuld eintragen lassen - sie sollte aber nicht höher sein als das gesamte Grundstück incl. Immobilien wert ist und nicht niedriger als ein ggf. dafür erhaltener Kredit incl. Zinsen und Gebühren (als Sicherheit für die Bank)

Und heißt das jetzt, dass Lindner von der Bank einen Kredit über diese 2,8 Millionen erhalten hat?

nein - das heißt nur, dass er dieses Grundstück incl. Immobilien mit einem Kredit in dieser Höhe belasten könnte. Es sagt NICHTS darüber aus ob überhaupt und in welcher Höhe Kredite abgeschlossen wurden.

Bedeuten diese Zahlen, dass Lindner keinerlei Eigenmittel bei dem Kauf aufbringen musste?

nein - weil sie nichts über die Höhe eines ggf. abgeschlossenen Kredites aussagen - sie sagen nur, dass er es KÖNNTE

Grundschuld kennt keinen Schuldgrund - Lindner kann das Grundstück bis zu einer Höhe von max. 2,8 Mio beleihen, um sich z.B. auch einfach ein one-way-Ticket zum Mars zu kaufen

Gruß h.

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Fangen wir mal ganz hinten an: die kreditgebende BBBank emittiert seit 2021 Pfandbriefe, mit denen sie sich besonders billig refinanzieren kann. Kredite, die dafür als Sicherheit dienen, dürfen maximal 60% des Beleihungswertes (also im weitesten Sinne „des Immobilienwertes“) ausmachen. Die zweite „übliche“ Grenze sind 80% vom Beleihungswert. Da enden meist die guten Konditionen. Mehr geht auch, wird aber im allgemeinen teurer.

Antwort also: es ist nicht unüblich. Unter 80% bzw. bis 60% wären aber für die Bank und den Kunden in mehrerlei Hinsicht vorteilhafter.

Zu trennen ist zwischen Kreditbetrag und der als Sicherheit eingetragenen Grundschuld. Wie schon erwähnt wurde, gibt es erst einmal keine Verpflichtung, den durch eine Grundschuld besicherten Kredit für den Erwerb einer Immobilie, deren Renovierung usw. auszugeben.

Was nicht unüblich ist:
einen Kredit nachträglich zu erhöhen
eine zweite oder dritte Grundschuld eintragen zu lassen
eine Grundschuld zu löschen und eine höhere eintragen zu lassen

Was nicht möglich ist:
eine bestehende Grundschuld zu erhöhen

Eine nacht

Nein. Über die Finanzierungskonstruktion ist m.W. nichts bekannt. Hier wird m.W. ständig über die Grundschulden argumentiert. Über die Kreditbeträge und wann wie viel für welchen Zweck ausgezahlt wurde, sagt das alles nichts aus.

Nein. Es wäre zwar ungewöhnlich, eine GS eintragen zu lassen, die den aktuellen oder geplanten Finanzierungsbedarf hinausgeht (weil teuer und in die Spielräume beschneidend), aber nicht verboten.

Als Fachmann, der ich nun einmal bin, finde ich die Berichterstattung höchst unseriös. Das, was ich bisher mitbekommen habe, ist in sich meist nicht schlüssig und teilweise auch offensichtlich falsch (siehe „Erhöhung Grundschuld“). Das Grundbuch, das übrigens nicht öffentlich ist, lässt nur Aussagen über Eigentumsverhältnisse und Belastungen (also z.B. Grundschulden) zu, nicht aber über die Höhe der ausstehenden Kredite oder gar deren Verwendung.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Finanzierung den Kaufpreis übersteigt, wenn bspw. klar ist, dass umfangreiche Renovierungsarbeiten vorgenommen werden sollen, die auch gleich mit finanziert werden. Diese Renovierungen können den Wert einer Immobilie enorm erhöhen, was eine höhere Kreditvergabe rechtfertigen würde. Übersteigt der Finanzierungsbedarf den Kaufpreis bzw. den aktuellen Wert der Immobilie, kann es durchaus sein, dass für Teile der Finanzierung deutlich höhere Zinsen gezahlt werden müssen.

Auf Basis der Informationen, über die ich verfüge (und ich habe sicherlich nicht alles gelesen, was dazu geschrieben wurde), bin ich weiterhin der Ansicht, dass sich daraus irgendein Fehlverhalten einer der Akteure ableiten lässt. Dass die ganze Sache ein bisschen unüblich ist, will ich nicht bestreiten, aber daraus folgt nicht, dass es dafür keine vernünftige und legale Erklärung gibt.

Auch aus dem Umstand, dass da nun eine StA die Einleitung von Ermittlungen prüft, würde ich nichts ableiten.

Es ist wahrlich nicht so, dass ich in den letzten 30 Jahren den Eindruck gewonnen hätte, dass in den Justizbehörden Finanz- bzw. Kreditwissen übermäßig weit verbreitet wäre. Anekdote: ein Kollege und Freund hat seinerzeit als Zeuge bei einem moorhuhninduzierten Gerichtsverfahren wegen Betruges, Bilanzfälschung und Untreue ausgesagt und ist bald daran verzweifelt, Staatsanwalt und Richter wenigstens diejenigen absoluten Grundlagen von Bilanzen und Kreditgeschäft näherzubringen, die nötig waren, um seine Aussage zu verstehen.

Will sagen: bis da nicht endlich mal etwas wirklich belastbares präsentiert wird, das erkennbar auf ein Fehlverhalten hinausläuft, bliebe ich anstelle von Journalisten, Politikern und staunenden Zuschauern mal bei der Unschuldsvermutung, die selbst für so einen arroganten und blasierten Dummschwätzer wie Lindner gilt.

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Erst mal danke an euch beide. Ich fasse meine Fragen hier zusammen:

Aber wozu legt eine Bank dann eine Grundschuld in einer bestimmten Höhe fest bzw. erhöht diese später sogar noch mal ordentlich? Macht das irgendeinen Sinn, wenn ich nicht die Absicht habe, mir einen Kredit zu nehmen?

Aber ist hier nicht genau das geschehen?

Noch als Finanzminister – und damit Amtsträger – sandte er ein Grußwort. „Die BBBank ist mir von Grund auf sympathisch“, sagte er im Mai 2022 in einer Videobotschaft. Einen Monat später erhöhte sich die Grundschuld der Villa um eine halbe Million Euro auf die Summe von 2, 8 Millionen.

In Österreich muss man bei einem Immobilienkauf mindestens 20% Eigenkapital vorweisen können. Gibt’s in Deutschland eine ähnliche Vorgabe?

Eh, aber gleich um 70%? Und das ausgehend davon, dass Lindner 0 Cent Eigenkapital in den Kauf gesteckt hat.

Du meinst sicher, dass sich kein Fehlverhalten ableiten lässt, oder? Die Frage ist halt, ob Lindner hier anders behandelt wurde, weil er Minister ist. Dass die Geschichte zumindest nicht ganz üblich ist, schreibst du ja selber.

Das macht nicht die Bank alleine - ich als Eigentümer lasse für die Bank die Grundschuld auf das Grundstück eintragen um es sofort - irgendwann mal - oder auch nie als Sicherheit für einen Kredit zu verwenden.

Das Grundstück ist dann mit dieser Grundschuld belastet, solange ich sie nicht austrage. Austragen kann ich sie nur lassen, wenn derjenige der als Gläubiger eingetragen ist, dem zustimmt. Wenn ich also als Absicherung für die Bank XY diese Grundschuld eingetragen habe, geht die Austragung nur mit Zustimmung der Bank XY.

Andererseits muss ich die Grundschuld auch nicht austragen, wenn ein evtl. genutzter Kredit schon lang abbezahlt ist, (kostet ja Gebühren) sondern kann die Grundschuld jederzeit wieder dieser Bank gegenüber als Sicherheit anbieten, wenn ich doch nochmal Geld brauche (und Hypothekendarlehen sind häufig günstiger als normale kurzfristige Darlehen)

Jede Bank kann - bevor sie mir einen Kredit gibt - Sicherheiten von mir verlangen, die sie ggf. zu Geld machen kann, wenn ich z.B. meinen Kredit nicht zurückzahle … Beim Autokauf ist das der Fahrzeugbrief (das heißt jetzt irgendwie anders ;)) beim Hauskauf gerne eine oder mehrere Grundschuldeinträge.

Gibt’s in Deutschland eine ähnliche Vorgabe?

nein - man darf auch zu 100% finanzieren wenn man das kann

… aber wer SAGT denn, dass er einen hohen Kredit aufgenommen hat? Niemand !! Es wird nur suggeriert …

DASS eine Grundschuld eingetragen wurde und in welcher Höhe ist für die Aussage OB L. einen Kreditvertrag abgeschlossen hat und in welcher Höhe ziemlich irrelevant

Gruß h.

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Nein. Das ist schlichtweg nicht möglich. Was genau passiert ist, wissen wir nicht. Die wahrscheinlichste Variante ist, dass eine weitere Grundschuld eingetragen wurde.

Nein. Sofern das Einkommen hoch genug ist, kann man alles finanzieren. Seit der Wohnimmobilienrichtlinie darf man bei der Kreditvergabe nicht mehr nur auf die Immobilie oder gar auf eine Wertsteigerung abstellen. Einkommen geht aber immer. Man darf auch durchaus über 100% finanzieren - also inkl. Anschaffungsnebenkosten und Renovierung. Gerade als die Zinssätze noch unter 1% lagen, wurde das durchaus gemacht - zumindest hörte ich das so in Bekanntenkreisen. Bis 80% zu 0,x% und der Rest dann als Nachrangdarlehen zu 6-8%. In der Boomphase um 2000 gab es sogar Kreditinstitute, die damit warben, quasi alles auf die Hütte zu finanzieren.

Gibt es einen Anhaltspunkt dafür, dass Lindner kein Eigenkapital eingesetzt hat? Mir ist das zu sehr Boulevard, als dass ich alles intensiv gelesen hätte, was dazu gedruckt und geschrieben wurde. Eine Aufstockung um 70% ist wohl ungewöhnlich, aber so lange niemand weiß, was mit dem damit besicherten Kredit bezahlt wurde, ist das Kaffeesatzleserei.

Ja, genau. Da fehlte ein „nicht“.

Bei Finanzierungen dieser Größenordnung gerade bei einer so kleinen Bank ist wohl nichts von der Stange. Da wird es schwer, einen Unterschied zwischen normalen Verhandlungen nebst Sonderkonditionen und amtsbezogenen Vergünstigungen festzustellen bzw. nachzuweisen.

Meine Zusammenfassung zum aktuellen Zeitpunkt ist diese: da hat sich ein Journalist auf zweifelhaftem Weg Zugang zu nicht öffentlichen Daten aus dem Grundbuch verschafft (oder erhalten) und versucht nun mit überschaubaren Kenntnisse in dem Bereich einen Vorwurf zusammenzuschrauben, ohne etwas über die besicherten Kredite, den Gegenstand der Finanzierung und über die genauen Abläufe zu wissen. Woher sollte er dieses Wissen auch haben?

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Richtet sich die Höhe der Gebühren nach der Höhe der Grundschuld?

Welche Gründe könnte es geben, eine weitere Grundschuld einzutragen, außer dass die ursprüngliche bereits ausgeschöpft wurde?

Ja - genauso wie die Notarkosten

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Man merkt „unterwegs“ dass man bei der „alten Bude“ noch mehr machen muss als vorhergesehen. Das kommt vor, ist mir auch passiert.

So wird es beschrieben. Was wirklich gemacht wurde, steht im Grundbuch.

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Renovierung teurer als gedacht. Oder es gibt die Gelegenheit, ein anderes Objekt zu erwerben und der Beleihungswert der ersten Immobilie hat noch Luft; dann spart man sich u.U. ein neues Gutachten. Oder man überlegt sich, noch einen Flügel an die Villa anbauen zu lassen. Oder es stellt sich heraus, dass der Bau so gar nicht genehmigt war, die Rechte eines Nachbarn verletzt oder der Boden verseucht ist und man da doch noch ein paar mehr Euro reinstecken muss als ursprünglich gedacht, um Frieden einkehren zu lassen.

Aber - und ich glaube, darauf willst Du hinaus - im Grunde läuft es darauf hinaus, dass man noch eine Ladung Kohle braucht und die Bank deswegen eine zweite Grundschuld verlangt. Ob das Geld in das erste Objekt geht oder woanders hin, ist unklar.

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Das bedeutet dann aber wohl, dass ich die Höhe der Grundschuld nicht zum Spaß bestimme, sondern eher davon ausgehe, dass ich die Summe benötige. Vor allem dann, wenn es um eine weitere Grundschuld geht.

Man kann also davon ausgehen, dass die ersten 2,35 Millionen aufgebraucht wurden?

Das ist mein Gedanke. Wenn sich die Gebühren nach der Höhe der Grundschuld richten, werde ich da eher keine unnötige Höhe ansetzen. Und wenn ich eine zweite Grundschuld auf die gleiche Immobilie eintrage, sollte man doch meinen, dass der Rahmen der ersten (besagte 2,35 Millionen) ausgeschöpft wurde. Was er mit dem Geld gemacht hat, ist mir relativ egal.

Sind natürlich alles keine Fakten, aber so frei nach Ockham: Was soll’s denn sonst sein?

Eine vertretbare Annahme.

Richtig. Aber man darf den Gedankengang auch umdrehen: man hat den anfänglichen Kreditbetrag und damit auch die Höhe der Grundschuld zu niedrig angesetzt und gemerkt, dass man doch nicht auskommt. Sei es, dass man die Nebenkosten (Steuern, Notar & Co.) unterschätzt hat, sei es, dass man doch ein paar Möbel mitfinanzieren möchte, weil man den Plunder aus der Studentenbutze nicht mit umziehen will, sei es, dass man sich irgendwo verrechnet hat, sei es, dass die Frau doch überall Marmor und nicht Granit haben will und ein Esstisch für 5.000 Euro einfach nicht geht für Herrn und Frau Minister.

Ich verstehe schon, aber mir geht es um die zweite Grundschuld. Ich denke, wir sind uns einig, dass die nicht eingetragen worden wäre, wenn es keinen Bedarf an weiterem Kapital gegeben hätte.

Ja. Nur zum Verwendungszweck ist damit halt nichts gesagt und einen an sich seltsamen oder gar verdächtigen Geschäftsvorfall stellt das auch noch nicht dar. Um aus der ganzen Sache irgendwelche belegbaren Vorwürfe zu stricken, muss da noch sehr viel mehr Butter bei die Fische.

Offen gesprochen, sehe ich etwa monatlich Dinge, die mehr riechen als das, was bisher in der Sache vorgelegt wurde.

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Najo, mich würde halt ein öst. Minister, der offenbar mehrere Millionen Schulden hat ein wenig nachdenklich machen. :man_shrugging:

Ach, naja, auch ein Minister ist nur ein Mensch, der lieber heute konsumiert/investiert als in 35 Jahren. So geht es allen, die einen Hauskauf finanzieren - auf eine mehr oder weniger sinnvolle Weise.

Noch dazu ein Finanzminister :sunglasses::grin:

Ich glaube eher, dass die Mehrheit der Mio-Villen in D mit Krediten finanziert wurden … auch die Superreichen finanzieren sich das eine oder andere

Einer "Wirtschafts"partei :stuck_out_tongue_winking_eye:

Ich werde nachdenklich bei einem deutschen Bundeskanzler, der als Hamburger Bürgermeister ganz ohne Schulden einer deutschen Bank über 40 Millionen Euro schenken wollte.

Die beiden Vorgänge miteinander verglichen läßt Lindner (den ich nicht mag) geradezu als Ehrenmann dastehen.

Wenn Karl Arsch von nebenan durch Schulden angreifbar wird, ist mir das eher wurscht. Wenn aber jemand, der a) einen Ruf zu verlieren hat und b) in einer Position ist, die man ausnutzen könnte, ist das eine etwas andere Qualität.